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IFM Institut für Facility Management

Tagungsband zum Symposium Facility Management - here we go! Standortbestimmung einer Milliardenbranche 11. November 2016

Zürcher Fachhochschule

www.zhaw.ch

Tagungsband zum Symposium FM – here we go! Standortbestimmung einer Milliardenbranche

Herausgeber: Lukas Windlinger, Susanne Hofer, Barbara Keller Foletti, Ronald Schlegel, Irene Arnold

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Institut für Facility Management Grüental / RA 8820 Wädenswil www.ifm.zhaw.ch [emailprotected] Telefon +41 58 934 58 35

© Institut für Facility Management, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, November, 2016

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Editorial FM hat in den vergangenen Jahren vielfältige Entwicklungen erlebt. Anlässe für diese Veränderungen lassen sich in den folgenden fünf Bereichen feststellen: (1) eine hohe Dynamik im Markt, (2) Entwicklungen der Gebäude- und Informationstechnologie, (3) Entwicklung des (Selbst-) Verständnisses von FM, Normierungen bzw. Normierungsversuche, Professionalisierung und damit ein höherer Reifegrad der Disziplin, (4) die zunehmende Betonung des strategischen FMs und damit verbunden eine Diskussion um Kosten vs. Mehrwerte von FM und (5) eine thematische Verbreiterung von FM ausgelöst durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen (Energiewende, Digitalisierung, Demographie). Nach wie vor sind aber nicht alle Potenziale ausgeschöpft und weiterhin besteht theoretischer wie auch praktischer Entwicklungsbedarf. Selbstverständnis und Aussenwahrnehmung sind nach wie vor uneinheitlich. Gemäss Schätzungen des Instituts für FM liegt das FM-Marktvolumen in der Schweiz bei 25-30 Milliarden Franken pro Jahr. Die Bedeutung des FM ist zweifelsohne gross, FM muss sich aber nach wie vor extern wie auch intern um Aufmerksamkeit und Wertschätzung bemühen. Wir haben am im Institutsleitungsteam des Instituts für Facility Management die Pensionierung von Prof. Thomas Wehrmüller zum Anlass genommen, ein Symposium zu organisieren. An diesem Symposium wurde anhand einer Standortbestimmung des FM in der Schweiz diskutiert, was FM hierzulande erreicht hat, wo Potenziale aufgegriffen werden müssen und wie Entwicklungslinien für die Zukunft aussehen können. Prof. Thomas Wehrmüller hat das Institut für Facility Management seit dem Jahr 2000 geleitet und viele Entwicklungen im FM mitgeprägt und miterlebt. Sein Beitrag zu Profession und Professionalisierung erscheint deshalb an erster Stelle in diesem Tagungsband. Die übrigen Beiträge in diesem Band sind auf der Basis einer Einladung für Beiträge im Institut und der FMBranche entstanden. Wir freuen uns, dass viele Vertreterinnen und Vertreter des FMs in der Schweiz dem Aufruf gefolgt sind und ihren Blick auf FM darlegen.

Lukas Windlinger, Susanne Hofer, Barbara Keller Foletti, Ronald Schlegel, Irene Arnold (Institutsleitungsteam des Instituts für FM, ZHAW)

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Wir bedanken uns bei folgenden Sponsoren

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Inhaltsverzeichnis Vorworte Facility Management - let’s pass to new horizons...................................................................... 6 Urs Hilber FM in Lehre, Forschung und Praxis auf dem Weg in die Zukunft ........................................... 11 Antje Junghans

Fachbeiträge Facility Management – Profession und Professionalisierung ................................................. 14 Thomas Wehrmüller Bildung als Pfeiler der Branchenentwicklung........................................................................... 31 Rainer Artho Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) auf dem Weg zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit von FM-Prozessen ............................................................... 36 Heinz J. Bernegger, Isabella Aurich BIM als Booster der Zertifizierung Nachhaltiger Gebäude....................................................... 41 Heinz J. Bernegger, Carsten K. Druhmann Service Value Management for Enabling People: Die Aufhebung der Trennung von Hauptund Unterstützungsaktivitäten in der Organisation ............................................................... 50 Christian Coenen, Daniel von Felten, Mirjam Pfenninger Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental .................................. 59 Simon Caspar, Lukas Stöcklin Eigenverantwortung bei Betrieb und Unterhalt ........................................................................ 66 Roman Egger Einsatz von Reinigungs-Robotern in FM-Services ................................................................... 71 Anja Fuchs-Barbana, Samuel Schlittler Aus Spital-Kasack und Techniker-Schürze wird ein Business Anzug .................................... 79 Nicole Gerber, Barbara Hinnen, Carina Tschümperlin Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen ........................................................................... 85 Franziska C. Honegger, Gabriela V. Züger, Madeleine Betschart, Beatrice Ammann Normierung und Begriffe im Facility Management ................................................................... 98 Markus Hubbuch Facility Management in Swiss Hospitals – providing a critical competitive advantage ...... 116 Susanne Hofer

Facility Management und Naturwissenschaften ..................................................................... 126 Thomas Hofmann, Thomas Leiblein MSc in Facility Management: Kompetenter Partner der strategischen Unternehmensführung ................................................................................................................................................... 137 Andrea Ch. Kofler und Susanne Hofer Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness: Facility Management fürs Alter .................................................................................................................................... 146 Andrea Ch. Kofler Strategie und Organisation im Workplace Management -Eine qualitative Analyse des strategischen Workplace Managements in Schweizer Unternehmen .................................. 155 Stefanie Lange FM in der Spitalhygiene: past – present – future .................................................................... 163 Thomas W. Leiblein, Jacques Gubler, Patrick Hanhart, Thomas Meyer, Hugo Sax, Carlo Colombo, Philip Peters, Roger Eichenberger, Christoph Rockel, Karin Schaad, Hans Peter Füchslin, Thomas Hofmann IFMA, das Facility Management und die Schweiz – eine Erfolgsgeschichte?! .................... 180 Matthias Lothamer, Susanna Caravatti-Felchlin Optimierung von Facility Management Prozessen Built Environment Management Model BEM2 und BEM3 ....................................................................................................................... 185 Thomas Madritsch, Matthias Ebinger Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich? ................................................. 194 Tania Messerli Die Weiterbildung in Facility Management wurde im Laufe der Jahre «männlich».............. 205 Doris C. Oehninger Zusammenspiel von FM und BIM............................................................................................. 213 Andrés B. Stierli Leadership im Facility Management auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen................................................................................................................... 220 Miriam Schirmer Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen ............................ 231 Ronald Schlegel Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen .............................................................................................................................. 239 Andreas Tenkmann Vom Unkostenfaktor zum Produktivitätstreiber: Der Weg des FM’s aus der Commodity Falle ................................................................................................................................................... 247 Daniel von Felten, Christian Coenen und Mirjam Pfenninger Die 20 hartnäckigsten Missverständnisse und Irrtümer zu Büroarbeitswelten .................... 259 Lukas Windlinger, Jennifer Konkol, Marcel Janser, Fabienne Schanné, Stefanie Lange, Ying Ying Cui

Facility Management - let’s pass to new horizons Prof. Dr. Urs Hilber, ZHAW Direktor Departement Life Sciences und Facility Management und ZHAW Leiter Ressort Forschung & Entwicklung

Facility Management als zentraler Teil einer Milliardenbranche! Ich wäre kein Naturwissenschaftler, hätte diese Aussage bei mir nicht den Wunsch nach Facts and Figures geweckt. Die Anfrage, mich im Tagungsband zu dieser spannenden Thematik äussern zu dürfen und der Titel des Symposiums waren Grund genug für mich, nach Daten zu suchen, die die Hypothese des Milliardengeschäfts Facility Management stützen und zu reflektieren, was das für uns als Hochschule, als Departement für Life Sciences und Facility Management und last but not least für unser Institut für Facility Management bedeutet hat und in Zukunft bedeuten wird. Zu meiner Überraschung ergab meine Analyse, dass die Datenlage äusserst überschaubar zu sein scheint.

Eine

Dokumentation

zum

Gebäudebestand

der

Schweiz,

Stand

1.1.1990

1

,

gibt,

gesamtschweizerisch und kantonal gegliedert, Auskunft über Anzahl Gebäude, bauliche Nutzflächen, Volumen und Wert, differenziert nach Zweckbestimmung, Erstellungsjahr und Eigentümer. Diese Publikation vom damaligen Bundesamt für Konjunkturfragen geht von 2.1564 Mio. Gebäuden im Jahr 1990 in der Schweiz aus. Interessant neben dem historischen Wert der Zahlen sind die in etwa paritätische Zusammensetzung in Wohngebäude und Nichtwohngebäude und der Gesamtwert aller Gebäude, der auf 1‘178‘000 Mio. CHF geschätzt wurde. Die aktuellsten Zahlen zum Bau- und Wohnungswesen 2014 wurden 2016 vom Bundesamt für Statistik (BfS) publiziert 2. Leider macht das BfS nur Aussagen zu den Gebäuden mit Wohnnutzung, sodass ein wichtiger Teil der Immobilien keinen Eingang in die Statistik findet. Im 2014 wurden in der Schweiz 1‘695‘769 Gebäude mit Wohnnutzung gezählt, davon waren 336‘039 Gebäude beinahe ein Jahrhundert alt oder älter, das heisst ihr Baujahr datierte von vor dem Ende des ersten Weltkriegs. 224‘362 Gebäude wurden nach dem Milleniumswechsel erbaut. 3‘145 Gebäude hatten 2014 zehn und mehr Geschosse und 48.4% der Gebäude wurden mit Erdöl beheizt (das Auslaufmodell), in 11.3% der Gebäude wird die Wärme mit einer Wärmepumpe erzeugt (das Zukunftsmodell). Staub, P., Rütter, H. et al. (2014) 3 erkannten den Bedarf, die volkswirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft der Schweiz darzustellen. Gemäss den Autoren umfasst der gesamte Schweizer Gebäudepark 2.5 Mio. Gebäude, die einem Gesamtwert von 2.5 Billionen CHF entsprechen. Mit 11% trägt 1

Bundesamt für Konjunkturfragen,1991, Dokumentation Gebäudebestand Schweiz, Stand 1.1.1990, Anzahl Gebäude, bauliche Nutzflächen, Volumen und Wert, differenziert nach Zweckbestimmung, Erstellungsjahr und Eigentümer, Gesamtschweizerisch und kantonal gegliedert, eds. Hannes Wüest, Urs Rey und Torsten Steinbach, 34 pp. 2 Bundesamt für Statistik, 2016, Bau- und Wohnungswesen 2014, ISBN 978-3-303-09154-8, 92 pp. 3 Staub, P., Rütter, H. et al, 2014, Die Volkswirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft der Schweiz; pom+, HEV Schweiz (Hrsg.), Zürich, 118 pp.

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die

Immobilienwirtschaft

einen

signifikanten

Teil

zur

nationalen

Wirtschaftsleistung

bei.

Bruttowertschöpfung von 100 Mia. CHF und rund 600‘000 von der Immobilienwirtschaft (im weiteren Sinne) generierte Vollzeitstellen sind weitere beeindruckende Kennzahlen dieser Branche Die öffentliche Hand schöpft einen Teil der Gewinne in Form von Steuern in der Höhe von über 12 Mia. CHF ab und finanziert damit unter anderem einen Teil der Bildung und Forschung in unserem Land. Meine kurze Analyse hat drei Schlüsselpublikationen und jede Menge beeindruckender Zahlen an den Tag gefördert und die Hypothese der Milliardenbranche in mehreren Punkten als erfüllt gefunden.

Bildung, Forschung, Innovation – Milliardenbranche Nummer 2 Ein anderer Milliardenmarkt in der Schweiz ist der Bildungs- und Forschungsmarkt 4 (BFI-Bereich). Bund und Kantone gaben im BFI-Bereich im Jahr 2013 36.9 Mia. CHF aus. Rund 86% der Mittel flossen in die Bildung und 14% in die Forschung. Wie die Immobilienbranche verzeichnete auch der BFI-Bereich in den letzten Jahren ein beeindruckendes Wachstum.

Life Sciences – Milliardenbranche Nummer 3 Last but not least sind auch die Life Sciences (im Kanton Zürich) ein Milliardenmarkt. Das im 2016 von der Standortförderung Zürich publizierte Cluster Portrait Life Sciences Zürich 2016 5 zeigt dies eindrücklich auf. Vielversprechende strukturelle Wachstumstreiber sind der demografische Wandel, der zu einer immer älter werdenden Gesellschaft führt, eine zunehmende Weltbevölkerung, eine wachsende zahlungs- und kaufkräftige Mittelschicht in den Schwellenländern und ein rasanter technologischer Fortschritt. Im Clusterportrait finden sich folgende aktuelle Kennzahlen für die Life Sciences im engeren Sinne im Kanton Zürich: 1'459 Mio. CHF Bruttowertschöpfung, 5‘788 Vollzeitstellen und 425 Arbeitsstätten.

Treffpunkt der Milliardenbranchen Am Departement Life Sciences und Facility Management der ZHAW in Wädenswil treffen also drei Milliardenbranchen aufeinander: Immobilienwirtschaft inkl. Facility Management – Bildung, Forschung und Innovation und Life Sciences. Und die Folgen ...?

Treffpunkt Hochschule: Strategisches «WIE» und «WAS» In Wädenswil entstand in den letzten fast 75 Jahren ein Hochschulteil der ZHAW von nationaler Bedeutung, der sich dem vierfachen Leistungsauftrag verpflichtet und der auf die Praxisorientierung fokussiert. Das ZHAW Departement Life Sciences und Facility Management steht für «Studieren und Forschen in Wädenswil: Praxisnah, kreativ, leidenschaftlich und reflektiert». Diese Grundwerte stehen dafür, «WIE» am Departement Life Sciences und Facility Management gearbeitet werden soll. Die inhaltlichen Schwerpunkte, also «WAS» im Rahmen des vierfachen Leistungsauftrags bearbeitet wird,

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Minder, S., SBFI News 5/16, 2016, BFI-Finanzbericht 2016 publiziert – Zahlen und Fakten zur Finanzierung von Bildung, Forschung und Innovation durch Bund und Kantone, 4-7. 5 Kanton Zürich Volkswirtschaftsdirektion, Amt für Wirtschaft und Abgaben, Standortförderung Kanton Zürich, 2016, Cluster Portrait Life Sciences Zürich 2016, 57 pp.

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gibt das Departement auf einer sehr hohen Ebene vor. Die Departementsstrategie 2025 lässt sich kurz und bündig, was die inhaltlichen Schwerpunkte angeht, wie folgt zusammenfassen: Environment, Food, Health – mit unseren Kompetenzen in Life Sciences und Facility Management leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Lösung unserer gesellschaftlichen Herausforderungen und zur Erhöhung unserer Lebensqualität. Die operative Ausdifferenzierung der Schwerpunkte obliegt den Instituten. Sie haben durch die (fachlich inhaltlichen) Departementsschwerpunkte eine Rahmung, aber trotzdem genügend Spielraum für eine prosperierende fachlich-inhaltliche Entwicklung.

Interessante Gemeinsamkeiten – hilfreiche Synergien Facility Management und Life Sciences sowie Bildung und Forschung, unsere Milliardenmärkte, haben eines gemeinsam, sie entwickeln sich hoch dynamisch. Während das Facility Management auf der einen Seite noch immer eine wichtige Kommunikationsaufgabe bearbeitet, nämlich die (Er-)Klärung der Frage «Was ist eigentlich Facility Management?», beschäftigt es sich auf der anderen Seite z.B. mit hoch komplexen technischen Fragestellungen der Gebäudesteuerung; so berechnen moderne Gebäude heute beispielsweise bereits frühzeitig die Heiz- und Kühlzyklen aufgrund der kurz- und mittelfristigen Wetterprognosen. Dies führt zu einer Effizienzsteigerung und letztendlich auch zu einer Reduktion des CO2-Ausstosses,

was

unserer

Umwelt

(Stichwort

Klimaveränderung)

zugutekommt

(vgl.

Departementsschwerpunkt Environment). Im Spitalbereich geht es im Institut für Facility Management unter anderem um die Planung der Spitäler von morgen und darum, auch im Facility Management-Bereich einen

Beitrag

an

die

Reduktion

der

Teuerung

im

Gesundheitswesen

zu

leisten

(vgl.

Departementsschwerpunkte Health und Food). Facility Management ist eine Management Disziplin. Es verwundert deshalb auch nicht, dass das Thema Kosten und Kennzahlen immer ein zentrales Thema im Facility Management sein muss (bis hin zur Betrachtung der Kosten, die das Institut selber generiert). Beim Departementsschwerpunktsthema gesellschaftliche Herausforderungen und hohe Lebensqualität denken wir vorerst an die alternde Gesellschaft und an Themen wie das Active and Assisted Living Programm (AAL), das im Institut für Facility Management ebenfalls von grosser Bedeutung ist und auch auf EU-Forschungsprogramm Stufe bearbeitet wird. In unserer Gesellschaft, in der sich die jüngeren Arbeitnehmenden zunehmend nicht mehr für längere Zeit an ihren Arbeitgeber binden wollen (oder können – vgl. die Zunahme der befristeten Arbeitsverhältnisse), muss das (interne) Kostenbewusstsein aber immer mehr auch eine Gegenposition in Form von Attraktivität des Arbeitsplatzes und -inhalts haben. Sei dies

in Form

von neuen attraktiven Arbeitsplatzumgebungen (Workplace Management),

Arbeitszeitmodellen oder schlicht der inhaltlichen Herausforderung, jungen Studierenden neues Wissen aus der Forschung weitergeben zu dürfen. Wer diese Mitarbeitenden-bindenden Massnahmen klug ergreift, wird sich Standortvorteile in einem Arbeitsmarkt, der auch im Facility Management Bereich vom Fachkräftemangel geprägt ist, schaffen. Im vorgängigen Abschnitt wird deutlich, dass Facility Management viel mit Environment, Food und Health, Gesellschaft und Wohlstand zu tun hat. Facility Management muss auf dieselben neuen Trends, die auch für den Life Sciences Bereich strukturelle Wachstumstreiber sind, reagieren (demografischer Wandel, der zu einer immer älter werdenden Gesellschaft führt, zunehmende Weltbevölkerung, wachsende zahlungsund kaufkräftige Mittelschicht in den Schwellenländern und rasanter technologischer Fortschritt).

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Immobilienmanagement, Hospital(ity) Management, Workplace Management sind drei klassische Schwerpunkte, die am Institut für Facility Management bearbeitet werden. Diese drei Schwerpunkte lassen interessante Querverbindungen zu den Life Sciences zu. Das Thema Energie verbindet das Institut für Facility Management und das Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen im Bereich Immobilienmanagement; das Thema Ernährung verbindet das Institut für Facility Management und das Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation im Bereich Hospitality Management und das Thema Raumluftqualität verbindet das Institut für Facility Management mit dem Institut für Chemie und Biotechnologie im Bereich Workplace Management. Drei Beispiele, in denen Brückenverbindungen von Facility Management und Life Sciences auf der Hand liegen und heute schon gelebt werden. Es gibt in der Schweiz ausser dem Departement Life Sciences und Facility Management der ZHAW in Wädenswil kein einziges Zentrum, das diese Verbindung so niederschwellig herstellen kann. Die auf den ersten Blick seltsam anmutende Kombination von Facility Management und Life Sciences birgt auf den zweiten Blick erstaunlich viele interessante, einzigartige Potenziale, die es zu nutzen gilt – in Zukunft noch mehr als heute.

Hervorragend ausgebildete Leute sind das Kapital dynamischer Branchen Sich rasant entwickelnde Branchen benötigen dringend gut ausgebildete Nachwuchskräfte auf verschiedenen Levels. Das Bachelorstudium in Facility Management ist etwas für Macherinnen und Macher, für junge Menschen, die Freude haben, mit anderen Menschen zu arbeiten, zu führen, zu organisieren und dabei immer im Auge zu behalten, dass es ihre Aufgabe ist, das Kerngeschäft zu unterstützen. Dass das Kerngeschäft dabei vom Spital, über die Grossbank, zum Sportstadium, bis hin zum Ingenieurbüro gehen kann, macht die Arbeitsmöglichkeiten breit, attraktiv und vielfältig. Die Branche wächst, die Technik wird immer ausgefeilter, Gebäude müssen (und können) immer effizienter und effektiver werden, Menschen, die andere Menschen führen, müssen heute über eine sehr gute Ausbildung verfügen. Die Bewältigung der inhaltlichen, sozialen und emotionalen Herausforderungen sowie des alltäglichen Informationsmanagements in einem Umfeld, das von hohem Tempo, permanenter Veränderung und viel Unsicherheit geprägt ist, bringt Menschen und Organisationen an ihre Grenzen (pers. Kommunikation Quistorp 2008). Nur wer auf diese Situation vorbereitet und über eine wertvolle Ausbildung verfügt, ist in der Lage, in den Milliardenbranchen einen Beitrag zu deren Weiterentwicklung und stetigen Verbesserung zu leisten. Wenn sich Branchen dynamisch rasant entwickeln, muss dies auch die Hochschule tun, optimalerweise verschafft sich die Hochschule einen Wissensvorsprung, indem sie sich noch etwas schneller wandelt. Unser Bachelorprogramm steht z.B. auch vor der Herausforderung, die Digitalisierung im Studium, im Beruf (und im Privatalltag) als hilfreiche Veränderung zu erkennen und ebenso einzusetzen. Die Fähigkeit, sich selbstständig wo und wann auch immer Wissen anzueignen, wird intelligente und motivierte junge Menschen befähigen, sich in Bezug auf ihr Wissen zu individualisieren und sich für den spezialisierten Arbeitsmarkt attraktiv zu machen. Die Zeit, die sie an der Hochschule verbringen, nutzen sie für den Diskurs mit Mitarbeitenden der Hochschule auf hohem Niveau – Pflicht und Kür werden unterschiedlich gelernt! Der Master of Science (MSc) Studiengang in Facility Management ist durch seine Internationalität eine Perle in Wädenswil. Er bringt die grosse weite Welt nach Wädenswil. Internationalität in Wädenswil – wir

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können unseren ausländischen Studierenden einen wunderbaren (und sicheren) Ort zum Studieren bieten und sie ermöglichen uns, ein Netzwerk mit allen Herren Länder aufzubauen. Der MSc Studiengang baut auf einem abgeschlossenen berufsbefähigenden BSc-Studiengangabschluss auf und fokussiert einerseits auf die Kompetenz, Forschungsfragen selbstständig erkennen und lösen zu können sowie die neuen Erkenntnisse zugänglich zu machen. Andererseits fokussiert der MSc Studiengang auf den strategischen Teil des Facility Managements. Das ehrgeizige Ziel des Instituts für Facility Management, in jedem Unternehmen einen Chief Facility(management) Officer CFO zu etablieren, wird «on the long run» in der Milliardenbranche grosse Summen einsparen, weil der Betrieb der Gebäude von Anfang an mitgedacht wird und so Effektivitäts- und Effizienzüberlegungen beim Betrieb der Gebäude und Services zu einem (genügend) frühen Zeitpunkt angestellt werden. Wer strategisch denken kann, greift dabei, wenn die Strategie denn einmal profitabel sein soll, gern auf seinen operativen Erfahrungsrucksack zurück. Theorie und Praxis sind zwei Dinge wie Operation und Strategie, aber sie gehören zusammen und bauen aufeinander auf. Die Verbindung von Hochschule und Branche ist gerade beim Facility Management von grösster Bedeutung und eine einmalige Chance. Im Bachelor of Science Studium trägt das Praxissemester zu dieser Brückenbildung bei, im Master of Science Studium ist es die Wahl eines praxisrelevanten Forschungsthemas und dessen Bearbeitung (im besten Falle als Fragestellung eines Auftraggebers aus der Branche) in Form der Masterthesis. Wenn diese Fragestellungen dann auch noch die interdisziplinäre Vernetzung mit den Life Sciences in Wert setzen können, dann nutzen wir unseren Standortvorteil, so wie ich (und wahrscheinlich jeder Steuerzahler in unserem Land) sich das wünschen würden.

Wir sind Teil der Zukunft Drei Milliardenbranchen, ein Ort, an dem sie verbunden werden und an den einzigartigen Synergien möglich sind – am Departement Life Sciences und Facility Management in Wädenswil. Die Ausgangslage ist allseitig hervorragend – Facility Management let’s pass to new horizons!

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FM in Lehre, Forschung und Praxis auf dem Weg in die Zukunft Prof. Dr.-Ing. Antje Junghans (zukünftige IFM Institutsleiterin)

Das Symposium „Facility Management – here weg go!“ begleitet das Institut für Facility Management (IFM) auf den Weg in die Zukunft. Die Beiträge der Symposiums Teilnehmer beleuchten Lehre, Forschung und Praxis im FM aus unterschiedlichen Perspektiven. Sie tragen dazu bei, die Erfolge und Herausforderungen der FM-Branche zu verstehen und in die zukünftige Richtung zu steuern. Die Zukunft von FM in Lehre, Forschung und Praxis ist nicht vorhersehbar sondern in dynamischer Interaktion der Beteiligten gestaltbar. Zukunft wird dabei nicht als Ziel sondern als Weg verstanden, so wie in einer vom kalifornischen Wissenschaftler John H Schaar (1928-2011) überlieferten Weisheit beschrieben: “The future is not some place we are going, but one we are creating. The paths are not to be found, but made. And the activity of making them changes both the maker and the destination.” (John H. Schaar). Facility Management ist in Europa seit den 80er Jahren unterwegs und wird heute als bedeutender Wirtschaftszweig „Milliardenbranche“ und akademische Disziplin verstanden. Seit Ende der 90er Jahre hat die zunehmende Etablierung von Lehr- und Forschungszentren die Entwicklung der Branche und die wissenschaftliche Anerkennung des FM unterstützt. Vor der Etablierung spezifischer FM Studiengänge war das Facility Management vor allem von Einzelpersonen mit unterschiedlichen fachlichen und akademischen Qualifikationen geprägt. Als ich 2011 als Professorin für Facility Management an die Norwegian University of Science and Technology berufen wurde, habe ich mit meinem damaligen Kollegen Prof. Nils Olsson angefangen die Etablierung von FM als akademische Disziplin anhand einer Struktur aus sechs grundlegenden Kriterien zu untersuchen: „Particular object of research; Body of specialist knowledge; Theories and concepts that can be used to organize knowledge; Specific terminologies; Specific research methods; and Institutional manifestation.“ (Junghans & Olsson, 2014). Die akademische Institutionalisierung des Berufsfelds mit der Etablierung von Facility Management Studiengängen mit allen drei akademischen Qualifikationsmöglichkeiten: Bachelor (BSc), Master (MSc) und Doktortitel (Dr, PhD) hat sich als eine der wesentlichen Antriebskräfte für die Entwicklung der FM Disziplin erwiesen. Die Gründung des Instituts für Facility Management (IFM) durch Prof. Thomas Wehrmüller und andere an der ZHAW trägt erfolgreich zur Entwicklung von FM in der Schweiz, in Europa und darüber hinaus bei. Thomas Wehrmüller beschreibt in seinem Beitrag: „Facility Management – Profession und Professionalisierung - Blick zurück auf ein Vierteljahrhundert FM-Entwicklung – und in eine verheissungsvolle Zukunft“ unter anderem die Etablierung des Instituts für Facility Management (IFM) in der Schweiz. Weitere Pioniere der Etablierung universitärer Lehr- und Forschungszentren finden sich an Universitäten in Grossbritannien, den Niederlanden und in Skandinavien: Das CFM (Centre for Facilities Management) wurde von Prof. Keith Alexander 1990 in Glasgow gegründet und ist 2000 an die University of Salford umgezogen. Keith Alexander (1992) hat Facility Management als

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Vermittler für die Prozesse und Dienstleistungen zwischen der strategischen Entwicklung der gebauten Umwelt und den Zielen der Arbeitswelt positioniert und so von anderen Disziplinen abgegrenzt indem er ausführt: “It is the emphasis on process and service and the relationship between facilities and the objectives of an organization which characterize facilities management and distinguish it from the established professional disciplines of the industries which it calls construction, hospitality, support and other service industries” (Alexander 1992: 6). Weitere internationale Lehr- und Forschungszentren die sich parallel zum IFM entwickelt haben sind: Das Center for People and Buildings, das an der TU Delft im Jahr 2001 von Prof. Hans de Jonge, Wim Pullen und Prof. Theo van der Voordt gegründet und etabliert wurde. Das Centre for Real Estate and Facilities Management (Metamorphose). Dieses wurde an der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) in Trondheim seit 2002 von Prof. Tore Haugen und anderen gegründet und aufgebaut. Und das Centre for Facilities Management (CFM) an der Technical University of Denmark (DTU), das seit 2008-2012 von Prof. Per Anker Jensen und Prof. Susanne Balslev Nielsen gegründet und entwickelt wurde. (Junghans, 2012). Die Lehrangebote des IFM sind von der International Facility Management Association (IFMA) akkreditiert. IFMA wurde in den 1980er Jahren in den USA gegründet und zählt zu den bedeutendsten Institutionen für die internationale Entwicklung und Etablierung des FM. IFMA Schweiz ist beim Symposium mit dem Beitrag von Matthias Lothamer & Susanna Caravatti-Felchlin: „IFMA, das Facility Management und die Schweiz – eine Erfolgsgeschichte?!“ vertreten. Der Schweizer FM Verband „FMPro“ wird mit einem Beitrag von Rainer Artho: „Bildung als Pfeiler der Branchenentwicklung“ repräsentiert. Das IFM engagiert sich unter anderem im Europäischen Facility Management Verband (EuroFM) und arbeitet dort in den Arbeitsgruppen Education Network Group (ENG) und Research Network Group (RNG) aktiv mit. Die Vision von EuroFM ist: „The advancement of knowledge in Facility Management in Europe and its application in practice, education and research, in order to communicate best practice through Europe.” EuroFM wurde Anfang der 1990er Jahre gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern zählen FM Verbände aus Grossbritannien, den Niederlanden und Dänemark. Seit 2006 engagiert sich EuroFM unter anderem für die Etablierung von Europäischen Normen im FM. Damit sollen standardisierte Vorgehensweisen für die Regelung von Angebot und Nachfrage von FM Dienstleistungen unterstützt werden. Wie beispielsweise die vertragliche Vereinbarung von Service Level Agreements (SLA) zwischen Auftraggeber und FM Dienstleistungsanbieter. Die Europäische FM definition lautet entsprechend: “The integration of processes within an organization to maintain and develop the agreed services to support and improve the effectivenes of primary processes” (EN -15221-1, 2007). Das IFM ist seit vielen Jahren aktiv darin zukunftsfähige Lehr- und Weiterbildungsangebote zu schaffen und Innovationen durch Forschung und deren Anwendung in der Praxis zu fördern und somit Wege in die Zukunft des FM zu gestalten. In den Symposiums Vorträgen wird unter anderem auf gesellschaftliche, wirtschaftliche, ökologische, und technologische Rahmenbedingungen eingegangen. Barbara Hohmann Beck beleuchtet die gesellschaftliche Perspektive mit ihrer Präsentation „Beitrag des Facility Managements zum demografischen Wandel“. Den wirtschaftlichen Blickwinkel nimmt Dr. Beat Schwab

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ein mit seinem Beitrag: „Facility Management aus Sicht eines grossen Investors“. Die ökologischen Rahmenbedingungen werden mit dem Beitrag von Dr. Peter Richner: „Energieeffizienz von Gebäuden Facility Management als Missing Link zwischen Planung und Realität“ aufgezeigt. Den Schwerpunkt auf die neuen Technologien setzt der Vortrag von Simon Caspar: „Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental“. Abschliessend beleuchtet Thomas Wehrmüller mit seiner Präsentation: „Facility Management – Profession und Professionalisierung - Blick zurück auf ein Vierteljahrhundert FMEntwicklung – und in eine verheissungsvolle Zukunft“ den Weg des IFM. Die Vielfalt der Vortragsthemen und Tagungsbandbeiträge liefert darüber hinaus vertiefte Einblicke in die FM Branche und Wissenschaft sowie zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten. Mit der Ausrichtung des Symposiums bedankt sich das IFM bei seinem Gründer und Institutsleiters Prof. Thomas Wehrmüller für die geleistete Arbeit. Diesem Dank schliesse ich mich aus vollem Herzen an und freue mich darauf das IFM zukünftig zu leiten. Denn die Zukunft des IFM ist nicht irgendein Platz an den wir gehen, sondern einer den wir gestalten. Die Wege in die Zukunft werden nicht gefunden sondern gebaut. Das Bauen der Wege verändert beides, die Beteiligten und deren Richtung.

FM here we go!

Referenzen Alexander, K (1992). An agenda for facilities management research. Facilities, 10(7), 6-12. EN 15221-1: 2007, Facility Management Part 1: Terms and definitions. Junghans, A.; Olsson, N. (2014). Discussion of facilities management as an academic discipline: To what extent are the general requirements met and what does it mean? Facilities 32(1/2) 67-79. Junghans, A. (2012). European FM Research Agenda. In: Jensen, P.A. & Balslev Nielsen, S. (eds.) Facilities Management Research in the Nordic Countries, Past-Present-Future, Lyngby: Polytekniks Forlag.

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Facility Management – Profession und Professionalisierung Blick zurück auf ein Vierteljahrhundert FM-Entwicklung – und in eine verheissungsvolle Zukunft Thomas Wehrmüller ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Facility Management (FM) ist 2001 durch einen Bundesratsentscheid auf Hochschulstufe offiziell etabliert worden, was zur Professionalisierung des FM in der Schweiz bzw. der Deutschschweiz entscheidend beigetragen hat. Der Aufbau von Fachhochschulen in den Neunziger-Jahren des letzten Jahrhunderts hat diese Entwicklung ermöglicht. Die FM Ausbildung ist aus einer Überführung und Weiterentwicklung der Ausbildung zur Hauswirtschaftlichen Betriebsleiterin HHF (Höhere Hauswirtschaftliche Fachschule) hervorgegangen. Diese Ausbildung hat auf einer systematischen berufsanalytischen Untersuchung basiert, deren Schlussfolgerungen, dass in erster Linie die Managementkompetenzen ausgebaut werden müssen, dazu beigetragen haben, dass die Überführung in den Fachhochschulstudiengang FM erfolgreich realisiert werden konnte. Die Weiterentwicklungen der Lehrinhalte und Lehrangebote auf Fachhochschulstufe wurden wiederum anhand systematischer Abklärungen und Erhebungen national und international vollzogen, wobei das Wechselspiel zwischen Anforderungen der Praxis und Lehrangeboten zentral ist. Die hohe Nachfrage seitens der Wirtschaft nach den Studienabsolventen des Instituts für Facility Management (IFM) lässt den Schluss zu, dass dieser Weg bisher erfolgreich war und auch für die nächste Zukunft verheissungsvoll ist, weil FM wichtig zur Steigerung der Binnenproduktivität ist und wichtige Beiträge zu aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen wie CO2 Verbrauch, Energiethematik, moderne Workplace-Umgebungen oder den Kosten des Gesundheitswesens liefert.

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Fragestellungen und Abgrenzung

Kürzlich wurde ich von einem Geschäftsleitungsmitglied eines gesamtschweizerisch operierenden FMProviders darauf angesprochen, ob wir die FM-Ausbildung ebenfalls in der Westschweiz anbieten könnten: im Unternehmen sei es deutlich spürbar, dass das FM in der Deutschschweiz viel professioneller sei als in der lateinischen Schweiz. Wenn heute festgestellt werden kann, dass sich die Entwicklung des Studienganges an der Hochschule in der wirtschaftlichen Realität abbildet, dass die rund achthundert Personen, die die Profession „FM“ auf Stufe Bachelor, Master und Weiterbildungsmaster erlernt und sich angeeignet haben, in der Schweizer Wirtschaft eine spürbare Wirkung erzielen, dann sorgt diese Aussage ohne Zweifel für eine gewisse Befriedigung. Warum hat sich das Facility Management in der Schweiz, vor allem in der Deutschschweiz, so entwickelt, wie es sich heute präsentiert? Dieser Frage möchte ich nachgehen und gleich zu Beginn festhalten: wenn der Einfluss der Ausbildung auf die Wirtschaft betont wurde, dann ist dies beim FM immer auch in der entgegengesetzten Richtung der Fall gewesen: die Entwicklung des Studienganges ist ganz wesentlich auch von der Entwicklung in der Wirtschaft geprägt und beeinflusst worden. Ich persönlich habe dies immer als etwas vom spannendsten empfunden: dieses gegenseitige Prägen, welches ganz zentral zum Wesen einer Fachhochschule gehört. Wenn in der aktuellen Strategie der ZHAW 2015 - 2025 (ZHAW, 2014) die transformative Wissenschaft eines

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

von drei grossen Zielen ist, dann dürfen wir sagen, dass die Entwicklung des FM dazu ein Vorzeige - Exemplar ist. Diese Entwicklungslinien sollen in diesem Bericht in groben Zügen aufgezeichnet und festgehalten werden. Wenn wir hier bisher nur von der Wirtschaft und von der Ausbildungsinstitution gesprochen haben, dann ist bei der Betrachtung dieser Entwicklung ein zentraler Faktor noch nicht erwähnt, der hier deutlich zum Ausdruck kommt: die Rolle und die Bedeutung des Staates als Regulator, und darin mit eingeschlossen, welch wiederum wichtige Rolle die Verbände für den Staat haben. Aus dieser Entwicklungslinie heraus wird aber auch der Blick nach vorne gerichtet. Die dauernden Veränderungen sind Ansp*rn, die Chancen der Zukunft zu packen. In diesem Bericht wird nicht näher auf die verschiedensten Standortdiskussionen für den Studiengang eingegangen, die gleichzeitig auch Diskussionen über die verschiedensten „Nachbarsdisziplinen“ des FM wären. Dies schreibe ich unter der Prämisse, dass ich überzeugt bin, dass der zurückgelegte Weg in Wädenswil es ermöglicht hat, dass sich FM als eigeständige Profession gut entwickeln konnte. Ich habe hier die Rückmeldung eines Beirats-Mitglieds aus einer deutschen Hochschule in Erinnerung, das mich um die Situation beneidet hat, dass in unserem Studiengang alle Dozierenden in der Lehre „FM im Kopf“ hätten, und so die Studierenden auch eine FM-Identität entwickeln könnten. Dies sei ganz anders, wenn der Unterricht an einer Mehrspartenhochschule einfach in den verschiedenen Teildisziplinen besucht wird. Ebenfalls gehe ich nur insofern auf die Fusionsthematiken ein, als sie für die Entwicklung des FM von Bedeutung waren. Und schlussendlich kann hier aus Platzgründen auch nicht näher auf die Entwicklung der Höheren Berufsbildung im FM eingegangen werden, obwohl auf Initiative der Fachkommission des IFM auch Vorbereitungskurse für die Höhere Fachprüfung Leiter/in in FM mit aufgebaut wurden. Die etwas länger zurückliegende Entwicklung werde ich zudem etwas ausführlicher behandeln, während die jüngere Entwicklung durch die anderen Beiträge in diesem Band zur Geltung kommt.

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Vorgeschichte - von der Hausbeamtin zur Hauswirtschaftlichen

Betriebsleiterin HHF An bester Lage am Zeltweg in Zürich haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts initiative Frauen aus dem Gemeinnützigen Frauenverein Zürich (GFZ) ein wunderschönes Jugendstil - Gebäude errichtet, und darin ab 1913 auch die Ausbildung zur Hausbeamtin angeboten. Diese Hausbeamtinnen nahmen vor allem in Spitälern und Heimen verantwortungsvolle Positionen ein. Später konnte diese Ausbildung auch bei den Baldegger Schwestern in Hertenstein, später in Baldegg selber, sowie an der Berner Frauenfachschule (BFF) und für eine gewisse Zeit in St. Gallen genossen werden (Schweizerischer Verein Diplomierter Hausbeamtinnen, 1980). Nachdem die Arbeitgeber mit der Ausbildung nicht mehr zufrieden waren, wurde 1976 die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Heranbildung von Hauswirtschaftlichen Führungskräften (SAHF) gegründet, in welcher paritätisch die Arbeitgeber (Organisation der schweizerischen Spitäler VESKA, heute H+, sowie Schweizerischer Verband Volksdienst, heute SV Group), der Berufsverband (Schweizerischer Verein Diplomierter Hausbeamtinnen SVDH, heute fmpro) sowie die drei Schulen vertreten waren. Die SAHF mit ihrer ersten Präsidentin Suzanne Schrade wurde von Dr. Franz Oswald beraten, welcher in seiner Dissertation ein Modell der systematischen Curriculumsentwicklung kreiert hatte (Oswald, 1977). Mit zu

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

diesem Modell gehörte, dass die Curriculumsentwicklung auf einer Berufsanalyse basiert. Diese Arbeit durfte ich als Abschlussarbeit meines Studiums erstellen (Wehrmüller, 1980). Ich hatte für eine Fragebogenerhebung ein detailliertes Inventar von 161 Tätigkeiten erstellt. Jede Tätigkeit musste nach Häufigkeit und Wichtigkeit im Berufsalltag beurteilt werden. Zusätzlich wurde erhoben, wie im Hinblick auf die zukünftige Ausbildung die Tätigkeiten, zusammengefasst in 20 Tätigkeitsfelder, gewichtet werden sollten. Insgesamt mussten so mehr als 400 Fragen beantwortet werden. Trotzdem war der Rücklauf sehr hoch. Neben den Berufsträgerinnen wurden ebenfalls die Arbeitgeber befragt. Sie mussten ebenfalls die 20 Haupttätigkeitsfelder im Hinblick auf die Gewichtung in der Ausbildung und im Hinblick auf die Entwicklung der nächsten 10 Jahre gewichten. Der Vergleich (Abbildung 1) zeigt, dass einzig beim Thema „Bauplanung“ ein stark signifikanter Unterschied festzustellen ist, was auch aus heutiger Optik immer noch ein interessantes Thema ist.

Abbildung 1: Vergleich der Arbeitgeberbefragung (AG, N = 138) und der Berufsträgerinnen-Befragung (HB, N = 210), zur Frage nach der zukünftigen Bedeutung der 20 Teilgebiete der Hausbeamtinnen-Aufgaben; 0: keine Bedeutung; 5: sehr grosse Bedeutung; Mittelwerte (Wehrmüller, 1978, S. 60)

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Mittels Faktorenanalyse wurde das Tätigkeitsfeld strukturiert und aus den Gewichtungen für die neue Stundentafel eine neue Verteilung berechnet, wobei für die Allgemeinbildung 30% gesetzt wurde (dazu zählten Fächer wie Deutsch, Italienisch, Psychologie, Soziologie, Medizinische Anthropologie, Staats- und Wirtschaftskunde, Biologie, Chemie und Physik): Der stundenmässige Anteil der Betriebsführung und der Personalführung wurde stark ausgebaut, und der Anteil der Fachbereiche (Verpflegung, Reinigung, Wäscheversorgung) wurde im Gegenzug auf ein Drittel des gesamten Lektionentotals reduziert. Dies ergab neu für Betriebsführung 24%, Personalführung 16%, Hausdienst 12%, Verpflegung 12% sowie für die Wäscheversorgung

6%

der

gesamten

Lektionen.

Insgesamt

resultierte

daraus

eine

stark

managementorientierte Ausbildung, was später die Weiterentwicklung zum FM erleichtert hat. Weil der Ausbildungsberater Franz Oswald bald einmal ein Sabbatical machte, durfte ich als Projektleiter und Ausbildungsberater die Resultate der Analyse bei der Curriculumsgestaltung und Reglementserstellung umsetzen. 1980 wurde das Reglement verabschiedet, und die Schulen realisierten die Umstellung. 1985 bewilligte der damals zuständige Bundesrat Kurt Furgler die drei Schulen als Höhere Hauswirtschaftliche Fachschulen (HHF), und der eidgenössische Titel „Hauswirtschaftliche Betriebsleiter/in HHF“ konnte verliehen werden. Diese HHF waren fortan rechtlich gleichgestellt wie die Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) und die Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschulen (HWV), was, wie wir sehen werden, später Anlass zu Diskussionen gab. Während zu diesem Zeitpunkt in den USA sich erstmals die Entwicklung von FM ankündigte, war hier in der Schweiz dieser Begriff noch völlig unbekannt. Wie wir später sehen werden, hat aber die Berufsanalyse zur Folge gehabt, dass die in der Ausbildung vermittelten Kompetenzen dem modernen Verständnis von FM weitgehend entsprachen. Dies hatte in Bezug auf das FM auch konkrete Folgen: Mit der rückwirkenden Anerkennung konnten sich alle, welche den Abschluss Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin HHF ab 1985 erworben hatten (das waren insgesamt rund 600 Absolventinnen in Bern, Baldegg und Zürich) und fünf Jahre Berufserfahrung oder eine Weiterbildung in Form eines CAS nachweisen konnten, den Fachhochschultitel „Betriebsökonom/in FH in Facility Management“ erwerben.

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Gründung von Fachhochschulen in der Schweiz und der Kampf

um Anerkennung Zunächst, nach Ausstellung der ersten HHF-Diplome, nahm die Ausbildungstätigkeit seinen gewohnten Lauf (in dieser Zeit übernahm auch der Autor 1986 eine Stelle als Dozent für Personalführung und Psychologie in diesem Studiengang in Zürich). Wie gewohnt wurden jeweils an allen Schulen Klassen zwischen 10 und 20 Personen geführt, und wenn einmal ein Mann diese Ausbildung absolvieren wollte, war dies die absolute Ausnahme. Der Beginn der Neunzigerjahre ist dann geprägt von intensiven Auseinandersetzungen über die Weiterentwicklung der Höheren Fachschulen zu Fachhochschulen. Zunächst ging es um die Frage, ob die HHF’s ebenfalls zu Fachhochschulen überführt werden sollen. An einer Tagung am 20. Mai 1992 in Zollikofen Bern wurde über das in Entstehung begriffene Fachhochschulgesetz informiert, das auf dem Bericht einer interdepartementalen Arbeitsgruppe des Bundes über die Stellung der Höheren Fachschulen in der Schweiz beruhte. Was uns da umgetrieben hat, war die Aussage, dass alle Höheren Fachschulen zu Fachhochschulen überführt werden sollen, nur die HHF nicht.

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Giuseppe Pohli als Direktor des Zentrums für Kaderausbildung Zürich (ZKZ), wie die Schule bald einmal hiess, und ich als Leiter der Abteilung HHF haben darauf eine „Bitte um Klarstellung“ an den damals für die Berufsbildung zuständigen Vizedirektor des damaligen Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) geschrieben (ein Jurist des Bundes hatte den entsprechenden Tipp gegeben). Darin steht (ZKZ, 1992): Gerne möchten auch wir unsere Chancen im zukünftigen Europa wahrnehmen und nicht zum vorneherein ausgeschlossen werden. Auf Seite 9 Ihres Berichtes „Die Stellung der Höheren Fachschulen in der Schweiz“ steht, dass von Absolventinnen der HHF kaum die Anwendung wissenschaftlicher Methoden auf praktische Problemstellungen verlangt werde. Es bestehe „deshalb auch kein Anlass, die HHF als Hochschulen im Sinne der EG-Richtlinien zu bezeichnen, oder sie in eine noch zu schaffende Fachhochschulkonzeption einzubringen.“ Die Sachlage scheint im EG-Land Deutschland anders beurteilt zu werden. Es existieren unseres Wissens mindestens 7 Fachhochschulen und 2 Universitäten, in denen Oekotrophologinnen ausgebildet werden. Deren Studienrichtung „Betriebsführung in der Hauswirtschaft“ kommt der jetzt praktizierten HHF-Ausbildung relativ nahe. Uns wurde von verschiedenen BIGA-Vertretern signalisiert, dass diese für uns grundsätzliche Frage noch nicht abschliessend beantwortet ist. Wir bitten Sie deshalb mit diesem Schreiben diesbezüglich um Klarstellung. Ein Jahr später hatten wir, unter Hinweis auf die immer noch ausstehende Antwort und zusätzlich unterstützt durch die Präsidentin Liselotte Vontobel des Gemeinnützigen Frauenverein Zürich, des Trägers des Zentrums für Kaderausbildung Zürich, einen „Antrag auf Aufnahme der Höheren Hauswirtschaftlichen Fachschule Zürich in die Ueberführungsphase als Fachhochschule für Hauswirtschaft“ an den Direktor des BIGA gestellt, wobei es sicher kein Nachteil war, dass eine engagierte Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin diesen Direktor persönlich kannte und auf unseren Brief hinweisen konnte (ZKZ, 1993): Der Presse konnten wir entnehmen, dass der Hotelfachschule Lausanne der Fachhochschulstatus seitens der Volkswirtschaftsdepartements bereits zugesichert wurde. Es berührt seltsam, dass eine Schule, die noch nicht einmal Höhere Fachschule ist, eine solche Zusicherung erhält, während die anerkannte Höhere Hauswirtschaftliche Fachschule Zürich von der Ueberführung ausgeschlossen wird. Es könnte auf der politischen Ebene schlecht verstanden werden, wenn ausgerechnet durch die Fachhochschul-Gesetzgebung der Aufstieg dieser Kaderausbildung für Frauen verhindert würde. Diesmal liess die Antwort nicht lange auf sich warten. Zwar wurde auf kritische Punkte bei den Aufnahmebedingungen hingewiesen, aber entscheidend war, dass nun ein Fenster für die Überführung aufging, indem die folgende Bedingung formuliert wurde (BIGA, 1993): Bevor wir uns von Seiten des BIGA wieder mit der Frage einer Aufwertung der Höheren Hauswirtschaftlichen Fachschulen zu Fachhochschulen befassen werden, brauchen wir ein klares, von den bestehenden und anerkannten HHF gemeinsam unterstütztes Konzept für eine solche Umgestaltung. Dabei sind konkrete Vorschläge zu unterbreiten für eine hochschulgerechte Vorbildung und für die Erfüllung der Aufträge künftiger Fachhochschulen. Eine erste Hürde wurde genommen, eine zweite aber gleich gesetzt: es wurde verlangt, dass alle drei HHF’s dieses Konzept tragen, und dies war eine beinahe unüberwindbare Bedingung, weil unter den Direktoren der drei Schulen sehr kontroverse Ansichten herrschten, ob und wie die HHF’s sich zu Fachhochschulen weiter entwickeln sollten. Die Frage, ob es gut ist, wenn eine Ausbildung akademisiert wird, wurde aber auch bei den bisherigen Absolventinnen durchaus kontrovers diskutiert. Nichts desto trotz machte sich eine Arbeitsgruppe der SAHF daran, einen Konzeptvorschlag zu entwickeln. So konnte die SAHF das Dokument „Fachhochschulen für Hauswirtschaft – zehn Empfehlungen und ein

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Konzeptvorschlag“ verabschieden und Sr. Tabita Röthlin reichte als damalige Präsidentin der SAHF im April 1994 dem BIGA den Konzeptvorschlag ein. Bereits in den Vorbemerkungen (SAHF 1994, S. 3) wird zum Ausdruck gebracht, was schlussendlich die Weiterentwicklung zum FM möglich gemacht hat: Der SAHF ist es allerdings sehr wichtig, Offenheit zu signalisieren: •

Organisatorisch, indem man sich nicht auf (eine oder mehrere) eigenständige Fachhochschulen für Hauswirtschaft versteifen möchte. Gut denkbar wären Vorstellungen, dass der bisherige Studiengang als Abteilung z.B. in einer Fachhochschule für Wirtschaft und Verwaltung oder mit der Fachhochschule für Landwirtschaft, Landschaft und Ernährung […] oder in einem anderen noch sich bildenden Zusammenschluss integriert würde. Hier bieten sich Chancen für verschiedenartigste sinnvolle Kooperationen an.

Inhaltlich und fachlich sind Entwicklungen und Erweiterungen denkbar, die eine Fachhochschule für Hauswirtschaft über die bisherige berufliche Ausrichtung auf Hauswirtschaftliche Betriebsleiterinnen HHF hinausführen könnten.

Auf politischer Ebene kümmerte sich das ZKZ ebenfalls darum, dass die HHF mit in den FH-Zug aufgenommen wurde. So wurde insbesondere die damalige Ständerätin Vreni Spoerry gebeten, sich in Bundesbern für die Sache einzusetzen. Erfolg war, dass nun vom Junktim, dass alle drei HHF’s zusammen denselben Weg wählen mussten, Abstand genommen wurde, sodass sich eine Entwicklungschance bot. Bedingung war, dass sich die betroffenen Parteien, welche alle in der SAHF vertreten waren, darauf einigen, wie die nun unterschiedlichen Profile auf Stufe Fachhochschule und auf Stufe Höhere Fachschule aussehen sollten. Ebenfalls wichtig war, dass Giuseppe Pohli als Direktor des ZKZ und ich als Abteilungsleiter HHF zu einem Hearing der vorberatenden Kommission des Ständerates zum neuen Fachhochschulgesetz eingeladen wurden, um unser Anliegen einzubringen. Dies war insofern von Erfolg gekrönt, als dass in der Folge nun die gesetzliche Möglichkeit geschaffen wurde, dass die HHF grundsätzlich ebenfalls in einen FH-Studiengang überführt werden konnte. Das ZKZ intensivierte seine Bemühungen, als FH-Studiengang anerkannt zu werden. Dazu gehörte auch der Aufbau von Forschung und Entwicklung. Ein wichtiger Schritt in dieser Richtung war deshalb 1996 die Gründung des Instituts für Hauswirtschaftliche Grossbetriebe und die Anstellung von Dr. oec. troph. Barbara Hohmann Beck als deren Leiterin. Ebenfalls in diesem Jahr wurde das Anerkennungsgesuch für den Diplomstudiengang „Betriebsökonomin FH, Vertiefung Hauswirtschaft“ eingereicht (ZKZ, 1996). Interessant ist dabei, dass in diesem Dokument (S.39) zum ersten Mal auch Facility Management erwähnt wird, indem auf die vergleichbare Ausbildung in FM in Diedenoort in den Niederlanden verwiesen wird. Auf diese Ausbildung wurden wir durch eine Praktiku*msleiterin aufmerksam gemacht, welche aus Holland einen FM - Praktikanten im Einsatz hatte. Für das Bewilligungsgesuch wurde der Titel „Betriebsökonom/in FH mit Vertiefung Hauswirtschaft“ gewählt: Diesem Schritt waren Erklärungen seitens des Bundes vorausgegangen, dass die Hauswirtschaft nicht einen eigenen Titel bekommt, sondern als Teil der Betriebswirtschaft angesehen werden soll. Dies hat im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung zu intensiven Spekulationen über die richtige Taktik geführt: Aufgrund von diversen Gesprächen waren wir zur Ansicht gelangt, dass mit diesem Titel und mit einem allfälligen Zusammenschluss mit der damals von Zürich nach Winterthur wechselnden HWV der eigene Studiengang gefährdet sein könnte, wenn der Schwerpunkt Hauswirtschaft nur zu einer Vertiefung würde. Dies hat schlussendlich darin kulminiert, dass ein Antrag auf Titeländerung von Betriebsökonom/in FH, Vertiefung Hauswirtschaft hin zu Oekotrophologin FH gestellt wurde (ZKZ, 1997):

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Im Zusammenhang mit der starken Fokussierung auf die Bereiche Human Resources und Wirtschaftswissenschaft wurde verschiedentlich die Nähe zur HWV bzw. den betriebswirtschaftlichen Ausbildungsgängen als sinnvolle und notwendige Synergie und Ergänzung postuliert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Titel Betriebsökonomin FH, Vertiefung Hauswirtschaft diese Nähe sehr deutlich heraushebt und in den Vordergrund stellt, besteht die Gefahr, dass die Basis des Studienganges, nämlich die Haushalts- und Ernährungwissenschaften leicht übersehen und zu wenig gewichtet werden. Am 2. März 1998 erteilte der Bundesrat dann rückwirkend auf den Studienstart im Herbst 1997 die Genehmigung, den Studiengang „Oekotrophologie“ zu führen. Gleichzeitig wurde mit der Genehmigung der Zürcher Fachhochschule u.a. folgende Auflage gemacht (Der Schweizerische Bundesrat, 1998): „Die Ingenieurschule Wädenswil und das Zentrum für Kaderausbildung Zürich sind bis spätestens Ende 2000 zu fusionieren und in die Zürcher Fachhochschule zu integrieren. Hierfür müssen der Eidgenössischen Fachhochschulkommission bis spätestens Juni 1998 ein verbindliches Vorgehenskonzept sowie ein Entwicklungsplan vorliegen.“ Mit der Titeländerung konnte gewährleistet werden, dass ein eigenständiger Studiengang erhalten blieb, und gleichzeitig war damit die Fusion mit der Ingenieurschule Wädenswil vorgespurt.

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Facility Management kommt im Bundesrat an

Die lange ersehnte Bewilligung war da, jetzt ging es an deren Umsetzung. Einerseits standen die, sagen wir es einmal so, nicht ganz einfachen Fusionsverhandlungen mit der Ingenieurschule Wädenswil an. Anderseits mussten nun die Profile der Fachhochschul- und Höheren Fachschul- Studiengänge im Rahmen der SAHF ausgehandelt werden. Gleichzeitig musste die Entwicklung in Richtung Erfüllung der FH-Anforderungen mit ihrem erweiterten Leistungsauftrag in die Wege geleitet werden. Eine ganz entscheidende Rolle, dass sich in diesem Zeitpunkt der Studiengang Richtung Facility Management weiterentwickelte, spielte eine Reise, die ich anfangs September 1998 nach Holland an die Fachhochschulen Diedenoort und Deventer machen durfte. Einerseits fand ich es persönlich höchst spannend zu erfahren, wie in Holland unterrichtet wird, und insbesondere die Schilderung der ersten drei Blockwochen in deren FMStudium hat mich tief beeindruckt, welche unter dem Motto „Wohlbefinden im Raum“ stand: Auf die Beantwortung dieser Frage mit all ihren Facetten waren sämtliche Lernaktivitäten ausgerichtet. Aber auch die Tatsache, dass sich in Holland diese FM-Studiengänge ähnlich wie bei uns aus den hauswirtschaftlichen Studiengängen weiter entwickelt hatten, erschien mir wie eine Blaupause für uns. Zurück zu Hause, übernahmen wir innert kürzester Zeit dieses grundsätzliche Konzept und entwickelten es für uns weiter. Schlussendlich mündeten alle diese Entwicklungsschritte am 29. Juli 2000 in einen Antrag auf Umbenennung des FH-Studiengangs „Oekotrophologie" in „Facility Management". Weil in diesem Antrag, der über den Zürcher Fachhochschulrat an das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) in Bern ging, die verschiedenen Aspekte, die zu FM führten, schön dargelegt wurden und beim Gesamtbundesrat zur Genehmigung geführt hat, soll der Brief hier integral wiedergegeben werden (Hochschule Wädenswil, 2000):

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Sehr geehrter Herr Baumeler Aufgrund unserer Besprechung vom 13. Juli in Wädenswil (zusammen mit Dr. Grabherr, Rektor HSW, und Herrn HP Egli, Bildungsdirektion des Kantons Zürich) sowie unseres Telefons vom 21. Juli stelle ich den formellen Antrag, den Studiengang „Oekotrophologie", wie er vom Bundesrat am 2. März 1998 genehmigt wurde, neu in „Facility Management" umzubenennen. Dies als Folge einer logischen Entwicklung, und um international konkurrenzfähig und vergleichbar zu sein, wie im folgenden aufgezeigt wird. Begründung / Vorgeschichte Bei der FH-Ueberführung des Studienganges „Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin HHF" musste sich das damalige Zentrum für Kaderausbildung Zürich mit zwei hauptsächlichen Problemen auseinandersetzen: der Frage der Wissenschaftlichkeit sowie der vom damaligen Biga verlangten Schaffung von eigenständigen Profilen auf Stufe FH und Höhere Fachschule (die HHF-Schulen in Bern und Baldegg strebten die Fachhochschulüberführung nicht an). Mit der damaligen Wahl des Begriffes „Oekotrophologie" schienen beide Problemstellungen angemessen lösbar: die Anlehnung an die an deutschen Universitäten und Fachhochschulen etablierte Studiengangsbezeichnung sowie die Abgrenzung gegenüber der Hauswirtschaftlichen Betriebsleiterin auf der Stufe Höhere Fachschule HF. Zwei Arbeitsgruppen, bestehend aus Arbeitgebervertretern, Berufsvertreterinnen und den Schulen, haben entsprechende Berufsprofile ausgearbeitet, und das BBT hat nach einer Ueberarbeitung im zweiten Anlauf die entsprechenden Profile akzeptiert. Für das Profil der Fachhochschulstufe ergaben sich zwei Entwicklungsvorgaben: 1.

Stärkere Ausrichtung auf strategische Führung, bzw. Erweiterung zum umfassenden Management von Dienstleistungen in Gebäuden.

2.

Inhaltliche Vertiefung im Bereich Hauswirtschaft.

Zu Punkt 1 der Entwicklungsvorgabe Bei der Umsetzung der ersten Vorgabe zeigte sich bald, dass im internationalen Kontext, vor allem in den in diesem Bereich führenden Ländern USA, England und Holland, für das umfassende Management von Dienstleistungen in Gebäuden der Name Facility Management verwendet wird und national wie international zunehmende Verbreitung und Akzeptanz findet. (Altavista findet unter Facility+Management, facilities+management 150 000 Websites, im Gegensatz dazu Oekoptrophologie, Oecotrophologie, ökotrophologie total 2600). Unter Facility Management versteht man •

Das ganzheitliche Management der Anlagen/Gebäude, Einrichtungen und Dienstleistungen zur Unterstützung des Kerngeschäftes einer Unternehmung.

Die optimale Gestaltung der Wohn-, Arbeitsplatz- und Aufenthaltsverhältnisse auf professionelle Art.

In Holland entwickelte sich der Studiengang Facility Management/Dienstleistungsmanagement vor über 20 Jahren ähnlich wie bei uns aus den angewandten Haushaltwissenschaften heraus. Heute studieren in Holland 5000 Studierende an 7 Fachhochschulen diesen Studiengang, und deren Beschäftigungsaussichten sind nach wie vor gut. Vergleiche mit holländischen Fachhochschulabsolventen zeigten, dass unsere bisherigen Studentinnen mit ihrer bisherigen, Management-orientierten Ausbildung als gut qualifiziert beurteilt werden, und dass unser Studiengang inhaltlich grosse Uebereinstimmung mit den holländischen FM-Studiengängen aufweist. Seit 1998 partizipieren wir mit unseren Studierenden erfolgreich am internationalen Semester Facility Management in Münster/D, zusammen mit einer holländischen, finnischen, englischen und zwei deutschen Fachhochschulen. All diese Signale haben uns darin bestärkt, die Entwicklung des Studienganges in Richtung Facility Management voranzutreiben. Es fand eine fachlicher und personeller Ausbau in Richtung Bau und Technik, computergestütztem Facility Management und Immobilienökonomie statt. Die Praktiku*msplätze wurden ebenfalls mit gutem Echo in neue Bereiche ausgeweitet. Neben den bisherigen traditionellen Verbindungen im Spital- und Heimbereich wurden neu mit der IFMA (International Facility Management Association Schweiz), mit dem SVIT (Schweizerischer Verband der Immobilientreuhänder), mit dem MFS (Maintenance and Facility Management Society of Switzerland) Kontakte geknüpft und z .T. eine Zusammenarbeit in die Wege geleitet, ebenso erfolgte ein Eintritt in EuroFM (siehe Beilage Broschüre sowie Mitgliederliste mit Web Links). Die Zusammenstellung der Fachkommission erfolgte ebenfalls unter dem Aspekt eines ganzheitlichen FM-Studienganges (siehe Beilage). Auf Wunsch der Zürcher Bildungsdirektion wurde das seit vielen Jahren erfolgreich angebotene Nachdiplomstudium in allgemeiner Unternehmensführung, das sich vor allem an Frauen richtete, stärker auf den Kernbereich des

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Grundstudienganges ausgerichtet, neu gestaltet und vom Bund als NDS „Strategisches Facility Managament" genehmigt. Exponenten des BBT (Tel. mit Dr. A. Gieré im Oktober 98) hatten uns darin bestärkt, auf dieser Linie weiterzumachen und dafür den Begriff Facility Management als Schwerpunktbezeichnung zu gebrauchen. Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich hat dieses Anliegen mit Schreiben vom 30. Nov. 98 an das BBT aufgenommen (vgl. Beilage). Auf Anfrage im Sommer 99 liess Dr. Gieré ausrichten, dass der Begriff „Facility Management" als Zusatz mit Schrägstrich zu gebrauchen sei, bis nach einer bevorstehenden Verordnungsänderung der neue Name als Studiengangsbezeichnung offiziell gebraucht werden könne (siehe Beilage Studienprogramm). Aktuelle Auslöser für eine definitive Klärung Der Berufsverband der ehemaligen Absolventinnen (SVHBL) hat sich im Rahmen der aktuellen Diskussion über die rückwirkende Anerkennung (vgl. ihr Schreiben an BBT) dafür ausgesprochen, dass die Studiengangsbezeichnung „Facility Management" sei, weil sich dieser Begriff in den letzten Jahren durchzusetzen beginnt. Damit kann auch in Sektoren ausserhalb des Spital- und Heimwesens, in der Industrie und im Dienstleistungssektor, klar vermittelt werden, welche beruflichen Kompetenzen sie haben. Die Fachkommission unserer Abteilung hat an ihrer letzten Sitzung Anfang Juli 2000 eine rasche begriffliche Klärung der Studiengangsbezeichnung gewünscht, damit der Auftritt des Studiums nach aussen klarer vermittelt wird. Die definitive Studiengangsbezeichnung „Facility Management" könnte sich allenfalls auch auf die Zusammensetzung der Peer Group auswirken. Zu Punkt 2 der Entwicklungsvorgabe Was passiert mit der im oben erwähnten Profil erwarteten Vertiefung im Bereich des Wohnens, Haushaltens und Ernährens? Ursprünglich hatten wir vor, dies in Analogie zum holländischen Modell als Vertiefungsrichtung Consumer Affairs anzubieten. Für diese bisher nicht eingelöste Entwicklungsvorgabe möchten wir in den nächsten Wochen den Bedarf klären. Einerseits haben sich verschiedene Kreise (z .B. Hauswirtschaft Schweiz, oder Prof. Dr. R. Dubs anlässlich einer öffentlichen Veranstaltung im März in Baldegg) dafür ausgesprochen, dass es für den Bereich der Hauswirtschaft für die Schweiz in Wädenswil ein Zentrum/ Kompetenznetzwerk gibt, wobei Synergien innerhalb der Hochschule Wädenswil, vor allem mit der Abteilung Lebensmitteltechnologie, genutzt werden könnten. Wir sehen hier im Zusammenhang mit der Reorganisation der Lehrerbildung in verschiedenen Kantonen ein Bedürfnis. Dies möchten wir mit einer Erhebung bei den dafür zuständigen kantonalen Bildungsdirektionen bzw. bei der EDK im August klären. Für dieses Zentrum, bzw. für die Vertiefungsrichtung innerhalb des Studienganges, schlagen wir vor, den Begriff „Oekotrophologie" weiter zu gebrauchen, da er sich im Kontext der Haushalts- und Ernährungswissenschaften etabliert hat. In diesem Sinne bitten wir Sie, der Umbenennung des Studienganges zuzustimmen. Freundliche Grüsse HOCHSCHULE WÄDENSWIL Thomas Wehrmüller, lic. phil.I Abteilungsleiter Oekotrophologie / Facility Management

An seiner Sitzung vom 3. Juli hat der Schweizerische Bundesrat (2001), nach Einsicht in das Gesuch und die Stellungnahme der Eidgenössischen Fachhochschulkommission und in Erwägung „dass sich der Studiengang Ökotrophologie von den Inhalten her stärker auf die strategische Führung und das umfassende Management von Dienstleistungen in Gebäuden ausrichtet […] verfügt: […] Der Studiengang Ökotrophologie an der Hochschule Wädenswil wird in Facility Management umbenannt.“ Nun war also von höchster Stelle bestätigt, dass „Facility Management“ vom Staat als Studiengang betrachtet wird. Dies war ein wichtiger Moment für die Weiterentwicklung und Konstituierung des FM zur Profession und brachte die erwünschte Klarheit auch für die Kommunikation der Hochschule nach aussen. Dies nach einer Phase der Verunsicherung mit wechselnden Titeln und Vertiefungsbezeichnungen, wie dies aus einer Sammlung der Studienbroschüren aus jener Zeit hervorgeht (Abbildung 2).

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Abbildung 2: Studienbroschüren mit mindestens jährlich wechselnden Studiengangs- oder Vertiefungsbezeichnungen zwischen 1997 (oben links) bis 2003 (unten rechts).

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

5 Entwicklungsschritte hin zu einem professionelleren Verständnis von Facility Management Mit der offiziellen Umbenennung konnte im Sommer 2001 den ersten FH-Absolventinnen der Titel Betriebsökonom/in FH in Facility Management verliehen werden. Somit positionierte sich das FM erstmal auf Hochschulstufe, was für die Professionalisierung eines Tätigkeitsfeldes ein wichtiges Merkmal ist. Dies hiess aber nicht, dass damit die Entwicklung in ruhige Bahnen gelenkt wurde, denn es folgten nun die Peer Reviews, welche alle neuen Fachhochschulstudiengänge durchlaufen mussten, um vom Bund definitiv akkreditiert zu werden. Wenn wir heute selbstbewusst kommunizieren „here we go“, dann war diese Aussage damals noch mit einigen Fragezeichen versehen. Einerseits war im Hinblick auf die Peer Review noch nicht so klar, ob der Studiengang unter Oekotrophologie- oder unter FM- Aspekten überprüft würde. Tatsächlich war es dann so, dass der ganze Studiengang unter Aspekten des FM überprüft wurde, dass aber unter den Experten mit Ausnahme einer einzigen Person wenig FM – Verständnis vorhanden war, und dass, sagen wir es so, die deutsche IngenieursOptik vorherrschte. So war es uns ein Anliegen, dass bei der zweiten Peer Review neben dieser Ingenieurlastigen Optik auch die dienstleistungsorientierte Sichtweise, wie sie die Niederlande speziell pflegte, auch zum Tragen kam. Und so kam, nach der sehr kritischen ersten Peer Review, dann das erfreuliche Gesamturteil durch die wissenschaftliche Leitung, Prof. Dr. Rolf Dubs: “Im Vergleich zu allen Studiengängen im erweiterten Bereich der Betriebsökonomie kann dieser Studiengang dem oberen Drittel der überprüften Studiengänge zugeordnet werden“ (Eidgenössische Fachhochschulkommission, 2003). Was hatten wir gemacht, dass wir nun so positiv beurteilt wurden? Und vor allem: wie wurde gewährleistet, dass in der Ausbildung die richtigen Kompetenzen vermittelt werden? Zum einen haben wir uns europäisch umgeschaut und innerhalb von EuroFM, der europäischen Vereinigung für Forschung, Ausbildung und Praxis im FM, uns in der Arbeitsgruppe für ein zukünftiges europäisches Kompetenzprofil engagiert. Dabei wurde die Übernahme des 1999 von BIFM, dem British Institute of Facilities Management ausgearbeiteten, detaillierten Kompetenzprofils als europäisches Kompetenzprofil favorisiert. Dementsprechend haben wir vom Jahr 2000 an in einer Vergleichsstudie jedes Jahr bei unseren Absolventinnen und Absolventen erhoben, wie kompetent sie sich in den 20 Hauptkompetenzen einschätzen (siehe Abbildung 3). Entsprechend den Defiziten wurde der Lehrplan angepasst.

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Abbildung 3: Selbsteinschätzung (Mittelwert) der Studierenden in Bezug auf die erreichte Kompetenz am Schluss des Studiums (2000 – 2016) anhand des Kompetenzprofils BIFM Die erhobenen 20 Kompetenzbereiche (alle namentlich aufgeführt in Abbildung 4) des BIFM Profils sind für diese Darstellung hier in den 6 übergeordneten Kategorien zusammengefasst worden. Die Frage der Erhebung lautete: „Wie kompetent fühle ich mich am Schluss der Ausbildung“: Antwortmöglichkeit 1 (inkompetent) bis 10 (sehr kompetent). Mittelwerte.

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

In einer grösseren Projektarbeit (Heimann et al, 2003) wurde auch bei Facility Managern in der Schweiz, die schon Weiterbildungen in FM besucht hatten (nicht nur am IFM, sondern auch an den technisch ausgerichteten Fachhochschulen in Bern und in St.Gallen) überprüft, inwiefern dieses Kompetenzprofil BIFM für die Schweiz relevant ist, was grundsätzlich aufgrund der Resultate bejaht werden konnte. Zum Zweiten haben wir 2001 unsere Studiengänge „Betriebsökonomie FH in FM“ sowie das unter der Leitung von Barbara Keller Foletti aufgebaute Nachdiplomstudium „Strategisches Facility Management“ vom IFMA Chapter Schweiz (International Facility Management Association, weltgrösster FM-Verband) zertifizieren lassen. Dabei war das vom IFMA Chapter Schweiz entworfene Berufsbild Grundlage der Beurteilung. Nach weiteren Rezertifizierungen entschieden wir uns in Absprache mit IFMA Schweiz, die internationale Akkreditierung durch die IFMA Foundation anzustreben, welche für alle Studiengänge BSc in FM, MSc in FM und MAS in FM im Jahr 2013 erreicht wurde. Wenn jetzt eben erwähnt wurde, dass der MSc in FM international akkreditiert wurde, dann ist die ganze Entwicklung, die zu diesem Resultat (und der definitiven Akkreditierung durch den Bundesrat 2015) führte, hier natürlich noch nicht erzählt. In aller Kürze soll diese Frage unter dem Aspekt, inwiefern auch diese Etappe zur Professionalisierung beiträgt, erläutert werden. Entwicklung des Master-Studiengangs In gewissem Sinne haben wir beim MSc eine Wiederholung der Entwicklung, wie sie sich schon bei der Fachhochschulüberführung gezeigt hatte: wiederum war die erste Botschaft seitens der Behörden die, dass ein MSc für das FM nicht notwendig sei. Wiederum durfte in langen Diskussion dafür gekämpft werden, dass auch das FM, und erst recht das FM, in welchem keine schweizerische Universität oder die ETH forscht und entwickelt, eine Notwendigkeit besteht, einen forschungsbasierten Master anzubieten. Wiederum stellte sich die Frage, ob hier eine zusätzliche Verakademisierung die Folge ist, mit einer schleichenden Verlängerung der Ausbildung. Ich vertrete die Ansicht, dass es für die professionelle Weiterentwicklung, für die Positionierung des FM unabdingbar ist, dass es neben dem weiterhin berufsqualifizierenden Bachelor eine Möglichkeit gibt, sich in einer anspruchsvollen Ausbildung für höhere Managementpositionen oder für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im FM zu qualifizieren. Insofern war bei der Entwicklung des MSc relevant, dass auf Ebene Forschung und Entwicklung die richtigen Kompetenzen einfliessen. So wurden für die Entwicklung des MSc mit dem schweizerischen Pionier in Sachen Entwicklung des FM, Prof. Dr. Hans-Rudolf Schalcher von der ETH Zürich ein Agreement abgeschlossen, dass er die Entwicklung des MSc in FM unterstützt, genauso wie mit Prof. Keith Alexander aus Manchester und Prof. Dr. habil. Michael May von der HTW in Berlin. Mit dieser Unterstützung auf akademischer und internationaler Ebene konnte glaubhaft am IFM der internationale MSc in FM in englischer Sprache aufgebaut werden. In diesem Sinne sind mit dem Anspruch, für die Weiterentwicklung einer Profession beizutragen, die Perspektiven weit geöffnet worden; die MSc Absolventen müssen sich für neue Fragestellungen und für das Finden von neuen Lösungen qualifizieren. Wobei auch für den MSc in FM anhand einer Befragung bei Facility Managern erhoben wurde, inwiefern sich die Kompetenzen von Bachelor- und Master-Absolventen-Positionen unterscheiden, siehe dazu Abbildung 4 (Vasicek, 2003).

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Abbildung 4: Vergleich der Gewichtung (Mittelwerte) der 20 wichtigsten Kompetenzen gemäss BIFM Profil für die Ausbildung von typischen Master-Positionen (N= 16, schwarz) und typischen Bachelor-Positionen (N= 11, grau). Gewichtung zwischen 1 (unwichtig) und 5 (sehr wichtig). Verwendet wurden die 16 Datensätze derjenigen Teilnehmenden, welche von einem Expertengremium als typische Inhaber einer Master-Position definiert und ausgewählt wurden, und die 11 Datensätze, welche als typische Bachelor-Positionen definiert wurden. (in Anlehnung an Vasicek, 2003)

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Blick in eine verheissungsvolle Zukunft

Warum bin ich überzeugt, dass unser FM-Angebot gut aufgestellt ist und eine verheissungsvolle Zukunft hat? Zuversichtlich für das Facility Management als Profession Zunächst einmal: wenn wir heute einen Bachelor-Studiengang haben, welcher zu denjenigen Studiengängen zählt, welche die höchste Beschäftigungsrate 3 Monate nach Studienabschluss hat, deren Absolventinnen und Absolventen zudem in Positionen arbeiten, bei denen überdurchschnittlich oft explizit ein Hochschulabschluss verlangt wurde, und welche sogar ein höheres Durchschnittseinstiegsgehalt haben als die Absolventen der Wirtschaft

(welche

wiederum

ein

höheres

Einstiegsgehalt

haben

als

die

Absolventen

der

Ingenieurstudiengänge), dann kann ich sagen: der Studiengang ist nachgefragt, er entspricht offensichtlich einem Bedürfnis der Schweizerischen Wirtschaft, und das ist höchst befriedigend und gut zu wissen. Diese

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Aussage wird auch dadurch untermauert, dass der Studiengang, der zu Zeiten meiner Berufsanalyse zu rund 80% für staatliche Stellen ausgebildet hat, heute seine Absolventinnen und Absolventen zu rund 70% in die Privatwirtschaft entlässt (von Felten et al, 2016). Viele unserer rund 800 FM-Absolventinnen und FM-Absolventen sind heute in einem Alter, in welchem höchste Positionen angestrebt werden können. Erfreulich zu sehen, wie diese in mehreren FM-Unternehmungen auf Geschäftsleitungs-Ebene angekommen sind. Die Wirkung, die das FM in für Unternehmungen und die Gesellschaft wichtigen Fragestellungen erzielen kann, kann sehr gross und substanziell sein. Sei dies bei der Steigerung der Binnenproduktivität, bei den Themen der Energieeffizienz und des CO2 Verbrauchs, bei modernen

Arbeitsplatzkonzepten

oder

beim

effizienten

Management

der

Supportprozesse

im

Gesundheitswesen. Es bleibt die Herausforderung, dass dies in den Unternehmungen auch gewinnbringend umgesetzt wird. Es nützt der Profession, wenn das FM in den Unternehmungen auf der strategischen Ebene positioniert ist – hier bleibt die Herausforderung, dies in der Öffentlichkeit stärker ins Bewusstsein zu bringen. Nicht zuletzt deshalb haben wir vor kurzem bei Studienreformen des Bachelors und des Masters als Vision für das Jahr 2025 formuliert, dass das FM in den erfolgreichen Unternehmungen mit dem „CFMO“ – dem Chief Facility Management Officer – auf Geschäftsleitungsebene vertreten sein wird. Dazu ist viel Einsatz und gute Arbeit auf allen Ebenen notwendig – in der Wirtschaft, aber eben auch mit guter Forschung und Lehre an der Hochschule. Dass dieses Wechselspiel im FM weiter gedeihen wird, da bin ich sehr zuversichtlich. Seitens Ausbildung bedarf es guter Lehre auf allen Ebenen – weiterhin exzellent berufsqualizierend auszubilden auf Stufe Bachelor, aber eben auch, um für höchste Herausforderungen national und international gut vorzubereiten, auf Stufe MSc. Dass wir mit unserem sehr internationalen MSc mit Studierenden aus über 30 Ländern aus allen Kontinenten auch einen Beitrag zur interkulturellen Verständigung leisten, finde ich wichtig für die ein gutes Zusammenleben in unserer vernetzten Gesellschaft. Die Digitalisierung macht mir im Zusammenhang mit FM wenig Angst. Zum einen ist es gerade Aufgabe des FM, die Unternehmen in ihrem Wandel gut zu unterstützen. Wenn hier in Bezug auf Infrastruktur-Bedarf grösserer Wandel bevorsteht, dann sind dies eben grössere Aufgaben des FM, aber das FM hat naturgemäss mit den lokalen Gegebenheiten zu tun, kann diesbezüglich nur schwer in andere Länder verlegt werden. Zuversichtlich für das Institut für Facility Management Für das IFM sehe ich bei der Digitalisierung der Lehre Chancen: Mit dem Weiterausbau von Forschung und Entwicklung im IFM, mit dem forschungsbasierten MSc produzieren wir neues Wissen. Dank diesem up-todate Wissen haben wir als Hochschule die Chance, unser Wissen digital zu verkaufen und OnlineMaterialien anzubieten nicht nur national, sondern auch international. Unsere nationalen und internationalen Studierenden bilden ein Netzwerk. Dies lässt sich nutzen! Ich bin aber auch für das IFM zuversichtlich, wenn ich an all die überaus engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts denke, dass sie das Institut weiter voranbringen und entwickeln werden; ich bin zuversichtlich, wenn ich an Irene Arnold denke, welche als Studiengangverantwortliche und als jemand, die diese Ausbildung selber durchlaufen hatte, für die weitere Entwicklung gut sorgen wird. Und ich bin zuversichtlich, dass Prof. Dr. Susanne Hofer, Prof. Dr. Lukas Windlinger und auch neue Mitglieder im Leitungsteam dafür sorgen werden, dass Forschung und Entwicklung im FM und das ganze Institut weiter gedeihen werden. Und ich bin ganz zuversichtlich, dass meine Nachfolgerin Prof. Dr. Antje Junghans bei der

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Integration und bei der Steuerung des Instituts in neue Richtungen eine gute Hand haben wird und auch das FM als Profession weiter bringen wird. Die Voraussetzung dazu liefert nicht zuletzt Prof. Dr. Urs Hilber als Direktor des Departements, der an einer erfreulichen Weiterentwicklung des Instituts grosses Interesse hat und es dabei auch tatkräftig unterstützt. Wenn ich Barbara Keller Foletti hier nicht erwähnt habe, dann im Bewusstsein, dass auch sie bald das IFM verlassen wird. Ich bin Barbara sehr dankbar, dass sie mich über all die Jahre seit Beginn meiner Tätigkeit begleitet und so gut unterstützt hat. Und ich bin froh, dass sie zumindest noch eine gewisse Zeit die FM-Alumni präsidiert. Neben all den vielen, denen ich mich im Laufe der Jahre so sehr zu Dank verpflichtet fühle und die ich hier alle nicht namentlich erwähnen kann, möchte ich meiner Frau Katharina Alföldi Wehrmüller danken, die nicht nur meine ehemalige Studentin war, sondern mich über all die Jahre in Bezug auf FM und auch sonst fit erhalten hat.

Literaturverzeichnis BIGA Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Abteilung Berufsbildung (1993). Höhere Fachschule für Hauswirtschaft als Fachhochschule. (Unveröffentlichter Brief an das ZKZ vom 22.7.1993). Bern: Bundesamt für Industrie, Gerbe und Arbeit. Der Schweizerische Bundesrat. (1998). Genehmigung zur Errichtung und Führung der Zürcher Fachhochschule. (Unveröffentlichtes Dokument vom 2.3.1998). Bern: Der Schweizerische Bundesrat Der Schweizerische Bundesrat. (2000). Zürcher Fachhochschule: Umbenennung des Studienganges Oekotrophologie in Facility Management an der Hochschule Wädenswil. (Unveröffentlichtes Dokument vom 3.7.2001). Bern: Der Schweizerische Bundesrat Eidgenössische Fachhochschulkommission EFHK. Ergebnisse der Vereinfachten zweiten Peer-Review 2003. (Unveröffentlichter Bericht vom 18.2.2003). Bern: Eidgenössische Fachhochschulkommission. Heimann, S., Lingg, M. & Ott, J. (2003). Untersuchung über die Relevanz des BIFM – Kompetenzprofils für die Schweiz. (Unveröffentlichte Projektarbeit). Wädenswil: Hochschule Wädenswil. Hochschule Wädenswil. (2000). Antrag auf Umbenennung des FH-Studiengangs „Oekotrophologie“ in „Facility Management“. (Unveröffentlichter Brief an das BBT vom 29.7.2000). Wädenswil: Hochschule Wädenswil. Oswald, F. (1977). Planung beruflicher Ausbildung. Bern: Lang. Schweizerischer Verein Diplomierter Hausbeamtinnen. (1980). Schweizerischer Verein Diplomierter Hausbeamtinnen 1930 – 1980. Zürich: Regina-Druck. SAHF, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Heranbildung von Hauswirtschaftlichen Führungskräften. (1994). Fachhochschulen für Hauswirtschaft. Zehn Empfehlungen und ein Konzeptvorschlag. (Unveröffentlichtes Dokument). o.O.: Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Heranbildung von Hauswirtschaftlichen Führungskräften. Vasicek, A. (2003). Facility Management Ausbildungsplanung. Untersuchungen mit dem von schweizerischen Facility Managerinnen und Managern gewichteten Kompetenzprofil des British

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Facility Management – Profession und Professionalisierung

Institute of Facilities Management (BIFM) für die weitere Ausbildungsplanung an der HSW. (Unveröffentlichte Diplomarbeit). Wädenswil: Hochschule Wädenswil. Von Felten, D., Coenen, Ch. & Pfenninger, M. (2016). Vom FM-Studium ins Berufsleben. Absolventinnenund Absolventenbefragung 2015. (Unveröffentlichter Ergebnisbericht). Wädenswil: Institut für Facility Management der ZHAW. Wehrmüller, T. (1978). Ergebnisse der berufsanalytischen Untersuchung über die Hausbeamtin. (Unveröffentlichter Bericht). Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Heranbildung von Hauswirtschaftlichen Führungskräften (SAHF), o.O.: Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Heranbildung von Hauswirtschaftlichen Führungskräften. Wehrmüller, T. (1980). Analyse des Berufes der Hausbeamtin unter dem Aspekt der Ausbildungsplanung. (Unveröffentlichte Lizentiatsarbeit). Freiburg (Schweiz): Universität Freiburg. ZKZ, Zentrum für Kaderausbildung Zürich. (1992). Bitte um Klarstellung. (Unveröffentlichter Brief an Dr. R. Natsch, Leiter Abteilung Berufsbildung, BIGA vom 29.5.1992). Zürich: Zentrum für Kaderausbildung Zürich. ZKZ, Zentrum für Kaderausbildung Zürich. (1993). Antrag auf Aufnahme der Höheren Hauswirtschaftlichen Fachschule Zürich in die Ueberführungsphase als Fachhochschule für Hauswirtschaft. (Unveröffentlichter Brief an Jean-Luc Nordmann, Direktor BIGA vom 15.7.1993). Zürich: Zentrum für Kaderausbildung Zürich. ZKZ, Zentrum für Kaderausbildung Zürich. (1996). Anerkennungsgesuch für den Diplomstudiengang Betriebsökonomin FH, Vertiefung Hauswirtschaft. (Unveröffentlichtes Gesuch). Zürich: Zentrum für Kaderausbildung Zürich. ZKZ, Zentrum für Kaderausbildung Zürich. (1997). Antrag auf Titeländerung in Oekoptrophologin FH, Oekoptrophologe FH. (Unveröffentlichtes Dokument vom 8.8.1997). Zürich: Zentrum für Kaderausbildung Zürich. ZHAW, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. (2014). Leitbild und Hochschulstrategie 2015 – 2025. (Unveröffentlichtes Dokument). Winterthur / Wädenswil / Zürich: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Autorenporträt Prof. Thomas Wehrmüller ist bis Nov. 2016 Leiter des Instituts für Facility Management an der ZHAW und Mitglied der Departementsleitung Life Sciences und Facility Management in Wädenswil. Er hat Psychologie in Fribourg studiert und seit seiner Lizentiatsarbeit, der Analyse des Berufes der Hausbeamtin unter dem Aspekt der Ausbildungsplanung, nach ersten Berufsjahren am Psychologischen Institut der Uni Basel und der Personalabteilung der Gebrüder Sulzer AG in Winterthur als Dozent und als Leiter in verschiedenen Funktionen und Organisationen die Entwicklung des FM in der Schweiz mitgeprägt.

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Bildung als Pfeiler der Branchenentwicklung

Bildung als Pfeiler der Branchenentwicklung Rainer Artho fmpro schweizerischer Verband für Facility Management und Maintenance Grindelstrasse 6, 8304 Wallisellen [emailprotected]

Zusammenfassung Vor rund 2 Jahrzenten gab es noch keine Bildungsabschlüsse in der Schweiz, welche die Bezeichnung Facility Management oder Maintenance im Titel enthielten. Nicht, dass es diese Berufe nicht gab, aber die Begrifflichkeit ist hierzulande noch sehr jung. Eine Branche ohne Absolventen kann sich nicht erfolgreich entwickeln und folglich kommt im FM der Bildung ein hoher Stellenwert zu. Die Bildung ist eine Aufgabe der Branche mit Unterstützung des Staates. Innerhalb der Branche sind die Bildungsanbieter, die Verbände und Unternehmen die treibenden Kräfte von marktorientieren Abschlüssen und deren Zusammenspiel ein zentraler Erfolgsfaktor. Die Bildungslandschaft im FM hat sich speziell im Bereich der Höheren Berufsbildung rasch entwickelt, wobei erst die Deutschschweiz über ein breitgefächertes Angebot verfügt. Eine Herausforderung bei der Entwicklung von Aus- und Weiterbildungen stellt die Vielzahl von Einsatzgebieten in den unterschiedlichsten Branchen dar. Facility Manager sind ausgesprochene Generalisten im Zeitalter der zunehmenden Spezialisierung. Nebst der Bildung ist auch die Bereitschaft von FM Fach- und Führungskräften gefordert, sich immer wieder mit neuen Aufgaben und Branchen zu identifizieren, um sich in diesem Umfeld behaupten zu können.

1

Ohne Abschlüsse keine Branche

Facility Management und Maintenance sind junge Berufsbilder in der Schweiz. Vor rund 20 Jahren gab es noch keine Bildungsangebote unter dieser Bezeichnung. Heute bietet sich interessierten Fach- und Führungskräften eine breitgefächerte Bildungslandschaft an, speziell in der Deutschschweiz, auf den Ebenen Hochschule, Höhere Berufsbildung und Weiterbildung. Diese Bildungslandschaft ist die Grundlage, damit sich das Berufsbild des Facility Managers entwickeln und sich die Branche positionieren kann. Eine Vielzahl von Absolventen trägt ihr Fachwissen und Branchenverständnis in die Unternehmen, sei es auf Anbieterseite oder in Leitungsfunktionen innerhalb der verschiedensten Betriebe. Dank qualifizierten Mitarbeitenden kann ein Unternehmen Marktchancen wahrnehmen und Herausforderungen erfolgreich meistern. Die Nachfrage nach qualifizierten Fach- und Führungskräften im Berufsumfeld des Facility Management und der Maintenance ist hoch. Die Suche nach talentierten Mitarbeitern wird in den nächsten Jahren weiter verschärft, weil sich die Branche laufend entwickelt, professionalisiert und neuen Herausforderungen gegenübersteht (digitale Transformation, Industrie 4.0 etc.).

2

Das Zusammenspiel von Branche und Staat

Der Bund hat eine vierstufige Bildungslandschaft entwickelt, welche ein Schlüsselfaktor für den Erfolg des Wirtschaftsstandortes Schweiz darstellt. Nach der Primarschule folgt die Sekundarstufe, welche in der Phase II die Wege Berufslehre oder Gymnasien und Fachmittelschulen anbietet. Auf dieser Ebene leistet speziell die

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Bildung als Pfeiler der Branchenentwicklung

duale Ausbildung über Praxis und Schule in der Berufslehre einen wesentlichen Beitrag, dass die Schweiz über viele gute Berufsleute verfügt. Die Tertiärstufe teilt sich in die Stufe A – Hochschulen und Universitäten – sowie in die Stufe B – die Höhere Berufsbildung – auf. Die Quartärstufe umfasst die Weiterbildung über Master of Advanced Studies (MAS), Diploma of Advanced Studies (DAS) und Certificate of Advanced Studies (CAS) Angebote. Ein wesentliches Merkmal unseres Bildungssystems ist die hohe Durchlässigkeit in den verschiedenen Stufen, was der Einzelperson fast jeden Bildungsweg offenhält, ungeachtet ihres Einstiges. Nebst der Entwicklung des Bildungssystems unterstützt das zuständige Staatssekretariat SBFI die Branchen indirekt, indem es die Prüfungsdurchführung der verschiedenen Abschlüsse finanziell unterstützt. Über direkte Beiträge an Absolventen, die sogenannte Subjektfinanzierung, soll dieses Engagement ab 2018 zusätzlich gestärkt werden. Bei der angestrebten Subjektfinanzierung würden für Teilnehmer von Vorbereitungskursen auf eidgenössische Prüfungen die Kurskosten teilweise durch den Staat übernommen. Mit dieser Massnahme soll die finanzielle Benachteiligung der berufsbegleitend organisierten höheren Berufsbildung gegenüber den primär öffentlich finanzierten höheren Fachschulen abgeschwächt werden. Darüber hinaus liegt die Verantwortung für die Weiterentwicklung des Berufsfelds bei der Branche. Innerhalb der Branche sind die Bildungsanbieter, die Verbände und die Wirtschaftspartner die treibenden Kräfte der Aus- und Weiterbildung. Auf der Ebene der Universitäten und Fachhochschulen sind die Bildungsanbieter für Lehre und Abschluss im Austausch mit der Wirtschaft selbst zuständig. Auf der Ebene der Höheren Berufsbildung übernimmt eine „Organisation der Arbeitswelt“, kurz OdA die Trägerschaft von Berufsprüfungen und Höheren Fachprüfungen, welche aus einem oder mehreren Branchenverbänden besteht. fmpro ist als OdA für das Facility Management und die Maintenance anerkannt und kann dadurch alleinstehend die Trägerschaft von diesen Prüfungen übernehmen. Die Vorbereitungskurse können von der OdA selbst angeboten werden, oder über Schulungspartner übernommen werden. Eine Alternative in diesem Bereich sind die Höheren Fachschulen, welche ihre Angebote über einen Rahmenlehrplan vom SBFI bewilligen lassen und dann analog zu den Hochschulen für Schulung und Prüfung zuständig sind. Den Unternehmen in der Branche kommt die wichtige Rolle zu, die geforderten Kompetenzen bei den Bildungsanbietern und –trägern einzubringen und so eine Bildungslandschaft mit zu gestalten, welche den Markbedürfnissen entspricht. Gerade im FM ist der Beitrag der Branche eminent wichtig, weil für dieses Berufsfeld keine Berufslehren angeboten werden. Die Fach- und Führungskräfte finden den Zugang zum Berufsfeld über die höhere Berufsbildung oder Hochschulen. Je nach individueller, beruflicher Herkunft bringen sie unterschiedliche Kompetenzen und Fähigkeiten mit, die sie im Rahmen ihrer Weiterbildung ergänzen und vervollständigen.

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Bildung als Pfeiler der Branchenentwicklung

3

Die

Bildungslandschaft

im

Facility

Management

und

der

Maintenance In verhältnismässig kurzer Zeit haben sich mehrere Bildungsangebote etabliert und zu einem breiten Angebot auf Ebene der Höheren Berufsbildung sowie der Weiterbildung geführt, wie die Abbildung 1 verdeutlicht.

Abbildung 1: Die Bildungsangebote im Markt.

Diese Darstellung orientiert sich am Branchenverständnis von fmpro, mit den beiden FM-Hauptausprägungen „Fläche & Infrastruktur“ und „Mensch & Organisation“ sowie der eigenständigen Ausprägung innerhalb der Maintenance auf die industrielle Instandhaltung. Ein wesentliches Merkmal unserer Bildungslandschaft: es gibt keine Berufslehren zu FM und Instandhaltung. Der Zugang zur Branche über die Lehre ist vielschichtig und umfasst technische und handwerkliche Lehren, den kaufmännischen Weg, aber auch Berufslehren im Bereich Hotellerie und Gastronomie sowie spezifisch im Bereich Hauswirtschaft. Daneben ist auch der Zugang zur Fachhochschule über das Gymnasium oder die Berufsmatur möglich. Gut besetzt ist heutzutage die Höhere Berufsbildung, mit zwei Berufsprüfungen, zwei Höheren Fachprüfungen und einem Angebot auf Ebene Höhere Fachschule. Bei all diesen Abschlüssen ist fmpro alleiniger Träger oder Teil der Trägerschaft und somit der Schweizer Verband, welcher sich für diesen Bildungsweg verantwortlich zeichnet. Über diese Prüfungen werden jährlich aktuell gegen 350 neue Führungs- und Fachkräfte dem Markt zugeführt.

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Bildung als Pfeiler der Branchenentwicklung

Neben den fünf Bildungsangeboten mit direktem Branchenbezug erweitert sich die Bildungslandschaft in diesem Segment mit artverwandten Prüfungen, welche ebenfalls den Zugang zu Tätigkeiten in den Bereichen FM und Maintenance bieten. Rund um die Berufsprüfungen sind dies beispielswiese die Hauswarte, Gebäudereinigungsfachleute, Immobilienbewirtschafter, Haushalts- oder Gastro-Betriebsleitung. Auf der Ebene der Höheren Fachprüfungen sind es Leiterprüfungen in den Bereichen Gebäude- und Haustechnik, Gebäudereinigung, Hotellerie und Hauswirtschaft sowie Gemeinschaftsgastronomie. Noch dünn besetzt ist der Hochschulbereich, mit dem Institut für Facility Management (IFM) der ZHAW als einzigen Player. Am IFM in Wädenswil werden die beiden Studiengänge Bachelor sowie Master of Science (MSc) in Facility Management angeboten. Darüber hinaus gibt es auch artverwandte Abschlüsse an Universitäten und Fachhochschulen, welche den Zugang zu Tätigkeiten im FM ermöglichen. Das IFM der ZHAW bietet zudem mehrere Optionen der themenspezifischen Weiterbildung über CAS-, DAS- und MASAngebote. Mit Blick auf die Maintenance sind in diesem Bereich sicherlich auch die CAS Angebote der ZHAW IDP sowie der HSG zu erwähnen. Wesentlich ist, dass sich diese breitgefächerte Bildungslandschaft primär in der Deutschschweiz entwickelt hat. In der Westschweiz können nur die beiden Berufsprüfungen und die beiden Höheren Fachprüfungen absolviert werden, im Tessin nur die beiden Berufsprüfungen. Dieses regionale Ungleichgewicht erklärt wohl auch, weshalb sich das FM und die Maintenance in der Deutschschweiz schneller und breiter etablieren als in der Romandie und im Tessin.

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Der Facility Manager – ein ausgeprägter Generalist

Facility Manager sind Generalisten, welche die Services und Infrastrukturen sicherstellen zur Unterstützung des Kerngeschäfts auf strategischer, taktischer und operativer Ebene. Sie nehmen folglich eine Schnittstellenfunktion ein zwischen den verschiedensten FM Services und interagieren mit den verschiedensten Fachkräften. Ein Generalist also, welcher dem Trend zu immer höheren Spezialisierung entgegenläuft.

Ein

Allrounder

auch,

mit

vielschichtigen

Einsatzbereichen

in

unterschiedlichen

Tätigkeitsgebieten des FM. Diese Vielseitigkeit unseres Berufsfelds unterstreicht ein nicht abschliessender Blick auf die Funktionen, ich welcher Facility Manager eingesetzt werden. Diese reichen von Gesamtleitungen FM, über Mandats-, Objektoder Projektleitungen sowie Teamleitungen bei Service Providern, hin zu Leitungsfunktionen von FM Disziplinen wie z.B. Gebäudemanagement, Workplacemanagement, Ökonomie, Hauswirtschaft oder HSSE. Diese funktionale Breite erstreckt sich zudem über alle Branchen, welche wiederum über eigene Vorschriften, Regelwerke, Standards, Kennzahlen usw. verfügen. Diese Ausgangslage stellte eine Herausforderung dar für die Aus- und Weiterbildung im Facility Management, speziell im Bereich der Vermittlung von Fachwissen. Auf Ebene der Fachhochschulbildung kann aufgrund der Ausbildungsdauer ein breiteres Fachwissen vermittelt werden. Im Bereich der Höheren Berufsbildung, speziell auf Ebene der Leiterprüfungen, wird das schwieriger. Auf dieser Ebene gilt es aber auch zu bedenken, dass Absolventen einen bereits gut gefüllten Rucksack aus Lehre, Berufsprüfung und mehrjähriger Praxiserfahrung mitbringen. Daneben umfasst die Weiterbildung im FM Führungs- und Management-Kompetenzen. Zentrale Kompetenzfelder sind dabei die Personalführung, die Organisation und Sicherstellung des Betriebs, der

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Bildung als Pfeiler der Branchenentwicklung

Einkauf von Produkten und Services, die finanzielle Führung und das Reporting sowie Fähigkeiten bezüglich Konzeption und Projektleitung. Eine Erkenntnis bleibt unter dem Strich jedoch klar. Der Generalist verlangt auch eine Typologie von Menschen, welche diese Vielseitigkeit lieben und vor allem auch die Bereitschaft mitbringen, sich in neuen Tätigkeitsgebieten und Branchen einzuarbeiten und sich spezifisches Fachwissen über Fortbildung, Kurse oder autodidaktisches Lernen aufzubauen.

Autorenporträt Rainer Artho ist Betriebsökonom FH und seit 2013 Geschäftsführer von fmpro, dem Schweizerischen Verband für Facility Management und Maintance.

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Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) auf dem Weg zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit von FM-Prozessen

Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) auf dem Weg zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit von FM-Prozessen Heinz J. Bernegger, Isabella Aurich ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Das Institut für Facility Management ist seit 2010 aktiv beim Verein SGNI Schweizer Gesellschaft für eine nachhaltige Immobilienwirtschaft beteiligt. Dieser zertifiziert die Nachhaltigkeit von Gebäuden über den gesamten Lebenszyklus. Als Grundlage dient die internationale DGNB-Systematik, welche für die Schweiz von der SGNI adaptiert wurde. Das DGNB-System ist eine operationalisierte Form des Europäischen Nachhaltigkeitsstandards CEN-TC 350, welcher in der SIA über die Norm 490 „Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden“ repräsentiert wird. 2015 wurde der Hauptsitz der Schweizer Post, ein Neubau für 2500 Mitarbeitende, als erstes SGNI/DGNB-Gebäude der Schweiz zertifiziert. Einer der Hauptnutzer des SGNI/DGNB-Zertifikates sind die SBB, um ihre bahnhofsnahen Neubauten, wie z.B. in Zürich die Europaallee, damit zu zertifizieren. Die bisherige Anwendung des Systems konnte aufzeigen, dass sich das System auch bei komplexen Neubauten mit Mischnutzung sehr gut anwenden lässt und sinnvolle Optimierungsprozesse hinsichtlich Planung, Bau und Betrieb ausgelöst werden können. Neben der Zertifizierung von NeubauFlächen mit Nutzungen wie Büro, Wohnen, Hotel, Bildung, Verkauf und Shopping wurden 2016 an der Swissbau auch erstmals Laborgebäude (ETH) vorzertifiziert. Bis Ende 2016 wird auch das erste, grosse Spitalprojekt in der Schweiz vorzertifiziert sein. Derzeit stehen in der Schweiz über 500'000m2 Flächen in Zertifizierung oder sind bereits zertifiziert. Dies entspricht einem Gebäudewert von über drei Milliarden Schweizer Franken. Als nächster Schritt sollen jedoch nicht mehr nur Neubauten zertifiziert werden, sondern auch Gebäude im Betrieb. Die Qualität der FM-Prozesse bezüglich Nachhaltigkeit wird dabei mit 75% bewertet, die resultierende Gebäudeperformance hinsichtlich Ressourcenverbrauch, Betriebskosten und Nutzerzufriedenheit mit 25%. Derzeit befindet sich das System in einer Testphase, welche bis Ende 2016 abgeschlossen sein wird. Das Interesse grösserer Portfolio-Halter ist da, um mit dem System deren bestehende ISO-Zertifizierungen zu ergänzen, sowie die Nachhaltigkeitsbestrebungen des unternehmenseigenen Facility Managements für die Kunden optimal sichtbar zu machen und dies zu sehr moderaten Kosten.

1

Initialisierungsphase

Das Thema Nachhaltigkeit hat sich in den letzten Jahren als immer wichtiger werdendes Thema im Institut für Facility Management (IFM)erwiesen, sei dies in Lehre oder Forschung und Entwicklung oder Dienstleistung. Aus diesem Grunde wurden auch internationale Kooperationen gesucht, unter anderem mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Aus diesem ersten Zusammenarbeitsinteresse entstand die Idee zur Adaption des europäischen DGNB Systems für die Schweiz. Aufgrund der Vorgabe für eine betreffende Betreibergesellschaft wurde der unabhängige Non-Profit Verein Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) gegründet, dessen Geschäftsführung seit Vereinsgründung 2010 durch das Institut übernommen wurde. Dies beinhaltet neben der Geschäftsstellenführung auch die anderen Vereinsaktivitäten von Projektzertifizierung, Auditorenausbildung, Netzwerkaktivitäten, Wissensaufbau und Knowhow-Weitergabe über Veranstaltungen und wissenschaftliche Publikationen. Über dieses Engagement im SGNI als Verein bietet sich dem Institut eine viel stärkere Möglichkeit sich mit allen Akteuren im

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Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) auf dem Weg zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit von FM-Prozessen Lebenszyklus der Immobilie zu vernetzen. Zudem ermöglicht die Auswertung zertifizierter Projekte das Verständnis und Wissen zu einem ganzheitlichen Life Cycle Management und der Vertiefung über entsprechende Forschungsprojekte. Die Vision der SGNI basiert auf einem integralen Nachhaltigkeits-Ansatz. Dieser bezweckt die Optimierung der Immobilie über den gesamten Lebenszyklus im ganzheitlichenZusammenspiel von Gebäude, Nutzer und Betrieb. Nur dann ist eine optimierte und nachhaltige Gesamtperformance möglich. Bei den von der SGNI entwickelten Instrumenten steht darum die Performance im Vordergrund. Nachhaltiges Bauen ist die Grundlage; aber erst durch einen nachhaltigen Betrieb und einen nachhaltigen Umgang der Nutzer mit dem Gebäude kann die Nachhaltigkeit langfristig umfassend wertschöpfend wirken. Die Mitglieder der SGNI sind deshalb gleichermassen Planer, Architekten, Facility Manager wie auch Investoren und Nutzer. Diese arbeiten gemeinsam und interdisziplinär an der Weiterentwicklung der bisher adaptierten und entwickelten Instrumente. Grundlage für die Konzeption der SGNI bildet das sorgfältig ausbalancierte Zusammenspiel von Effizienz, Suffizienz, Konsistenz und Resilienz bei der Entwicklung von Lösungsansätzen und Handlungszielen. Effizienz-Strategie bedeutet eine bessere Nutzung der verfügbaren Mittel (Energie, Material, Flächen und Geld), d.h. möglichst viel Nutzung pro eingesetztem Gut zu erzielen, da diese begrenzt sind. Sie ist mit technischen Erwägungen und darüber hinaus mit systemischen Lösungsansätzen verbunden. Suffizienz-Strategie zielt auf das rechte Mass mit dem physisch Vorhandenen auszukommen. Sie will dem übermässigen Verbrauch von Ressourcen Grenzen setzen sowie Angemessenheit im gesellschaftlichen Konsens umsetzen. Konsistenz-Strategie bezeichnet den Übergang zu naturverträglichen Technologien. Ökosysteme sollen genutzt werden, ohne hierbei zerstört zu werden. Grundlage dazu ist das Denken und Handeln in Kreisläufen auf Basis des "cradle to cradle"-Konzepts (C2C). Resilienz-Strategie bezeichnet die Notwendigkeit, das Puffervermögen unserer Systeme (natürliche wie technische oder wirtschaftliche) soweit zu festigen, dass die Systeme auch zukünftigen Belastungen gut widerstehen können. Wichtige Grundlagen dazu sind Diversität in allen System-Dimensionen (ökologisch, technisch wie sozial) ebenso wie Transparenz und der Grad der Beteiligung aller Akteure über Partizipationsprozesse.

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Herausforderungen

Das Arbeiten mit einem umfassenden internationalen Zertifizierungssystem bedeutet jedoch verschiedene Herausforderungen. So beinhaltet die DGNB Systematik 43 Kriterien mit rund 250 Indikatoren, basierend auf zum Teil komplexen Berechnungsgrundlagen zur Nachweisführung. Diese Systematik im Rahmen einer Adaption auf die Schweizer Normen und Gesetzgebung anzupassen, gelang nur durch die ehrenamtliche Mitwirkung einer grösseren Anzahl Experten, welche dann auch die Basis für das SGNI-Netzwerk darstellten. So finden sich unter den SGNI Mitgliedern alle Arten von Know-how-Trägern im Immobilien Lebenszyklus von Architekten, Fachplanern über Bauunternehmen bis zu Bauherren und einer grösseren Zahl von FMBeratungsunternehmen. Über die Mitwirkung der Experten bei der SGNI Ausbildung war es denn auch möglich, das gemeinsam erarbeitete Wissen einer breiteren Masse von interessierten Personen zugänglich zu machen, sodass die SGNI heute über 30 Auditoren und 26 Consultant verfügt. Diese Erfahrungen konnten vom Institut genutzt werden um einen neuen Weiterbildungskurs als CAS Life Cycle Management Immobilien

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Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) auf dem Weg zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit von FM-Prozessen aufzubauen, welcher seit vier Jahren erfolgreich durchgeführt wird und sich auch im Rahmen des EN Bau Ausbildungsprogramms etablieren konnte. Aktuelle vertrauliche Forschungsprojekte am IFM ermöglichen es, die in den Projekten generierten Daten so zu nutzen, dass Benchmarks und Kennwerte für die Zertifizierung weiter präzisiert werden können. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit dem IFM werden spezifische Fragestellungen zum System unabhängig von Projekten auch über studentische Arbeiten und entsprechende Masterthesen weiter vertieft. Die hohe Komplexität der Zertifizierungsprojekte vielfach mit Misch- oder Sondernutzungen, stellt auch in der Projektbegleitung seitens SGNI immer wieder eine Herausforderung dar. Dies ermöglicht aber auch ein tieferes Verständnis über die vielschichtigen Abhängigkeiten der betrachteten Aspekte resp. Kriterien bei Grossprojekten. Die Unterstützung der projektbegleiteten Assessem*nts durch den Auditor wie auch die Prüfung der Konformität durch SGNI könnte schon bald massgeblich über BIM-basierte Instrumente vereinfacht werden. Als weiterer Baustein zur Optimierung des Zertifizierungsprozesses in Bezug auf das Dokumentenmanagement wird zukünftig die Schweizer KBOB-Bauwerksdokumentation als Basis zur Organisation der Nachweisdokumente dienen.

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Auf dem Weg zur Betriebszertifizierung

Mit der Anwendung des seit 2016 existierenden Profils für Gebäude in Betrieb erfolgt ein weiterer Meilenstein in Richtung einer lebenszyklusübergreifenden Systemanwendung. Dieses Nutzungsprofil ist auf eine Zertifizierung von bereits bestehenden Gebäuden ausgerichtet und fokussiert bei der Qualitätsprüfung auf die Nachhaltigkeit der FM-Prozesse. Die Qualität der FM-Prozesse bezüglich Nachhaltigkeit wird dabei mit 75% bewertet, die resultierende Gebäudeperformance hinsichtlich Ressourcenverbrauch, Betriebskosten und Nutzerzufriedenheit mit 25%. Das System gliedert sich in 9 Themenbetrachtungen, welche von Strategie & Kommunikation, Gebäudemanagement, Ressourceneffizienz, Beschaffung, Werterhaltung & Betriebskosten bis zu Nutzerzufriedenheit, soziokulturelle Angebote, Sicherheit & Betreiberpflichten und Mobilitätsangebote reichen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich das System insgesamt sehr gut anwenden lässt, auch wenn die Vielzahl der betrachteten Aspekte und deren konzeptionelle Integration in einen PDCAOptimierungsprozess die beteiligten FM-Verantwortlichen immer wieder vor Herausforderungen stellt. Das System eignet sich insbesondere auch für die Zertifizierung grösserer Unternehmensportfolios als Ergänzung zu bereits bestehenden ISO-Zertifizierungen. Die Anwendung auf grössere Portfolios ist so gestaltet, dass mit dem Kunden zusammen ein Basispaket an Kriterien definiert wird, welches nur einmal auf alle angewendet wird und nur noch Einzelaspekte für jedes Gebäude separat geprüft werden, welche sich essentiell unterscheiden. Die resultierende Gebäudeperformance hinsichtlich Ressourcenverbrauch, Betriebskosten und Nutzerzufriedenheit muss dabei in jedem Fall für jedes Gebäude separat erfasst werden. Das System sieht derzeit noch eine Rezertifizierung alle 3 Jahren vor. Bei grösseren Neubauprojekten wird der Gebäudewert bereits heute bis zu 5-10% von der erreichten Qualitätsstufe (silber, gold, platin) bei der Nachhaltigkeitszertifizierung mitgeprägt. In Analogie dazu dürften entsprechenden Wertbetrachtungen auch schon bald im Betrieb relevant werden, so dass die Entschädigungsmodelle für externe FM-Provider zukünftig ebenfalls einen performance- resp. leistungsabhängigen Teil aufweisen könnten, welche in Abhängigkeit mit der erreichten Qualitätsstufe beim der Zertifizierung mit dem System „Gebäude im Betrieb“ steht.

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Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) auf dem Weg zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit von FM-Prozessen Die Rezertifizierung könnte dann sogar jährlich erfolgen, wie dies bei anderen internationalen Systemen wie BREEAM bereits heute optional möglich ist. Der entsprechende Prüfprozess fokussiert dann aber nur auf sich ändernde Komponenten, so dass auch die Kosten für das externe Assessment moderat bleiben. In der Immobilienbranche macht sich derzeit langsam aber sicher die Erkenntnis breit, das die klassische Betrachtung über eine definierte „Bauqualität“ beim Gebäude als Produkt sukzessive durch die Bewertung einer ganzheitlichen „Gebäudequalität“ im Rahmen der Nachhaltigkeitszertifizierung abgelöst wird, welche den Gebäudewert zukünftig massgeblich beeinflussen dürfte. Für den Betrieb ist eine solche Betrachtung jedoch derzeit noch vielfach Zukunftsmusik. Es muss aber im Interesse der Schweizer Facility Management Branche sein, sich auf diese zukünftige Herausforderung entsprechend vorzubereiten. Erst wenn die klassische Betrachtung des Facility Managements als Kostenfaktor durch eine ganzheitliche Sichtweise als „aktiver, wertschöpfender Management-Prozess“ ersetzt wird, wird Nachhaltigkeit jenen Platz im Facility Management erhalten, der diesem Thema gebührt.

Autorenporträt Heinz J. Bernegger, Dipl. Architekt ETH Dozent Facilities Life Cycle Management am IFM der ZHAW Geschäftsführer SGNI

Isabella Aurich, Dipl. Architektin ETH Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IFM der ZHAW Stellvertretende Geschäftsführerin SGNI

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Credit Suisse AG Die Credit Suisse AG ist einer der weltweit führenden Finanzdienstleister und bietet ihren Kunden als integrierte Bank Expertise aus Private Banking, Investment Banking und Asset Management. Die Credit Suisse AG bietet Unternehmen, institutionellen Kunden und vermögenden Privatkunden weltweit sowie Retailkunden in der Schweiz fachspezifische Beratung, umfassende Lösungen und innovative Produkte. Das Real Estate Investment Management der Credit Suisse ist seit der Lancierung des ersten Immobilienfonds 1938 eine Erfolgsgeschichte: heute unter den 15 grössten Anbietern von Immobilienanlagen weltweit, Nr. 3 in Europa und Nr. 1 in der Schweiz.170 Immobilienexperten engagieren sich in den Niederlassungen Zürich, Frankfurt, New York und Singapur sowie entlang der gesamten Wertschöpfungskette und verwalten weltweit ein Immobilienvermögen von rund CHF 42,7 Mrd. per 31. Juli 2016. Mehr als die Hälfte des Vermögens werden im Auftrag institutioneller Anleger verwaltet. Das Angebot umfasst 15 Produkte: sieben Immobilienfonds mit Fokus auf die Schweiz, drei die global investiert sind, ein Mandat und vier Anlagegruppen der Credit Suisse Anlagestiftung. Derzeit werden mehr als 1 300 Liegenschaften verteilt in 20 Ländern betreut. Das Team verfügt über langjährige Erfahrung in der Realisierung grosser Bauprojekte und Sanierungen und befasst sich mit topaktuellen Trends wie altersgerechtem Wohnen oder Bauten im Gesundheitswesen. Als bedeutender Immobilien Investment Manager ist ein nachhaltiger Ansatz im Umgang mit Liegenschaften unverzichtbar. Deshalb wird sichergestellt, dass nachhaltige Überlegungen bezüglich Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt in die Beziehungen, Geschäftspraktiken und Planungen eingehen. Insbesondere bei Neubauprojekten liegt der Fokus auf eine nachhaltige Bauweise, die schweizerische und internationale Zertifizierungen anstrebt. Aber auch bestehende Objekte werden regelmässig geprüft und beispielweise punkto Energieeffizienz optimiert. Das Ziel ist es, bezüglich Immobilienentwicklung, Sanierung und Bewirtschaftung zu den besten Anbietern zu gehören.

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BIM als Booster der Zertifizierung Nachhaltiger Gebäude

BIM als Booster der Zertifizierung Nachhaltiger Gebäude Heinz J. Bernegger, Carsten K. Druhmann ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Abstract Die Performance von Gebäuden kann über die Zeit nur nachhaltig entwickelt werden, wenn holistisch aufgebaute Instrumente zur Verfügung stehen. In der Schweiz ermöglicht der Einsatz des adaptierten DGNBZertifizierungssystems, Grossprojekte wie Spitäler, Forschungslabore oder Shoppingcenter, trotz einer hohen Komplexität, ganzheitlich und nachhaltig zu optimieren. Dabei kommt dem Einsatz der BIM Methodik und ihren Tools eine Schlüsselrolle zu. In der Schweiz haben 2016 fünf der grössten nationalen Portfoliohalter gemeinsam beschlossen zukünftig nur noch BIM-basiert zu planen und zu bauen. Dies ist ein starkes Signal für den Schweizer Immobilienmarkt und auch für alle Investoren, welche ihre Gebäude zertifizieren lassen. Das Schweizer DGNB-Bewertungssystem bewertet die Gebäude auf Stufe Vorzertifikat und Zertifikat mit 43 Kriterien und über 120 Subindikatoren. Entscheidend für die Optimierung ist die Einsatzfähigkeit des Bewertungssystems bereits in früheren Planungsphasen, da dort Änderungen am Projekt noch ohne grosse Kostenfolgen möglich sind. Das Projekt kann zu diesem Zeitpunkt aber erst über ein virtuelles Abbild «as-plannend» bewertet werden. Um die Aussagekraft der Bewertung zu steigern, muss eine präzise, virtuelle Gebäudemodellierung mit entsprechenden Simulationen erfolgen. Dies stellt die Planer und Architekten vor grosse Herausforderungen, da zu diesem Zeitpunkt viele der benötigten Informationen, z. B. zur Materialisierung des Gebäudes, noch nicht genau definiert sind. Der präsentierte Forschungsansatz zeigt auf, welche Kriterien und Subindikatoren des Schweizer DGNBSystems BIM-basiert geprüft werden können. Anhand der Analyse der derzeit auf Stufe Vorzertifikat («asplanned») zertifizierten DGNB-Projekte in der Schweiz wird gezeigt, welche Arten von BIM-Tools in der Schweiz bereits zum Einsatz kommen und wie gross deren Verbreitung in den zertifizierten Projekten ist. An einem Beispiel wird detailliert untersucht, wie gross der Impact des BIM Einsatzes auf die Detailbewertung ist. Im letzten Teil wird das Potential bei einem konsequenten Einsatz von BIM in der Nachhaltigkeitszertifizierung skizziert und mit welchen Entwicklungsschritten das Ziel einer 100% BIM-basierten Zertifizierung bis 2020 erreicht werden kann.

1

Einleitung

Green Building Rating Systems und Building Information Modeling (BIM) werden heute noch grösstenteils in der Praxis, aber auch in der Wissenschaft, als separate Instrumente bzw. Methoden wahrgenommen. Eine verknüpfte Betrachtung dürfte aber in Zukunft ganz neue Möglichkeiten und Wertschöpfungsmodelle eröffnen, von denen beide Instrumente profitieren werden. Das Institut für Facility Management (IFM) der ZHAW engagiert sich seit Jahren stark in der Thematik des nachhaltigen Planens, Bauens und Berteibens (z. B. in F&E Projekten wie dem Vorprojekt «Standard Nachhaltiges Betreiben Schweiz» zusammen mit dem Bundesamt für Energie (BFE) und Vertretern der Schweizer Immobilienwirtschaft). Ferner wurde bereits 2009 die Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) gegründet. Sie repräsentiert das Schweizer Chapter des World Green Building Council (WGBC) und betreibt das Schweizer DGNB Label und hat bereits zahlreiche Projekte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zertifiziert.

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BIM als Booster der Zertifizierung Nachhaltiger Gebäude

1.1

Green Building Rating Systems in der Schweiz

International besteht eine Vielzahl von Bewertungssystemen für die Nachhaltigkeit von Gebäuden. In Europa sind aber vor allem das englische BREEAM-System (U.K. BRE Environmental Asset Method) für Bestandsgebäude, das amerikanische LEED-System (leadership in energy and environmental design) für Büroneubauten und Mieterausbau bekannt und seit 2007 auch das deutsche DGNB-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB - German Sustainable Building Council). In Europa gibt es neben den grossen drei Systemen noch weitere länderspezifische Systeme wie das französische HQE-System in Frankreich oder das TQB-System in Österreich, welche in der Schweiz jedoch in Bezug auf deren Verbreitung vernachlässigbar sind. In der Schweiz hat sich in den letzten 10 Jahren parallel zur internationalen Entwicklung ebenfalls ein Mikrokosmos von schweizerischen Instrumenten gebildet, entwickelt von Hochschulen (ESI – Economic Sustainability Indicator, Universität Zurich), Städten (Energiestadt-Label), Banken (z.B. Greenproperty Label / Credit Suisse) und Bundesämtern (SNBS - Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz / BFE) oder von grossen Bauunternehmen (GeNaB – Gesamtbewertung Nachhaltiges Bauen / Implenia). Seit 2009 wird durch die SGNI auch das DGNB-System aus Deutschland für die Schweiz adaptiert und angewendet. Es besteht somit in der Schweiz bereits eine breite Erfahrung mit der Zertifizierung von Nachhaltigen Gebäuden. [1]

1.2

Das Schweizer BIM Verständnis

BIM kann viele Bedeutungen aufweisen. Das Schweizerische Verständnis von BIM spiegelt sich dabei am Besten im 2016 neu erarbeiteten SIA-Merkblatt prSNR 59205 (in Vernehmlassung) zur Anwendung der BIM Methode wieder: «Building Information Modelling (BIM) ist eine Methode, welche digitale Bauwerksmodelle nutzt. Modelle sind dabei Informationsdatenbanken rund um das Bauwerk und seine unmittelbare Landschaft. Die Methode unterstützt die Zusammenarbeit und den Datenaustausch zwischen allen Akteuren über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks.» [2] Es ist somit nicht das Ziel, ein Bauwerk möglichst detailliert digital abzubilden. Vielmehr sollen Daten entsprechend den jeweiligen Projektzielen aufbereitet, genutzt und den weiteren Projektpartner zur Verfügung gestellt werden können. Diese Definition steht auch in Übereinstimmung mit internationalen BIM Definitionen wie z. B. vom «The National BIM Standard-United States (NBIMS-US)» [3].Im Zusammenhang mit dem Thema Zertifizierung lässt sich daraus folgende Definition ableiten, welche wegleitend für die Definition von BIM im vorgestellten Projekt ist: «SUSTAIN

BIM

ist

eine

Methode

zur

Nutzung

digitaler

Datenmodelle

im

Rahmen

der

Nachhaltigkeitzetifizierung von Gebäuden und Arealen. Diese Methode unterstützt die Zusammenarbeit und den Datenaustausch während des Zertifizierungsprozesses.»

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2

Vorgehensweise

Als Basis für die Untersuchungen dient das aktuell in der Schweiz verwendete DGNB System in der Version 2012 für Büro- und Verwaltungsgebäude [4]. Die Systemarchitektur sieht wie folgt aus:

Optimierung über BIM möglich!

Abbildung 5: DGNB Systemarchitektur und BIM Relevanz [4] Für die nachfolgenden Untersuchungen wurden nur die gebäudebezogenen Qualitätskriterien betrachtet, welche direkt auf die Bewertung Einfluss haben. Standortkriterien fliessen beim DGNB System ab Version 2012 über das Kriterien “ECO 2.2 Marktfähigkeit” (vgl. Tabelle 1) indirekt in die Bewertung ein, jedoch mit einem geringen Anteil von 3.2 Prozent an der Gesamtgewichtung. DieProzess-Kriterien bewerten bei einem Neubau

die

Qualität

der

Planungs-

und

Bauprozesse,

bei

der

Bestandszertifizierung

die

Bewirtschaftungsprozesse. Diese sind insofern nicht auf das "Gebäude als Produkt” bezogen und wurden deshalb in der Betrachtung nicht berücksichtigt. Werden in Zukunft aber auch diese Prozesse vermehrt über BIM-basierte Instrumente gesteuert und gemanagt, so wäre es für zukünftige Untersuchungen sinnvoll den Betrachtungsrahmen auch auf diese zu erweitern.

3

BIM-basierte Prüfung von Nachhaltigkeitskriterien

Das Schweizer DGNB System ist ein performance basiertes Bewertungssystem, welches versucht alle Aspekte der Nachhaltigkeit, wenn möglich über simulier- oder berechenbare Aspekte, zu bewerten. So hat sich die DGNB selbst auch das Ziel gesetzt, das DGNB-Bewertungssystem in den nächsten Jahren soweit als möglich auf BIM-basierten Tools und Methoden aufzubauen. Grundsätzlich können bei den Schweizer DGNB Kriterien drei Arten von Unterstützungsgraden unterschieden werden: 1. Kriterienbewertung punktuell unterstützt (z.B. über BIM berechenbare Kennwerte, Verhältniszahlen, etc.) 2. Basisdaten-Unterstützung (z.B. aus dem 3D-Modell abgeleitetes konsistentes Mengengerüst, etc.) 3. Grösstenteils automatisierbar

(Nutzung von BIM-Tools wie z. B. Revit oder LESOSAI für automatisierte Berechungen, Nachweisführung und Reporting) 43

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Tabelle 1: Gewichtete Anteile der drei Kriterienarten [4]

Aus Tabelle 1 wird ersichtlich, dass 84 Prozent der Gesamtbewertung von Kriterien abgedeckt werden, welche mit BIM unterstützbar sind. Ausnahmen bilden einzig die Raumluftqualität, welche über reale Messungen bestimmt wird, sowie die verfahrensbezogene Bewertung von Architektur und Kunst am Bau. Die beiden zuletzt genannten Kriterien sind jedoch in der deutschen DGNB Systemversion 2015 neu den Prozesskriterien zugeordnet und entfallen deshalb zukünftig für die vorgeschlagene BIM-basierte "Gebäude als Produkt"Bewertung. In Bezug auf die Art der zur Anwendung kommenden Tools lassen sich ebenfalls drei Typen unterscheiden: 1.

Virtuelles Gebäudemodell

2.

Modell-Checker (Regelbasierte Konformitätsprüfung)

3.

Simulationssoftware

Es zeigt sich, dass sich 74.1 Prozent der Gesamtgewichtung aus Kriterien zusammensetzt, welche mit der Nutzung von Daten aus dem virtuellen Gebäudemodell unterstützt werden können, 57.1 Prozent mit

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regelbasierten Instrumenten automatisiert überprüft werden können und 50.6 Prozent über Tools und Simulationssoftware unterstützt werden können. Aus den bestehenden SGNI Projekten, welche mit dem adaptierten DGNB System arbeiten, konnten über 20 Instrumente mit BIM-Bezug identifiziert werden. Dabei kommt der Schweizer LESOSAI-Software eine Sonderstellung zu, da diese für insgesamt drei vollständige Kriterien-Nachweise eingesetzt werden kann und das Potential für die Bewertung von drei weiteren DGNB-Kriterien hat. Der Einsatz von Modell-Checker Software

zur

systematischen

Überprüfung

von

Nachhaltigkeitsaspekten

geht

nicht

aus

den

Abgabedokumenten hervor. Insgesamt umfasst die reale Nutzung von BIM-Software derzeit 67.5 Prozent der Gesamtgewichtung. Praktisch alle der evaluierten BIM-Software-Produkte nutzen Daten zu den Eigenschaften der verwendeten Baustoffe und Bauprodukte. Gegenüber vielen internationalen wie nationalen Zertifikaten wird der Nachhaltigkeit von Bauprodukten im DGNB System eine hohe Bedeutung beigemessen. Deren Eigenschaften werden sehr umfassend bilanziert und beeinflussen im Schweizer DGNB System die Gesamtbewertung direkt und indirekt zwischen 50 bis 76 Prozent, dies ohne Berücksichtigung der Prozesskriterien. Der Einfluss auf die Kosten einer Zertifizierung ist dementsprechend erheblich.

Tabelle 2: Baustoff- und Bauprodukt relevante Schweizer DGNB Kriterien

4

Implementierung von BIM in den Zertifizierungsprozess

Der Ablauf eines DGNB Zertifizierungsprozesses (vgl. Tab. 3) gliedert sich in der Schweiz derzeit in folgende Teilphasen 1) Vorprüfung, 2) Vorzertifikat («as-planned») und 3) Zertifikat («as-built»). Die Teilschritte erfolgen in Abstimmung mit der allgemeinen Phasengliederung in der SIA-Norm 112 [5] des Schweizer Ingenieur und Architekten Verbandes.

45

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Tabelle 3: Zuordnung der Zertifizierungsphasen zu den allg. Planungs- und Bauphasen nach SIA

Das Schweizer DGNB Vorzertifikat «as-planned» wird in der Praxis einerseits als Marketing-Instrument bei der Nutzersuche genutzt und dient andererseits dem Bauherren als Qualitätssicherungsinstrument zur Schaffung einer hohen Planungssicherheit. Das Hauptproblem in der praktischen Umsetzung besteht nun darin, dass die konkrete Materialisierung zumeist erst in späteren Planungsphasen erfolgt. Bei vielen wichtigen Kernkriterien (LCA, LCC, etc.) im Vorzertifikat bestehen deshalb noch grosse Unsicherheiten hinsichtlich der Zielerreichung des übergeordnet angestrebten Qualitätsziels (Silber, Gold, Platin). Zur Lösung dieses Problems werden in der Schweiz derzeit zwei Ansätze verfolgt: 1)

Vereinfachte Berechnungen z.B. über die durchschnittlichen Kennwerte ganzer Produkteklassen, wie.

z.B. in Branchen-EPD’s (enviromental product declarations) enthalten oder der Nutzung allgemeiner Produktklassen-Datenbanken (z.B. KBOB-Liste für die Ökobilanzierung) 2)

Frühzeitige BIM-gestützte Materialisierung in Abstimmung zwischen Bauherr und Architekt

Aufgrund der Analyse der aktuellen DGNB-Projekte in der Schweiz wird derzeit grösstenteils der erste Ansatz angewendet. Mit dem Ziel einer «Full-BIM-basierten Zertifizierung» muss dies jedoch als Zwischenlösung betrachtet werden. Der zweite Lösungsansatz wird derzeit in der Schweiz nur partiell angewendet, da er auch Veränderungen beim bestehenden Status Quo der Schweizer Planungskultur impliziert. Für eine zukünftige Full-BIM-basierte Zertifizierung wird deshalb folgendes Prozessmodell vorgeschlagen:

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Tabelle 4: Total BIM-basierter Zertifizierungsprozess

Es wird ersichtlich, dass der Zeitpunkt des Vorzertifikates nach hinten in die Phase 5.1 Ausführungsprojekt verschoben wurde (vgl. Tab. 4). Die ermöglicht es zukünftig, das Projekt dem Bauherren «schlüsselfertig - asplanned» zu übergeben und verhindert, dass die Zertifizierung vom Bauherrn abgebrochen wird, weil zu spät klar wird, dass dessen Qualitätsziel nicht erreicht werden kann.

5

Full-BIM-basierte Zertifizierung

Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse werden drei Stufen auf dem Weg zu einer «Full-BIM-basierten Zertifizierung» vorgeschlagen.

Stufe 1 umfasst alle produktbasierten Kern-Kriterien von stofflicher und energetischer Ökobilanzierung, Lebenszykluskosten und Recycling-Fähigkeit und Risikostoff-Bewertung. Diese ergeben zusammen über 30.6 Prozent (NBV12) der Gesamtbewertung und beeinflussen damit massgeblich welches Qualitätslevel ein Gebäude überhaupt erreichen kann. Hier wäre eine Lösung aus einer Hand wie dies in der Schweiz die BIMbasierte Lesosai-Software (CH) anstrebt enorm hilfreich, da jedes eingesetzte Produkt unterschiedliche Vorund Nachteile in Bezug auf die genannten Kern-Kriterien aufweist. Eine integrale Lösung ist auch deshalb wünschenswert, da bei grösseren Projekten sehr schnell Hunderte von Baustoffen und Bauprodukten in unterschiedlichen Quantitäten zum Einsatz kommen und die Auswirkungen eines Material- oder Produktwechsels auf die Gesamtbewertung ansonsten nur sehr umständlich ermittelt werden kann. Der Zeitfaktor ist aber gerade in der Phase, wo es um die definitive Auswahl der Materialien geht, sehr bedeutend.

Stufe 2 umfasst alle Kriterien, welche bei der Bewertung des Gebäude als Produkt benutzt werden, und sich nicht auf Planungs- und Bau-Prozesse beziehen. Hier würde eine abgestimmte Tool-Landschaft, standardisierte Schnittstellen und der generelle Einsatz des IFC-Formates viele Vorteile bringen [6]. Grundlage wäre aber auch ein vollständig operationalisiert berechenbarer Kriterienkatalog. Mit der Systemversion 2015 kommt die DGNB diesem Ziel bereits relativ nahe. Viele Kriterien weisen dabei jedoch zwei Arten der

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Bewertung auf. Einerseits die Berechnung der Performance über Simulationen im Vorzertifizkat und Messungen beim Zertifikat und andererseits die Bewertung der Einhaltung gewisser kriteriumsbezogener Anforderungen, welche über Modell-Checker geprüft werden können.

Stufe 3 umfasst ebenfalls die Prozesskriterien beim Neubau von Planung und Realisierung und beim Bestand vom Betrieb. Um die entsprechende Prozessqualität BIM-basiert bewerten zu können, wäre eine hohe Transparenz und operationalisierte Dokumentation des gesamten Informationsflusses (Kommunikation und Dokumente) teilphasenbezogen und zeitlich und räumlich verortet notwendig. Aufgrund der Rechercheresultate und begleitend durchgeführter Expertengespräche dürfte in der Schweiz die Stufe 1 bereits in den nächsten 3-4 Jahren erreicht werden können. Auch Stufe 2 ist aufgrund der vorgestellten Analyseresultate innerhalb der nächsten 4-6 Jahre erreichbar. Erst für Stufe 3 (Full-BIM-basierte Zertifizierung) ist eine längere Entwicklungsdauer von 6-10 Jahren zu erwarten, da hier noch grössere Hürden (z.B. auch hinsichtlich Datenschutz) in der praktischen Entwicklung und Anwendung zu erwarten sind.

6

Zusammenfassung und Ausblick

Die aufgezeigten Untersuchungsresultate lassen den Schluss zu, dass zur Erreichung der Stufe 1 (Kern Kriterien) es notwendig ist, eine umfassend integrierte Tool-Lösung zu entwickeln. In der Schweiz besteht hierbei mit der LESOSAI Software eine Schweizerische Lösung welche bei Bedarf LCA und LCC in einem bereits grossen Umfang abzudecken vermag [7]. Zur Erreichung der Stufe 2 (BIM basierte «Gebäude als Produkt»-Kriterien) müssen die bestehenden Simulations-Instrumente mit intelligenten Modell-Checker Tools ergänzt werden, um die bereits heute im Schweizer DGNB System weitgehend operationalisierten Kriterien BIM-basiert und umfassend abdecken zu können [8]. Entsprechende Regelsets in Modell-Checker Software (z.B. Solibri) bestehen heute erst zu wenigen Themen wie z.B. Barrierefreiheit und wurden vorwiegend für spezifische Unternehmensbedürfnisse oder Länder entwickelt. Zur Erreichung der Stufe 3 (BIM basierte Prozess Kriterien) sind mittelfristig grösseren Anpassungen auf der Seite der systembezogenen Kriterienanforderungen wie auch auf der Seite der BIM-Software notwendig. Hierfür sind vom Institut für Facility Management der ZHAW weitere, auf dieses Thema angepasste, Studien geplant. Die Analyseresultate zeigen auf, dass viele der für eine Zertifizierung nach dem Schweizer DGNB-System benötigten material- und produktbezogenen Basisdaten zuküftig als «Abfallprodukt» aus der Nutzung der BIMMethode generiert werden können, so dass die «Zusatzkosten» einer Nachhaltigkeitszertifizierung zukünftig sehr viel geringer ausfallen werden als heute. Wird davon ausgegangen, dass Gebäudezertifikate zukünftig auch

den

Gebäudewert

massgeblich

mitbeeinflussen,

so

macht

die

Kombination

von

Nachhaltigkeitszertifizierung mit BIM die Investitionen in die Nutzung von BIM damit zusätzlich langfristig werthaltig. Es entsteht eine nachhaltige Win-Win Situation von welcher beide Methoden profitieren können. Die Nutzung von BIM kann durch die massgeblichen Kostenreduktionen zur automatisierten Generierung der benötigten Basisdaten einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Verbreitung der Nachhaltigkeitszertifizierung von Gebäuden leisten.

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Literaturverzeichnis [1] Wallbaum H. (2010). Stärkung des Netzwerkes nachhaltiges Bauen Schweiz. Inputpapier KBOB/ETHZ, p19-21. [2] SIA: (2016) Building Information Modelling (BIM) – Grundlagen zur Anwendung der BIM-Methode. Vernehmlassung Entwurf prSIA 2051, p.7 [3] US BIM Standard (2015). National BIM Standard-United States Version 3 Release Postponed 2015. [4] Bernegger, H.J. et al. (2012). DGNB System in der Version 2012 für Büro- und Verwaltungsgebäude. SGNI Selbstverlag. [5] SIA: Regulation SIA 112 2001. Service Model. 1st edition 3000 / Schwabe, Muttenz. p. 6. [6] Egger, M. et al. (2013). BIM Leitfaden für Deutschland. Forschungsprogramm Zukunft Bau (BMVBS). 7476. [7] Offical Lesosai presentation (2016). Lesosai und BIM. E4tech Software S.A., Lausanne, p3-11. [8] Druhmann, C.; Ashworth, S.; Bernegger, H. (2016). INCREASE THE EFFICIENCY IN SUSTAINABLE CONSTRUCTION USING BIM. EXPANDING BOUNDARIES Systems Thinking in the Built Environment - Sustainable Built Environment (SBE) Regional Conference Zurich 2016, 1, 1. p80-83.

Autorenporträt

Heinz J. Bernegger (Dipl. Architekt ETH) ist Dozent für Life Cycle Management am Institut für Facility Management sowie Geschäftsführer der SGNI – Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft. Seine Forschungstätigkeit liegt im Bereich der Entwicklung von ganzheitlichen Instrumenten zur nachhaltigen Optimierung von Immobilien bei Planung, Bewirtschaftung und Nutzung. Dr. Carsten K. Druhmann (Dipl. Ing. Dipl. Kfm.) ist Dozent am Institut für Facility Management, stv. Geschäftsführer der SGNI – Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft. Er verantwortet den Themenfokus «Facility Management digital» in Lehre und Forschung. Über die Vorstandstätigkeit und Aktivität im Steuerungsausschuss von Bauen digital Schweiz engagiert er sich für die digitale Transformation der Schweizer Immobilienwirtschaft.

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Service Value Management for Enabling People

Service Value Management for Enabling People: Die Aufhebung der Trennung von Haupt- und Unterstützungsaktivitäten in der Organisation Christian Coenen, Daniel von Felten und Mirjam Pfenninger ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag bietet mit dem Service Value Management (SVM) einen umfassenden Ansatz, das FM in seiner ursprünglichen Bedeutung, nämlich als Facilitation Management i.S. des Ermöglichungsmanagements, zu betrachten. Diesem Service Management-Verständnis folgend, zeigen die Autoren im ersten Schritt auf, warum sich das FM in einer Dilemma-Situation befindet und welcher drei Komponenten es bedarf, um einen wertschaffenden Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtorganisation zu leisten. Im weiteren Verlauf stellen sie - aufbauend auf der Service-Dominant-Logic eine Horizonterweiterung für das Managementverständnis vor, bevor sie einen konzeptionellen Rahmen präsentieren, der die Aufhebung der Trennung zwischen Haupt- und Unterstützungsaktivitäten beschreibt.

1

Einleitung

Mit Blick auf die rasante Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte, steckt Facility Management (FM) als wichtiger Unternehmensbereich längst nicht mehr in den Kinderschuhen. Die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung unternehmensnaher Dienstleistungen sowie die wichtige Rolle für den Arbeitsmarkt sind u.a. deutliche Hinweise darauf, dass FM wirtschaftlich sowohl national als auch international alles andere als eine Randerscheinung darstellt (Ehret/Wirtz, 2010; von Felten/Coenen, 2013; Bundesamt für Statistik, 2015; Wirtz/Tuzovic/Ehret, 2015). Dass das FM allerdings als eigenständige Branche aufgrund seiner sehr starken Heterogenität schwer (er)fassbar ist, wird dann deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass viele FM-Tätigkeiten innerhalb einer Organisation von eigenen Mitarbeitern ausgeführt werden und am externen Markt nicht weiter in Erscheinung treten. Hinzukommen die FM-Leistungen, die an FM-Anbieter fremdvergeben werden und die zusammen mit den intern erbrachten Leistungen einen hohen Anteil der Bruttowertschöpfung eines Landes ausmachen (Thomzik/Striewe/Knickmeier, 2010; Thomzik, 2014). Angesichts dieser z.T. versteckten volkswirtschaftlichen Bedeutung kann das Facility Management durchaus als „heimlicher Riese“ bezeichnet werden.

2

Status Quo: Doppelte FM-Kurzsichtigkeit

Abhängig von der fachlichen Perspektive, aus der man die FM-Disziplin betrachtet, stehen z.B. technische oder architektonische Inhalte im Fokus. Dabei wird davon ausgegangen, dass es sich beim FM um ein Aktivitätsfeld handelt, welches sich vor allem mit der Bewirtschaftung von Immobilien beschäftigt und sich dabei meist am Gebäudelebenszyklus orientiert (GEFMA 220, 2014). Diese eindimensionale FM-Perspektive mit dem Fokus auf der Immobilie wird jedoch vielfach kritisiert. Das „F“ (= Facility) im FM sollte nicht alleine im Fokus stehen, sondern ein stärkerer Einbezug des „M“ (=

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Service Value Management for Enabling People

Management) im FM wird zu Recht gefordert. Dem trägt die vor einem Jahrzehnt in Kraft getretene EN 15221 Rechnung, indem sie FM als „Integration von Prozessen innerhalb einer Organisation zur Erbringung und Entwicklung der vereinbarten Leistungen, welche zur Unterstützung und Verbesserung der Effektivität der Hauptaktivitäten dienen“ (EN 15221, 2007, S. 5) definiert. Auch wenn in dieser FM-Terminologie die Immobilie nicht erwähnt und als Ziel die gesteigerte Effektivität der Hauptaktivitäten genannt wird, so lässt sich in der FM-Praxis oft Anderes beobachten: Das Gebäude und dessen lebenszyklusgerechte Bewirtschaftung stehen weiterhin stark im Fokus des FM. Anstelle der Unterstützung und Verbesserung der Effektivität der Organisation („die richtigen Dinge tun“), stehen oft Effizienzsteigerungen („die Dinge richtig tun“) im gebäudebezogenen FM im Vordergrund, die vor allem eine Kostensenkung bedingen sollen. Es lässt sich demnach in diesem Bereich eine doppelte Kurzsichtigkeit beobachten: 1. Einerseits fokussiert das FM immer noch zu sehr auf das Gebäude und somit auf die technischen und (innen-)architektonischen Besonderheiten des „built environment“. Dabei wird aber vernachlässigt, dass es sich beim „F“ im FM um jeden materiellen Vermögenswert handelt, der die Organisation unterstützt. Das Gebäude ist nur einer von vielen Gegenständen, der die Hauptaktivitäten unterstützen kann (EN 15221, 2007). 2. Zusätzlich wird das „M“ im FM ebenfalls oft nicht vollständig verstanden und umgesetzt. Auch wenn wie in der EN 15221 beschrieben - eine Effektivitätsverbesserung der Hauptaktivitäten als Aufgabe des FM gefordert wird, stehen dennoch sehr oft lediglich Effizienzsteigerungen im Sinne der Kostenreduzierung im Vordergrund. Die beiden hier aufgeführten Aspekte sind u.a. dafür verantwortlich, dass sich das FM immer wieder und immer öfter in der sogenannten „Commodity-Falle“ wiederfindet. Diese vermeintlich beliebige Austauschbarkeit der intern bzw. extern angebotenen Leistungen liegt z.T. darin begründet, dass der Fokus bisher oft auf gebäudebzw. prozessbezogenen Effizienzsteigerungen lag. Dabei wurden die komplexe Kundenperspektive und die zahlreichen Potenziale zur Ermöglichung des Kerngeschäfts, i.S. eines wertschaffenden Beitrages (Jensen et al., 2012; Jensen/van der Voordt/Coenen, 2012; Jensen/van der Voordt, 2016) häufig vernachlässigt. Aufbauend auf der hier beschriebenen doppelten Kurzsichtigkeit, wird im Folgenden eine nach Ansicht der Autoren notwendige Horizonterweiterung vorgestellt, die der FM-Disziplin eine notwendige breitere Perspektive ermöglichen kann und dem wertschaffenden Beitrag gerecht wird: der Service Value Management-Ansatz.

3

Notwendige Horizonterweiterung: Service Value Management for Enabling People

3.1

Managementverständnis: FM als Ermöglichungsmanagement

Auch wenn der Begriff „Facility“ einen materiellen Vermögenswert beschreibt, wird „Facility“ in der Europäischen Norm „im Sinne von Unterstützung/Werkzeug verwendet, also der Erbringung und/oder Bereitstellung von Dienstleistungen, Vermögenswerten, Werkzeugen und Verbrauchsmaterialien zur Erleichterung der Arbeit und/ oder Unterstützung der Hauptaktivitäten“ (EN-Norm 15221-4, 2011, S. 9). Diese

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Service Value Management for Enabling People

Begrifflichkeit, die sich an der Erleichterung und Ermöglichung orientiert, spiegelt sich ausserhalb des deutschsprachigen Raumes in zahlreichen Beispielen in den Verbformen des Begriffs wider: to facilitate (US/GB), faciliter (F), facilitare (I) oder facilitar (P/E). All diese Terminologien beschreiben die Tätigkeit des Ermöglichens, Erleichterns und Unterstützens. Diese Begrifflichkeit wurde im deutschsprachigen Raum z.B. vom deutschen FM-Verband in dessen „FM – Die Möglichmacher-Kampagnen“ 2008 und 2014 ebenfalls aufgegriffen (GEFMA, 2016). In diesem Sinne sollte FM vielmehr als Ermöglichungs- bzw. Unterstützungsmanagement betrachtet werden und damit eher die Verbform des Begriffs „facilitate“ im Vordergrund stehen. So sollte sich das FM immer wieder die grundsätzliche Frage stellen: „Welche Aufgabe sollte erfüllt werden, um es dem Kunden (und/oder seinem Kunden) leichter zu machen?“ Diesem „Job-to-be-done“-Ansatz folgend, kann sich das FM erst dann als umfassende Managementdisziplin betrachten, die die Hauptaktivitäten der Organisation ermöglicht, wenn es das (Arbeits-)leben der Stakeholder vereinfacht. Spätestens dann wird das FM auch in der Lage sein, seinen eigenen wertschaffenden Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit der Organisation, d.h. value of FM, zu kommunizieren. So bestätigt Gareth Tancred, CEO des British Institute of FM (BIFM), diese Ansicht und hält fest: „FM is all about ‘people enabling’ and that’s the key to marketing FM’s value to a wider audience” (Tancred, 2013). Ausgehend von diesem FM-Verständnis lassen sich grundsätzlich drei Perspektiven unterscheiden, die in Abbildung 1 deutlich werden.

Abbildung 6: SVM als Kombination dreier Arten von Managementverständnis Betrachtet man die linke Seite der Abbildung, bei der FM als das Management von tangiblen Vermögenswerten angesehen wird, steht vor Allem das Gebäude mit seinen technischen und architektonischen Herausforderungen im Zentrum der lebenszyklusbezogenen Managementaktivitäten. Berücksichtigt man hierbei den Ansatz der Service-Dominant-Logic (SDL), wie er vor gut einem Jahrzehnt von Stephen Vargo und Robert Lusch vorgestellt wurde (Vargo/Lusch, 2004), dann wird deutlich, dass ein Gebäude nichts anderes darstellt, als eine in tangible Elemente transformierte Dienstleistung. Dieser tangible, materielle Vermögenswert „dient“ (i.S. von Dienstleistung) der Organisation und seinen Stakeholdern, um deren Ziele zu erreichen. Diese Denkweise geht auch mit einem aktuellen Non-Ownership-Trend einher, bei

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Service Value Management for Enabling People

dem eine Umwandlung von traditionellen Produkten und Prozessen zu innovativen Dienstleistungsangeboten beobachtet werden kann. Diese Dienstleistungen ermöglichen es dem Kunden, sich von hohen Fixkosten zu befreien und Angebote in Anspruch zu nehmen, die in seinem privaten und beruflichen Leben die Komplexität deutlich verringern (Grönroos, 2016). Wenn man zusätzlich die mittlere Spalte der Abbildung berücksichtigt, wird klar, dass FM auch das Management von Dienstleistungen mit seinen prozessbezogenen Herausforderungen zur Unterstützung der Hauptaktivitäten beschreibt. Der Dienstleistungscharakter des FM ist an dieser Stelle evident und umfasst alle Facility Services, die von interner oder externer Seite erbracht werden. Hierbei sieht sich das FM sowohl mit dem

heterogenen,

drei-geteilten

Kundenbegriff,

als

auch

mit

den

dienstleistungsspezifischen

Herausforderungen der Analyse, Planung, Durchführung und Steuerung von Managementprozessen konfrontiert (McLennan, 2004; Coenen/von Felten, 2014). Auch wenn tangible Vermögenswerte und intangible Dienstleistungen die Hauptaktivitäten der Organisation bereits ermöglichen und erleichtern, bedarf es noch der beziehungsfokussierten Perspektive, um das Managementverständnis des SVM zu komplettieren. Dies wird in der rechten Spalte der Abbildung deutlich. Hierbei wird davon ausgegangen, dass das FM eine integrierende Funktion bei der Erbringung und Entwicklung von Ermöglichungsleistungen der relevanten Stakeholder übernimmt (Coenen/Nwanna, 2014; Schäfer-Cui/Coenen, 2016).

3.2

Definition: Service Value Management

Alle drei Perspektiven beschreiben die ganzheitlichen Ermöglichungsleistungen, die tangible, intangible und integrative Elemente umfassen. Die Gesamtheit dieser drei Perspektiven wird als Service Value Management bezeichnet und unterstreicht die wertschaffende Komponente für die Organisation. Service Value Management (SVM) wird somit als Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung von wertschaffenden Aktivitäten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtorganisation verstanden. Das SVM umfasst hierbei tangible, intangible und integrative Elemente im Sinne einer ganzheitlichen Ermöglichungsleistung für die Organisation und deren Stakeholder. Service Value, d.h. die wertschaffende Komponente einer Dienstleistung im Sinne der SDL, kann in allen drei beschriebenen Bereichen geschaffen und von den Stakeholdern wahrgenommen werden. Der generierte Service Value ist hierbei einerseits abhängig vom Kundentyp nach EN 15221-1 (2007), d.h. Auftraggeber, Kunde oder Nutzer. Anderseits bestimmt auch der Grad an Co-Creation des jeweiligen Stakeholders darüber, wie hoch er oder sie den wertschaffenden Faktor wahrnimmt (Alexander, 2012). Des Weiteren ist es - mit Blick auf den fortschreitenden Trend zur Netzwerkbildung und Plattformstrategie - wichtig herauszustellen, dass der Wert in den allermeisten Fällen von mehreren sich ergänzenden internen und/oder externen Wertschöpfungspartnern zusammen mit den Stakeholdern generiert wird (Coenen/Alexander/Kok, 2013). Im nachfolgenden Abschnitt wird nun das Service Value Management Framework vorgestellt, dass einen Überblick über das heterogene Managementfeld wertschaffender Aktivitäten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtorganisation beschreibt.

53

Service Value Management for Enabling People

4

Service

Value

Management

Framework:

Ein

ganzheitlicher

konzeptioneller Rahmen 4.1

Vorstellung des SVM-Frameworks

Ausgehend vom ganzheitlichen Verständnis des Service Value Management als Ermöglicher und Enabler der Wettbewerbsfähigkeit der Organisation, ergibt sich ein umfassendes Bild, das in Abbildung 2 graphisch dargestellt ist.

Abbildung 2: SVM-Framework als ganzheitlicher konzeptioneller Rahmen Die Abbildung gliedert sich in zwei Teile, wobei der obere Teil als „Service Gewinn Kette“ bezeichnet wird und der untere Teil „Service Value Kette“ genannt wird. Beide Teile werden nachfolgend kurz beschrieben. Der Denkansatz zur „Service Gewinn Kette“ stammt aus der Harvard Business School und ist seit Mitte der 1990er-Jahre

ein

Grundpfeiler

der

(Heskett/Jones/Loveman/Sasser/Schlesinger,

Service 1994;

Management-Praxis

Heskett/Sasser/Schlesinger,

und 1997).

-Forschung Das

Modell

beschreibt die Zusammenhänge zwischen interner und externer Dienstleistungsqualität, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, sowie deren Effekte auf den Gewinn der Unternehmung. Die Kausalitäten zwischen diesen Elementen wurden u.a. anhand diverser Meta-Studien statistisch belegt (Brown/Lam, 2008; Jiang/Lepak/Hu/Baer, 2012; Zablah/Franke/Brown/Bartholomew, 2012; Hong/Liao/Hu/Jiang, 2013). Es kann hierbei festgehalten werden, dass gerade die Qualität der internen Dienstleistungen einen signifikanten

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Service Value Management for Enabling People

Einfluss auf die nachfolgenden Elemente des Modells hat und so wesentlich zur Wettbewerbsfähigkeit der Organisation beiträgt (Hogreve/Iseke/Derfuss/Eller, 2017). Die Idee der „Service Value-Kette“ im unteren Teil der Abbildung geht im Ursprung zurück auf die Wertkette einer Organisation nach Porter (1985). Dabei wird sich immer gefragt, welche Komponenten einen wertschaffenden Charakter, i.S. eines Value, für die Organisation und deren Stakeholder haben. Michael Porter unterscheidet hierbei zwischen primären und unterstützenden Aktivitäten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation. Diese Idee der Trennung wird im neuen St. Gallener Managementmodell noch um eine Prozessebene erweitert, in dem Rüegg-Stürm (2002) zwischen Management-, Geschäfts- und Unterstützungsprozessen differenziert. Im SVM-Framework werden diese beiden Ketten (Service Profit- und Service Value-Kette) nun miteinander in Beziehung gesetzt. Dabei wird von der grundlegenden Überzeugung ausgegangen, dass alle wertschaffenden, d.h. value-generierenden Aktivitäten, die in der Service Value Chain an den Tag gelegt werden, einen mehr oder minder starken Einfluss auf die Service Profit Chain haben. Somit hat die Qualität jeder wertschaffenden Aktivität einen direkten oder indirekten Einfluss auf den vom Stakeholder wahrgenommenen Wert und somit dessen Zufriedenheit und Loyalität. Dementsprechend kann z.B. die serviceorientierte Gestaltung der einzelnen Kunden-Touchpoints i.S. eines Customer Experience Managements, einen nachhaltigen Effekt auf die vom Kunden wahrgenommene Dienstleistungsqualität und seine Zufriedenheit haben. Das Ergebnis aus dieser individuell wahrgenommenen Qualitätsbewertung der Stakeholder (Zufriedenheit, Loyalität, Weiterempfehlung, etc.) hat dann wiederum Einfluss auf ökonomischen Kenngrössen wie Umsatz- oder Gewinnentwicklung.

4.2

Perspektivenwechsel: Outside-In statt Inside-Out

Die oben beschriebene Trennung zwischen Haupt- und Unterstützungsprozessen (Porter, 1992; RüeggStürm, 2002) haben nach dem in diesem Beitrag vorgestelltem Ansatz des Service Value Management keine Gültigkeit mehr. Die künstliche Trennlinie zwischen diesen Prozessen ist vielmehr einer Inside-Out Perspektive geschuldet, die sich lediglich am jeweiligen Input der Leistungen orientiert. Gemäss diesem überholten Ansatz, steht die inputbasierte Aufteilung zwischen den Prozessarten im Fokus der Betrachtung. Der ganzheitliche SVM-Ansatz geht - einer Outside-In Perspektive folgend - dahingegen vielmehr von der Annahme aus, dass die Managementaktivitäten, die im Rahmen der Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung von wertschaffenden Aktivitäten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtorganisation eingesetzt werden, für die obere „Service Gewinn-Kette“ und damit für interne und externe Stakeholder Relevanz besitzen. Dabei spielt es weder eine Rolle, ob diese Managementaktivitäten im Sinne der SDL einen tangiblen, intangiblen oder integrativen Charakter haben, noch, ob diese sich den Haupt- oder Unterstützungsleistungen einer Organisation zuordnen lassen. Diese

Outside-In-Perspektive

ist

daher

im

Sinne

eines

nahtlosen

internen

und/oder

externen

Kundenerlebnisses notwendig, um die künstliche Grenze zwischen primären und unterstützenden Leistungen aufzuheben. Auch wenn es weiterhin Aktivitäten geben wird, die sich intern zwar dem einen oder anderen Leistungsbereich zuordnen lassen, so begründet sich die hier vorgeschlagene Verschmelzung der beiden Bereiche

durch

die

-

aus

Stakeholdersicht

-

zunehmende

Bedeutung

für

die

ganzheitliche

Qualitätswahrnehmung der Gesamtleistung. Dabei wird der Service Value von einem Netzwerk von internen und externen Wertschöpfungspartnern zusammen mit den Stakeholdern generiert. Diese Stakeholder erleben

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Service Value Management for Enabling People

und be-„wert“-en den wahrgenommenen Service Value sehr individuell. So resultiert beispielsweise die subjektive Qualitätswahrnehmung eines Kunden der Hauptaktivitäten (z.B. Bankkunde) aus einer Reihe von Merkmalen, die sich einerseits auf die Kernleistung (z.B. fachliche Kompetenz des Beraters) beziehen können, andererseits aber auch vermeintlich „nur“ unterstützenden Charakter haben (z.B. herausragende Freundlichkeit einer outgesourcten Empfangsmitarbeiterin oder geruchsintensive überfüllte Abfalltonne auf dem Parkplatz der Bank). Der Endkunde der Bank nimmt sein Kundenerlebnis, i.S. von Customer Experience, als ganzheitlich wahr und ist meist weder in der Lage noch Willens, zwischen diesen beiden Bereichen zu differenzieren. Alle relevanten Merkmale der Qualitätswahrnehmung sind aus subjektiver Kundenperspektive entlang der Customer Journey und deren Touchpoints somit untrennbar miteinander verbunden, gleichgültig, ob sie nun den Haupt- oder Unterstützungsaktivitäten zugeordnet werden könnten.

5

Abschluss

FM wird häufig als Business-to-Business-Branche (B2B) bezeichnet, wobei zwei Organisationen miteinander eine Geschäftsbeziehung unterhalten. Allerdings scheint diese Form der Beschreibung weder dem Ermöglichungscharakter noch dem komplexen Kundenbegriff des FM ausreichend gerecht zu werden. Vielmehr bedarf es einer Bezeichnung, die dem wertschaffenden Servicecharakter des FM angemessen Rechnung trägt und zugleich den internen Kunden (Mitarbeiter) wie auch die externen Kunden des Kerngeschäfts nicht unberücksichtigt lässt: Business-for-Business-for-Customer (B4B4C). Somit verfolgt der in diesem Beitrag vorgestellte SVM-Ansatz einerseits die Zielsetzung, dass sich das Facility Management aus dem Dilemma der „Commodity-Falle“ befreit, indem es eine ganzheitliche Perspektive als Ermöglichungsmanagement einnimmt, die das (Arbeits-)leben der Stakeholder erleichtert und vereinfacht. Andererseits dient der SVM-Ansatz dazu, das FM als gleichberechtigten Partner wertschaffender Aktivitäten für interne und externe Stakeholder zu erkennen. Dabei wird - einer modernen netzwerkbasierten Managementdenke

folgend

-

die

bislang

vorherrschende

Ansicht,

dass

zwischen

Haupt-

und

Unterstützungsleistungen unterschieden werden muss, als obsolet dargestellt. Vielmehr wird in diesem Beitrag die Meinung vertreten, dass es beim SVM im Kern um „enabling people“ geht. Bei diesem Ermöglichungsmanagement spielt es keine Rolle, ob die Stakeholder innerhalb (z.B. Mitarbeitende) oder ausserhalb der Organisation (z.B. Kunden) angesiedelt sind oder ob man sie mit tangiblen, intangiblen oder integrativen Elementen bei der Zielerreichung unterstützt.

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Autorenporträt Prof. Dr. Christian Coenen ist Dozent für Marketing und Services Management am Institut für Facility Management. Seine Lehr- und Forschungstätigkeit liegt im Bereich des Service Value Management. Daniel von Felten ist am Institut für Facility Management Dozent für Betriebswirtschaftslehre und Services Marketing. Er ist Koordinator für die internationalen Beziehungen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Service Value Managements. Mirjam Pfenninger, Betriebsökonomin FH in Facility Management, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Facility Management an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), Mitglied der Forschungsgruppe „Service Value Management“.

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Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental

Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental

Simon Caspar & Lukas Stöcklin pom+Consulting AG Technoparkstrasse 1, 8005 Zürich [emailprotected] [emailprotected]

Zusammenfassung Auch die FM Branche wird immer stärker mit den Digitalisierungstrends wie Cloud Computing, dem Internet of Things oder Big Data konfrontiert. Durch diese Technologietrends entwickelt sich die Immobilie zu einem soziotechnischen System, das verstanden und optimiert werden muss. Zusätzlich generiert eine Immobilie immer grössere Datenmengen, die nutzbringend analysiert und verwendet werden wollen. Durch moderne Datenanalyseverfahren und Algorithmen können beispielsweise Ausfälle von technischen Anlagen vorhergesagt («Predictive Maintenance») oder präzise Prognosen über Besucherflüsse gemacht werden. Digitalisierung darf aber nicht nur ein Instrument sein, um effizienter zu werden. Vielmehr sollte die FM Branche bestehende Geschäftsmodelle hinterfragen.

1

Einleitung

Die Themen Digitalisierung, Big Data etc. sind zurzeit in aller Munde und wohl kaum eine Branche wird sich den Trends entziehen können. Wie aber ist die FM Branche betroffen? In erster Linie werden Effizienzsteigerungen versprochen durch bessere Softwaresysteme und Cloud Computing. Die Entwicklung sollte aber nicht bei Effizienzsteigerungen stoppen, sondern deutlich weitergehen und bestehende Geschäftsmodelle hinterfragen und innovieren. Dazu lohnt sich ein Blick auf den «Innovationsradar» und die wichtigsten Technologietrends.

2

Blick auf den Innovationsradar

Im «Hype Cycle» fasst das Beratungsunternehmen Gartner jedes Jahr die wichtigsten Technologietrends anhand ihres Reifegrads zusammen (Gartner, 2016). Der Begriff Hype Cycle beruht auf der Erkenntnis, dass die ersten (zu) hohen Erwartungen an neue Technologien oft enttäuscht werden, bevor die Technologie ihr tatsächliches Potential erreicht. Basierend auf der Befragung von rund 600 Personen aus der Immobilienbranche wurde der Hype Cycle in der Studie «Digital Real Estate» mit einem besonderen Fokus auf die Immobilienbranche überarbeitet und ergänzt (Staub, Stucki, & Wettstein, 2016). In Abbildung 1 sind die Technologietrends entlang des Hype Cycles dargestellt. Nachfolgend werden drei Trends, die vor dem Hintergrund von FM Geschäftsmodellen von besonderem Interesse sind, kurz umrissen: Cloud Computing ist im Prinzip die Bereitstellung von Computer-Ressourcen wie Speicherplatz, Rechenleistung oder Anwendungssoftware. Die Ressourcen werden jedoch nicht wie bisher lokal auf einem Computer angeboten, sondern als Service über das Internet. Bekannte Beispiele sind die OnlineSpeicherlösung Dropbox oder Amazon Webservices, die Rechenkapazität, Datenbanken etc. «on-Demand» anbietet.

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Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental

Abbildung 7: Allgemeine Technologietrends nach dem Gartner Hype Cycle Modell (Gartner, Inc., 2016) sowie aus Sicht der Immobilienwirtschaft (Staub, Stucki, & Wettstein, 2016). Das Internet of Things bezeichnet die Verknüpfung physischer Objekte (Things) mit einer virtuellen Repräsentation in einer Internet-ähnlichen Struktur. Dies geschieht durch das Einbetten von miniaturisierten Computern und Sensoren in alle möglichen Gegenstände. Ein bereits weit verbreitetes Beispiel ist die Verfolgung von Paketsendungen im Internet oder auch Drucker, die automatisch neue Patronen bestellen, bevor die alte aufgebraucht ist. Unter anderem durch Cloud Computing und das Internet of Things entstehen immer grössere Datenmengen, welche unter dem Stichwort «Big Data» einen eigenen Trend bilden. Via Smartphone können wir zudem von beinahe überall und zu jeder Zeit auf diese Daten zugreifen. Grosse Datenmengen an sich bringen aber noch keinen Nutzen oder Informationsgewinn. Dieser entsteht erst durch geeignete Analyse. Je grösser, komplexer und weniger strukturiert die Daten sind, umso schwieriger gestaltet sich diese jedoch. Unter den Stichworten Big Data Analytics, Machine Learning oder Künstliche Intelligenz entstanden in den vergangenen Jahren viele Methoden und Technologien, welche die Analyse dieser komplexen Daten stark vereinfachen bzw. überhaupt erst ermöglichen.

3

Die Immobilie als Big Data Quelle

Wie können wir die Einflüsse von Trends wie IoT, Big Data etc. auf die Immobilienwirtschaft besser verstehen? Durch die technologische Vernetzung wird die Immobilie immer mehr zu einem soziotechnischen System sprich, zu einem System aus menschlichen und technologischen Akteuren die miteinander interagieren. Ein

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Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental

solches System funktioniert insbesondere dann erfolgreich, wenn eine ganzheitliche Betrachtung aller Komponenten stattfindet und nicht einzelne Elemente isoliert verändert werden. Ein möglicher Anwendungsfall für Big Data Analytics im Kontext der Immobilie als soziotechnisches System ist die Vorhersage von Personenaufkommen oder Besucherströmen. Durch vernetzte Sensoren in Räumen, Transportanlagen usw. steht eine gute Datengrundlage zur Verfügung, die ein präziseres Verständnis der Nutzung einer Immobilie ermöglicht. So können beispielsweise aufgrund der WLAN Nutzung oder der Beleuchtung Rückschlüsse auf die Raumauslastung gezogen werden. Oder Daten aus Fahrstühlen und elektronischen Zutrittssystemen liefern Informationen über Besucherströme im Zeitverlauf. Diese Daten können einerseits für die Optimierung des eigenen Betriebs verwendet werden (z.B. Predictive Cleaning, effiziente Steuerung der Transportanlagen, Optimierung Energieverbrauch…). Andererseits können sie aber auch für externe Dienstleister wie z.B. einen Catering Anbieter relevant sein, der das Besucheraufkommen in seiner Mensa vorhersagen möchte. Ein weiterer interessanter Anwendungsfall ist die sogenannte Predictive Maintenance. Technische Systeme versagen oft genau dann, wenn sie am dringendsten benötigt werden (z.B. Klimaanlage an einem heissen Sommertag). Die Reparatur ist dann äusserst zeitkritisch und entsprechend kostspielig. Predictive Maintenance soll solche Fälle verhindern. Machine Learning Algorithmen analysieren laufend Sensordaten aus den technischen Anlagen und können basierend darauf eine Vorhersage machen, zu welchem Zeitpunkt das Ausfallrisiko der Anlage stark ansteigt. Die Anlage kann dadurch in den normalen, planbaren Wartungszyklus aufgenommen werden und zu einem Zeitpunkt gewartet werden, wenn sie wenig gebraucht wird und alle nötigen Ressourcen (Techniker, Ersatzteile) vorhanden sind. Durch die laufende Überwachung und Analyse des Zustands von Anlagen können zudem die Auswirkungen von Änderungen im Betrieb viel schneller erkannt werden. Wenn ich die Raumtemperatur um 1°C herauf oder herabsetze, was hat dies für einen Einfluss auf die Wartungshäufigkeit der Klimasysteme? Wenn man sich mit den eingangs erwähnten Trends Big Data, Internet of Things usw. auseinandersetzt stösst man immer auf die gleichen Beispiele von Grossunternehmen wie Amazon, Google oder IBM. Zu Recht stellt sich die Frage, ob diese Fälle für kleinere Unternehmen, die nicht mehrere Millionen in die Entwicklung eines Algorithmus stecken können, überhaupt relevant sind (Die initiale Entwicklung von IBMs künstlicher Intelligenz «Watson» dauerte mit einem Kernteam von rund 20 Entwicklern gut drei Jahre (Ferrucci, et al., 2010)). Es muss aber nicht immer ein hochkomplexes Millionenprojekt sein. Bereits einfache Cases können grossen Nutzen bringen. Wichtiger als die Höhe der Investition ist vielmehr die Frage, welche Geschäftsprozesse Kosten-, Ertrags- oder Risikopotenziale bergen. Mit modernen Ansätzen der Datenverarbeitung – bspw. Machine Learning – kann auch in etablierten FM Prozessen bereits heute „Intelligenz“ implementiert werden. Daraus sind Effizienzsteigerungen realisierbar, in der vertieften Analyse zeichnen sich jedoch auch Chancen für fundamentale Geschäftsmodellinnovationen ab.

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4

Geschäftsmodell-Innovation

Gemäss dem bekannten Wirtschaftswissenschaftler Alexander Osterwalder besteht ein Geschäftsmodell aus neun Elementen wie z.B. Kunden, Kanälen, Wertversprechen sowie Kosten und Ertragsstrukturen (siehe Abbildung 2). Innovationen können grundsätzlich in jedem der Elemente geschehen, GeschäftsmodellInnovationen schlagen sie sich aber immer in einer wesentlich veränderten Kosten- und Ertragsstruktur nieder.

Abbildung 8: Elemente eines Geschäftsmodells anhand des Business Model Canvas (Osterwalder & Pigneur, 2010) Die FM Branche hat viel erreicht: ein klares Branchenprofil, allgemein gültige Standards und ein klar etabliertes Geschäftsmodell. Im Moment scheint sie aber an einem Punkt angelangt, wo Verdrängung im Vordergrund steht und der Fokus stark auf Effizienzsteigerung gelegt wird. In diesem Umfeld bleibt oft wenig Raum für Innovationen. Das zeigt sich auch darin, dass in den letzten Jahren kaum neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt kamen. Durch die aufgezeigte technologische Entwicklung gibt es aber durchaus Potential für Innovationen im FM. Gleichzeitig steigt allerdings die Gefahr, dass die Branche durch einen neuen Player mit einem völlig neuen Geschäftsmodell auf den Kopf gestellt («disrupted») wird. Disruption bedeutet in dem Falle oft, dass grosse Kostentreiber eliminiert werden und dadurch ein Geschäftsmodell einfacher skaliert werden kann. Bekanntestes Beispiel dafür ist der Taxidienst «Uber», welcher selbst jedoch kein einziges Taxi besitzt. Digitalisierung ist oft der zentrale Treiber hinter einer höheren Skalierbarkeit. So hat der Fahrzeughersteller Tesla die physischen Bedienelemente wie Knöpfe oder Schalter in seinen Fahrzeugen auf ein absolutes Minimum reduziert. Die meisten Funktionen werden über einen Touchscreen gesteuert (Software). Dies erlaubt es Tesla sehr schnell flächendeckend neue Funktionen oder Anpassungen per Software-Update zu verteilen, die bei herkömmlichen Fahrzeugen nicht ohne Eingriff in einer Garage möglich wären.

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Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental

Auch im FM wird vieles noch «in der Garage» erledigt, was eigentlich digital möglich wäre. Dank dem Internet of Things gibt es immer mehr intelligente Geräte die Statusmeldungen liefern oder einfache Befehle entgegennehmen und ausführen können (Beispiel Smart-Meter für Strom). Es stellt sich allerdings das Problem, dass jedes Gerät ein eigenes Interface hat. Anforderungen an die mit der Bedienung beauftragten Personen steigen und der Überblick geht insbesondere bei anlagenübergreifenden Schaltvorgängen schnell verloren. Abhilfe sollen sogenannte Chatbots schaffen. Chatbots sind intelligente Algorithmen die einfache TextKommandos verstehen und so Informationen liefern oder bestimmte Aufgaben ausführen. Die gesamte Interaktion geschieht via Chat in normaler oder leicht vereinfachter Befehlssprache, die aber für jedermann verständlich ist. In der IT Branche sind derartige Bots unter dem Namen «Chatops» bereits eine relativ verbreitet eingesetzte Technologie. In Abbildung 3 ist ein Mockup dargestellt, das eine beispielhafte Interaktion zwischen einem FM Mitarbeitenden und einem Chatbot für die Behebung eines Kundenproblems zeigt.

Abbildung 9: Beispielhafte Interaktion zwischen einem FM Mitarbeiter und einem Chatbot (eigene Darstellung). Chatbots können potenziell eine Vielzahl von mehr oder weniger einfachen Aufgaben übernehmen und so bestehende Prozesse vereinfache oder überhaupt erst ermöglichen. Die Interaktion mit den Bots im ChatModus bietet darüber hinaus den grossen Vorteil, dass die Information über Interaktionen in Echtzeit für alle Chatteilnehmer einsehbar ist. Dies kann Doppelspurigkeiten und den Koordinationsaufwand zwischen Mitarbeitenden deutlich verringern.

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Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental

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Fazit

Die Digitalisierung und die damit zusammenhängenden Trends wie Big Data oder das Internet of Things sind für die FM Branche von zentraler Bedeutung. Die Immobilie entwickelt sich dadurch immer mehr zu einem grossen soziotechnischen System, das verstanden und optimiert werden muss. Dies bedingt auch das Hinterfragen von bestehenden FM Geschäftsmodellen. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Digitalisierung ist die Virtualisierung physischer Assets durch Software. Sie ermöglicht erhebliche Skaleneffekte, die zu fundamental neuen Geschäftsmodellen - auch im Facility Management - führen können. Der zentrale Erfolgsfaktor liegt letztendlich aber im Menschen, dem Mitarbeitenden. Er nimmt eine neue Methode oder Technologie an oder nicht. Die erfolgreiche Digitalstrategie-Umsetzung setzt deshalb eine Unternehmenskultur voraus, die den offenen Umgang mit neuen Methoden und Technologien zulässt. Hilfreich bei der Reduzierung der Komplexität des Themas ist oft auch ein Blick in andere Branchen. Meist ist es einfacher, eine Lösung zu adaptieren als das Rad neu zu erfinden. Das IT Service Management, beispielsweise, weist ähnliche Strukturen wie das Facility Management auf und digitale Geschäftsmodelle sind in dieser Branche bereits deutlich weiter fortgeschritten. Ein weiterer Ansatz ist das systematische Monitoring von Start-Ups. Suchbegriffe wie „Digital-Real-Estate“ und „Proptech“ geben insbesondere in den Sozialen Medien einen guten Einblick was in der Szene läuft. Die Disruptoren stehen bereits vor der Tür. Es ist Zeit etwas zu tun.

Literaturverzeichnis

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Die Digitalisierung beeinflusst das Facility Management fundamental

Autorenporträt Simon Caspar, dipl. Betriebsökonom FH in Facility Management / EMBE HSG, ist seit 2014 Mitglied der Geschäftsleitung der pom+Consulting AG und zeichnet in dieser Funktion für die Business Unit „Digital Solutions“ verantwortlich. Simon Caspar ist seit fast 10 Jahren für pom+ tätig. Er verfügt unter anderem über fundierte Erfahrungen in der Entwicklung und Umsetzung integrierter Führungssysteme nach dem Neuen St. Galler Managementmodell, auf den Gebieten Total Quality Management (EFQM) sowie in der Evaluation und Einführung von IT-Lösungen im Immobilienmanagement. In den letzten Jahren hat er zusammen mit seinem Team im Bereich Digital Solutions mehrere Projekte für verschiedene Kunden erfolgreich realisiert. Neben Projekten im Bereich der Digitalisierung zeichnet sich Simon Caspar durch seine breite Fachkompetenz im Bereich Organisationsberatung und Immobilienmanagement – insbesondere bei Grossprojekten im Bereich planungs- und baubegleitendes Facility Management – aus. Durch sein grosses Wissen im digitalen Bereich sowie seine langjährige Erfahrung im Facility Management bietet er seinen Kunden bei pom+ eine umfassende und professionelle Beratung. Lukas Stöcklin, M.Sc. in Psychology / Universität Bern, ist seit 2016 als Consultant im Bereich „Digital Solutions“ für pom+Consulting AG tätig. Lukas Stöcklin besticht durch seine langjährige Erfahrung in der Marktforschung und Datenanalyse. Neben Marktforschungsprojekten beschäftigt sich Lukas Stöcklin auch mit Innovationsprojekten und Trendforschung. Dank seinem psychologischen Ansatz und seiner Weiterbildung in Data Science schafft Lukas Stöcklin grossen Mehrwert in der Beratung von pom+Kunden.

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Betreiberverantwortung im Facility Management

Eigenverantwortung bei Betrieb und Unterhalt Roman Egger Halter AG, Immobilien Freilager-Platz 4, 4142 Münchenstein [emailprotected]

Zusammenfassung Aus dem Betrieb von Gebäuden und Anlagen können sich Nachteile oder Gefahren für Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder sonstige Beeinträchtigungen von Personen oder der Umwelt ergeben. Jedem Unternehmen, das im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit Gebäude betreibt, wird deshalb vom Gesetzgeber die Verantwortung dafür auferlegt, alle erforderlichen und zumutbaren Massnahmen zu ergreifen, um diese Nachteile oder Gefahren zu vermeiden oder zu verringern. Dies setzt jedoch voraus, dass die eigenen Risiken als Eigentümer oder Unternehmung bekannt sind. Nur so kann die gesetzliche Verantwortung und die Unternehmenspflichten gegenüber Beschäftigen, Dritten, Umwelt und Behörden wahrgenommen werden.

1

Ausgangslage

Im Regelbetrieb hat das Kerngeschäft meist oberste Priorität. Sicherheitsthemen kommen frühestens an zweiter Stelle und solange nichts passiert, sinkt die Aufmerksamkeit kontinuierlich. Verantwortlich für den Regelbetrieb einer Liegenschaft sind nicht nur die Eigentümer, sondern auch Bevollmächtigte wie zum Beispiel die interne Betriebsorganisation oder der externe Facility Management Provider sowie die Gebäudenutzer selber. Die aus dem Gesetz bekannte Eigentümerverantwortung, bzw. die darin integrierte sogenannte Betreiberverantwortung, tangiert unzählige weitere Bereiche im Umfeld von Liegenschaften oder ganzen Portfolios. Dies kann die Aufbauorganisation, Prozesse und Arbeitsabläufe, das Aufdecken und Minimieren von

mögliche

Risiken

fürs

Kerngeschäft,

die

Gesetzgebung

wie

Normen,

Vor-schriften

oder

Unternehmensvorgaben, bis hin zur Schulung und Instruktion der zuständigen Mit-arbeitenden bezüglich Betrieb und Unterhalt betreffen. Zudem ist die aktuelle Gesetzeslage zu den Betreiberpflichten in der Schweiz sehr komplex, der Föderalismus ausgeprägt und es fehlt ein einheitlicher Standard, woran sich die Eigentümer und Betreiber über ihre Rechte und Pflichten orientieren könnten. Das Verschaffen eines Überblicks über sämtliche Betreiberpflichten für das Betriebspersonal ist aufwendig und verlangt eine hohe Fachkompetenz in sämtlichen Disziplinen. Unklarheiten und Wissensdefizite sind vorprogrammiert und bergen enorme Risiken. Handlungsbedarf zum Bewusstwerden über gesetzliche Auflagen für Eigentümer und Betreiber von Immobilien ist also in jeder Branche vorhanden. Meist sind jedoch die diesbezüglichen Vorhaben reaktiv getrieben als Folge von Vorfällen oder neuen Gesetzen, Anpassungen bei kleineren Umbauten oder steigender Komplexität der technischen Anlagen. Mit der zunehmenden Übertragung der Eigenverantwortung durch den Gesetzgeber an die Eigentümer und Betreiber wird bei diesen proaktives Handeln erforderlich.

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Betreiberverantwortung im Facility Management

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Herausforderung

Die Betreiberverantwortung stellt das Handeln rund um den Gebäudebetrieb ins Zentrum mit dem Ziel, alle erforderlichen und zumutbaren Massnahmen zu ergreifen, damit Gefahren oder Nachteile gegenüber Menschen, Sachwerten oder der Umwelt vermieden oder verringert werden können. Die Betreiberpflicht setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Die Pflichten wiederspiegeln sich nicht nur in der Führungsebene, sondern auch in der Durchführung von Aufgaben bei jedem Mitarbeiter. Es sind somit Themen, welche die gesamte Organisation betreffen. Mit der Erarbeitung der Betreiberverantwortung wird ein Navigationssystem zur Zielerreichung der rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen erstellt. Die relevanten gesetzlichen Grundlagen wie z.B. Bundes-, Kantons- und Gemeindegesetze, Normen und Vorschriften gelten grundsätzlich für alle Eigentümer, Unternehmer oder Betreiber. Um die daraus resultierenden Pflichten und Verantwortungen wahrzunehmen, sind als erstes die Grundlagen zu erarbeiten und mit dem aktuellen Stand der Organisation abzugleichen. Mit dem Ziel, durchgängige Prozesse zu erarbeiten, können die Handlungsfelder sowohl intern aber auch an Externe delegiert werden. Mit der einmaligen Abhandlung und Sicherstellung der Gesetzeskonformität ist es aber noch nicht getan. Nur wer Kenntnisse der Rechtsgrundlagen, Vorschriften und Normen hat, ordnungsgemässes handelt und dies dokumentiert, hat Sicherheit vor Sanktionen. Egal ob Immobilienbesitzer, Unternehmer, Betreiber oder Nutzer - sie sind alle in der Pflicht!

Abbildung 10: Pflichten und Aufgaben (eigene Darstellung, in Anlehnung an GEFMA 190)

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Ziele der Betreiberverantwortung

Im Allgemeinen wird zwischen Unternehmenspflichten und persönlichen Pflichten, also diejenigen der Mitarbeitenden, unterschieden. Dabei ist es grundsätzlich irrelevant, ob die Leistungen selber erbracht oder an Dritte delegiert werden: 1.

Die Unternehmung stellt sicher, dass ihre Angestellten und Beauftragten sowie auch Dritte (z.B.

Kunden) ebenso wie die Umwelt unversehrt bleiben. 2.

Die Unternehmensleitung nimmt ihre Organisationspflichten wahr und schafft die erforderlichen

Rahmenbedingungen. 3.

Die Beschäftigten kennen ihre Durchführungspflichten und wenden diese an.

Die Professionalisierung der Betreiberverantwortung bewahrt präventiv vor Schaden und im Ereignisfall vor Sanktionen. Für eine wirksame Pflichtenübertragung an die Führungskräfte und die Mit-arbeitenden sowie Fremddienstleister sind insbesondere die nachfolgenden Grundlagen zu beachten:

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Betreiberverantwortung im Facility Management

Business Excellence: Gefahren erkennen und Risiken beherrschen

Nutzen von technischen oder organisatorischen Möglichkeiten

Klare, eindeutige Definition der zu übertragenden Pflichten

Wahrnehmung der gesetzlichen Verantwortung auf allen Stufen

Der Eigentümer oder die Unternehmung kennt die eigenen Risiken und nimmt die gesetzliche Verantwortung wahr. Unternehmenspflichten gegenüber Beschäftigen, Dritten, Umwelt und Behörden sind bekannt. Es werden Gesetze, Normen Standards mit den Handlungsfeldern in Gebäuden, an Anlagen und in der Organisation verknüpft. Organisations-, Führungs- und Durchführungspflichten auf den Ebenen Unternehmensleitung, Führungskräfte und Beschäftige sind definiert und werden gelebt. Der externe Betreiber oder die interne Betriebsorganisation hat Kenntnis über die Durchführungs-pflichten. Die Organisation kennt ihre Aufgaben, hat adäquate Pflichtenhefte und entsprechende Arbeitsanweisungen. Im Idealfall halten periodische Schulungen und Instruktionen die Mitarbeiten-den à jour. Die Durchführung periodischer Qualitätskontrolle und deren Dokumentation sind institutionalisiert.

Abbildung 11: Fazit der Betreiberverantwortung (eigene Darstellung, in Anlehnung an GEFMA 190) Mit dem Bewusstsein der Betreiberverantwortung und der daraus resultierenden gesetzlichen Verantwortung wird der Pflichterfüllung und somit der Wahrung von Rechtsgütern und der Umwelt in jedem Fall Rechnung getragen. Kommt es dennoch zu einer Pflichtverletzung oder einem Verschulden bzw. Schaden, sind bei möglichen Konsequenzen oder Rechtsfolgen die Handlungen entsprechend dokumentiert.

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Betreiberverantwortung im Facility Management

Autorenporträt Roman Egger ist seit fünf Jahren bei Halter AG, Immobilien tätig, Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortet das strategische FM in der Region Basel. Seine Kernkompetenzen liegen in der Betriebskonzeption, Betriebsvorbereitung und Betriebsoptimierung. Er verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Facility Management und Optimierung von Betriebsorganisationen. Vor seinem Eintritt in die Halter Gruppe arbeitete er in verschiedenen Führungsfunktionen bei integralen FM-Providern. Nach seinem Nachdiplomstudium in Betriebswirtschaft absolvierte er den Master in Real Estate Management.

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Firmenporträt FM Symposium, 11. November 2016 Die Hälg Facility Management AG (HFM) ist ein Anbieter für integrales Facility Management in der Schweiz. Wir beraten, koordinieren und erbringen Dienstleistungen entlang der gesamten FM-Wertschöpfungskette. Als ein Unternehmen der Hälg Building Services Group stehen wir für innovatives Vorgehen, fundiertes Know-how und zuverlässige Auftragsabwicklung. Im infrastrukturellen und kaufmännischen Facility Management koordinieren wir sämtliche Aufgaben und arbeiten wo notwendig mit namhaften Partnern zusammen. Die Disziplinen Bauprojektmanagement und Services zählen zu unseren Kernkompetenzen wie auch die Führung des ersten PPP Projekt in der Schweiz. Technisch anspruchsvolle Mandate profitieren von unserem Know-how der Hälg Building Services Group. Die HFM ist ein Unternehmen der Hälg Building Services Group. Die Hälg Group, als Familienunternehmen in der 4. Generation, vereint das Beste aus allem, was für eine reibungslose und erfolgreiche Abwicklung von Gebäudetechnikprojekten notwendig ist. So sind wir in der Lage, für jeden Kunden die beste, effizienteste und nachhaltigste Lösung zu entwickeln. Von der Planung über die Installation bis zum Unterhalt und Betrieb. Mit den vier strategischen Geschäftseinheiten Consulting & Engineering, Installation, Contracting und Facility Management sorgt die Hälg Group für Gebäude-Mehrwert über kurz oder lang. Mit unserem Systempartner (ICFM AG) betreiben und entwickeln wir CAFM Lösungen sehr erfolgreich. Wir bieten neben der klassischen Implementierung von Facility-Management-Leistungen auch individuelle Beratungsleistungen zur Implementierung der CAFM-Lösung CAMPOS an und begleiten den Veränderungsprozess. Wir stellen uns komplexen Herausforderungen mit Engagement und bauen auf eine langfristige Partnerschaft. Unsere Dienstleistungspalette umfasst den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie und gleicht dabei die Bedürfnisse der Eigentümer und Nutzer ab. Von der FM-gerechten Beratung während einer frühen Planungsphase, über die Implementierung und Ausführung von neuen Betreibermodellen in allen Facetten des Facility Managements bis zur Beratung und Planung einer Umnutzung, übernehmen wir Verantwortung und tragen finanzielle Risiken mit. Die HFM ist ein Qualitätsanbieter mit starker Kundenorientierung. Unser Unternehmen sucht nach individuellen Lösungen und stellt den Kundennutzen ins Zentrum. Wir gestalten Partnerschaften aktiv und leben die Gemeinschaft.

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Einsatz von Reinigungs-Roboter in FM-Services

Einsatz von Reinigungs-Robotern in FM-Services Anja Fuchs-Barbana und Samuel Schlittler ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Die Reinigungsmaschinen werden sich in den nächsten Jahren vom Hilfsmittel zum autonomen Roboter entwickeln. Die Facility Management-Branche ist von diesem Trend betroffen. Roboter übernehmen bereits heute einfache Aufgaben in der Reinigung und ersetzten partiell manuelle Tätigkeiten. Es bestehen Prognosen, welche voraussehen wollen, dass niederschwellige Arbeitsplätze bald durch Roboter abgelöst werden. Welche Vorteile versprechen Roboter in der Reinigung und wie sicher sind die Reinigungsarbeitsplätze im FM-Service? Bisher haben Roboter in FM-Services in der Schweiz noch kaum Einzug gehalten. Zurzeit existieren erst vereinzelte Modelle von Produktehersteller auf dem Schweizer Mark. Gründe dafür sind beispielsweise die geringe Zuverlässigkeit der Reinigungsroboter, die mangelnde Qualität der technischen Bauteile, sowie das schlechte Preis-Leistungsverhältnis. Des Weiteren gibt es im Schweizer FM-Markt nur wenige Immobilien, die die notwendige Grösse aufweisen, damit sich der Einsatz eines Reinigungsroboters rentieren würde. Der Schweizer Markt ist im Vergleich zu anderen europäischen Märkten zudem etwas träger, wenn es um die Einführung von Neuheiten geht. Damit die Roboter künftig vermehrt in Objekten zum Einsatz kommen, muss ein Umdenken stattfinden, wobei sich die Produktehersteller überlegen müssen, in welchem Bereichen der Einsatz eines Reinigungsroboters Sinn macht und was notwendig ist, um diese Aufgaben zuverlässig und effizient erfüllen zu können.

1

Vielseitiger Einsatz der Robotertechnik

Die Integration von Robotern in den Alltag des Menschen wird von vielen noch misstrauisch und mit gemischten Gefühlen betrachtet. Je intelligenter und besser Reinigungsroboter werden, desto befremdenden scheinen sie auf uns Menschen zu wirken. In der Realität sind sie jedoch nicht mehr wegzudenken. Roboter sind seit einigen Jahren in der Industrie etabliert und werden nun allmählich auch im Dienstleistungs- und Gesundheitssektor

eingesetzt.

Gründe

dafür

sind

das

überproportionale

Wachstum

in

den

Dienstleistungsbereichen und die Fortschritte in der Sensor-, Steuerungs- und Antriebstechnik (Böhme, 2001, S. 12). Roboter überwachen zum Beispiel ein geschütztes Gelände vom Boden oder aus der Luft, reinigen Flächen oder helfen Chirurgen bei Operationen. Zukünftig sollen sogar Roboter die Pflege und Unterhaltung von älteren Personen, übernehmen (Haun, 2013, S. 6).

1.1

Robotersysteme

Die Robotersysteme sind äusserst unterschiedlich in der Art, wie sie sich im Raum orientieren, wie sie sich fortbewegen oder Informationen verarbeiten. Stationäre Robotersysteme sind starr mit ihrer Umgebung verbunden und können sich nicht fortbewegen. Es handelt sich hierbei um starre Einzelkörper, welche mit Gelenken miteinander verbunden sind und somit verschiedenen Bewegungen ausführen können. Ein Beispiel dafür ist ein Industrieroboter, der Autoteile montiert. Mobile Robotersysteme unterscheidet sich von stationären Robotersystem dadurch, dass sie sich aus eigener Kraft fortbewegen und somit den Standort

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Einsatz von Reinigungs-Roboter in FM-Services

wechseln können. Dafür müssen sie über Sensoren verfügen, eine aufgabenorientierte Programmierung aufweisen, Anpassungsfähigkeit an die Veränderungen der Umgebung sein und über die Entwicklung eines internen ‘Weltbildes’ und weitere Eigenschaften verfügen (Haun, 2013, S. 18). Bei Systemen, welche sich auf dem Land fortbewegen, unterscheidet Haun zwischen Radgetriebenen Robotersystemen und Gehmaschinen. Radgetriebene können beispielsweise Überwachungsroboter sein, welche ein Areal mit Kameras und Infrarot überwachen. Gehmaschinen besitzen humanoide Merkmale, was sie menschlicher wirken lässt und gleichzeitig jedoch auch befremdlicher. Diese Fortbewegungsmethode ist die einzige, welche den Bodengegebenheiten der Natur gerecht wird, so Haun (S. 19). Die Kernvoraussetzung für Kognitive Robotersysteme ist die Fähigkeit, selbständig zu denken und Schlüsse daraus zu ziehen. Dadurch wird maschinelles Lernen und sensorgestütztes Handeln und Bewegen in einer dynamischen Umwelt erst ermöglicht. Haun weist darauf hin, dass die neue Generation der kognitiven Roboter auf Technologien des „Cognitive Computing“ zugreift und somit Robotersysteme entstehen, welche eine hohe Intelligenz aufweisen. Je komplexer die Robotersysteme werden, desto höher wird auch ihr Autonomiegrad (S. 28).

1.2

Roboterarten

Zurzeit können Robotersysteme, je nach Ausrichtung und Fähigkeiten, in die vier Gruppen „Serviceroboter“, „Freizeitroboter“, „Transportroboter“ und „Schwarmroboter“ eingeteilt werden. Serviceroboter sind Roboter, welche dem Menschen gewisse Arbeiten abnehmen, respektive Services erbringen. So sollen sie zum Beispiel aufräumen, staubsaugen, Fenster reinigen oder Rasen mähen können. Man schätzt, dass in 30 Jahren mehr persönliche Roboter als persönliche Computer produziert werden (Haun, 2013, S. 7). Bei diesem Gedanken darf jedoch nicht vergessen werden, dass der Mensch ein sehr komplexes Wesen ist. Die Technik steht immer wieder vor grossen Herausforderungen, wenn es darum geht, dem Roboter eine Bewegung beizubringen, welche für den Menschen keine Herausforderung darstellt. Reinigungsroboter gehören zu der Kategorie Serviceroboter. Die Definition für Serviceroboter lautet gemäss Schraft (1996, S. 2): «Ein Serviceroboter ist eine frei programmierbare Bewegungseinrichtung, die teil- oder vollautomatisch Dienstleistungen verrichtet. Dienstleistungen sind dabei Tätigkeiten, die nicht der direkten industriellen Erzeugung von Sachgütern, sondern der Verrichtung von Leistungen für Menschen und Einrichtungen dienen». Freizeitroboter sind bereits in vielen Formen verbreitet. So sieht man beispielweise Drohnen, welche von Kindern und Erwachsenen an Seen oder auf Wiesen gesteuert werden. Diese werden oft für Videoaufnahmen verwendet und finden immer häufiger auch im professionellen Bereich Anwendung, beispielweise bei der Inspektion von Fahr- und Flugzeugenzeugen oder Gebäuden (Odrich, 2014). Transportroboter sind wegen ihrer enormen Effizienzsteigerung in der Industrie beziehungsweise in der Lagerlogistik nicht mehr wegzudenken. Dieses System beinhaltet selbstfahrende Transportroboter und Picksysteme zur Kommissionierung. Dadurch können Personalkosten minimiert oder sogar eliminiert werden. Schwarmroboter arbeitet, wie der Name es schon sagt, im Schwarm. Das Konzept des Schwarms ist aus der Natur abgeleitet. So erledigen Schwarmroboter eine Aufgabe gemeinsam, wie es beispielsweise Ameisen oder Bienen tun. Dies macht auch der „CoCoRo-Schwarm“ (Collective Cognitive Robots), welcher von der Universität Graz entwickelt wurde. Er soll dabei helfen, bei Flugzeugabstürzen nach der Blackbox zu

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Einsatz von Reinigungs-Roboter in FM-Services

suchen oder zur Erkennung von in Wasser versenktem Giftmüll eingesetzt werden. Ein in dieser Art autonomer Roboterschwarm passt sich seiner Umgebung und den Strömungsverhältnissen an ("Unterwasser Roboterschwarm", 2014).

1.3

Sensoren und Navigation zur Orientierung

Die Navigation der Reinigungsroboter ist zur Zeit einer der wesentlichen Punkte, welcher den Unterschied zu herkömmlichen Reinigungsmaschinen ausmacht. Dabei gibt es unterschiedliche Verfahren, um Distanzen zu messen, damit sich die Roboter orientieren können. Die Firma Sealed Air setzt mit ihrem TASKI Swingo und Aerobot auf Sonar ("Hands-Free Cleaning®", n.d.; "Produkt Information TASKI", n.d.), wogegen die Firma Cleanfix Reinigungssysteme AG mit dem Reinigungsroboter RA 660 Navi auf eine Kombination von Lasermesstechnik und Sonar setzt ("RA 660 Navi", n.d.; "Cleanfix – Maschinen Programm", n.d.). Nebst diesen externen Sensoren benötigt ein Roboter auch interne Sensoren, welche Informationen sowohl über den Batteriestand, Wassermenge, Position von Robotergelenken, als auch über die Bewegungen beziehungsweise Richtungsänderungen liefern (Böhme, 2001, S. 25).

2 Schnittstellen von Servicerobotern und Menschen Serviceroboter werden überall dort eingesetzt, wo sie den Menschen in seiner Tätigkeit unterstützen können. Da sie die Menschen vorerst nur unterstützen und nicht gleichermassen selbständig sind, gibt es gewisse Schnittstellen in der Interaktion zwischen Mensch und Roboter. Es stellt sich also die Frage, welche Rolle kommt dem Menschen in der Mensch-Roboter-Interaktion zu.

2.1

Interaktion Mensch-Roboter

Betrachtet man Roboteranwendungen, so

zeichnet

sich

Pyramide

ab,

ein

Bild

in

einer

welcher

Industrieroboter das Fundament und Serviceroboter die Spitze darstellen. Serviceroboter

weisen

somit

eine

komplexere Programmierung auf und müssen

mit

interagieren

der

können.

Reinigungsroboter Menschen

Umwelt

mit

interagieren

kognitiv Während

beliebigen müssen,

Abbildung 1: Interaktion Mensch-Roboter (Schlittler, 2016, werden Industrieroboter i.d.R. nur von S. 11, in Anlehnung an Böhme, 2001, S. 20). hoch qualifiziertem Personal gesteuert bzw. bedient. Somit kann festgestellt werden, dass die Voraussetzungen bezüglich der Kenntnisse der Nutzer über die Systemfunktionsweise bei komplexeren Robotersysteme abnehmen, während gleichzeitig die Anforderungen an die Robotersysteme steigen. Die Fähigkeit des Serviceroboters, die Funktion durch einen Befehl eines nicht instruierten Nutzers korrekt ausführen zu können, wird als „Come as you are“ -Anspruch beschrieben (Böhme, 2001, S. 18).

73

Einsatz von Reinigungs-Roboter in FM-Services

2.2

Autonomiegrad von Reinigungsrobotern

Die heutigen Reinigungsroboter haben einen sehr beschränkten Autonomiegrad und sind deshalb als teilautonom zu bezeichnen. Sie können zwar selbständig reinigen und Gegenständen oder Personen ausweichen, jedoch gibt es noch einige Tätigkeiten, welche sie nicht selbständig ausführen können. Zurzeit ist es deshalb essentiell, dass geschultes Personal die zudienenden Aufgaben übernimmt. Anhand eines Beispiels, bei welchem ein Reinigungsroboter die Reinigung einer Bodenfläche durchläuft, soll der Autonomiegrad aufgezeigt werden (vgl. Abbildung 2). Oberhalb der blauen Linie sind alle Prozessschritte aufgelistet, welche durch den Menschen vorgenommen werden. Unterhalb der blauen Linie sind die Prozessschritte beschrieben, welche autonom durch den Reinigungsroboter ausgeführt werden.

Abbildung 2: Autonomiegrad von teilautonomen Reinigungsrobotern (Schlittler, 2016, S. 12) Ein Grossteil der Arbeitsprozesse wird demzufolge noch immer vom Menschen ausgeführt. Einige Tätigkeiten, wie beispielsweise das Aufladen des Akkus könnten ebenfalls automatisiert werden. Die meisten Prozessschritte bleiben, wie bisher, in Menschenhand. Alle Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten werden in der Regel durch den Menschen und die Hauptaufgaben autonom durch den Roboter ausgeführt. Es besteht jedoch der Trend, dass die Reinigungsroboter ihren Autonomiegrad stetig erweitern und mit Hilfe von kognitiven Robotersystemen künftig eigenständiger werden.

3 Bauliche Massnahmen für Reinigungsroboter Damit ein Reinigungsroboter in einem Gebäude effektiv und sinnvoll eingesetzt werden kann, ist eine barrierefreie Bauweise eine zwingende Voraussetzung für dessen Einsatz. Da sich Reinigungsroboter zurzeit noch auf Rollen fortbewegen, können ähnliche bauliche Anforderungen wie beim hindernisfreien Bauen angenommen werden. Die Bestimmungen für das hindernisfreie Bauen können aus der SIA 500 abgeleitet werden. Diese müssen jedoch den Robotermassen sowie deren Wendekreis angepasst werden. Türbreiten sollten beispielweise mindestens 0.9 m betragen. Des Weiteren gibt es die Problematik der Stockwerküberwindung, welche von den Reinigungsrobotern noch nicht gelöst werden kann. Damit Reinigungsroboter mittels Lift die Stockwerke überwinden können, werden gewisse bauliche Massnahmen notwendig. Die Problematik der Türöffnung ist ein weiteres Hindernis, welches gemeistert werden muss. Den Robotern müsste es möglich sein, mit den Türen zu kommunizieren. Dazu werden baulichen Massnahmen am Roboter und am Gebäude erforderlich. Bauliche Anforderungen, wie die Bereitstellung von WLAN oder die Installation von anderen technischen Zugängen, sind für die heutige Generation von Robotern (noch) nicht notwendig. Diese Anforderungen könnten sich mit Neuentwicklungen auf dem Markt aber schnell ändern.

74

Einsatz von Reinigungs-Roboter in FM-Services

4 Aktuelle Reinigungsroboter (Serviceroboter) auf dem Markt Zurzeit gibt es in der Schweiz und im Ausland nur wenige Hersteller von Servicerobotern. Dazu gehören die Firmen Sealed Air, Cleanfix Reinigungssysteme AG, Serbot AG, Strato AG und die Firma Xenex aus den USA. Die Firma Sealed Air hat sich auf Scheuersaug- und Trockensaugroboter konzentriert. Sie bietet jeweils ein Modell für die Unterhaltsreinigung an. Die Kosten dieser Reinigungsroboter belaufen sich auf ca. 35'000 CHF, exklusive

Programmierung.

Die

Firma

Cleanifix

Reinigungssysteme

AG

bietet

ihren

eigenen

Scheuersaugroboter an, welcher trotz kleinerer Dimensionierung eine höhere Reinigungsleistung verspricht als die Konkurrenz. Der Preis dieses Scheuersaugroboters beläuft sich ebenfalls exklusive Programmierung auf ca. 30'000 CHF. Im Bereich der Solarpanelreinigung bietet die Firma Strato AG mit ihrem hyCleaner Black Solar Roboter sowie die Firma Serbot AG eine Lösung an. Diese Roboter arbeiten nicht autonom, können jedoch von einer Person mit Hilfe einer Fernbedienung gesteuert werden und ermöglichen so eine effiziente und weniger riskante Reinigung von Solar- und Photovoltaikanlagen. Der hyCleaner Black Solar kostet in der Anschaffung mit der Basisausstattung ca. 39'200 CHF. Der Gekko Solar der Firma Serbot AG hingegen kostet ca. 85'000 CHF und es entstehen jährliche Instandhaltungskosten von ca. 1'500 bis 2'000 CHF. Die amerikanische Firma Xenex baut und entwickelt Desinfektionsroboter, mit denen Bakterien und Viren abgetötet werden sollen. Der UV Germ-Zapping Robot ermöglicht dies durch den Einsatz von UV-Licht. Dieser Roboter ist auf dem Markt für ca. 104'000 Dollar erhältlich („Xenex Germ-Zapping", n.a.).

5 Pro und Kontra Reinigungsroboter Nachfolgend wir aufgezeigt, welche Vor- und Nachteile der Kauf eines Serviceroboters mit sich bringen kann. Ausserdem werden wöchentlich anfallenden Kosten von verschiedenen Maschinen aufgezeigt und verglichen.

5.1

Pro Reinigungsroboter

Die Preise von Reinigungsrobotern können, je nach Einsatz und Modell, stark variieren. Es müssen keine weiteren Anschaffungen wie Navigationssysteme oder Bereitstellung von Netzwerken getätigt werden. Falls die Immobilie den Vorschriften des hindernisfreien Bauens entspricht, müssen zu einer hohen Wahrscheinlichkeit auch keine baulichen Massnahmen eingeleitet werden. Die Instandhaltungskosten der technischen Komponenten entsprechen denjenigen von herkömmlichen Reinigungsmaschinen. Ein grosser Vorteil ist, dass die Zeit effizienter genutzt werden kann und Personalkosten eingespart werden können. Unter Umständen kann in derselben Zeit eine Steigerung der Reinigungsqualität der gereinigten Flächen stattfinden. Die meisten Reinigungsroboter weichen selbständig Gegenständen oder Personen aus und können zu einem späteren Zeitpunkt auf diese Fläche zurückkehren, um den ausgesparten Bereich zu reinigen. Reinigungsroboter sind dann besonders geeignet, wenn es um Bereiche geht, welche Gefahren für den Menschen bergen. Beispiele hierfür sind die Fassadenreinigung ("Roboter – zuverlässige Helfer", n.d.) oder der Einsatz zur Desinfektion eines Raumes, wie beispielsweise der Desinfektionsroboter UV Germ-Zapping Robot™ der Firma Xenex („Xenex Germ-Zapping", n.a.). Reinigungsroboter sollen auch Arbeiten übernehmen, welche monoton und wenig herausfordernd sind. Aus Marketingaspekten kann der Einsatz von Reinigungsrobotern Imagepflege bedeuten und die Innovationsstärke eines Unternehmens repräsentieren.

75

Einsatz von Reinigungs-Roboter in FM-Services

5.2

Kontra Reinigungsroboter

Reinigungsroboter sind zurzeit noch nicht vollautonom. Dies bedeutet, dass einen Grossteil der Vor- und Nacharbeiten noch immer durch den Menschen ausgeführt werden muss. Zu den Vor- und Nacharbeiten gehören beispielsweise das Befüllen mit Frischwasser oder Reinigungsmittel, aber auch die Reinigung der Maschine oder das Laden des Akkus. Des Weiteren gibt es Schwierigkeiten bei der Überwindung von Stockwerken. Reinigungsroboter können weder Treppen steigen noch selbständig einen Lift bestellen. Nicht nur die Überwindung von Stockwerken, sondern auch das Betreten von Räumen mit Türen stellt ein Hindernis dar, da die bisherigen Reinigungsroboter noch keinen Arm haben, mit dem sie eine Tür öffnen könnten. Öffnen Türen nicht vollautomatisch, ist es für den Reinigungsroboter somit unmöglich, den Raum zu betreten. Für Reinigungsroboter fallen, im Gegensatz zu gewöhnlichen Scheuersaugmaschinen oder Trockensaugern, zusätzliche Kosten für die Programmierung und für die Behebung von Fehlern an. Eine grosse Herausforderung stellen auch die überstellten, kleinräumigen Flächen dar, welche für den Einsatz von Reinigungsrobotern

ungeeignet

sind.

Zudem

ist

die

Reinigungsqualität

noch

nicht

vollständig

zufriedenstellend, da Reinigungsroboter gewisse Stellen nicht erreichen. Dazu gehören unter anderem Ecken oder auch Flächen, die sich unter Stühlen oder Tischen befinden. Reinigungsroboter können sich eventuell auch negativ auf das Image der Firma auswirken. Es könnte möglicherweise als Abwertung gegenüber dem Reinigungspersonal verstanden werden. Weiter können Reinigungsroboter bei älteren Personen Unsicherheit und Angst hervorrufen.

5.3

Kostenvergleich

Die Entscheidung, in neue Technologien zu investieren, hängt vom Flächen-Kosten-Verhältnis ab. Für einen Kosten-Vergleich wurden drei Modelle einander gegenüberstellt: ein Scheuersaugroboter, eine grosse und eine kleine Scheuersaugmaschine. Die Scheuersaugmaschinen werden von Reinigungsmitarbeitenden geführt, der Reinigungsroboter reinigt autonom. Für Vor- und Nachbereitung werden für alle Maschinen einmalig 30 Minuten einberechnet. Für das Reinigungspersonal werden Kosten von 24.00 CHF pro Stunde eingesetzt. Als Berechnungsgrundlage wird für den Scheuersaugroboter von einem Anschaffungspreis von 35'000 CHF eingesetzt, für die grosse Scheuersaugmaschine von 25'000 CHF und für die kleine Scheuersaugmaschine

wird

von

einem

Anschaffungspreis

von

15'000

CHF

ausgegangen.

Die

Investitionskosten werden über fünf Jahre linear abgeschrieben. Die Gesamtkosten pro Woche werden in der Grafik verglichen.

Abbildung 3: Kosten pro Maschine/ Roboter (Schlittler, 2016, S. 23)

76

Einsatz von Reinigungs-Roboter in FM-Services

Aus der Grafik ist zu erkennen, dass sich der Einsatz eines Reinigungsroboters in dieser Abstufung erst ab einer Fläche von 12'000 m2 finanziell lohnt. Da es in der Schweiz nur wenige dementsprechend grosse bzw. freie Flächen gibt, verwundert es nicht, dass die Reinigungsroboter nicht stärker verbreitet sind.

6 Reinigungs- und Serviceroboter der Zukunft Roboter werden künftig zweifellos vermehrt in der Gebäudereinigung eingesetzt werden. Für die professionelle Reinigung ist das Angebot an vollautonomen Roboter noch nicht vorhanden. Ein Grossteil der Vor- und Nacharbeiten müssen nach wie vor manuell erbracht werden. Die Anforderungen an künftige Reinigungsrobotern sind deshalb vielfältig. Es kann festgestellt werden, dass erstens die externe und interne Orientierung zur lokalen Standorterkennung verbessert werden muss. Dies könnte mit der BeaconTechnologie erfolgen, bei welcher mittels Laser die genauen Distanzen gemessen werden. Eine hochauflösende Kamera kann Gegenstände oder Menschen erkennen und diese zuordnen. Zweitens muss die Programmierung vereinfacht werden. Der Roboter muss individuell beim FM-Dienstleistenden programmierbar sein, damit schnell reagiert werden kann. Die Programmierung muss einfach zu handhaben sein, damit sie auch von einer Standortleitung und nicht nur von IT-Spezialisten vorgenommen werden kann. Die Programmierung sollte relativ kurzfristig möglich sein, damit der Roboter so bald wie möglich einsatzbereit ist und nicht

zusätzliche Programmierkosten entstehen.

Eine

weitere

Herausforderung

ist die

Kommunikation. Diese könnte künftig mündlich über ein Headset oder Mikrofon direkt am Roboter erfolgen oder über ein mobiles Gerät beispielsweise ein Tablet ermöglicht werden. Die Kommunikation muss einfach zu handhaben sein („come as you are“-Prinzip). Zudem muss der Roboter Probleme und Störungen rückmelden. Auf dem Markt sind verschiedene Roboter gewünscht. Einerseits sind grosse Roboter mit mehr Leistung für grosse Hallen gefragt, andererseits werden kleinere Roboter gewünscht, welche wendiger sind und flexibler eingesetzt werden können. Der Einsatz von kleineren, jedoch selbständigeren Robotern würde beispielsweise in Bürogebäuden, welche 80 Prozent des Schweizer FM-Marktes ausmachen, wirtschaftlich sinnvoll sein. Abschliessend sind die zu hohen Anschaffungskosten anzumerken. Der Einsatz eines Reinigungsroboters lohnt sich finanziell erst ab einer Reinigungsfläche von 12'000 m2 / Woche. Würde eine Preisreduktion von 30 Prozent erfolgen, wäre der Einsatz von Reinigungsrobotern bereits ab einer Fläche von 4'000 m2 / Woche wirtschaftlich interessant. Die Kosten für die Anschaffung eines Reinigungsroboters müssten demzufolge geringer sein als die Anschaffung einer Maschine inklusive eines Mitarbeitenden, der die Maschine bedient über die Zeitdauer von 5 Jahren. Von Menschen gesteuerte Roboter funktionieren verlässlich und werden deshalb auch oft in der Praxis eingesetzt. Diese Art von Roboter wird sicher auch in Zukunft eine grosse Rolle spielen. Es ist auch möglich, dass man von den Reinigungsrobotern wegkommt und die Entwicklung eher in Richtung humanoide Roboter geht. Die Problematik der Stockwerküberwindung und der Türöffnung wären somit gelöst. Ausserdem könnte der Roboter für mehrere Aufgaben eingesetzt werden. Da der Mensch sehr komplex ist, wird es noch einige Jahre dauern, bis ein solcher Roboter die Aufgaben des Reinigungspersonals übernehmen kann. Ausserdem ist es fraglich, ob es einem humanoiden Roboter je gelingt, so effizient wie ein Mensch zu arbeiten. Bis es soweit ist, wird es sicher noch viele Zwischenprodukte geben, welche zuverlässiger und effizienter sein werden, als diejenigen der jetzigen Generation.

77

Einsatz von Reinigungs-Roboter in FM-Services

Literaturverzeichnis Böhme, H.-J. (2002). Serviceroboter und intuitive Mensch-Roboter-Interaktion. In Schriftenreihe des Fachgebiets Neuroinformatik der Technischen Universität Ilmenau. Ilmenau: Techn. Universität. Cleanfix – Maschinen Programm. (n.d.). Abgerufen am 10. April 2016 von http://www.cleanfix.ch/de/produkte/Scheuersaugmaschinen-3/RA+660+Navi397/prod_downloads.php Hands-Free Cleaning®. (n.d.). Abgerufen am 03. Oktober 2016 von https://sealedair.com/diverseycare/diversey-care-products/floor-care-machines/hands-free-cleaning Haun, M. (2013). Handbuch Robotik: Programmieren und Einsatz intelligenter Roboter. Berlin: Springer Vieweg. Odrich, P. (21. Mai 2014). Easyjet will Drohnen für die Flugzeugwartung einsetzen. Abgerufen am 17. April 2016 von http://www.ingenieur.de/Branchen/Luft-Raumfahrt/Easyjet-Drohnen-fuer-Flugzeugwartungeinsetzen Procap Bauen. (05. Juni 2009). Norm SIA 500 Hindernisfreie Bauten / 2009 (SN 521 500) - Wichtigste Änderungen zur Version 1988 Behindertengerechtes Bauen [Checkliste]. Abgerufen am 03. Oktober 2016 von http://www.procap.ch/fileadmin/_migrated/content_uploads/CL_101_20906_D_Neuerungen_Checkli ste_SIA500.pdf Produkt Information TASKI SWINGOBOT 1650 EU. (n.d.). Abgerufen am 03. Mai 2016 von http://www.diverseysolutions.com/de-ch/Category/11568/Product/40190 RA 660 Navi – weltweit einzigartiger Roboter für die prozessorientierte Reinigung. (n.d.). Abgerufen am 03. Mai 2016 von http://www.logistikkatalog.ch/component/content/article/1-latest-news/495-ra--navi-weltweit-einzigartiger-roboter-fuer-die-prozessorientierte-reinigung.html Roboter – zuverlässige Helfer des Menschen (n.d.). Abgerufen am 03. Mai 2016 von http://www.iff.fraunhofer.de/de/geschaeftsbereiche/robotersysteme/fassadenreinigung-sirius.html Schraft, R.D. (1996). Serviceroboter innovative Technik in Dienstleistung und Versorgung. Berlin: Springer. Schlittler, S. (2016). Einsatz von Robotern in FM-Services [Nicht veröffentlichte Bachelorarbeit]. Wädenswil: ZHAW, Institut für Facility Management. Unterwasser Roboterschwarm ortet Giftmüll. (2014). Abgerufen am 25. April 2016 von https://taucher.net/diveinside-schwarmroboter_unter_wasser_auf_muelljagd-kaz5262 Xenex Germ-Zapping Robots™ provide proven, effective, fast Full Spectrum™ UV disinfection. (n.d.). Abgerufen am 02. April 2016 von http://www.xenex.com/our-solutions

Danksagung Dankenswerterweise stellte Samuel Schlittler Auszüge aus seiner Arbeit zur Verfügung, um diesen Beitrag zu erstellen.

Autorenporträt Anja Fuchs-Barbana ist Dozentin am Institut für Facility Management der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil. Sie befasst sich im Rahmen ihrer Arbeit schwerpunktmässig mit der Materialisierung von Innenräumen, der Reinigungstechnologie sowie Raumqualität und -gestaltung. Samuel Schlittler ist BSc-Absolvent in Facility Management, Abschluss September 2016. Seit August 2016 arbeitet er als Bereichsleiter Infrastruktur & Organisation im Psychiatrie Zentrum Werdenberg-Sarganserland in Tübbach.

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Von Spital-Kasack und Techniker-Schürze zum Business-Anzug

Aus Spital-Kasack und Techniker-Schürze wird ein Business Anzug Wie sich FM in Healthcare dank wissenschaftlicher Fundierung von separaten operativen Schattendiensten zur selbständigen strategischen Managementdisziplin entwickelt Nicole Gerber, Barbara Hinnen, Carina Tschümperlin ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Normen und Modelle, wie SN EN 15221-4 und ProLeMo, boten zwar seit einiger Zeit Definitionen von Facility Management [FM], allerdings ohne spitalspezifische Branchenausprägung. Angeregt durch die Diskussionen über Leistungserbringungen in Spitälern, auch im nicht-medizinischen Bereich aufgrund der Einführung von SwissDRG im Jahr 2012, lancierte das Institut für Facility Management, zusammen mit dem Verband fmpro und Praxis, eine konzeptionelle Herangehensweise: Das Leistungszuordnungsmodell und der Leistungskatalog für nicht-medizinische Supportleistungen in Spitälern. Darauf aufbauend entstanden in rascher Folge weitere Frameworks, wie das Referenzmodell für nicht-medizinische Supportleistungen in Spitälern, welches die Zusammenhänge klar abgegrenzter Prozesse, Kennzahlen-Parameter und entsprechender FM-Software aufzeigt oder die umfassende Service Level Agreement Good Practice. Mit dieser gewonnen Transparenz wird nicht nur ein systematisches Controlling und Benchmarking möglich, sondern auch eine verursachergerechte Leistungsverrechnung. Zukünftig wird auf dieser Basis sinnvoll aufeinander abgestimmte und für die Bedürfnisse des „FM in Healthcare-Benchmarkings“ konzipierte Software die automatisierte Erfassung von Messwerten sicherstellen und in geeigneten co*ckpits ausgeben. Mit Hilfe von Prozess-Simulationen und weiteren digitalen Grundlagen werden Ressourcen optimal aufeinander abgestimmt, Synergien genutzt und geeignete Betreibermodelle ausgewählt werden können.

1

Ausgangslage

Als 2012 in der Schweiz die Fallpauschale unter dem Namen SwissDRG eingeführt wurde, konnte bereits auf einige Jahre Umsetzungserfahrung im benachbarten Deutschland zurückgegriffen werden. Hier war durch entsprechende Untersuchungen von Abel & Lennerts (2006) bereits klar geworden, dass die nichtmedizinischen Supportleistungen bzw. FM in Spitälern rund 30 % der gesamten Kosten in Spitälern ausmachen. Zwar wurden in der Schweiz für das Facility Management in Spitälern [FM in HC] nicht unmittelbare Ausgründungen oder Kostenschnitte vorgenommen, sehr bald kamen aber Diskussionen über die effektivere und kostengünstigere Erbringung von FM in HC auf. Es wurde klar, dass sowohl auf strategischer und taktischer wie auch auf operativer Ebene Lösungsansätze gefunden werden mussten. Für einzelne Spitäler war es nur sehr eingeschränkt möglich, diesbezüglich übergreifende und detaillierte Lösungen zu erarbeiten Daher wurde die Kompetenzgruppe Hospitality Management des Instituts für Facility Management [IFM] der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften [ZHAW] beigezogen, womit der Grundstein für die Erarbeitung von vielseitigen anwendbaren, wissenschaftlich fundierten Grundlagen und Lösungsansätzen gelegt werden konnte.

79

Von Spital-Kasack und Techniker-Schürze zum Business-Anzug

2

Die Rolle des IFM in der Entwicklung des FM in HC

FM in HC als Wissenschaftsdisziplin konnte, dank entsprechenden Untersuchungen, in anderen Ländern bereits initiiert werden (Diez, 2009; Lennerts, Abel, Pfründer, & Vishal, 2003; Jensen, 2010). Allerdings erschwerte eine bisher noch uneinheitliche Definition von FM und somit von FM im Gesundheitskontext eine gemeinsame Basis. Hinzu kommt, dass das Gesundheitswesen ein durch nationale Gesetze und Politik geprägter Bereich ist, welcher bedingt, dass spezifische Fragestellungen im nationalen Kontext betrachtet und verifiziert werden müssen. Dabei können internationale Normen, wie die SN EN 15221-4 (2007), oder Modelle, wie ProLeMo (IFMA Schweiz, 2007), zwar als Grundlagen herbeigezogen werden, bieten allerdings keine spitalspezifische Branchenausprägung. Für das einzige Schweizer Institut, welches Lehre, Forschung und Entwicklung, und Dienstleistungen im FM anbietet, war es daher naheliegend, diese Thematik weiter zu untersuchen. Dank vielfältiger, jedoch neutraler Themenbehandlung sowie mit nationalen und internationalen Kontakten und Kooperationen ausgestattet, ist das IFM prädestiniert, als Austauschplattform und Projektpartner zu fungieren. Mit dem Netzwerkmeeting „FM Perspektiven“ konnte in den vergangenen Jahren eine Plattform geschaffen werden, die nicht nur aktuelle Forschungsresultate für die FM in HC-Branche präsentiert, sondern auch bewusst den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis sucht und ermöglicht.

3

Entstehung von LemoS und LekaS als Basis zur Entwicklung von weiteren FM in HC (Management) Frameworks

Als konkrete, initiale Initiative lancierte das IFM, zusammen mit dem Verband fmpro und mehreren Praxis- und Spitalpartnern,

ein

Projekt

zur

konzeptionellen

Herangehensweise.

Auf

Basis

des

Konsortialforschungsansatzes gemäss Österle & Otto (2009 & 2010) und mit Hilfe von systematischen Literaturrecherchen und qualitativen Experteninterviews, entstanden das Leistungszuordnungsmodell für nicht-medizinische Supportleistungen in Spitälern [LemoS] (Gerber, 2016) und der entsprechende Leistungskatalog [LekaS] (Gerber & Läuppi, 2015). Damit wird zwischen den medizinischen Kern- und Supportleistungen,

den

Management

Kern-

und

Supportleistungen

und

den

nicht-medizinischen

Supportleistungen unterschieden (vgl. Abbildung 1). Mit Fokus auf die Zusammenhänge der nichtmedizinischen Supportleistungen wurde im LemoS die Definition von FM in HC illustriert (vgl. Abbildung 2). LekaS beschreibt, auf Basis der Norm SN EN 15221-4, die ergebnisorientierten Leistungen im Detail. Damit die Betriebe die Inhalte gemäss ihrer Bedürfnisse verwenden können, wurden alle Grundlagen elektronisch frei zugänglich gemacht (www.zhaw.ch/ifm/fm-healthcare/lekas).

80

Von Spital-Kasack und Techniker-Schürze zum Business-Anzug

Abbildung 12: Übersicht über unterschiedliche Leistungsebenen (Gerber, 2016)

Abbildung 13: LemoS 3.0 (Gerber, 2016)

81

Von Spital-Kasack und Techniker-Schürze zum Business-Anzug

Aufgrund grosser Nachfrage aus der Praxis und der aufgedeckten Forschungslücken wurden, aufbauend auf LemoS/LekaS, in rascher Folge weitere Untersuchungen vorgenommen und die Entwicklung entsprechender Bezugssysteme vorangetrieben. Eine Auswahl derer sei nachfolgend aufgeführt: • In studentischen Masterarbeiten wurden einerseits die Zusammenhänge zwischen strategischen, taktischen und operativen FM-Aufgaben untersucht (Läuppi, 2016) und andererseits die Bedürfnisse und Potenziale in Bezug auf taktisches Ressourcenmanagement ausgelotet (Gerber, 2014) • In einem durch die Kommission für Technologie und Innovation [KTI] mitfinanzierten Projekt wurde, zusammen mit Wirtschafts- und Spitalpartnern, ein Referenzmodell [RemoS] entwickelt, welches die Zusammenhänge klar abgegrenzter Prozesse, Kennzahlen-Parameter und entsprechender FMSoftware aufzeigt und im Detail erläutert • Auf Basis eines konkreten Umsetzungsauftrags wird aktuell eine umfassende Service Level Agreement [SLA] Good Practice erstellt • In einer laufenden Initiative, in Kooperation mit Wirtschafts- und Spitalpartnern, wird ein Tool für die Sichtbarmachung der Zusammenhänge und Auswirkungen von Leistungserbringungen und die entsprechende modulare SLA-Erstellung behandelt • Um die finanziell einheitliche Handhabbarkeit innerhalb der geltenden Rekole-Vorgaben über alle FMBereiche hinweg gewährleisten zu können, wird ein systematisches Kostensystem inklusive Kontenplan-Vorschlag erarbeitet • Aufbauend auf bestehenden Benchmarking-Initiativen werden in verschiedenen weiteren Bereichen Definitionen von sinnvollen, vergleichbaren Kennzahlen [KPIs] diskutiert und entwickelt • Im Rahmen einer Dissertation wird die Gestaltung von FM in HC-Applikationen innerhalb der Informationssysteme im Spitalkontext untersucht

4

Ein Blick in die Zukunft

Die Erarbeitung der erwähnten Grundlagen hat bei Wissenschaft und Praxis bereits einige Spuren hinterlassen. Beispielsweise wird mit der mittlerweile gewonnen Transparenz nicht nur ein systematisches Controlling und Benchmarking möglich, sondern auch eine verursachergerechte Leistungsverrechnung – Themen, die in der Praxis auf grosses Interesse stossen. Durch angewandte Forschung können Ergebnisse nicht nur für die weitere Forschung gewonnen, sondern auch in Schulungen und Workshops von und für die Praxispartner und in der Lehre eingesetzt werden. Sowohl Spitäler, als auch Dienstleistungsfirmen und Kolleginnen und Kollegen aus anderen Disziplinen sind an gemeinsamen Folgeprojekten interessiert. Ebenso zeigen IT-Firmen Interesse an der Umsetzung der Erkenntnisse in ihrem Bereich. Es ist zu erwarten, dass auf dieser Basis zukünftig sinnvolle Informationssysteme mit aufeinander abgestimmter und für die Bedürfnisse von FM in HC-Benchmarkings konzipierter Software die automatisierte Erfassung von Messwerten sicherstellen und in geeigneten co*ckpits ausgeben. Mit Hilfe von ProzessSimulationen und weiteren digitalen Grundlagen werden Ressourcen optimal aufeinander abgestimmt, Synergien genutzt und geeignete Betreibermodelle ausgewählt werden können. Dank geeigneter international anerkannter Zertifizierungen wird ein einheitliches Verständnis von FM in HC herrschen. Kooperationen von Institutionen im Bereich Gesundheitsökonomie oder HealthTech werden für FM in HC zukünftig

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Von Spital-Kasack und Techniker-Schürze zum Business-Anzug

selbstverständlich sein. Damit wird sich die Managementdisziplin FM in HC national und international weiter etablieren können.

Literaturverzeichnis Abel, J. & Lennerts, K. (2006). Cost allocation for FM services in hospitals. The Australian Hospital Engineer, 29(3), 41-47. Diez, K. (2009). Ein prozessorientiertes Modell zur Verrechnung von Facility Management Kosten am Beispiel der Funktionsstelle Operationsbereich im Krankenhaus. Karlsruhe: Universitätsverlag. Gerber, N. (2014). Umfang und Anforderungen eines IT-gestützten, nicht-medizinischen, operativen Ressourcenmanagements im Spital - Qualitative Vorstudie. Masterarbeit am Institut für Wirtschaftsinformatik. Winterthur: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Gerber, N. (2016). LemoS 3.0 – Leistungszuordnungsmodell für nicht-medizinische Supportleistungen in Spitälern angepasst an neue Erkenntnisse. Working Paper. Wädenswil: Institut für Facility Management. Verfügbar unter: https://www.zhaw.ch/storage/lsfm/forschung/ifm/09-working-paperlemos-3.0-deutsch-geri.pdf Gerber, N. & Läuppi, V. (2015). Leistungskatalog für nicht-medizinische Supportleistungen in Spitälern LekaS - SN EN 15221-4 branchenspezifisch angepasst, erweitert und kommentiert. Wädenswil: ZHAW Institut für Facility Management. Verfügbar unter: www.zhaw.ch/ifm/fm-healthcare/lekas Gerber, N., Verhoeven, Ch. & Hofer, S. (2016). How FM can enable the increasing need for process orientation in hospitals. (Unpublished Document). ZHAW Institut für Facility Management, Wädenswil Switzerland. IFMA Schweiz. (2007). ProLeMo – Prozess-/Leistungsmodell im Facility Management. Prozesse. Version 4.0. Zürich: IFMA Schweiz. Jensen, P. (2010). The Facilities Management Value Map: a conceptual framework. Facilities, 28(3/4), 175188. Läuppi, V. (2016). Organizational performance and strategic positioning of Facility Management - A collective case study in Swiss hospitals. Master’s Thesis. Wädenswil: Institute of Facility Management, Department for Life Sciences und Facility Management, Zurich University of Applied Sciences (ZHAW). Lennerts, K., Abel, J., Pfründer, U. & Vishal, S. (2003). Reducing health care costs through optimised facility management-related processes. Journal of Facilities Management, 2(2), 192-206. Österle, H., Otto, B. (2009). A Method For Consortial Research. St. Gallen: University of St. Gallen, Institute of Information Management. Österle, H., Otto, B. (2010). Konsortialforschung - Eine Methode für die Zusammenarbeit von Forschung und Praxis in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatikforschung. Wirtschaftsinformatik, 5, 273285. SN EN 15221-4. (2007). Facility Management Teil 4: Taxonomie, Klassifikation und Strukturen im Facility Management. Winterthur: Schweizerische Normenvereinigung SNV.

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Von Spital-Kasack und Techniker-Schürze zum Business-Anzug

Autorinnenporträts Nicole Gerber leitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Facility Management (IFM) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich Healthcare. Schwerpunktthemen sind dabei die konzeptionellen Zusammenhänge der nicht-medizinischen Supportleistungen im strategisch-taktisch-operativen Gesamtkontext und die Schnittstellen zwischen FM und IT in HC. In diesem Kontext sind diverse Publikationen erschienen. Barbara Hinnen bearbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Facility Management (IFM) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte in den Bereichen Healthcare und Immobilienmanagement. Dabei fokussiert sich die aktuelle Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf die Definition der Servicelevel der nicht-medizinischen Supportleistungen und deren Verrechnung innerhalb des Betriebes. Carina Tschümperlin arbeitet als Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Facility Management (IFM) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Daneben absolviert sie den MSc in FM und unterstützt unterschiedliche Forschungs- und Dienstleistungsprojekte der Kompetenzgruppe Hospitality Management mit dem Schwerpunkt FM in Healthcare.

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Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen Franziska C. Honegger, Gabriela V. Züger, Madeleine Betschart, Beatrice Ammann ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Seit 2012 besteht die Plattform „Hotellerie Benchmark im Gesundheitswesen“, worin Spitäler und Heime Leistungen rund um die Gastronomie einheitlich erfassen und vergleichen können. Diese Plattform wurde um einen Benchmark für die Reinigung ergänzt, der 2015 zum ersten Mal am Markt ausgeführt wurde. Die von einem Wirtschaftspartner betriebene Plattform entstand als Resultat eines von der KTI unterstützten angewandten Forschungsprojektes. Gemeinsam mit Forschungs- und Wirtschaftspartnern wurde darin eine fundierte Benchmark-Methodik entwickelt. Diese Methodik setzt sich aus genau definierten Basiszahlen zusammen, woraus sich aussagekräftige Kennzahlen bilden. Jährlich tragen teilnehmende Betriebe ihre Basiszahlen zu vorgegebenen Abfragen in ein eigens dafür entwickeltes, Browser-gestütztes, BenchmarkTool ein. Seit Abschluss des initiierenden F&E Projektes, und der damit verbundenen Übergabe des Projektresultats an die Wirtschaft, vertritt das Institut für Facility Management der der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften die wissenschaftliche Sicht im Beirat des Hotellerie-Benchmarks. In dieser Funktion wird die Validierung der jährlichen Benchmark-Ergebnisse sichergestellt. Ein Meilenstein in der sich jährlich wiederholenden Agenda des Benchmarks ist jeweils die Auswertungsveranstaltung für die teilnehmenden Betriebe. Der tatsächliche Nutzen für teilnehmende Betriebe liegt weniger in den erhaltenen Zahlen und damit verbundener Einordnung in der Benchmark-Gruppe selbst, sondern darin, dass sich die zuständigen Personen bereits durch die Aufbereitung der benötigten Daten spezifisch mit ihren Prozessen beschäftigen. Dies führt innerhalb der Betriebe zu mehr Transparenz und Bewusstsein darüber wie Ressourcen verwendet werden. Die bestehende Grundmethodik der Benchmark-Plattform wird zukünftig auf weitere Supportprozesse ausgeweitet.

1

Einleitung

„46 aktive Teilnehmer in der Gastronomie und 18 aktive Teilnehmer in der Reinigung - das ist die Bilanz des Hotellerie Benchmarks im Jahr 2016, der mit der Jahresveranstaltung im Kantonsspital Aarau erfolgreich abgeschlossen werden konnte“. Diese Meldung konnte auf der Website der Benchmark-Gruppe (Hotellerie Benchmark, 2016) publiziert werden und bezeugt den Erfolg des Hotellerie Benchmarks im Gesundheitswesen in der Praxis. Dieser Erfolg ist das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Praxis und angewandter Wissenschaft. Dieser Artikel beleuchtet den Entstehungsprozess des Hotellerie Benchmarks im Gesundheitswesen. Das Schweizer Gesundheitswesen besitzt spezifische Eigenschaften, welche sich auch in den darin agierenden Unternehmungen wiederfinden (vergl. hierzu auch weitere Artikel zum Thema „Facility Management im Gesundheitswesen“ in dieser Publikation). So haben sich über Jahrzehnte individuelle Prozess- und Datenstrukturen etabliert, welche meist nur schwer vergleichbar sind. Im Zuge des sich verschärfenden wirtschaftlichen Umfelds nimmt jedoch genau diese Forderung nach Vergleichbarkeit zu. Wobei Benchmarking als wichtiges Werkzeug gilt. Kearns (n.d.) definiert es folgendermassen: “Benchmarking is the continuous process of measuring products, services and practices against the toughest competitors or those companies recognized as industry leaders.” (Kearns, n.d., zitiert nach Camp, 1989, S. 10). BenchmarkAktivitäten innerhalb des Gesundheitswesens, bzw. zu dessen Kern- und Support-prozessen, haben sich noch nicht flächendeckend durchgesetzt (Bright, Kwon, Bednar, & Newcomer, 2009; Massheder & Finch, 1998). In

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Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

der Schweiz fand sich keine weitere Vergleichsmöglichkeit für die Bereiche Verpflegung und Reinigung auf dem Detaillierungsgrad des nun eingeführten Hotellerie Benchmarks.

2

Die Entwicklung

Die folgenden Inhalte zeigen auf, wie die bisherigen Elemente des Hotellerie Benchmarks entstanden sind.

2.1

Projektanstoss & Organisation

Voraussetzung für ein in der angewandten Forschung und Entwicklung angesiedeltes Projekt ist immer ein ausgewiesener Bedarf seitens Praxis beziehungsweise der Wirtschaft. Dieser wird diskutiert und in Projektanträgen festgehalten, um an Fördermittel zu gelangen. Der Gastronomie Benchmark ist das Ergebnis des von der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes [KTI] geförderten Projektes „Value of Support x2“. Dabei entwickelte das Institut für Facility Management [IFM] der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften [ZHAW], zusammen mit dem Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St.Gallen, fünf Schweizer Spitälern und der ISS Facility Services AG, als einem der weltweit führenden Anbieter für Facility Services, sowie BEG & Partners AG, einem Schweizer Beratungs-unternehmen mit Schwerpunkten u. a. im Business Engineering und Prozessmanagement, gemeinsam Lösungsansätze. Diese Lösungsansätze sollen Institutionen des Gesundheitswesens unterstützen, Stellhebel für Qualität und Kosten im Bereich des Facility Management zu identifizieren und zu steuern. Durch KTI-Förderung entwickelte Resultate sind nach Abschluss der Projekte im Sinne der Wirtschafts-förderung dem Markt zuzuführen. Dies wurde auch mit den bisherigen Elementen des Hotellerie Benchmarks geleistet (vergl. nachfolgendes Kapitel zur Benchmark Community). Nach der Etablierung des Gastronomie Benchmarks war die Resonanz der Spitäler und Heime zu dessen Nutzen sehr positiv. Dies ebnete den Weg für die Entwicklung des Reinigung Benchmarks. So formierte sich eine Gruppe von Fachpersonen für dessen Entstehung. Diese bestand aus sieben

engagierten

Leiterinnen

und

Leitern

Reinigung

und

Hotellerie

aus

verschiedenen

Gesundheitsinstitutionen. Gefördert wurde dieses Projekt durch eine Anschubfinanzierung der ZHAW.

2.2

Entwicklungsmethodik

Für eine fokussierte Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis werden zielgerichtete Forschungsfragen gestellt. Auf diese abgestimmt, wird ein geeignetes Forschungsdesign entwickelt. Damit können Daten systematisch erhoben und analysiert werden. Durch dieses Vorgehen ging auch das Resultat der grundlegenden Benchmark-Methodik hervor. 2.2.1

Forschungsfragen und -ziel

Basierend auf der erläuterten Ausgangslage lauteten die Forschungsfragen: •

Wie lassen sich existierende Quellen von Prozess- und Kosteninformationen als Basis von BenchmarkAktivitäten zwischen Schweizer Spitälern nutzen?

Zusätzlich für die Gastronomie: Wie viel kostet ein Patientenbeköstigungstag in einem Schweizer Spital?

Zusätzlich für die Reinigung: Welche Kennzahlen werden von FM-Verantwortlichen der Spitäler benötigt, um Reinigungsleistungen wirksam zu vergleichen?

Das Ziel beider Entwicklungsprojekte war somit, vorhandene Prozess- und Kostenstrukturen von den Bereichen Gastronomie und Reinigung in Schweizer Spitälern zu analysieren, um daraus Basiszahlen für

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Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

aussagekräftige Kennzahlen zu gewinnen. Wenn benötigte Basiszahlen nicht aus vorhandenen Systeminformationen gezogen werden konnten, wurde eine spezifische Erhebungsmethodik entwickelt, welche für teilnehmende Betriebe mit möglichst wenig Aufwand verbunden ist. Dies war beispielsweise für die Kosten eines Patientenbeköstigungstages der Fall, oder auch in der Reinigung u.a. zur Kostenberechnung für die Aufbereitung der Reinigungstextilien. 2.2.2

Forschungsdesign

Um das Forschungsziel zu erreichen, wurde innerhalb eines mehrheitlich qualitativen Forschungsansatzes ein Mixed-Methoden Vorgehen definiert. Dieses basiert auf Fallstudien vor dem wissenschaftstheoretischen Hintergrund des Pragmatismus. Es existieren unterschiedliche Definitionen für Fallstudien. Die hier vorgestellten Projekte stützten sich auf jene von Myers (2011, S. 76): “Case study research in business uses empirical evidence from one or more organisations where an attempt is made to study the subject matter in context. Multiple sources of evidence are used, although most of the evidence comes from interviews and documents”. Die Stichprobenziehung der Spitäler als Projektpartner wurde bei beiden Projekten bewusst vorgenommen. Dabei wurde darauf geachtet, dass unterschiedliche Spitalformen, wie private und öffentliche oder im Falle der Reinigung solche mit Eigenreinigung und solche externen Reinigungspartnern vertreten waren. 2.2.3

Datenerhebung und -analyse

Daten wurden mittels Mixed-Method Vorgehen erhoben (Saunders, Lewis, & Thornhill, 2007). Bei der Entwicklung des Gastronomie Benchmarks umfassten die einzelnen Methoden halbstandardisierte Leitfadeninterviews

(mit

Küchenleitungen),

Dokumentenrecherche

(vorwiegend

Lieferscheine

und

Buchhaltungsdaten) und strukturierte Beobachtungen (fokussiert auf das Anrichten am Band). Diese Kombination von verschiedenen Datenquellen ermöglichte ein umfassendes Verständnis der fünf Betriebe. Beim

Reinigungs

Benchmark

wurden

halbstandardisierte

Expertendiskussionen

(mit

FM-

/

Reinigungsverantwortlichen) eingesetzt, um Daten zu Prozessstrukturen und Benchmark-Anforderungen seitens Praxis zu erheben. Ergänzend dazu wurde ein quantitativer Fragebogen erstellt, womit numerische Daten aus der Buchhaltung systematisch erfasst werden konnten. Auch hierbei erwies sich die Kombination verschiedener Erhebungsmethoden als zielführend. Analysiert wurden die quantitativen Daten deskriptivstatistisch, die qualitativen Daten mittels thematischen Codierens nach Flick (2009). Eine solche Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft stellt stets ein iterativer Prozess dar. Arbeitsergebnisse werden in den Betrieben getestet, in der Projektsteuerungs-Gruppe diskutiert, teilweise verworfen und neujustiert, um die gesetzte Projektziele zu erreichen. 2.2.4

Resultat – Benchmark Methodik

Das obige Vorgehen führte in beiden Bereichen zur eigentlichen Benchmark-Methodik: Einem resultierenden Set an aussagekräftigen Kennzahlen, berechnet aus explizit definierten Basiszahlen. Folgende Beispiele geben einen Einblick in die Strukturierung dieser Methodik. Tabelle 1 mit einer Kennzahl aus dem Bereich Gastronomie, Tabelle 2 mit einer Kennzahl aus dem Bereich Reinigung. Im Abschnitt 2.3 werden Einblicke in die effektiven Benchmark-Resultate dieser Kennzahlen gegeben.

Tabelle 1: Beispiel Kennzahl Gastronomie Benchmark

87

Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

Bezeichnung Kennzahl Formel Berechnung

Verhältnis Jahresumsatz Restaurant / Produktion / Patienten Gibt es in diesem Beispiel nicht, da es eine reine Gegenüberstellung der definierten Basiszahlen ist.

Definition Basiszahlen

• • •

Jahresumsatz Restauration (ohne MwSt.) darin sind nicht enthalten Umsätze durch Dritte wie z.B. KITA, Events (gemäss Finanzbericht) Jahresumsatz Produktion (ohne MwSt.) darin sind enthalten Umsätze durch Dritte wie z.B. KITA, Events. (gemäss Finanzbericht) Effektiv erhobene Kosten pro Patientenbeköstigungstag (Personalund Lebensmittelaufwand Produktion gemäss separater Erhebung mittels (PBTA-Tool) x bereinigte Anzahl Pflegetage (Jahresbericht)

Informationen zum PBTA-Tool bzw. zu damit verbundener Herausforderung folgen nachstehend.

Tabelle 2: Beispiel Kennzahl Reinigung Benchmark Bezeichnung Kennzahl Formel Berechnung Definition Basiszahlen

Gesamtreinigungskosten Personalkosten + Sachkosten + Aufwand Fremdreinigung – Einnahmen aus Reinigungsdienstleistungen für Externe • Personalkosten = Personalkosten aller Stellenprozente, die ausschliesslich auf dem Stellenplan der Reinigung stehen: − alle Stellen Unterhalts- und Grundreinigung - gemäss Finanzbericht inkl. Sozialleistungen, inkl. Zuschlägen Nacht/Wochenendarbeit − inkl. Ferienaushilfen − keine Kosten von Stellen, die auch noch für andere Bereiche arbeiten (bspw. Leitungsstellen, die noch andere Bereiche leiten als die Reinigung) − exkl. Löhne für Lernende − exkl. Bettenzentrale • Sachkosten = Sachkosten Reinigungsprodukte + Sachkosten Kleinmaterial + Sachkosten Verbrauchsmaterial Reinigungstätigkeit + Sachkosten Verbrauchsmaterial Mitarbeiterschutz Reinigungspersonal • Aufwand Fremdreinigung = Angabe gemäss Verrechnung durch den Fremdreiniger, falls relevant • Einnahmen aus Reinigungsdienstleistungen für Externe = Angabe gemäss verrechnetem Aufwand an Externe, falls relevant

In einigen Betrieben bewirtschaftet das Reinigungspersonal auch die Bettenreinigung. Da dies nicht überall so ist, wird dieser Anteil von den Gesamtreinigungskosten abgegrenzt. Dazu wird eine Berechnungsvorlage gegeben: [Personalaufwand inkl. Bettenreinigung - (Anzahl Mitarbeitende (MA) mit Tätigkeiten in der Bettenreinigung x Arbeitsstunden pro MA pro Tag für Bettenreinigung / Anzahl MA mit Tätigkeiten in der Bettenreinigung x Personalaufwand inkl. Bettenreinigung / Anzahl Vollzeitstellen für die gesamte Reinigung)]. Im elektronischen Erfassungstool der Basiszahlen sind Materiallisten ersichtlich, um die einheitliche Zuteilung der Sachkosten in die definierten Kategorien zu gewährleisten. Eine grosse Herausforderung in der Definition dieser Basis- und Kennzahlen liegt in den sehr heterogenen Systemen der einzelnen Spitäler. Jede Definition benötigte mehrere Definitionsentwürfe. Herausfordernd hierbei ist es, diejenige Wortwahl zu finden, die den kleinstmöglichen Raum für Fehlinterpretationen zulässt. Für die Gastronomie wurden so initial 23 Kennzahlen aus klar definierten 23 Basiszahlen erarbeitet. Deren Themenbereiche umfassten anfangs Personal-, Umsatz- und Flächenzahlen. Der Bereich Reinigung startete mit 21 klar definierten Basiszahlen, aus denen zwölf informative Kennzahlen gebildet wurden. Deren

88

Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

Themenbereiche umfassten Kosten-, Personal- und Flächenangaben. Die meisten Kennzahlen repräsentieren Zahlen- und Verhältniswerte, die in Relation zueinanderstehen, was eine Vergleichbarkeit über Spitäler von unterschiedlicher Grösse erlaubt.

2.3

Einblicke Gastronomie Benchmark

Verpflegung ist ein essentieller Image-Faktor im Spital (Aden & Schneider, 2012; Lennerts, 2009; von Eiff, 2012). Die Spitalgastronomie muss auch eine Vielzahl spezifischer Anforderungen erfüllen (Li-Jen Hwang, Desombre, Eves, & Kipps, 1999), da unterschiedliche Mitarbeitergruppen in den Verpflegungsprozess involviert sind und Personengruppen mit unterschiedlichem Ernährungsbedarf verpflegt werden müssen: Patienten, Mitarbeiter, Gäste/Externe, neben Besuchern sind dies oft Kinderkrippen oder Pflegezentren (Arens-Azevêdo & Lichtenberg, 2011). 2.3.1

Herausforderung Kosten Patientenbeköstigungstag

Eine zentrale Basiszahl ist der Aufwand pro Patientenbeköstigungstag. Diese Zahl bzw. diese Kostenangabe können viele Spitäler nicht direkt aus einem vorhandenen System ziehen. Dies hauptsächlich, weil Abgrenzungen zwischen dem Waren- und Produktionsaufwand für die drei Kundengruppen: Patienten, Mitarbeitende, Gäste / Externe, aufgrund einer meist gemeinsamen Produktionsküche, nicht eindeutig ausgewiesen werden. Daher galt es eine eigene Methode für deren Berechnung zu entwickeln. Entstanden ist

das

„PBTA-Tool“.

Die

Abkürzung

steht

für

Patientenbeköstigungstag-Tool

und

ist

eine

Berechnungsvorlage, welche auf einer elektronischen Plattform zur Verfügung steht. Darin werden die Spitäler Schritt für Schritt angeleitet, die erforderlichen Informationen einzugeben, die als Resultat die unternehmensübergreifend vergleichbare Basiszahl „Effektiv erhobene Kosten pro Patientenbeköstigungstag“ ermöglicht. Eine Basiszahl, die für den Gastronomie Benchmark benötigt wird. Das Grundprinzip der Methode zur Kostenerhebung basiert auf zwei Berechnungswegen. Die Kosten werden im elektronischen Tool zweimal berechnet. Einmal „Top-down“ und einmal „Bottom-up“. Beim „Bottom-up“-Verfahren werden die Kosten durch das Erheben der Waren- und Personalkosten pro Mahlzeit und pro Patient auf einen Patientenbeköstigungstag aufsummiert. Die dazu notwendigen Eingabedaten basieren auf zwei durch die User festgelegten Stichtagen. Beim „Top-down“-Verfahren werden die Jahres-Waren- und Personal-aufwände pro Patient auf einen Patientenbeköstigungstag heruntergebrochen. Fakultativ ermöglicht das Tool auch die Quantifizierung des anfallenden Food Waste (Speiseabfalls) pro Mahlzeit in monetären Werten. Gemessen werden dafür die von den Stationen zurückgesendeten, nicht konsumierten Speisen. Die Eingaben werden auf ihre methodische Konvergenz überprüft. Falls die Daten zur buchhalterischen Berechnung in der «Top down» Berechnung Abweichungen von mehr als 5 % aufweisen, wird in Rücksprache mit dem Betrieb eine Ursachenermittlung eingeleitet. Gegebenenfalls sind die Eingaben zu korrigieren. Nach Abschluss der Validierung erhalten die teilnehmenden Betriebe die eigenen Resultate der PBTA-Erhebung zugestellt.

2.3.2

Kennzahl Beispiel

Abbildung 1 zeigt als Beispiel die zuvor erläuterte Kennzahl “Verhältnis Jahresumsatz Restaurant / Produktion / Patienten”, basierend auf den Werten von 2015. Der durchschnittliche Gesamtumsatz der Gastronomie setzt sich zusammen aus 36 % Restauration, 17 % Produktion für externe Kunden und 47 % für die

89

Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

Patientenverpflegung. Diese Kennzahl zeigt auf, wo bezüglich des Gastronomieumsatzes der Schwerpunkt die Spitäler liegt. Spital AT beispielsweise erwirtschaftet den Grossteil mittels Verpflegung für spitalexterne Kunden, Spital AK wiederum hat seine Strukturen auf die Patientenverpflegung ausgerichtet. Diese Kennzahl gibt somit interessante Hinweise auf die Zusammensetzung des Gastronomiegeschäfts und auf ggf. vorhandene Entwicklungspotenziale.

Abbildung 14: Beispiel Kennzahl Gastronomie Benchmark 2.3.3

Bisherige Weiterentwicklungen

Der Bedarf an Argumentationsgrundlagen seitens Verantwortlicher für Supportprozesse in Heimen und Spitälern ändert sich aufgrund einer Vielzahl von Einflüssen. Dies veranlasst zur kontinuierlichen Weiterentwicklung des Benchmarks. Ausgehend von Vorschlägen aus der Praxis und der angewandten Wissenschaft wird die Benchmark-Methodik somit kontinuierlich weiterentwickelt. Seit der ersten Durchführung hat sich der Gastronomie Benchmark massgebend weiterentwickelt. So wurden unter anderem Angaben zum Bedienkonzept im Restaurant, Angaben zum Lebensmittelabfall und auch zum Anteil an Sonderkostformen zusätzlich eingearbeitet. Gesamthaft gibt dies (Stand 2016) ein aktuelles Total von 38 Kennzahlen, wobei es initial 23 waren. Die Entstehung und Weiterentwicklung des Gastronomie Benchmarks wurde auch wissenschaftlich zuhanden einer internationalen Zielgruppe publiziert: Hofer, Honegger, & Züger (2013); Züger & Honegger (2014); Züger & Honegger (2015); Züger & Hofer (2015).

2.4

Der Reinigung Benchmark

Auch

die

Reinigung

ist

ein

evident

wichtiger

Supportbereich

innerhalb

von

Institutionen

des

Gesundheitswesens. Damit verbunden sind die zwei Schlüsselbegriffe Reinigung und Hygiene. Hierzu lassen sich, je nach Anforderungen an die Hygiene oder an die Sauberkeit, unterschiedlich gewichtete Forschungsschwerpunkte identifizieren. Forschungsaktivitäten finden weitgehend in der Disziplin Hygiene statt, u.a. um Spitalinfektionen vorzubeugen und zu bekämpfen (Dancer, 2009; Hopman et al., 2015; Mitchell, Dancer, Shaban, & Graves, 2013; Mitchell, Wilson, Dancer, & McGregor, 2013). Viele dieser Themen werden daher auch in Publikationen mit klinischem Hintergrund verortet. Differenziertere Betrachtungen zu den Leistungen der Reinigung und zugehöriger Aktivitäten, als Teil des FM’s, sind selten (May & Pitt, 2012). Dennoch, wie Homan (2012) erläutert, ist das Erreichen und die Einhaltung vorgegebener Reinigungs- und Hygienestandards essentiell und verpflichtet Spitäler durch eine entsprechende Organisation der Prozesse zu Einhaltung von Vorgaben und zum Erfüllen vorhandener Standards. Genau dies stellt eine Kerntätigkeit des

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Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

Facility Managements dar. Daher müssen Facility Management / Reinigungsverantwortliche über adäquate Informationen verfügen, um ihre Prozesse auftragsbezogen auszuführen und steuern zu können. Miteinander vergleichbare Daten, über verschiedene Institutionen hinweg, könnten als Möglichkeit gesehen werden, um die Effektivität und Effizienz der Prozesse fachlich zu diskutieren. 2.4.1

Herausforderung Kosten pro Quadratmeter

Auch im Bereich Reinigung müssen spezifische Herausforderungen adressiert werden. Grundsätzlich sind die vielen qualitativen Attribute der Reinigungsorganisation bzw. -leistungen (wie Leistungszahlen) nur sehr schwer zu messen, um Werte zu Vergleichszwecken herleiten zu können. Daher wurde in einem ersten Schritt beschlossen, sich bei der Entwicklung des Benchmarks auf quantitativ messbare Daten zu fokussieren. Eine spezifische

Herausforderung

betrifft

dabei

die

Kennzahl

“Gesamtreinigungskosten

pro

qm

Gesamtreinigungsfläche”. So gibt es Normen, die Spitalflächen definieren, doch die Betriebe weisen diese sehr unterschiedlich aus, sofern die Flächen überhaupt systematisch und konsistent erfasst sind. Auch bei den Raumgruppen mit Flächenangaben herrschen unterschiedliche Vorgehensweisen, die spitaltypischen Routinen unterliegen. Spitäler definieren eine Vielzahl an individuellen und daher schwer miteinander vergleichbaren Raumgruppen, womit die bisherigen Vergleiche eine hohe Granularität aufweisen. Das Thema Reinigungsfläche wird somit bis auf weiteres ein Bestandteil der Weiterentwicklung bleiben. 2.4.2

Kennzahl Beispiel

Abbildung 2 zeigt als Beispiel die zuvor eingeführte Kennzahl „Gesamtreinigungskosten“ als Anteil an den Gesamtkosten der Organisation in %. Diese Information zeigt, dass diese Kosten nur einen geringen Teil jener der Gesamtkosten ausmachen, durchschnittlich nur 1.88 %. Doch wenn Kosteneinsparungen diskutiert werden, steht die Reinigung oft im Mittelpunkt von Einsparungs-Massnahmen, trotz ihres geringen relativen Kostenanteils.

91

Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

Abbildung 15: Beispiel Kennzahl Reinigung Benchmark 2.4.3

Bisherige Weiterentwicklungen

Seit der Einführung des Benchmarks werden unter anderem die Sachkosten differenzierter aufgenommen und ausgewertet, sowie als zusätzlicher Referenzwert die Anzahl der produktiven Stunden pro Vollzeitarbeitsstelle abgebildet und die Flächendefinition verfeinert. Damit wird die Aussagekraft der Resultate und somit der Nutzen für die Praxis nochmals geschärft. Mit diesem Ziel finden auch in den kommenden Jahren Weiterentwicklungen statt. Nicht zuletzt auch hervorgerufen durch die kontinuierliche Entwicklung der Reinigungsbranche, mit der der Benchmark abzugleichen ist. Die Entstehung des Reinigung Benchmark wurde ebenfalls in einem Journal publiziert (Honegger, Betschart, Züger, & Hofer, 2015).

3

Die Benchmark Community

Massgebend für den Erfolg des Hotellerie Benchmarks in der Praxis ist dessen Aufstellung als Benchmark Community, deren Organisation und Aktivitäten sich wie folgt zusammensetzt.

3.1

Organisation

Ein interdisziplinärer Beirat, mit Vertretern aus Praxis und Forschung, sorgt für die Qualität und die kontinuierliche Weiterentwicklung des Hotellerie Benchmarks mit der Benchmark-Plattform und Community. Die folgenden Aussagen stehen exemplarisch für das positive Engagement der Beiräte in Sachen Hotellerie Benchmark: •

„Als Vorsitzender des interdisziplinär aufgestellten Beirats des Hotellerie Benchmark im Gesundheitswesen vertrete ich dessen Aktivitäten gegen aussen. Dabei ist für mich der direkte

92

Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

Kontakt

mit

den

Benchmark-Teilnehmenden

zentral.

Sei

dies

an

der

jährlichen

Auswertungsveranstaltung oder auch bilateral dazwischen. Die geradlinigen Rückmeldungen zum Benchmark aus der Praxis sind essentiell für dessen Bestehen und Weiterentwicklung. Denn eine Herausforderung ist, dass sich das Umfeld der Institutionen im Gesundheitswesen und somit auch der Bedarf der jeweiligen Verantwortlichen an aussagekräftigen Kennzahlen stetig wandelt. Auch die angewandte Wissenschaft erarbeitet sich neue Erkenntnisse, welche dem Benchmark nützen. Dadurch ergeben sich innerhalb des Beirates intensive Diskussionen zugunsten der Benchmark Community, deren konstruktive Art ich sehr schätze.“ (Christoph Hamann, Vorsitz des Beirats). •

„Argumentieren, Diskutieren, Lernen und Austauschen – Mitglieder der Benchmark Community sind professionelle Partner fürs Kerngeschäft / im Gesundheitswesen (im Bereich der nicht-medizinischen Supportleistungen),

freuen

sich

auf

neue

Herausforderungen,

haben

keine

Angst

vor

Herausforderungen und wissen wo sie stehen und lang gehen.“ (Andrea Krähenbühl, Fachbeirat Spital). •

„Die stetig wachsende Zahl der Teilnehmer unserer Benchmarking Communities zeigt, dass der Wert von Kennzahlenvergleichen und Reifegradmodellen auch im Gesundheitswesen erkannt wird. Transparenz und Vergleichbarkeit sind die Voraussetzung für Wissen. Fundiertes Wissen ist die Grundlage für gezielte Verbesserungsmassnahmen. Bei vielen Teilnehmern ist eine deutliche Professionalisierung im Umgang mit den Benchmark-Ergebnissen (individuelle Interpretation, kontinuierliche Verbesserung) spürbar. Der gegenseitige Informationsaustausch innerhalb der Communities wird darüber hinaus als besonders wertvoll empfunden.“ (Dr. Lars Baacke, Technologiebeirat).

3.2

Aktivitäten im Jahresverlauf

Die eingangs erwähnte Jahresveranstaltung zur Auswertung und Diskussion der Resultate stellt im Jahresverlauf der Benchmark-Aktivitäten einen wichtigen Meilenstein dar. Weitere Hauptaktivitäten im Jahresverlauf zeigt Abbildung 3.

Abbildung 16: Benchmark Aktivitäten im Jahresverlauf Eine Schlussfolgerung seitens Wissenschaft aus der Zusammenarbeit mit der Praxis in der Benchmark Community ist, dass der tatsächliche Nutzen für teilnehmende Unternehmen weniger in den erhaltenen Zahlen

93

Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

und damit verbundener Einordnung in der Benchmark Gruppe selbst liegt, sondern darin, dass sich die zuständigen Personen bereits durch die Aufbereitung der benötigten Daten spezifisch mit ihren Prozessen beschäftigen. Dies führt innerhalb der Betriebe zu mehr Transparenz und Bewusstsein wie Ressourcen verwendet werden. Dies gilt auch für die angewandte Wissenschaft, bei der der Erkenntnisgewinn klar in einem vertieften Verständnis für die Kombination von wissenschaftlichen Methoden und Wissen über spezifische Gegebenheiten der Praxispartner liegt. Die Hauptmotivation in der Zusammenarbeit der jeweiligen Fachpersonen liegt denn auch im Austausch von unterschiedlichen Sichtweisen, um dadurch gemeinsam vorwärtszukommen.

4

Ausblick

Ziel ist, die bestehende Grundmethodik der Benchmark-Plattform auf weitere Supportprozesse auszuweiten. 2016 wurden seitens ZHAW / IFM erste explorative Schritte im Bereich technisches FM getätigt. Dabei liegt die grosse Herausforderung in unterschiedlichen Gebäudestrukturen und -zuständen, welche eine direkte Vergleichbarkeit erschweren, womit Benchmark-Resultate sehr spezifisch plausibilisiert werden müssen. Auch in Zukunft wird das IFM der ZHAW für und mit bestehenden und neuen, interessierten Praxispartnern zusammenarbeiten. Denn nur so lassen sich praxistaugliche und in der Praxis tatsächlich nutzbare Resultate entwickeln.

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Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

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Autorenporträts Franziska C. Honegger, MSc of Science in Facility Management bearbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Facility Management (IFM) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) den Forschungsschwerpunkt Facility Management in Healthcare. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von evidenzbasierter Argumentation mit und für die Praxis, damit die vielzeitigen und komplexen Supportprozesse in Institutionen des Gesundheitswesens effektiv und effizient geplant und ausgeführt werden können. Gabriela V. Züger, MSc of Science in Facility Management bearbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Facility Management (IFM) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit Fokus auf Facility Management in Healthcare. Dabei fokussieren sich aktuelle Tätigkeiten auf die verschiedenste Themen der Verpflegung wie zum Beispiel neue Modelle, Food Waste, Prozesskosten, etc.

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Hotellerie-Benchmark im Gesundheitswesen

Madeleine Betschart, MSc of Science in Facility Management bearbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Facility Management (IFM) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich Hospitality Management. Zudem verankert Sie im Rahmen von Lehrtätigkeiten das Thema Reinigung fachlich auf verschiedene Weise im Curriculum des BSc in Facility Management. Beatrice Ammann, BSc of Science in Facility Management arbeitet als Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Facility Management (IFM) an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und absolviert den MSc in FM im Teilzeitmodus. Sie unterstützt unterschiedliche Forschungs- und Dienstleistungsprojekte der Kompetenzgruppe Hospitality Management mit dem Forschungsschwerpunkt FM in Healthcare.

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Begriffe im Facility Management

Normierung und Begriffe im Facility Management Markus Hubbuch ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Dieser Aufsatz soll einerseits die Arbeit bei der Entwicklung von Normen im Facility Management aufzeigen, welche oft harzig ist und wo Kompromisse gesucht werden müssen. Andererseits soll ein Beitrag zur Verständigung im Facility Management geleistet werden. Mit logisch konsistent definierten Begriffen soll auch eine Grundlage geschaffen werden, um das Organisieren und Erbringen von Facility Services, insbesondere im Bereich Gebäude- oder Immobilienmanagement, zu unterstützen. Nicht zuletzt sollen Normen und dieses Begriffsschema dazu dienen, Benchmarking im Facility Management zu ermöglichen. Das Begriffsschema Facility Management / Real Estate Management berücksichtigt den Lebenszyklus eines Gebäudes und kann darum auch als Grundlage für die nachhaltige und lebenszyklusübergreifende Betrachtung eines Gebäudes genutzt werden. Dieses Schema wurde 2016 im Rahmen eines ZHAW-internen Projektes im Institut für Facility Management entwickelt. Leider gibt es bis heute keine Norm oder keine Richtlinie, die genau dieses Begriffsschema festlegt.

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Einleitung

Sprache ist die Basis für unsere Kommunikation. Eine klare und für alle Parteien gut verständliche Kommunikation ist die Basis für erfolgreiche Aktivitäten im professionellen wie auch im privaten Leben. Begriffe mit einer sinnvollen und eindeutigen Definition, die allgemein anerkannt wird, stellen eine Grundlage der Sprache und damit der Kommunikation dar. Insbesondere in wissenschaftlich etablierten Fachgebieten etabliert sich auch eine Fachsprache mit einheitlich verwendeten Fachbegriffen. Im Facility und GebäudeManagement dagegen herrscht bis heute ein Wirrwarr von verschiedenen Fachbegriffen und Definitionen. Die weitere Entwicklung des Facility Managements hin zu einer Fachdisziplin, die auf wissenschaftlich anerkannten Methoden und nachgewiesener Evidenz der Grundlagen basiert, verzögert sich dadurch unnötig. So wird der Begriff Facility Management (FM) auch heute noch als Beispiel für sinnlose Anglizismen gebraucht (Wentzel, 2016), welche die reine deutsche Sprache beeinträchtigen. Dabei ist allen Fachleuten in diesem Bereich längst klar, dass Facility Manager nicht eine neue Berufsbezeichnung für Hauswarte ist., Was aber genau Facility Management bedeutet, wer die Bezeichnung Facility Manager wirklich verdient, da gehen die Ansichten immer noch auseinander. Genauso ist eine Vielzahl von oft englischen Begriffen im Umfeld von FM und insbesondere im Immobilienmanagement vorhanden, deren Bedeutung nicht einheitlich festgelegt ist und die unterschiedlich verstanden werden. Schon länger publizieren Fach- und Berufsvereine wie GEFMA, IFMA, BIFM, RICS und weitere Definitionen, Modelle und Glossars im Bereich Facility Management. Auch publizieren verschiedene nationale Normierungsorganisationen wie DIN, SIA, NEN oder ÖN Normen, die Gebäudemanagement oder Facility

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Begriffe im Facility Management

Management betreffen. Keine dieser Unterlagen konnte sich bisher breit in der Praxis durchsetzen. 2006 und 2007 veröffentlichte die CEN (Europäisches Komitee für Normierung) sieben europäische Normen im FM. Diese weisen Überschneidungen oder Abweichungen zu den bereits mehr oder weniger etablierten nationalen Normen und Verbandsrichtlinien auf. Die europäischen Normen sind zudem eher abstrakt und auf einem strategischen Niveau geschrieben. Sie konnten die Praxis im FM bis heute nur wenig beeinflussen. Gegenwärtig werden nun die ersten drei FM-Normen der ISO fertiggestellt, die das Facility Management weltweit in normierte Bahnen lenken wollen. Im ersten Teil des vorliegenden Beitrags wird diese herausfordernde Normierungsarbeit erläutert, zu der die Schweiz und auch das Institut für Facility Management der ZHAW (IFM) einen Beitrag geleistet haben. Im zweiten Teil dieses Artikels werden die Arbeiten am IFM beschrieben, mit welchen eine Klärung der Begriffe und Prozesse im FM und insbesondere im Teilbereich Gebäudemanagement angestrebt wird. Ein wesentliches Ziel der Normen wie auch der Begriffsklärungen ist es, eine bessere Kommunikation unter den Beteiligten zu ermöglichen. Eine Definition der Begriffe und Prozesse ermöglicht vereinheitlichte ITWerkzeuge wie Building Information Modelling (BIM) und ist Grundlage für Benchmarking im FM.

2

Normen im Facility Management

Das Institut für Facility Management der ZHAW definierte zu Beginn seines Bestehens FM wie folgt: Unter Facility Management wird das ganzheitliche Management der Gebäude, Einrichtungen und Dienstleistungen zur Unterstützung des Kerngeschäftes wirtschaftlicher Einheiten verstanden. Dabei stehen zwei Aspekte im Vordergrund: - Der langfristig optimale Einsatz der Ressource Immobilie über den ganzen Lebenszyklus (Immobilienmanagement) - Die professionelle Gestaltung der personenbezogenen Dienstleistungen zur Schaffung von optimalen Wohn-, Arbeitsplatz- und Aufenthaltsverhältnissen (Hospitality Management) Mit dieser Definition war das IFM seiner Zeit voraus und stand im deutschsprachigen Raum alleine da. Dies war auch eine Folge der starken Beeinflussung durch erfolgreiche niederländische FM-Studiengänge und das BIFM-Kompetenzprofil in FM (British Institute of Facility Management), nach denen das IFM seine Ausbildungs-Curricula ausrichtete. Die heute gültigen EN-Normen im FM basieren ebenfalls auf einer Zweiteilung der Facility ManagementLeistungen in Services für Raum und Infrastruktur sowie solche für Mensch und Organisation.

2.1 Bisherige deutsche Interpretation von Facility Management Insbesondere im deutschsprachigen Raum wird, bedingt durch die DIN-Norm 32736 Gebäudemanagement, Begriffe und Leistungen, (DIN 32736, 2000) Facility Management und Gebäudemanagement oft gleichgesetzt. Es werden nach DIN 32736 technische, kaufmännische und infrastrukturelle (personenbezogene) Prozesse oder Leistungen unterschieden. Die technischen und kaufmännischen Prozesse sind gebäudebezogen, die infrastrukturellen eher personenbezogen. Diese Norm basiert auf dem 1996 herausgegeben VDMAEinheitsblatt 24196: Gebäudemanagement – Begriffe und Leistungen der Arbeitsgemeinschaft Instandhaltung Gebäudetechnik des VDMA. Die das VDMA-Einheitsblatt ablösende DIN 32736 führte zu der im deutschen

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Begriffe im Facility Management

Sprachraum immer noch verbreiteten Dreiteilung des Gebäude- oder später Facility Managements in kaufmännisches, technisches und infrastrukturelles Gebäudemanagement (Abbildung 1). Diese Gebäude-zentrierte Sicht und die Betonung des Gebäudemanagements resp. die Gleichsetzung des Gebäude- und Facility Managements sind heute noch in Deutschland und den deutschsprachigen Ländern Österreich und teilweise Schweiz vorherrschend. Das Normenkomitee, welches diese Norm entwickelte, stammte aus der Heizungs- und Lüftungsbranche. Es war insofern seiner Zeit voraus, als dass diese Fachleute feststellten, dass eine Integration weiterer unterstützender Leistungen als die “technischen und kaufmännischen” Sinn macht. Mangels eines besseren Begriffs wurde der sehr unglückliche Begriff Infrastrukturelles Gebäudemanagement erfunden. Einerseits haben viele der “infrastrukturellen” Leistungen wenig bis nichts mit Gebäudemanagement zu tun. Andererseits wird unter dem Begriff Infrastruktur “die Grundausstattung einer Volkswirtschaft (eines Landes, einer Region) mit Einrichtungen” verstanden. “Klassische Beispiele sind Verkehrsnetze (Straßen, Schienen- und Wasserwege) sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen Infrastruktur,

Definition,

(Energie, ohne

Wasser,

Datum).

Dies

Kommunikationsnetze)” hat

mit

den

unter

(Gabler

dem

Begriff

Wirtschaftslexikon, “Infrastrukturelles

Gebäudemanagement“ subsumierten Leistungen aber nichts zu tun.

Abbildung 17: Leistungsbereiche des Gebäudemanagements (DIN 32736, 2000)

2.2 Definition Facility Management nach SN EN Normen Das technische Komitee 348 der europäischen Zentralstelle für Normierung (CEN TEC 348, 2005) definierte anfangs 2005 FM wie folgt: Facility Management ist ein integriertes Vorgehen bei der Planung und Erbringung von vereinbarten Dienstleistungen, welche das Kerngeschäft einer Unternehmung unterstützen. Darin enthalten sind die Entwicklung und Umsetzung von Strategien, Richtlinien und Prozessen, welche es der Organisation erlauben, sich an Veränderungen anzupassen und ihre Effektivität zu erhöhen.

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Begriffe im Facility Management

Daraus entstand die nun in ganz Europa gültige Definition gemäss SN EN 15221-1 (2011, S. 5) Facility Management / Facilities Management Integration von Prozessen innerhalb einer Organisation zur Erbringung und Entwicklung der vereinbarten Leistungen, welche zur Unterstützung und Verbesserung der Effektivität der Hauptaktivitäten der Organisation dienen. Auch wenn diese Definition etwas schwierig auf Anhieb zu verstehen ist, stellt sie aus Sicht des Instituts für Facility Management der ZHAW eine gute Definition von FM dar. Diese Norm enthält zwei Modelle, welche für das Verständnis von Facility Management grundlegend sind. Die Abbildung 2 zeigt als erstes Modell das Verhältnis der Seite Nachfrager nach Facility Services, d.h. die Seite der Hauptaktivitäten (resp. des Kerngeschäftes) einer Organisation, und der Anbieter von Facility Services. Damit soll bewusst gemacht werden, dass das Erbringen von Facility Services (Unterstützungs-leistungen) immer eine Dienstleistung an einem Kunden ist. Die Norm macht keinerlei Angaben ob Facility Services intern erbracht werden sollen oder besser extern eingekauft werden. Diese Entscheidung ist jeweils aufgrund der individuell gegebenen Umstände zu treffen.

Abbildung 18: FM-Modell (Modell der FM-Vereinbarungen) (SN EN 15221 - 4, 2011, S. 8) Interessant am Modell ist weiter die Unterteilung der Kundenseite in Auftraggeber, Kunde und Endnutzer. Der Auftraggeber ist die auch juristisch verantwortliche Stelle für einen Auftrag an einen Anbieter von Facility Services. Der Kunde ist die Stelle, die direkt mit den Leistungserbringern zusammenarbeitet. Endnutzer sind alle Personen, die von Facility Leistungen profitieren, diese aber im Allgemeinen nicht beeinflussen können. Diese Unterteilung kann helfen, im Bezeichnen der verschiedenen Kundenarten sich klar ausdrücken zu können.

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Begriffe im Facility Management

Andererseits wird eine Unterscheidung in eine strategische, eine taktische und eine operative Ebene gemacht. Diese Unterteilung kann klar machen, dass Facility Management immer auch auf einer strategischen Ebene behandelt werden muss und dort die entscheidenden Beschlüsse gefasst werden müssen. Das Modell in Abbildung 3 zeigt den Leistungsumfang des Facility Managements. Die SN EN 15221-1 definiert nicht, welche Leistungen zum Facility Management zählen. Vielmehr ist dies eine strategische Entscheidung, die jede Organisation selbst treffen muss. Die EN-Normen in Facility Management wollen aber eine Hilfe sein, die zu Facility Management gezählten Supportleistungen einer Organisation optimal zu organisieren und die dazugehörenden Prozesse effizient abwickeln zu können. Dabei steht die Idee im Mittelpunkt, mit der Integration von Supportleistungen zu Facility Management Synergien nutzbar zu machen und die Professionalität und Effizienz der Supportleistungen zu verbessern. Aufgrund dieses Modells kann Facility Management auch als Organisationmodell verstanden werden.

Abbildung 19: Modell des Leistungsumfanges Facility Management (Anwendungsbereich des FM) (SN EN 15221 - 4, 2011, S. 11) Dieses Verständnis von Facility Management konnte sich bisher nur teilweise in der Praxis verbreiten. Die europäischen Normen zum Facility Management finden nur geringe Verbreitung, und viele nationale

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Begriffe im Facility Management

Richtlinien wurden nicht auf diese Normen angepasst. Aus Sicht des Autors kann dies einerseits daran liegen, dass die nationalen Normen und Richtlinien schon stark verbreitet waren und der Umstieg auf neue Grundlagen vielen Leuten offenbar schwer fällt. Andererseits, wie schon erwähnt, braucht es Schulung und etwas abstraktes Denken, um diese Normen zu verstehen und ihren Wert für Organisationen mit Bedarf an Facility Services wie auch für Service Provider zu verstehen. Und nicht zuletzt dürfte der Begriffs-Wirrwarr im Bereich FM auch nicht zu einem guten Image und damit zu einer Beachtung des neuen Facility ManagementVerständnisses auf der Stufe Geschäfts- oder Organisationsleitung führen. Genau dafür, dass aus strategischer Sicht jeglicher Art von Organisation die Supportprozesse effizient und effektiv erbracht werden könne, dafür wurden diese europäischen Normen geschaffen. Die europäischen Normen im FM können auch nur verstanden und korrekt interpretiert werden, wenn klar zwischen Facility Management und Facility Services unterschieden wird. Nur Letztere können fremdvergeben resp. von Service Providern eingekauft werden. Eine Management Disziplin oder ein Organisationsmodell hingegen, wie es Facility Management darstellt, kann hingegen nicht “outgesourced” werden.

2.3 ISO-FM-Normen In den Jahren 2012 bis 2016 wurden durch das ISO/TC 267 drei erste Entwürfe von ISO-Normen betreffend Facility Management erarbeitet. Diese werden voraussichtlich 2017 publiziert. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass die europäischen Normen resp. das europäische Verständnis für FM weiter entwickelt werden sollen. Im Verlauf des sehr anspruchsvollen Prozesses aufgrund der grossen kulturellen Unterschiede der Beteiligten und des unterschiedlichen FM-Verständnisses in den beteiligen Staaten wurde dann aber versucht, ein neues, einheitliches FM-Verständnis resp. neue FM-Modelle zu entwickeln. Die Hauptkritik am den europäischen FM-Modell war, dass es zu wenig einfach zu verstehen ist. Zudem beziehe es sich zu wenig auf das Immobilienmanagement resp. auf die gebaute Umwelt. Ein stark immobilienbezogenes FM-Verständnis herrscht in vielen Ländern, z.B. in den USA, in Japan oder in Malaysia vor. Obwohl viele sehr wertvolle Ideen und Erfahrungen seitens vieler beteiligter Länder zusammen kamen, konnte im Prozess kein umfassender Kompromiss für ein neues FM-Verständnis gefunden werden. Deswegen stellen die kommenden ISO-Normen im Facility Management eher eine willkommene Ergänzung als ein Ersatz der europäischen FM-Normen dar. Die Norm ISO 41011: Facility Management — Vocabulary (oder Terms and definitions) wird eine Auflistung der wichtigsten Begriffe enthalten. Die Definition von Facility Management (mit Facilities Management als zweite, gleichwertige Schreibweise) ist wie folgt vorgesehen: Organizational function which integrates people, place and process within the built environment with the purpose of improving the quality of life of people and the productivity of the core business (ISO/TC 267/SC /WG 1, 2015) Da diese Norm nur Begriffserklärungen enthält, wird ihr voraussichtlich ein technischer Bericht (ISO/TR Facility Management — Scope, key concepts, requirements and benefits) beigestellt. Dieser wird voraussichtlich ebenfalls 2017 publiziert und wird Erläuterungen zum Facility Management enthalten. Leider konnte auch hier kein Konsens für einheitliche FM-Modelle gefunden werden, und die Idee, unterschiedliche Modelle aus verschiedenen Ländern zu publizieren, um die Vielfalt möglicher Interpretationen zu zeigen, wurde ebenso verworfen. Das IFM hatte weiter zusammen mit dem Vertreter Deutschlands eine Liste mit typischen Facility Services erstellt. Auch dieser Input wurde aber wieder verworfen.

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Begriffe im Facility Management

Gleichzeitig wurde die Norm ISO 41012: Facilities Management — Guidance on strategic sourcing and the development of agreements erarbeitet. Diese Norm wird einen Leitfaden für die strategischen Entscheide im Vergabewesen von Facility Services darstellen und Hilfestellung betreffend den Arten von Vereinbarungen im FM, der Entwicklung, der Struktur und dem Inhalt der Vereinbarungen geben. Ebenfalls enthalten sein werden weitere Begriffs-Definitionen (ISO/TC 267 WG 2, 2015). Diese zweite Norm wird die SN EN 15221-2 Facility Management – Teil 2: Leitfaden für die Ausarbeitung von Facility Management-Vereinbarungen (2007) ersetzen und stellt eine verbesserte Weiterentwicklung dar. Als Drittes wird eine Norm entwickelt, um ein Facility Management-System zu definieren. Damit kann sich eine Firma oder öffentliche Organisation ein Facility Management aufbauen, und dieses bei Bedarf dieser Norm entsprechend auch zertifizieren lassen. Auch diese Norm, ISO 41001, Facility Management - Management systems - Requirements with guidance for use, wird voraussichtlich 2017 publiziert.

3

FM Modelle des Instituts für Facility Management

Aufgrund der beschriebenen Situation, dass einerseits die europäischen Normen im FM den herrschenden Begriffs-Wirrwarr in der Praxis bisher nicht lösen konnten und die neuen ISO-Normen hier auch nur teilweise Klärung liefern werden, hat der Autor dieses Aufsatzes zusammen mit Kollegen des Instituts für Facility Management und externen Fachleuten ein neues Begriffsmodell im Gebäude- und Facility Management entwickelt. Dieses soll nicht im Wiederspruch zu den bestehenden internationalen Normen stehen, sondern diese ergänzen, erläutern und teilweise weiter entwickeln.

3.1 Modell der Support-Leistungen einer Organisation Dieses Modell (Abbildung 4) basiert auf der Struktur aus den europäischen Normen im FM, stellt jedoch eine Weiterentwicklung dar. Das Modell soll einer weiteren Vernehmlassung unterzogen werden (Stand Sept. 2016), stellt also eine vorläufige Version dar. Es zeigt die Leistungen und deren Bezeichnung im Bereich der Unterstützungsprozesse oder –Leistungen einer Organisation. Die so definierten Begriffe sollen auch zu einer einheitlichen Fachsprache im Facility Management, in der Organisationsentwicklung und in der Immobilienbranche beitragen. Um eine logische Stringenz der Begriffe und Definitionen zu erreichen, ist eine klare Trennung in Facility Management und in Facility Services notwendig. Facility Management ist dabei als Management-Disziplin oder neu als Management-System gemäss den neuen ISO-Normen zu verstehen. FM kann auch als Organisationsmodell für die Supportleistungen und das zur Verfügung stellen der notwendigen „Facilities“ einer Organisation interpretiert werden. Unter “Facilities“ werden Gebäude (die Räume zur Verfügung stellen), Infrastrukturanlagen (z.B. Zufahrten, Parkplätze, Energieversorgung) und alle weiteren Gegenstände (z.B. Möbel, Fahrzeuge, Geräte) verstanden, die eine Organisation zur Ermöglichung ihrer Geschäfts- oder Hauptprozesse benötigt. Neue “Facilities“ werden im Rahmen von Projekten beschafft oder erstellt. Oder anders gesagt, das Resultat von solchen Projekten sind “Facilities“. Diese “Facilities“ haben einen finanziellen Wert, stellen also “Assets“, d. h. Vermögenswerte dar, welche in der Bilanz einer Organisation aktiviert werden können. Damit sind solche Projekte auch Investitionen, d.h. die “langfristige Bindung finanzieller Mittel in materiellen oder in immateriellen

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Flächen/Datenmanagement

Verwaltung

Safety

Betrieb

Bewirtschaftung

Security

Reinigung / Grünpflege

Erneuerung Verbesserung

Veränderung

Energie / Medien

Rückbau

Facility Management

Übergeordnete SupportFunktionen

Übergeordnete FM-Funktionen

Immobilien Management CREM / PREM / REIM

Facility Services

Administration

Vermietung intern/extern

Neubau

Kauf

Anmiete

Bereitstellung

Raum und Infrastruktur

15.09.2016

Begriffsmodell Facility Management / Immobilien Management Prof. Markus Hubbuch et. al. Institut für Facility Management Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW

Bedienung

Verkauf

MietKündigung

HRM

Instandhaltung

Verwertung

Finanzen & Controlling

Gesamter Support (Unterstützung) einer Organisation

Gesundheit, Arbeitsschutz und Sicherheit

Rechtsberatung

Sekretariat

Transport / Umzüge Empfang

Entsorgung / Recycling

Lager

Textilien

Sonstige Hospitality

Beschaffung

Logistik

Sonstige

Mensch und Organisation

Information und Kommunikation

Verpflegung

Hospitality

Support für Kerngeschäft

Marketing & Kommunikation

Management Support

Begriffe im Facility Management

Vermögensgegenständen“ (Gabler Wirtschaftslexikon, Investition, ohne Datum). “Facilities“ können oft auch gemietet oder geleast werden.

Abbildung 20: Modell der Facility Management Leistungen und Begriffe (Hubbuch, 2016)

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Begriffe im Facility Management

Facility Services (FS) sind operativ erbrachte Leistungen, welche intern erbracht oder auf dem Markt von Dienstleistern (Facility Service-Providern) einzeln oder gebündelt gekauft werden können (in Abbildung 4 unten in weissen Boxen unvollständig abgebildet). Facility Services werden im Rahmen von operativen, laufend erbrachten Prozessen erbracht. Oder wieder anders gesagt, das Resultat von solchen Prozessen sind Facility Services. Diese Prozesse verursachen Kosten, also den geldmässig bewerteten Verzehr von wirtschaftlichen Gütern materieller und immaterieller Art. Diese Darstellung entspricht den in der Praxis zu beobachtenden Aufgaben und Prozessen. Es kann basierend auf dieser Darstellung auch eine Kostengliederung entwickelt werden, welche die Optimierung und Kontrolle der Kosten ermöglicht, die durch die Supportleistungen einer Organisation verursacht werden. Die obige Darstellung entspricht aber nicht einem Organigramm einer Organisation, noch ist diese eine vollständige Prozesslandkarte. Dieses Modell wurde im Immobilienmanagement detailliert ausgearbeitet (Kapitel 3.4). In den Bereichen “Management Support” und“ Support für Kerngeschäft” fehlt diese Ausarbeitung noch.

3.2 Vergleich mit SN EN Norm Wie dem FM-Modell des IFM‘s und der Gliederung nach SN EN 15221-4 zu entnehmen ist, kann das Facility Management in die beiden Bereiche “Fläche und Infrastruktur“ sowie “Mensch und Organisation” unterteilt werden. In der Abbildung 5 ist die analoge Darstellung nach SN EN 15221 - 4 (2011) zu finden. Hier sind aber nach Einschätzung des IFMs noch logisch inkonsistente Punkte zu finden. So sind für den Aussenraum im Prinzip genau dieselben Aufgaben resp. Prozesse erforderlich wie für Gebäude (die Räume zur Verfügung stellen). Dasselbe gilt für die Ausstattung der Arbeitsplätze. Der Bedarf nach hier Business Support genannten Unterstützungsleistungen wird in der Praxis kaum je zum Facility Management gezählt, weshalb dies im Begriffsschema des IFMs separat unter Management Support aufgeführt wird. In der SN EN 15221-4 gehört auch die Reinigung zum Bereich Fläche und Infrastruktur. Dies wurde im Begriffsschema des IFMs so übernommen, wenn auch in der Praxis die Reinigung oft zu den Leistungen im Bereich Mensch und Organisation (oder zum Hospitality Management) hinzu gezählt wird. Zur Reinigung werden auch die Aussenreinigung und die Fassaden- und Glasreinigung gezählt. Die Pflege der Raumbegrünung gehört dazu wie auch Umgebungsarbeiten wie Herbst- und Winterdienst und die Pflege der Grünflächen. Die Informatik wird oft nicht zum FM gezählt, hat aber viele Schnittstellen zu FM und gehört ebenfalls zu den Unterstützungsprozessen. In den letzten Jahren ist die Informatik und die ganze Kommunikationstechnik zusammen gewachsen, weshalb man heute von ICT spricht: Information and Communication Technology resp. Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Diese technologiegetriebenen Entwicklung hat zu vielen zusätzlichen Schnittstellen zum FM geführt. Die Abgrenzungen, aber auch die Schnittstellen zwischen der Informatik und dem FM müssen in jeder Organisation klar geregelt sein.

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Begriffe im Facility Management

Hauptbedarf

dazu gehören

z. B. Produktion Hauptaktivitäten

z. B. Verkauf etc. Raum & Infrastruktur Unternehmung

Räume, Flächen (Bau und Technik)

Grundstück Ausstattung Aussenraum Parkplätze

Aussenraum

Reinigung

Unterhaltsreinigung Spezialreinigung

Arbeitsplätze

Raumausstattung Möblierung Kunst Flächen- und Raummanagement

Unterstützungs-Bedarf

z. B. Facility Management

Spezifisch für die Hauptaktivitäten

z. B. spezielle Einrichtungen z. B. externe Arbeitsplätze

Gesundheit, Sicherheit und Umwelt

Gesundheit und Personensicherheit Umweltschutz Sicherheit, Bewachung

Hospitality

Empfang Verpflegung, Catering Sitzungszimmer und Events Arbeitskleidung und andere Textilien

ICT

Service desk IT Nutzerservice Zentrale und verteilte Services Telekommunikation und Verbindungen Training (ICT) Bürodienste Dokumenten-Management Umzüge Mobilität

Logistik

z. B. nicht Facility Management

Kauf, Erstellung und Erweiterung Instandsetzungen (grosse) Umbauten und Modernisierung Immobilen Administration Portfolio Optimierung Betrieb und Instandhaltung Ver- und Entsorgung

Business support / Management support

Organisationsspezifisch

Finanzen (Buchhaltung, Controlling) Personalwesen Recht Marketing und Kommunikation Procurement / Einkauf Sekretariatsdienste Brachenspezifische Bedarfe z. B. Business software

Personen & Organisation Übergeordnet

Nachhaltigkeit ISO 14000 Qualitätsmanagement ISO 9000 Risiko Management Identity (Kultur und Identität) Zentrale Funktionen

Abbildung 21: Struktur der Produkte resp. Bedarfe nach SN EN 15221-4 Taxonomy (Abbildung M. Hubbuch)

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Begriffe im Facility Management

3.3 Lebenszyklus von Gebäuden als Grundlage Ein fachgerechtes und sinnvolles Immobilienmanagement umfasst den ganzen Lebenszyklus eines Gebäudes. Hier gibt es verschiedene Modelle, oft wird der Lebenszyklus eines Gebäudes von der Konzeption über Nutzungsphase, Umbauten und Umnutzungen bis hin zum Rückbau resp. Verwertung verstanden. Nach GEFMA wird der Gebäude-Lebenszyklus wie in Abbildung 6 gezeigt definiert.

Abbildung 22: Phasen im Lebenszyklus eines Gebäudes nach GEFMA 100-2 (2004), zyklische Darstellung Neben dieser Darstellung des Lebenszyklus eines Gebäudes existieren viele zyklische Darstellungen. Jedoch verläuft die Nutzungs- und Betriebsphase nicht wirklich kreisförmig und ist schlecht in einen grossen Kreis integrierbar. Der Autor dieses Skripts hat deswegen folgende Gebäude-Lebenszyklus-Darstellung entwickelt, die auf einer Idee aus einer Schrift aus Canada beruht (Abbildung 7).

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Begriffe im Facility Management

Abbildung 23: Phasen im Lebenszyklus eines Gebäudes, nach Hubbuch, basierend auf (Natural Resources Canada, 2015)

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Begriffe im Facility Management

3.4 Modell Immobilienmanagement Im Folgenden wird auf den Bereich “Fläche und Infrastruktur“ eingegangen. Um den Bedarf einer Organisation nach Innenflächen resp. Räumen abdecken zu können, braucht es naturgemäss Gebäude. Gebäude sind meist nicht die einzigen benötigten baulichen Objekte. Oft besteht auch ein Bedarf an Parkplätzen, Zufahrten, Zäunen, Sportanlagen, Spielplätzen bis hin zu Gartenbänken. Daneben kann ein Bedarf an weiterer Infrastruktur bestehen wie Wassertanks, Versorgungsleitungen, Antennen oder Beleuchtungsanlagen. Und nicht zuletzt können auf dem Grundstück um ein Gebäude Pflanzen wachsen. Diese sind überwiegend gewünscht und künstlich angeordnet. Gemäss Obligationenrecht handelt es sich bei allem um Werke. All diese baulichen und technischen Objekte und Pflanzen stehen auf einer Landparzelle. Dabei muss infolge der unterschiedlichen finanziellen, rechtlichen und sachlichen Gegebenheiten immer klar zwischen Land (Parzelle) und baulichen resp. technischen Objekten unterschieden werden. Der gemeinsame Begriff für beides ist die Immobilie 6. Die Sicht Immobilienmanagement zeigt das Begriffsschema gem. Abbildung 8. Dieses Begriffsmodell entspricht der Realität in den meisten Organisationen und bildet sowohl die mietrechtlichen wie auch buchhalterischen Gegebenheiten korrekt ab. Die Begriffe können klar abgegrenzt werden, und die Organisation der Aufgaben resp. Prozesse kann sich nach diesem Schema richten. Das Modell zeigt den Bereich “Raum und Infrastruktur” gemäss SN EN 15221-1 in einer weiter entwickelten Form. Hier steht das Immobilienmanagement an oberster Stelle, der Begriff Gebäudemanagement kommt nicht vor. Eine Immobilie besteht üblicherweise aus einer Landparzelle und baulichen Objekten, meist Gebäuden. Das Begriffsmodell gilt dabei für alle diese Fälle und Elemente. Das Land als solches muss resp. kann im Allgemeinen nicht betrieben oder verändert werden. Es unterliegt auch keiner Alterung. Aus finanzieller Sicht ist das Land ein wichtiger Faktor, der auch einer Marktwertänderung unterliegt. Beim Immobilienmanagement stehen oft finanzielle Aspekte von Gebäuden und Grundstücken im Vordergrund. Dabei werden nicht nur die Kosten betrachtet, die eine Immobilie verursacht, sondern es stehen meist der Nutzen, Ertrag resp. die Einnahmen im Vordergrund. Synonym zum Begriff Immobilienmanagement wird der Begriff Real Estate Management (REM) verwendet, der sich auch in deutschsprachigen Ländern verbreitet. REM gibt vor allem die Sichtweise der Eigentümer wieder und bezieht sich auf ganze Portfolios von Immobilien. Wenn es sich um öffentliche Immobilien handelt, hat sich der Begriff Public Real Estate Management (PREM) eingebürgert, bei von Unternehmungen genutzten Liegenschaften der Begriff Corporate Public Real Estate Management (CREM) und bei Immobilien, die von Investoren gehalten werden um Rendite zu generieren, wird von Real Estate Investment Management (REIM) gesprochen. Das Schema für das Immobilienmanagement ist nach dem Lebenszyklus der Gebäude resp. nach dem Ablauf der Beschaffung von Räumen und Flächen geordnet. Diese müssen zuerst bereit gestellt, dann bewirtschaftet, manchmal verändert und zuletzt verwertet werden. Im Begriffsschema wird der Begriff (Immobilien)Bewirtschaftung verwendet, um die Prozesse in der Nutzungs- resp. Bewirtschaftungsphase eines Gebäudes zu benennen. Die Bewirtschaftung umfasst dabei die (Gebäude oder Immobilen-)Verwaltung und den (Gebäude.)Betrieb. Es wird klar zwischen Bewirtschaften (inkl. Verwaltung und Ertrags-Seite) und Betrieb unterschieden. Letzterer verursacht (Betriebs-)Kosten. Betrieben werden müssen dabei die baulichen Objekte (die Werke) und insbesondere die Gebäude. Die Leistungen des (Gebäude-)Betriebs sind typische Facility 6

Synonyme zum Begriff Immobile sind Liegenschaft oder (bebautes oder unbebautes) Grundstück

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Miet-, Pacht- oder UntermietErträge / interne Kostenumlagerung

Administrative (Gebäude-) Services

interne Nutzungsvereinbarung, SLA

Verrechnung Budgetierung (extern/intern)

Raumbelegung

- werterhaltend - Prozesse - im jährlichen Budget

Inspektion

Kleiner Unterhalt (durch Mieter)

Instandsetzung Verbrauchsmaterial (Reparatur) nachfüllen Verschleissteile Leistungen Spezialisten ersetzen (meist eingekauft) mit Betriebsunterbruch Ablesen

Messen/Stellen/ Wartung Regeln/Parametrieren (Service)

Überwachen

Planung

Variantenstudien

Zustandsanalyse

Mehrjahresplanung

sollte Abschreibungen entsprechen, über Rückstellungen finanziert

Inbetriebnahme

Ausserbetriebnahme Ersatz

- Aufwand und Ertrag (Leistungen)

- Aufwand kann bei Mieter sein

Modernisierung (Anlage/Bauteil)

- wertvermehrend / aktivierbar - Projekte - Projektbudget

berechtigt üblicherweise zu Mietzins-Anpassung

Aufstockung

(Gebäude-) Verbesserung

Bewertung

Marktanalyse

Verkauf Miet(Grundstück Kündigung unbebaut / bebaut) (Räume, PP, Flächen)

(Immobilien-) Verwertung

Abbruch Recycling / Entsorgung Altlastsanierung

(Gebäude-) Rückbau

- Bilanzwirksam (investive Massnahmen) - Aufwand (Kosten)

kursiv = Erklärung

Ersatz Sanierung / Umbau / Erweiterung (Anlage/ Renovation Umnutzung Anbau Bauteil)

(Gebäude, Mieterausbau) Erneuerung

(Gebäude-) Veränderung

- Portfolio Management (Kaufs-, Miet-, Verkaufsentscheide) - Standortentscheide - Investitionsplanung, Finanzierung - Strategische Flächen- und Nutzungsplanung - Objektstrategie (Asset Management) - Projektentwicklung (für Neubau, Veränderung, Rückbau)

(Anlagen-) (Gebäude-) Bedienung Instandhaltung

Störungen nachverfolgen Leistungen Tech. Dienst bei laufendem Betrieb

üblicherweise Nebenkosten-berechtigt

NebenkostenVerwaltung

teilweise Sache Mieter / Nutzer

(Gebäude-) (Gebäude-) Reinigung/ Energie / Safety Security Grünpflege Medien

Flächen- und Nutzungsplanung

Dokumentenmanagement

Datenmanagement

Flächen- und Datenmanagement

Objekt-/ LiegenschaftsMarketing Buchhaltung MieterAnlagenBetreuung Buchhaltung Mietverträge Vertragsmanagement

(Flächen-) Vermietung (extern / intern)

Abnahme/Übergabe

Bewertung

Betriebskonzept Dokumentation pflegen

FM-gerechte Bauplanung und Realisierung

Finanzierung

LebenszyklusManagement

Immobilien-Management (Real Estate Management) (CREM, PREM oder REIM)

(Gebäude-) Betrieb (Facility Services)

(Immobilien-) MarktwertÄnderung

positiv (= Ertrag) oder negativ (= Aufwand)

(Immobilien-) Bewirtschaftung (Property Management)

Lage- / Marktanalyse

(Gebäude und Raum-) Verwaltung

Lage- / Marktanalyse Objektvergleich Anmietung

Anmiete Kauf Neubau (Räume, PP, (Grundstück bebaut, (Gebäude, unbebaut / Baurecht) Mieterausbau) Flächen)

(Immobilien-) Bereitstellung

Prof. Markus Hubbuch et. al. Institut für Facility Management Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW 14.09.2016

Generisches Begriffsmodell Gebäudemanagement

Begriffe im Facility Management

Services, wie sie am Markt angeboten werden oder intern erbracht werden können. Alle Unterbegriffe können

dabei im Sinne einer Matrix für unterschiedliche Bauteile oder Objekte genutzt werden.

Abbildung 24: Begriffsmodell Gebäudemanagement (IFM, 2016)

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Begriffe im Facility Management

Bis heute oft vermischt und unterschiedlich definiert werden die Bergriffe Gebäudemanagement und Immobilienmanagement. Im Alltag von Betreibern von Immobilien stehen meist die Gebäude im Vordergrund. Deswegen hat sich der Begriff Gebäudemanagement eingebürgert. Gebäudemanagement meint dann mehr die taktischen und operativen Aspekte eines einzelnen Gebäudes, das heisst gibt die Sichtweise der Betreiber wieder. Die DIN 32736 Gebäudemanagement (2008) versteht Gebäudemanagement als die Gesamtheit aller Leistungen zum Betreiben und Bewirtschaften von Gebäuden einschliesslich der baulichen und technischen Anlagen auf der Grundlage ganzheitlicher Strategien. Dies kann auch hier so verstanden werden. Gebäudemanagement würde dann „nur“ die Lebenszyklusphase der Nutzung resp. Bewirtschaftung umfassen. In diesem Schema kommt der Begriff Gebäudemanagement deswegen nicht resp. als Überbegriff vor. Der Betrieb einer Immobilie umfasst hier alle kostenrelevanten Prozesse, welche eine Immobilie während der Bewirtschaftungsphase verursacht. Darunter fallen die üblichen Security-Prozesse für Immobilien wie Bewachung, Schliessung inkl. Schlüssel oder Ausweis-Karten, Intrusionsschutz etc. Mit den Safety-Prozessen wird die sichere Nutzung des Gebäudes sichergestellt und werden Gesundheitsrisiken vermieden. Sicherheitsfragen, welche durch das Hauptgeschäft verursacht werden oder personenspezifisch sind, sind den Prozessen Gesundheit, Arbeitsschutz und Sicherheit zuzuordnen. Nur so können die Kosten, die ein Gebäude im Betrieb verursacht, vollständig erfasst werden. Die Reinigung und die Grünpflege (resp. die Pflege und Reinigung der Umgebungsflächen) ist sowohl hier wie in den SN EN-Normen im FM dem Gebäude zuzuordnen. Die Energieversorgung, Wasserver- und -entsorgung und weitere gebäudespezifische Medien wie z. B. Salzlauge für die Wasserenthärtung sind der nächste Block. Hier kann auch ein operatives Energiemanagement im Sinne Energiecontrolling und energetische Betriebsoptimierung hinzugefügt werden. Das eigentliche Energiemanagement muss aber auf einer hierarchisch höheren Stelle zugeordnet werden, typisch als Stabsstell bei den übergeordneten Support-Funktionen. Der Begriff Bedienen ist in der Schweiz bisher wenig verbreitet, in deutschen Richtlinien hingegen schon. In der Praxis sind dies die täglichen Aufgaben des technischen Dienstes oder bei kleinen Objekten des technischen Hauswarts. Diese Prozesse können meist mit eigenen Mitarbeitern geleistet werden, intern oder durch einen Service-Provider. Aus Beobachtungen in vielen Organisationen fällt aber auf, dass genau diese Prozesse oft wenig bis gar nicht organisiert sind, sondern in Eigenregie der Mitarbeiter unstrukturiert erbracht werden. Dies mag auch erklären, dass sich dafür bisher kein Begriff eingebürgert hat. Diese Art der Leistungserbringung funktioniert zwar meist gut, aber kann weder gesteuert, noch optimiert oder mit neuen Aufgaben und Anforderungen verbessert werden. Die Instandhaltung wird mit den klassischen Begriffen deutscher Normen definiert, als Inspektion, Wartung und Instandhaltung. Diese Aufgaben müssen meist durch spezialisierte Firmen und Personen erbracht, als eingekauft werden. Deswegen ist es wichtig, dies klar von der Bedienung abzugrenzen. Einige Abgrenzungen, insbesondere zwischen Instandsetzung (Reparaturen) und Erneuerung, müssen dabei organisationsspezifisch

festgelegt

werden.

Dabei

werden

alle

Instandsetzungsmassnahmen

(Wiederherstellen des funktionsfähigen Zustandes), die im Rahmen der Instandhaltungsprozesse durchgeführt werden und aus dem jährlichen „Unterhalts“-Budget beglichen werden, als Instandsetzung bezeichnet (dies wird als Reparatur bezeichnet).

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Begriffe im Facility Management

Alle bisher aufgezählten Prozesse werden laufend benötiget und verursachen die Betriebskosten eines Gebäudes. Im Verlauf des Lebenszyklus müssen die meisten Gebäude verändert werden. Dies sind investive Massnahmen, welche als Projekte abgewickelt werden. Dazu zählen Erneuerungen und Verbesserungen. Letztere erhöhen den Zustandswert eines Gebäudes oder eines Bauteils über den ursprünglichen Wert. Erneuerung hingegen bedeutet hier die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des betriebsfähigen Zustandes ganzer Anlagen (wie z.B. Lüftungsanlagen) oder Bauelemente (wie z.B. Dach oder Fassade) oder die Sanierung ganzer Bauelemente oder Gebäude meint. Da z.B. der Ersatz der Lüftungsmonoblocke oder die Sanierung eines Flachdaches auch den (Zustands-)Wert des Gebäudes erhöht, sind dies investive Massnahmen, die in der Bilanz aktiviert werden können. Bei der (Gebäude- oder Anlagen) Erneuerung wird dabei der Wert des Objektes nicht über den ursprünglichen Neuwert erhöht, sondern es handelt sich um einen gleichwertigen Ersatz oder die Sanierung auf einen gleichwertigen Zustand. Bei der Verbesserung dagegen ist der Zustandswert nach der Massnahme höher als vorher, das heisst der aktivierbare Wert liegt über dem ursprünglichen Neuwert. Dies kann ein Umbau oder eine Umnutzung sein, was eine bessere oder neue Nutzung ermöglicht. Oder es handelt sich um eine Gebäude-Erweiterung (einen Anbau) oder eine Aufstockung. Oder der Wert wird erhöht, indem eine Modernisierung erfolgt. Insbesondere hier kann es oft vorkommen, dass eine Massnahme (z.B. Fensterersatz oder neue Wärmeerzeugung) einen Anteil Ersatz und einen Anteil Modernisierung umfasst, da das neue Bauteil oder die neue Anlage besser ist als das alte Element. Veränderungen können den Wert der Anlage resp. des Gebäudes erhöhen und deswegen ganz oder teilweise "aktiviert" werden, das heisst in der Bilanz erhöht sich der Wert dieser Aktiven (des Gebäudes oder der Anlage) entsprechend. Bei der Verbuchung und Aktivierung dieser investiven Massnahmen sind wiederum die organisationsspezifischen Anforderungen an die Rechnungslegung zu beachten. Gesondert zu betrachten ist, wie weit solche Verbesserungen auch zu einer Erhöhung der Miete berechtigen und um wieviel. Dabei sind die Bestimmungen im Obligationenrecht zur Miete, in Verordnungen zur Miete sowie mietgerichtliche Entscheide und die besonderen Usanzen im Mietwesen zu beachten (oft zusammen als „Mietrecht“ bezeichnet). Nicht zuletzt soll dieses Begriffsschema auch zur klaren und übersichtlichen Trennung Kosten und Investitionen dienen. Betriebliche Ausgaben, die einen Werteverzehr darstellen, sind Kosten (englisch OPEX, operational expenditures). Investive Massnahmen, welche bleibende Werte schaffen und deswegen in der Bilanz auch aktivierbar sind, sind Investitionen (englisch CAPEX, capital expenditures). Diese verursachen im Allgemeinen Kapitalkosten (Fremd- und Eigenkapitalzinsen) und müssen abgeschrieben werden. In der Praxis ist vielen Leuten diese wichtige Unterscheidung nicht klar, so liest man auch immer wieder von Investitionskosten, obwohl Investitionen eben keine Kosten sind. Kosten haben gegenüber Investitionen eine erheblichen Nachteil: sie machen arm (da sie eben einen Wertverzehr in Geldwerten messen). Investoren hingegen investieren üblicherweise, um reicher zu werden.

3.5 Matrix Prozesse / Bauelemente Die Prozesse gem. Abbildung 8 können mit einer Matrix den Elementen nach der Gliederung eBKP-H des CRB zugeordnet werden. Diese Zuordnung ist in Abbildung 9 gezeigt. Damit ist eine klare logische Konsistenz erreicht, und die Prozesse werden von den Bauelementen unterschieden, können dieses aber zugeordnet

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Anmiete

Bereitstellung

Legende:

Verwertung

Veränderung

Miet-Kündigung

Verkauf

Rückbau

Verbesserung

Erneuerung

Betrieb

Bewirtschaftung Verwaltung

Neubau

Kauf

Prozesse

HauptProzesse

A Grundstück

zutreffend

B C Vorberei- Kontung stuktion

D Technik

F Bedachung Gebäude

zusammen gehörend

E Äussere Wand

G Ausbau Gebäude

J Ausstattung

V W Planungs- Nebenkosten kosten

zutreffend (aber ev. andere Zuständigkeit)

H I Nutzungs- Umspez. gebung Anlage Gebäude

nicht betroffen

Y Z Reserve / MehrwertTeuerung steuer

Begriffe im Facility Management

werden. Dabei können gewisse Prozesse einzelnen Bauteilen zugeordnet werden, andere aber nur ganzen

Gruppen oder eventuell dem Gebäude oder der Immobilie als Ganzes.

Abbildung 25: Matrix Prozesse zu Elementen im Gebäudemanagement (IFM, 2016)

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Begriffe im Facility Management

Literaturverzeichnis CEN TEC 348. (2005). Entwurf EN 15221-1. Brüssel: European Comittee for Standartization. DIN 32736. (2000). Gebäudemanagement - Begriffe und Leistungen. Berlin: Beuth Verlag GmbH. Gabler Wirtschaftslexikon. (ohne Datum). (Springer Gabler Verlag, Hrsg.) Abgerufen am 04. 11 2016 von Investition: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/investition.html Gabler Wirtschaftslexikon. (ohne Datum). Infrastruktur, Definition. (S. G. (Herausgeber), Hrsg.) Abgerufen am 04. 11 2016 von Springer Gabler Verlag (Herausgeber): http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/infrastruktur.html GEFMA 100-2. (2004). Facility Management, Leistungsspektrum. Nürmberg: GEFMA. Hubbuch, e. (2016). Begriffsmodell FM und GM. Wädenswil: ZHAW, IFM. ISO/TC 267 WG 2. (2015). ISO/DIS 18480-2. Genf: ISO. ISO/TC 267/SC /WG 1. (2015). ISO/DIS 18480-1 (Draft). Genf: ISO. Natural Resources Canada. (2015). Energy Management Best Practices Guide. Ottawa: Natural Resources Canada. SN EN 15221 - 4. (2011). Facility Management - Teil 4: Taxonomie, Klassifikation und Strukturen im Facility Management. Winterthur: SNV - Schweizerische Normen-Vereinigung. Wentzel, U. J. (2016). Lassen wir die deutsche Sprache verkommen? . NZZ.

Autorenporträt Markus Hubbuch hat nach einer Lehre als Maschinenzeichner an der Ingenieurschule beider Basel (heute Fachhochschule Nordwestschweiz) studiert und 1983 das Diplom als Maschineningenieur HTL erhalten. Daran schloss er ein Studium an der ETH Zürich an, und diplomierte 1987 als Dipl. Masch. Ing. ETH in der Vertiefung Energietechnik. Von 1988 bis 2000 arbeitete er als Berater, Planer und Projektleiter bei zwei Ingenieurbüros im Bereich regenerative Energie, Energieeffizienz und HLK-Konzepten. Seit dem Jahr 2000 ist er Dozent für Gebäude- und Energiemanagement am Institut für Facility Management der ZHAW. Im Jahr 2004 erhielt er den Titel Professor ZFH. Markus Hubbuch ist Mitglied im SIA und in vielen weiteren Vereinen und engagiert sich als Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen SGNI sowie in Arbeitsgruppen der IFMA Schweiz und des Schweizerischen Vereins für Geothermie SVG. Er war Mitglied der Normenkommission SIA 113. Er ist Vertreter der Schweiz im ISO Technical Committee 267 Facility Management. Mit Stefan Jäschke ist er Autor des Buches Energiemanagement, welches beim vdf, Verlag der Fachvereine der ETH Zürich, erschien.

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FM in Swiss Hospitals

Facility Management in Swiss Hospitals – providing a critical competitive advantage Susanne Hofer ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Abstract Die Diskussion in Bezug auf die Leistungserbringung Schweizer Spitäler wird heute hauptsächlich unter politischer Betrachtungsweise, unter dem (aufkommendem) Wettbewerbsdruck, unter dem Wandel welcher die Demographie mit sich bringt und unter dem Gesichtspunkt der stetig steigenden Kosten geführt. Der laufende technische Fortschritt, das Konsumverhalten, der ausgerufene Arbeitskräftemangel und die behördlichen Entscheidungen nehmen bedeutenden Einfluss auf die Spital-Wirtschaftlichkeit, auf die Patientenbetreuung und die Mitarbeiterzufriedenheit. Tatsache ist, dass jegliche Veränderungen, ungeachtet dessen, ob diese medizinisch-technischer, ökonomischer oder strategischer Art sind, den Einsatz von Infrastruktur(en) und die Erbringung von Serviceleistungen beeinflussen. So verändern sich parallel zum medizinischen Fortschritt meistens auch die Anforderungen an die betriebliche Infrastruktur, an das Knowhow und an die Kompetenz und Verantwortung der Führungsperson. Obwohl der direkte und indirekte Wert auf strategischer und operativer Ebene über den gesamten Lebenszyklus hinweg heute (un-)bestritten ist, hat es Facility Management als Disziplin noch nicht geschafft - weder in der Gesellschaft noch in der Wirtschaft den ihm gebührenden Stellenwert zu erlangen.

1

Healthcare in Switzerland

Healthcare in Switzerland is high-performing, well-developed and available to all citizens without any undue waiting time (OECD / WHO, 2011). Therefore, as in most developed countries, it is subject to the risk of rising costs. According to the OECD ranking, Switzerland had a GDP of 11.7 per cent in 2014 (OECD Health Data, 2015) – the third highest in the world. As might be expected, the Swiss healthcare system is of extraordinary quality (Achtermann & Berset, 2006; Olmsted Teisberg, 2007) and delivers the care service promptly, however there is little or virtually cost control (Underwood, 2009). For some time, Swiss politicians have been trying – to no avail - to lower healthcare costs or at least to slow their rise (Telser, Fischer, Leukert, & Vaterlaus, 2011; Conti, 2010). According to Adams, Mounib, Pai, Stuart, Thomas, & Tomaszewicz (2006), in absence of major change, the system will collapse with regards to costs and quality. In response to the rising challenges, the Swiss parliament decided to implement the Diagnosis Related Groups [DRG] by 2012. The implementation of economic-medical incentive structures, referred to as DRG, aimed to promote effectiveness in terms of doing the right things and efficiency in terms of doing things right (Flenreiss & Rümmele, 2008; Drucker, 2007; Fetter, 1991) and structures to improve transparency regarding costs and quality (SwissDRG, 2008; Sigrist, 2006a; Indra, 2004). DRG brought a paradigm shift from the time of input orientation or whatever healthcare providers charged (Creditor, 1971; Fetter, 1991) to whatever healthcare providers receive as a lump sum for a defined performance (SwissDRG, 2008), hence the DRG model follows an output orientation. The OECD estimated under the remuneration system DRG a lift in productivity of 10 to 15 per cent within hospitals’ overall performances (Rae, 2005).

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FM in Swiss Hospitals

As we have experienced in the past, the unpopularity of reforms (Avenir Suisse, 2008; Olmsted Teisberg, 2007), the unwillingness to lead hospitals (Fetter, 1991) and the inevitable need to manage healthcare in the future, the attitude in the coming decades could be “the impossible is never impossible, it just takes more time, costs more and causes enormous trouble” (Hofer based on Kocher, 2006, p. 256).

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Hospitals – the leading role in terms of financial aspects in the Swiss Healthcare System

It seems that several factors distinguish hospitals from other businesses, because hospitals operate seven days a week and around the clock. Furthermore, hospitals have to provide very complex services and are expected not to make any mistakes. The dominance of Swiss hospitals in financial terms is seen below as figure 1 shows healthcare expenditure. Figure 1 shows the split of the four funding streams in the context of Swiss healthcare: insurance, private households, state fees for private insurance and the financial flows of the service providers, including hospitals, ambulance service providers, social medical institutions, retailers and pharmacies, preventative tasks for government or administration, as well as non-profit organisations (Hofer, 2013, p. 247). The focus of this article is on hospitals and figure 1 illustrates the hospitals’ allocation was CHF 21.7bn or 35.6 per cent of the overall healthcare expenditure in 2009.

Figure 1: Overview of healthcare expenditures 2009 (Hofer, based on GPI, 2011)

Starting in 2012, hospitals receive a prospective per case remuneration, so each kind of treatment has a fixed price. Due to the paradigm change, more efficiency and effectiveness is required of Swiss Hospitals, not only in the sense of the economisation and leadership, but also in terms of competition. Inevitable reforms are impeded by the fact that healthcare professionals consider competition to be inappropriate (Porter & Olmsted

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FM in Swiss Hospitals

Teisberg, 2006), the resistance to leading hospitals (Fetter, 1991) as well as the lack of financial transparency hospitals’ managers are confronted with.

3

Hospitals’ Challenges

Switzerland has one of the highest standards in terms of healthcare services, but other countries – also providing excellent services - spend less on their healthcare. To maintain this level, the focus has to be on efficiency as budgets are likely to be decreased year on year (Sigrist, 2006). Hospitals’ environmental influences are politico-legal, economic, sociocultural, technological, demographical and global issues. The major challenges for hospitals in terms of their core business will be the demographic shift in age, greater competitiveness, the need to provide high quality, the use of new technologies, an increase of efficiency, cost control, improved services and guaranteeing access to universal and real-time healthcare. It is already a fact that while austerity in the governmental and society context, demographic change with its higher morbidity rate and technical progress is increasing, society’s demands and consumerism has become more challenging. Those characteristics lead to higher costs and an ever stronger labour shortage (Adams et al. 2006). Swiss hospitals constantly complain labour shortage of care staff and medical practitioners (BASS, 2011; OECD, 2010), which contributes to making healthcare a highly sensitive topic within society and political circles. Other factors that boost the labour shortage is the increase in part-time work models – most of the female medical practitioners - as well as a declining birth rate. Hospitals must – in addition to medical-therapeutic services - provide accommodation for sick and injured people, hence they have to run hotels and other services (Fetter, 1991) of a high quality and meeting patient expectations. Ironically, although competition between Swiss hospitals will “focus on hotel services and reputation, reputation can be enhanced by artificially high prices” (Olmsted Teisberg, 2007, p. 68). However, hospitals are compelled to make cost savings through structural changes (Mettler & Rohner, 2009) if they want to justify their existence. Structural changes usually need an adaption of infrastructures; this in turn depends on available capital. In the context of the estimated investment backlog of Swiss hospitals, to the level of costs of CHF 15–20 billion (Elsener, 2011) as well as general financial restrictions, hospitals’ planning in conjunction with financing has become highly significant, in particular as investments in infrastructure have to be covered entirely by revenues from per case payments - referred to as DRG (SwissDRG, 2015). The challenge hospitals face is being confronted with increasing demands for their non-medical services while at the same time being under pressure to reduce costs (Madritsch, 2009; Slembeck, 2006; Fetter, 1991). Efficiency, quality, enhanced image and competitiveness are the bases for economic survival for hospitals (Olmsted Teisberg, 2007; von Eiff, 2007). Consequently, the approach is “redesigning healthcare delivery (…) that will enable dramatic leaps in learning, quality (…) and efficiency” (Olmsted Teisberg, 2007, p. 15) – an area where FM is ideally placed to make a positive contribution.

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FM in Swiss Hospitals

4

The power of hospitals’ FM - is it in the process of being recog-nised and valued?

FM is the major performer of the non-core activities, which are also called support and service activities or non-medical support activities (Gerber & Läuppi, 2015), and account for about one-third of hospitals' total costs (Abel & Lennerts, 2006). Despite this enormous breath of responsibility, this area is not generally designated as an entity in its own right. Unfortunately, more than 30 different terms are in use for the positions of the FM leader in Swiss hospitals, none like Chief Facility Manager Officer [CFMO] or similar (Hofer, 2013). Even though FM plays a key role in justifying a hospital’s existence, the FM’s role is not fully recognised (Lehtonen & Salonen, 2006). One reason for this could be that the FM department has no direct representative at senior management level. According to Wiggins (2014) “the senior management (…) does often not fully understand the full scope and range of FM’s responsibilities” (p. 20). The result is that strategic decisions are made without taking into account consequences for the FM department nor optimisation measures in and for the core business (Läuppi, 2016). FM requires a thorough organisational redesign at all levels and a holistic approach by all stakeholders in order to increase its potential and efficiency. Therefore, the financial streamlining demanded in a hospital’s performance could – to a large extent - result from improvements in the processes. Redesign at all levels includes the metamorphosis of the facility manager into a CFMO (see figure two) including the competence and responsibility of a C-level manager.

Figure 2: The correct position of hospitals CFMO (Hofer, 2013, p. 203 based on CEN, 2012, p. 62)

Within a strong shift in the direction of strategic level, the CFMO would have the authority to act as a manager and also the discipline would be recognised as a management discipline. In theory, the facility manager is not often represented on the executive board level, and if at all, by people holding another job title (Hofer, 2013). Hence, the profession of a facility manager in the hospital has to be strengthened in the direction of becoming a general manager on a strategic level. Therefore, the professional education has to be strengthened and specialised. Such an important line of business would need managers who, through some form of education, are specialists in their field, instead of simply slipping into the industry by default. To achieve this first - the industry has to see the extraordinary value of FM and second, hospitals leaders have to accept the evolution in the decision-making process. Most probably, by having managers with such an education and the power given by the board of directors, the title of facility manager would change rapidly from the wallflower image to

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FM in Swiss Hospitals

a market leader position within Swiss hospitals (Hofer, 2013). Already years ago, the British Institute of Facility [BIFM] were of the opinion that successful organisations approach FM as an integral part of their strategic plan, not least because organisations that treat FM as a commodity overhead are at a significant strategic disadvantage (BIFM, 2009). Prior to the DRG implementation in 2012, the heads of Swiss hospitals responding to a survey rated the importance of FM on strategic decision-making processes and investments decisions on an operational level. The outcome (see figure three) shows quite clearly that there is perceived to be a much greater influence on operational decisions than on strategic decisions. This outcome supports the thesis that although FM is responsible for about one-third of hospitals total spending (Abel & Lennerts, 2006), its influence on the strategic level is not sufficiently recognised (Hofer & Stampfli, 2011).

Figure 3: Influence of FM on strategic decision processes and on investment decisions on an operational level (Hofer & Stampfli, 2011)

A major reason for FM being recognised on the strategic level in the Anglo-Saxon countries is that FM functions play a key role during the whole life cycle of a building. During the life-cycle, not only the structural and technical, but also the infrastructural functions of a building and its facilities must be maintained and adapted to requirements (Chadli & Frosch, 2001). Financially speaking, the life-cycle cost can be “many times (...) the initial purchase or investment cost” (Woodward, 1997, p. 335). This statement was qualified by Schroeter (2006, p.12) who estimated that the anticipated average life of a hospital building of around 50 years equates to 10 to 15 percent of the total life-cycle cost of a building. Structural changes – such as those Swiss hospitals have to undertake - usually need an adaption of infrastructures, and unsurprisingly, every single hospital is looking to renovate or reconstruct the hospital. Hosking and Jarvis (2003) accounted for the boom in the US thus: “wealthy areas facing strong competition to build new facilities to accommodate services of a high standard” (p. 215). The redevelopment of existing space and processes will facilitate the work being carried out and make the work easier, enabling the workforce to continue working as they grow older, the idea being that the workforce will use new technology which will promote greater efficiency in daily working life. In the USA, the impact on market performance is evident as hospitals that have replaced or upgraded their facilities have experienced significant growth in inpatient admission as well as outpatient visits. Thanks to the upgraded facilities, between the “pre-opening to post-opening” (Hosking & Jarvis, 2003, p. 221) phase the ratio of employees per bed decreased by 12 per cent. Financially, “redevelopment has had a positive impact on

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FM in Swiss Hospitals

profitability levels, as in most cases the operating margin has improved” (Hosking & Jarvis, 2003, p. 222), the proof for Swiss hospitals is still outstanding. Haller (2013) shows (figure four) how advanced planning for hospital buildings have to come up (SOLL) with higher initial investments for planning and construction. The return of this investment is the significant decrease in the operating expenses over the lifecycle of the hospital. Here, the volume of the building, hence the available space, as well as the chosen degree of automation are key driving factors in terms of operating expenses.

Figure 4: shift of costs due to Life Cycle Costing (LCC) optimisation (Haller, 2013)

If FM and its processes are built and designed with state of the art the yearly operating expenses are decreasing significantly. Hofer and Haller (2014) anticipated the decrease as “financial gain”, in that the yearly amount of the cost of capital, as well as the yearly amount of the depreciation of the new building, are at least of the value of the decrease. Hospital professionals differ greatly in terms of their education, their attitude to incentives and their value systems (Glouberman & Minzberg 2001). Not surprisingly, Porter and Olmsted Teisberg (2004) reaffirmed that within the core business of a hospital little division of labour exists, so highly specialised staff often provide low-level work. Critics argue that there would be no labour shortage of highly educated workers in healthcare if the highly educated workers such as physicians and caregivers only provided expertise related work. No value or low value-added activities performed by medical experts account for 30 to 40 per cent and those provided by caregivers for between 20 and 30 percent of their work time (Tommer, 2011; Paeger, 2009, 2011). With a reassignment of the non-expertise related work carried out by caregivers to people with a more general education would be more suitable. This work can be performed more efficiently and cost-effectively by people with an FM background. It is in hospitals’ interest to deploy their human resources where they will be of most benefit and this gives ample reason to introduce new FM concepts such as room service or according to Züger (personal communication, September 9th, 2016) mobile on the spot food service. Honegger and Hofer (2011) anticipated – only within the new concept room service, hence food provision - a decrease of five percent of the nursing staff. Both concepts produce a great value in terms of enhanced quality, lower costs and better image. The number of employees, converted into full-time equivalents, for non-medical services amount to about 29% of all employees (FSO, 2013). Having subtracted the administrative staff such as Finance or Human Resource,

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FM in Swiss Hospitals

FM-related employees account for about one-fourth of the total workforce – keeping in mind that most of them tend to be on a lower pay scale. Assuming a reassignment of some activities performed by nurses or carers to additional staff of the FM department, the “balance of power” would change – as would the overall cost of staffing - such that in terms of absolute numbers of employees the FM department would become larger, if not the largest department in the hospital (Hofer, 2013, Honegger & Hofer, 2011). Dettwiler (2006) stated that outsourcing is an often used as a synonym for FM and as a way to reduce cost. The German industry expected a cost reduction of 23 per cent with the services that were outsourced and was deeply disappointed with its achievement of 17 per cent (Forthmann, 2004). In the Swiss hospital context, such a figure cannot be ascertained as there are no clear data or KPIs available. The surveys carried out by Hofer and Rohrer (2011) found that the partial outsourcing activities were even declining over this period of time (Hofer, 2013). Hence not the question of “make or buy” has become the major driver achieving high quality while at the same time reducing cost, rather the question is how to combine core and non-core activities within the hospital business. One solution could be to establish in terms of subsidiaries. Most of the processes of benchmarking require external objects of comparison. In this context, access to valid data is often problematic and in addition, FM data are not yet available in a pure form in Switzerland (Dieckmann, 2003). The confidentiality of data needed to get usable results often makes meaningful benchmarking almost impossible. Within the research project Value of Support2, the impossible became possible by establishing a benchmark of all kinds of food provision in hospitals. Moreover, the 46 collaborating hospitals can generate a competitive edge because they are likely to have internal access to confidential data suitable for benchmarking (Hofer, Honegger, & Züger, 2013). There is very limited cost transparency in FM services performed and in the management of all FM tasks, hence no standard way of handling FM cost allocations. This situation means that no fundamental financials basis exists for calculating KPIs, doing benchmarks or for any strategic FM decisions simply due to the low quality of data and inconsistent use of FM terms. Therefore, an allocation system was necessary prior to devising new ways of financing.

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Conclusion

As already discussed, FM in hospitals is a very broad field and few research projects have so far considered it. The basis for FM's development in hospitals by researchers and businesses has to be developed intensely. Therefore, basic research in terms of definitions and accounting and controlling systems is urgently required. Without generating reliable hard factors such as an accounting system which generates quality data for FM and the allocation of activities and services that belong to the FM performance, further research or development of FM in hospitals, even in healthcare in general, will remain anecdotal. In a business environment with a very strong focus on cost, soft factors have little or even no recognition, hence are only of value if based on facts and figures. Today’s wallflower image the facility manager in hospitals has to be changed rapidly to a market leader position within Swiss hospitals. To summarise, the content of further research will be broad and extremely far-reaching, and therefore it will have to be done by a large number of researchers. FM in hospitals is waiting to be developed.

122

FM in Swiss Hospitals

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Dieser Artikel basiert auf verschiedene Veröffentlichungen erstellt von Autoren und Autorinnen der Forschungsgruppe FM in HC. Der Abdruck aus vorhergehenden Artikel ist in verdankenswerter Weise mit deren Genehmigung erfolgt.

Autorenportrait Prof. Dr. Susanne Hofer bringt mehrere Jahre Erfahrung aus der internationalen Hotellerie so wie aus der strategischen Führung von Spitalgruppen mit. Seit gut zehn Jahren arbeitet sie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften am Institut für Facility Management und leitet die Kompetenzgruppe Hospitality Management, ist Mitglied des Institutsleitungsteams und steht den zahlreichen Forschungsprojekten FM in Healthcare vor.

125

Facility Management und Naturwissenschaften

Facility Management und Naturwissenschaften Thomas Hofmann, Thomas Leiblein ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Facility Management ist eine Kunst des Verbindens von verschiedenstem Wissen, unterschiedlichsten Disziplinen und Modellen. Im FM treffen bauphysikalische Phänomene auf chemische Stoffe in der Luft. Gesund zu arbeiten, bis zum Erreichen der Pensionsgrenze, erfordert mitunter Erweiterungen des beruflichen Alltags um neue Arbeitsmodelle. Unbekannte Erreger geistern nicht nur durch die Medien-landschaft und Pandemiekonzepte sind überall gefragt. Über den Bildschirm oder Touchscreen kommt die Welt mit Unfällen und Terror bis zu uns ins Gebäude, bis zu uns nach Hause. In diesem Kontext stellen wir eine Reihe von Projekten aus Chemie, Arbeitshygiene und Risikomanagement der letzten 10 Jahre am Institut für Facility Management dar und lassen dabei auch unsere Projekte und Forschungspartner zu Wort kommen. Wir ergründen zudem: • wie zum Beispiel die westliche Gesellschaft mit der Bedrohung von nuklearem Terror umgeht • welche Methoden und Mittel hierbei dem Bevölkerungsschutz zur Verfügung stehen • wie wir Retter schützen und • was dies für Verantwortungsträger im FM in der BCM-Planung bedeutet Die vorgenannten Fragen stehen im Kontext eines Forschungs-Projekts, das in Zusammenarbeit mit dem Nationalen ABC Kompetenzzentrum des Bundesamts für Bevölkerungsschutz dem Labor Spiez, und in Kooperation mit der Universität von Hertfordshire sowie Industriepartnern durchgeführt wird.

Abbildung 4: Internationale Verbundübung FTX 2014 CBNR D-A-CH in Genf

126

Facility Management und Naturwissenschaften

1

Naturwissenschaftliche Ausbildung im FM

Die Studierenden des Studienganges Facility Management [FM] kommen mit den unterschiedlichsten Vorbildungen und Lernhaltungen zu uns. Im naturwissenschaftlichen Grundlagenmodul erhalten sie Gelegenheit, den Mittelschulstoff zu vertiefen und aus neuen Blickwinkeln anzuschauen. Was wollen wir damit erreichen? In der Chemie wird ein enges Spektrum an Wissen weitergegeben. In sieben Halbtagen geht es hierbei auf eine kurze Reise mit den Themen Materie, Reaktionsgleichgewichte, Säure/Base- und Redox-Reaktionen. In den letzten beiden Halbtagen folgen Informationen zu Reinigungsund Pflegemitteln, welche zudem im Labor hergestellt werden. Hiermit ausgerüstet sind die Kursabsolventen in der Lage, einfache Reinigungsprobleme, wie das Überschreiten der Maximaldosierung (CMC; engl.: critical micelle concentration / dt.: kritische Micellenbildungs-Konzentration) oder Beschichtungs-probleme zu erkennen und zu verstehen. Damit sind sie in der Lage, Problemlösungen zu erarbeiten und diese stufengerecht zu instruieren. Wo finden wir im FM weitere Berührungspunkte mit derartigen, naturwissenschaftlich begründeten Zusammenhängen? Wir sind aktiv in der Beratung von Wasch- und Reinigungsprozessen. Als Bachelor-Abschlussarbeit wurde zum Beispiel ein Kaltwaschverfahren eines namhaften Schweizer Anbieters so optimiert, dass ohne Änderung der Formulierung, also ohne eine Veränderung in der Zusammensetzung der Inhaltsstoffe, erhebliche Verbesserungen in den Leistungsparametern „Weissgrad“ und „Waschwirkung“ erreicht wurden. Die Arbeit erhielt vor 2 Jahren den zweiten Preis am Interanationalen Kongress der SEPAWA in Fulda, Deutschland. Die SEPAWA ist die Vereinigung der Seifen-, Parfüm-, Kosmetik- und Waschmittelfachleute e.V. und zählt zu den grössten Fachvereinigungen in Europa. Seit dem Sterben der Textilindustrie in der Schweiz und deren Verlagerung nach Asien nimmt das Wissen über Textilfasern, Spinnereimethoden, Webetechnik und textile Ausrüstung ab. Mit der Pensionierung der „alten“ Textilingenieure verschwindet auf dem Textil- und Wäschereimarkt unwiderruflich Wissen. So überlebten nur wenige Firmen diesen Strukturwandel und besetzen nun mit ihren Nischen erfolgreich Lücken, welche von Asien (noch) nicht in dieser Qualität und kundenspezifischer Orientierung ausgefüllt werden. Für uns Facility Manager ist es nun wichtig aufzuzeigen, was Gebrauchsqualität bei Textilien bedeutet und wie hier eine Einkaufsbewertung aussehen kann. Der Einkaufspreis ist hier nur ein kleiner Teil der Kosten über den gesamten Lebensweg eines Gebrauchstextils. Bei der Bewertung der Einkaufsqualität kommen auch hier wieder Kenntnisse der Chemie mit Depolymerisierungsfaktoren von Baumwolle, Alterung durch Bleichmittel sowie die Bewahrung der physiologischen Faktoren ins Spiel. Möchte nun eine Psychiatrie oder ein Gefängnis qualitativ hochwertige Textilien beschaffen, so stellt sich für die beschaffende Stelle, wie auch für den Nutzer und die aufbereitende Stelle die Frage, wie denn überhaupt ein solches Produkt zu qualifizieren ist. So sind auch

hier,

neben

Lebensdauerkosten,

allem Art

kaufmännischen

der

Wissen

FM-relevante

Brandschutz-Implementierung,

Parameter

anzuerkennen

Mangeltemperaturen,

Stückelung

wie und

Waschprozess-Parameter, welche in der Kalkulation neben dem Einkaufspreis in guter Relevanz gewichtet sein wollen. Die Formulierung eines solchen Prozesses der gewünschten textilen Eigenschaften und einer adäquaten Qualität zu optimierten Bedingungen über den gesamten Lebenszyklus ist gegenwärtig Teil einer Abschlussarbeit.

127

Facility Management und Naturwissenschaften

1.1

Gemeinsamer Formulierungskurs SEPAWA Sektion Schweiz mit der ZHAW

Seit 7 Jahren führt die SEPAWA Fachgruppe PRP [Professionelle Reinigung und Pflege] ihr Europäisches Fachgruppentreffen im Frühjahr jeweils in Rapperswil mit Unterstützung des Instituts für Facility Management [IFM] der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften [ZHAW] durch. Thomas Leiblein, als Schriftführer, und Thomas Hofmann, als Fachgruppenleiter, organisieren mit weiteren Beteiligten der Fachgruppe den Anlass, die verschiedenen Referate und Kolloquien sowie das Rahmenprogramm mit einem gediegenen Essen im Restaurant Schwanen. Die aktive Mitarbeit in dieser Fachgesellschaft, sei es in der Fachgruppe oder der Sektion Schweiz, erlaubt den Austausch mit der I&I Branche (Industrial and Institutional), bietet wertvolle Kontakte zu Herstellern und Produzenten von Wasch- und Reinigungsmitteln und ermöglicht einen interessanten und geschätzten Austausch mit den anderen FM-nahen Hochschulen, wie der Hochschule Ostwestfalen Lippe, der Hochschule Albstadt-Sigmaringen 7 sowie der Hochschule Niederrhein 8 . Dieser fachliche Austausch, welcher zum Teil schon seit mehr als 15 Jahren stattfindet, ermöglicht einen industrieund forschungsnahen Austausch von Erfahrung und Wissen und mündete 2015 in die erste Ausgabe der Summerschool der SEPAWA in Kooperation mit der ZHAW zum Thema „Dispersionen/Emulsionen“. Der zweite Durchlauf in diesem Jahr erfolgte zum Thema „Granulate, Pulver und Tabletten“. Die Veranstaltung, unter Federführung des IFM, fand institutsübergreifend statt (IFM: Thomas Hofmann, Institut Chemie und Biologische Chemie Prof. Dr. Andrei Honciuc & Prof. Dr. Vera Luginbühl, Institut für Lebensmittel und Getränkeinnovation Petra Huber, Uni Hertfordshire Dr. Viralkumar Patel). Einen ganzen Tag lang waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Gast beim Migros Industriebetrieb der MIFA in Frenkendorf. „Die SEPAWA ist die Vereinigung der Seifen-, Parfüm-, Kosmetik und Waschmittelfachleute und setzt sich als innovativer Verein für die Aus- und Weiterbildung der Mitglieder ein. Der Vorstand organisiert

im

Laufe

der

Jahre

kleinere

und

grössere

Vortrags-

und

Besichtigungsanlässe, welche durch den starken und globalen Druck in der Industrie immer weniger besucht werden können. Gleichzeitig hat die Branche immer grössere Probleme mit der Rekrutierung von jungen Berufsleuten, welche bereit sind, ein fundiertes Formulierungswissen auf diesen Gebieten aufzubauen. Deshalb diskutierte der Vorstand mögliche Massnahmen zur Neugestaltung seiner Tätigkeiten, neue Formen der Wissensvermittlung und die Möglichkeit, junge Studierende für das Thema Abbildung 5: Rudolf der SEPAWA zu begeistern. Gitzi, Präsident Tom (Thomas) Hofmann, Dozent der ZHAW und Mitglied des SEPAWA-Vorstandes, SEPAWA Schweiz regte zu einer gemeinsamen, wiederkehrenden Ausbildungsveranstaltung an, welche für angestammte Berufsleute lehrreich ist, Studenten als Kontaktbörse dient und den Studierenden einen thematischen Einstieg ins Formulieren ermöglicht. Unter dem Projektnamen „Summerschool“ erarbeiteten die ZHAW und die SEPAWA Schweiz die Rahmenbedingungen für das Gelingen eines solchen Vorhabens. Mit einer grossangelegten Online-Umfrage wurden Bedürfnisse und Vorstellungen innerhalb der Branche und der Hochschule erfragt aber auch zukünftige, potentielle Teilnehmer und Mitwirkende auf diese Möglichkeit

7 8

http://www.hs-albsig.de/Seiten/homepage.aspx Prof. Dr. Gerhard Winter https://www.hs-niederrhein.de Prof. Dr. Tobias Kimmel

128

Facility Management und Naturwissenschaften

aufmerksam gemacht. Daraus entstand ein Konzept mit dem Trilogie-Programm flüssige Formulierungen, Pulver/Tabletten sowie Aerosole und dies jährlich während je einer Woche. Mit diesem Konzept wurde der Finanzierungbedarf ermittelt und beim deutschen Mutterverein um eine Beitragsspritze ersucht. Mit den Beiträgen der SEPAWA Schweiz und des Muttervereins konnten die weiteren Vorbereitungen durchgeführt werden. Im September 2015 durften sich die ersten 8 Industrieteilnehmerinnen und -teilnehmer und 8 Studierende mit dem Thema flüssige Formulierungen beschäftigen, dies nicht nur im chemisch-technischen, sondern auch im kulinarischen Sinne beim Abendevent einer Molekularküche. Im Jahr 2016 durften sich die Teilnehmer den Pulverthemen widmen und sich das Zusammenspiel zwischen Pulver, Granulat und einer Tablettenherstellung zu Gemüte führen. Als grosses Thema konnte man einen Tag lang die Entstehung von Waschpulvern beobachten, die Zusammenhänge in einem Sprühturm verstehen und die Vielschichtigkeit der Waschmittelentwicklung kennenlernen. Im dritten Teil, der im Jahr 2017 folgen wird, setzen sich die Teilnehmer mit Aerosolen auseinander setzen. Ein Gebiet, welches verpönt ist, aber trotzdem oft keine Alternativen kennt. Wir danken der ZHAW und insbesondere Tom Hofmann für die geistige, organisatorische und praktische Zusammenarbeit und freuen uns auf den nächsten Teil der Trilogie!“ Autor: Rudolf Gitzi, Präsident SEPAWA Sektion Schweiz, Leiter Labor Services Mibelle Group Mifa AG Frenkendorf

2

Gebaute Umwelt und Arbeitsumgebung im FM

Die gebaute Umwelt ist nicht statisch. Tragwerke aus Beton verändern ihre Kristallisationsstruktur über Jahre und stehen dazu noch in dauerndem Austausch mit ihrer Umgebung. So wird von der stark alkalischen Betonmatrix CO2 aus der Raumluft aufgenommen und durch die Alkalien des Betone gebunden. Diese Karbonatisierung führt nach der Unterschreitung einer bestimmten pH-Grenze unter Umständen zur Bildung von Rost auf dem Armierungsstahl und somit zur möglichen statischen und optischen Beeinträchtigung des Bauteils. Als Arbeitshygieniker bin ich (Thomas Hofmann) ein absoluter Anhänger von anorganischen, klassischen Baustoffen wie Lehmputzen, Silikat-Farben und Holzbaustoffen. Auch hier hatten wir zusammen mit dem Institut Chemie schon gemeinsame Projekte wie den Austausch von Boraten in Zelluloseisolationen. Alle Baustoffe interagieren mit ihrer Umwelt. Jeder Stoff emittiert Bestandteile seiner Zusammensetzung in die Raumluft und reagiert dort unter Umständen mit anderen Bestandteilen. Die Messung solcher flüchtigen Stoffe stellt mit den heutigen Geräten und Methoden kein grosses Problem mehr dar und gehört zum StandardRepertoire der Innenraumhygiene. Die Interpretation hingegen ist anspruchsvoll und höchst spannend. Bei Untersuchungen von Grundreinigungsverfahren mit dynamischen Messungen stellten wir fest, dass im Sonnenlicht plötzlich Stoffe wie Formaldehyd gebildet wurden, welche wir nicht erwartet hatten und die besondere Schutzmassnahmen erfordern. Die Studierenden des FM sollten in diesem Kontext über mögliche Risiken ihrer späteren Immobilien aufgeklärt werden, die grundsätzlichen Messmöglichkeiten kennen und die verschiedenen Ansprechpersonen bei Problemen. Was können wir messen?

129

Facility Management und Naturwissenschaften

Raumklimaparameter Raumtemperatur T und Strahlungstemperatur (Globetemperatur) TG relative Feuchte rH Oberflächentemperaturen/ Infrarot-Strahlung

Physikalische Parameter Lärm (Impulse, kurz-und Langzeit) Licht und Beleuchtung Verständlichkeit von normierter Sprache (Schallkopf) Elektromagnetische Strahlung Radon Luftgeschwindigkeit/Zugluft Partikel (Nachweis bis 25 Nanometer)

Chemische Parameter Klassische Innenraumanalytik aller VOC/MVOC durch Tenax/GC-MS Dynamische Gasmessung von bis zu 45 Komponenten parallel: dies ermöglicht die Darstellung z.B. von Reinigungsarbeiten oder von Tracer-Gas in Gebäuden

In eigenen Messkampagnen durch diverse Dienstleistungsaufträge sowie durch die Mitarbeit in Forschungsgruppen versuchen wir unsere Kompetenz auf diesem Gebiet weiterzuentwickeln. Mit unserer Ausrüstung von 18 Klimamesseinheiten, Schall und Partikelmessung sind wir in der Lage, komplexe IAQ (Indoor Air Quality) Probleme zu erfassen, auszuwerten und evidenzbasierte Lösungen vorzuschlagen. Es besteht ein enger Austausch mit Partnern beim Bund (SECO) und Hochschulen (z.B. Universität Lausanne).

2.1

Gastbeitrag SECO: Facility Management und Naturwissenschaften „Die Arbeitsumgebung beeinflusst Gesundheit und Arbeitsleistung von Arbeitnehmenden. Deshalb gibt es für Gebäude, in welchen gearbeitet wird, Vorgaben zu verschiedensten physikalischen Parametern wie beispielsweise dem Raumklima, der Luftqualität, der Akustik und der Beleuchtung. Angaben und Richtwerte für die einzelnen Parameter sind in den Normen (SIA, SN, EN etc.), in den Wegleitungen zum Arbeitsgesetz (Verordnung 3, Gesundheitsschutz)

und

in

der

Verordnung

zur

Verhütung

von

Unfällen

und

Berufskrankheiten beschrieben. Abbildung 6: Dr. Christian Monn, SECO

Ein Gebäudemanager hat unter anderem die Aufgabe, gute Bedingungen für die Gebäudenutzung (Energieeffizienz, Betrieb) und die Nutzenden selbst zu

schaffen. Er profitiert von naturwissenschaftlichen Kenntnissen, da er so Situationen im Gebäude besser beurteilen

kann.

Arbeitshygienikern,

Zudem

fällt

die

Diskussion

Lüftungsfachleuten)

durch

mit ein

Fachspezialisten gemeinsames

(z.B.

Sicherheitsingenieuren,

Grundverständnis

leichter.

Sein

Aufgabenfeld entspricht somit teilweise demjenigen eines Arbeitshygienikers. Ein Arbeitshygieniker analysiert Gefahren für die Gesundheit im Arbeitsumfeld, überwacht und bewertet diese und sucht Lösungen, um die Gesundheit der Arbeitnehmenden zu schützen. Er muss über das Verhalten chemischer und biologischer Stoffe und physikalische Prozesse Bescheid wissen. Eine interdisziplinäre Herangehensweise gewährt eine umfassende

Betrachtung

der

Gesamtsituation

(inkl.

Ergonomie

und

Arbeitsorganisation).

Ein

Arbeitshygieniker braucht ein Verständnis für die Messtechnik, das methodische Vorgehen (Messkonzept),

130

Facility Management und Naturwissenschaften

das Wissen über die Qualität und Aussagekraft von Messdaten (Nachweisgrenzen, Präzision), die Berichterstattung und die Interpretation der Messdaten in Bezug auf gesundheitliche Wirkungen (Grenz(MAK)-, Richt- und Orientierungswerte). Ein Beispiel: Die Messung und Bewertung des Raumklimas beruht auf unterschiedlichen Parametern wie beispielsweise der Raumtemperatur, Luftgeschwindigkeit, Strahlung, Aktivität der Personen. Die Methoden der Messtechnik basieren auf physikalischen/chemischen Prinzipien (z.B. Echtzeitmessgeräte für Licht, Luftqualität, Schall). Einfache Messgeräte für Überwachungen (CO2, Temperatur, Feuchte) nutzen dieselben Prinzipien. Analytisch-chemische Kenntnisse und biologisches Wissen sind je nach Studienobjekt ebenfalls notwendig. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein technisches und naturwissenschaftliches Fachwissen für die Arbeit als Facility Manager unentbehrlich ist.“ Autor: Dr. Christian MONN, Stv. Ressortleiter Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Ressort Grundlagen Arbeit und Gesundheit (ABGG)

3

Projekt Dirty Bomb Dekontamination: Eine vom Bund gefördertes Forschungsprojekt des Labor Spiez mit der ZHAW

Als 2011 der Tsunami über die Japanische Küste fegte und das Kernkraftwerk f*ckushima zerstörte, war dies der Startpunkt einer Entwicklung, welche wir zu dieser Zeit noch nicht absehen konnten. An einer von der SEPAWA Fachgruppe PRP durchgeführten Tagung zum Thema Dekontamination im Frühjahr 2012 sprach Dr. Emmanuel Egger, Chef Kernfragen am Labor Spiez, über mögliche Methoden und Auswirkungen dieser Katastrophe. Im damals noch bestehenden Fach Spezialreinigung wurden auf Initiative der Firma Diversey japanische Comics (Mangas) zur Reinigung und Dekontamination von Infrastrukturen wie Hotels, Lebensmittelbetrieben und Geschäftsräumen erstellt. Daraus entwickelte sich ein reger Austausch, welcher in einem

vierjährigen,

von

Grundlagenforschungsprojekt

der

Eidgenossenschaft

zum

Thema

gefördertem

Dekontamination

nach

„DirtyBombs“ (DBD; engl.: Dirty Bomb Decontamination) endete. Aufgrund der beschränkten Infrastruktur für derartige Forschungsprojekte am eigenen Hochschul-Standort, lud das Labor Spiez zur Nutzung seiner Labors ein. Dort wurden, unter kontrollierten Bedingungen, erste Versuche zur Aufarbeitung von verseuchtem Kühlwasser nach einem britischen Patent 9 durchgeführt. Die Ergebnisse wurden 2015 am ersten CBNRKongress in Antibes präsentiert. Durch die gute Vernetzung im Sicherheitsumfeld der Schweiz sowie wiederum der ausgezeichneten Abbildung 7: Versuchsaufbau Labor H

Zusammenarbeit mit dem ICBT (Fachstelle von Dr. Christian Adlhart) konnten eine gute Idee umsetzt werden und zusammen mit einer Firma

9

GB2416537 Water treatment for removal of fine particulates

131

Facility Management und Naturwissenschaften

(tbSafety AG) und der Wirtschaftsförderung Aargau innerhalb kürzester Zeit ein neuer Filter für Reinraumanzüge/CBNR-Anzüge entwickelt werden, welches dieses Jahr mit einem europäischen Patent geschützt wurde. Im Oktober geht das Projekt in eine neue Phase. Nach langen Vorarbeiten wird im Sprengbunker der Armasuisse 10 Cäsium gesprengt und so eine möglichst reale Kontamination auf verschiedene Oberflächen aufgebracht. Danach werden in einem grossen Klimaraum des Labor Spiez die Materialien gelagert und bewittert. Von Zeit zu Zeit (1, 2, 7, 28 und 140 d) werden Proben mittels Bohrkernen aus den Materialien entfernt: Beton, Ziegelsteine und weitere Baumaterialien werden beprobt, aufgeschlossen und mittels ICP/MS auf den vorhandenen Cäsium-Gehalt gemessen. Nach Abschluss der Untersuchungen können Aussagen zum Verhalten der Cäsiummigration in Baustoffen in Abhängigkeit von Bewitterung, Alter, Material abgeleitet werden. Zudem steht hiernach ein neuartiges, miniaturisiertes Verfahren zur Durchführung von Dekontaminationsversuchen auf für Immobilien relevanten Baustoffen zur Verfügung. Weiterhin werden Aussagen zur Sorptionskinetik von Cäsium-Ionen vorliegen. Damit

können

Vorgaben

zur

Krisenbewältigung

hinsichtlich

des

effektiven

Zeitfensters

für

Handlungen/Massnahmen sowie der Dekontaminations-Methodik gemacht werden.

3.1

Gastbeitrag von Patrick Hanhart: ABC, HACCP, RABC, JPN, 3P, H2O, CI usw. miteinander vernetzen und verständlich machen!

„Als Abgänger der ZHAW Winterthur mit Abschluss in „Business & Law“ kenne ich mich bei den Naturwissenschaften nur oberflächlich aus. Umso mehr schätze ich die bereichernde Zusammenarbeit mit dem Institut für Facility Management der ZHAW, als Ergänzung zu meinen firmeninternen Expertenkollegen, welche ich in den vergangenen 10 Jahren auf unterschiedliche Art erleben durfte. Der starke Praxisbezug und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachbereichen sind für mich eine der vielen Stärken der ZHAW, welche ich in diesem Ausmass an keiner anderen Fachhochschule oder Universität entdecken durfte. Das Engagement, die Flexibilität und die Fachkompetenz der Dozierenden und der Studierenden durfte ich beindruckend erleben, als wir nach der Atomkraftwerk-Katastrophe in f*ckushima von unseren internationalen Kunden mit komplett neuen Fragen konfrontiert wurden: Was bedeutet solch eine Katastrophe während des Ausbruches, nach dem Ausbruch und wie kann man sich vorgängig darauf vorbereiten? Und dies nicht nur bei nuklearem Ausfall, sondern auch bei Erdbeben und Hochwasser? Alles für sich einzeln gesehen und in den verschiedenen Kombinationen? Wie sehen die entsprechenden Massnahmen für Spitäler, Heime, Schulen, Büros oder Restaurants aus? Und wie kann das alles in verständlicher Form kommuniziert und umgesetzt werden?

10

http://www.ar.admin.ch/

132

Facility Management und Naturwissenschaften

Nach einem kurzen Gespräch mit Dozenten der ZHAW war der Entschluss gefasst: Mit der Kombination von Experten und der Recherche-Power von 60 Studierenden kann dies innerhalb von 3 Wochen bewerkstelligt werden. Auf dem für kollaborative Zwecke nutzbaren ZHAW-Netzwerk wurde eine Datenablage geschaffen, auf welcher die Studierenden ihre Funde und Erkenntnisse zusammentrugen. An drei Tagen wurden mit jeweils

20

Studierenden

in

Gruppenarbeiten

einzelne

Teilbereiche erarbeitet und mit dem Wissen von internationalen Abbildung 8: Patrick Hanhart, SealedAir (li.) Nuklear- und Hygieneexperten ergänzt. Diese systematische mit ZHAW-Studierenden Sammlung konnte dann zu einer Matrix für die Bereiche „Mensch“, „Lebensmittel“, „Gebäude“ und „Transport“ zusammengefasst werden. Aus den Erfahrungen der Dozenten aus dem ABC-Schutz, den Internetrecherchen der Studierenden mit Material zum Beispiel vom Erbebenschutz aus Südamerika oder von Überschwemmungen aus Asien, und Piktogrammen aus Japan sowie den Ergänzungen der Experten, konnten kompetente Empfehlungen für die Betroffenen erarbeitet werden. Dank der Japan-Affinität eines Studenten konnte auch der kulturelle Hintergrund für eine geeignete Kommunikation im japanischen Raum verstanden werden. So war es uns dann im Nachhinein verständlich, weshalb zwar die Unterlagen in Japan angekommen und verwendet wurden, wir aber keine überschwänglichen Dankesbekundungen erwarten durften. Dafür gab es positive Rückmeldungen von Kunden aus Thailand und Indien, wo unsere Arbeiten dankend angenommen wurden. Neben einer spannenden und sinnvollen Arbeit ist mir nachhaltig geblieben, dass sich die Zusammenarbeit mit den Dozierenden vertieft hat, eine ehemalige Studentin unterdessen eine Arbeitskollegin wurde und ein weiterer Student schon wertvolle Arbeiten als Freelancer für unser Facility Service Consulting übernehmen konnte. Ich will aber doch noch erwähnen, dass wir anschliessend einige Besuche von japanischen Kunden hatten, welche unbedingt mehr über das Institut Abbildung 9: Dr. Klaus Henning, Ehrenvorsitzender SEPAWA für Facility Management erfahren wollten. Als wir die Thematik der „manuelle Oberflächen- und Bodenreinigung mit Mikrofasern“ mit einem neuen Ansatz angingen, konnten wir auf die interdisziplinäre Vernetzung der ZHAW zu den Themen Reinigung, Chemie, Textilien, Risikobeurteilung bis hin zur Mikrobiologie zählen. Innert kürzester Zeit konnte so ein komplett neues System entwickelt werden, das sowohl ergonomisch, qualitativ und effizient bisherige Lösungen übertrifft. Und weiter konnte mit den Erkenntnissen aus einer Bachelor-Arbeit die Aussagekraft unseres selbst entwickelten Kostenrechners überprüft werden. Eine spannende Episode war auch die Unterstützung des Pfadi-Camps in der Linth-Ebene, bei dem wir Mitarbeiter der ZHAW bei der Sicherstellung der Guten Hygienepraxis der Gemeinschaftsküchen für mehrere hundert Jugendliche mit Produkten und Hygienekonzepten von unserem Food Safety Consulting unterstützen durften. Auch bei den verschiedenen Fachverbänden sind die ZHAW-Dozierenden aktiv dabei. So konnten wir mit dem „fm pro Schweiz“ beispielsweise auf Grundlagen aus dem FM-Bereich aufbauen. Ebenso konnte auf

133

Facility Management und Naturwissenschaften

Statistiken zurückgegriffen werden, als wir abklären wollten, ob sich in der Unterhaltsreinigung in der Schweiz gewisse Standards entwickelt hatten. Oder auch die fachlichen Beträge von verschiedenen ZHAWDozierenden haben verschiedenste Veranstaltungen der Fach- und Regionalgruppen der „fm pro Schweiz“ bereichert. Durch meine Fachreferate zum Thema Nachhaltigkeit im CAS/MAS Studiengang der ZHAW durfte ich in den Workshops mit Teilnehmenden erkennen, inwieweit eine bestimmte Thematik in der Branche umgesetzt und gelebt wird. Bei einem Workshop mit 40 Teilnehmenden hatten wir die Gelegenheit, unsere Qualitätsmesslösung für Smartphones auf Herz und Nieren testen zu lassen: •

Wie viel Schulungsaufwand wird beim Einführen benötigt?

Wie einfach ist es, die Prüffragen anzupassen?

Wie praktikabel ist die Dateneingabe bei der Prüfung und wie aussagekräftig sind die Resultate?

Auch in Auftrag gegebene Arbeiten von Bachelor- oder Masterarbeiten haben mir schon konkreten Nutzen gebracht. Sei es beim Verstehen der Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Reinigung im Gesundheitswesen oder die Bereitschaft des Marktes, Reinigungsroboter in die bestehenden Arbeitsprozesse einzubinden. Oder auch in den Grundlagen von Nanotechnologie, „elektrifiziertem Wasser“ oder der Herstellung von Reinigungslösungen vor Ort. Das Wissen über die naturwissenschaftlichen Grundlagen, verbunden mit dem realistischen Einschätzen der Umsetzbarkeit sowie dem betriebswirtschaftlichen Verständnis habe ich anderswo noch nie so ausgeprägt erlebt. Für ein Unternehmen in der Marktwirtschaft bedeutet die Zusammenarbeit und der Austausch mit der ZHAW ein sinnvolles Geben und Nehmen. Ich kann aus eigenen Erfahrungen nur empfehlen, die Möglichkeiten der ZHAW in seiner Reichhaltigkeit zu unterstützen und davon zu profitieren.“ Autor: Patrick Hanhart, Global Director Facility Services Consulting, SealedAir Diversey Care

134

Facility Management und Naturwissenschaften

3.2

Gastbeitrag von Dr. Emmanuel Egger: Dekontamination nach einem grossflächigen radiologischen Ereignis

„Bei der Katastrophe von f*ckushima am 11. März 2011wurde aus den havarierten Reaktoren Radioaktivität freigesetzt und über weite Teile Japans verstreut. Über 10‘000 km2 Land wurden radioaktiv kontaminiert. In einem Umkreis von 20 km um das Kernkraftwerk wurden etwa 78‘000 Personen aus dem kontaminierten Gebiet evakuiert. Überall dort, wo eine Jahresdosis von 20 mSv oder mehr erwartet wurde, ist die Bevölkerung zwangsweise evakuiert worden oder es wurde ihr empfohlen, freiwillig dieses Gebiet zu verlassen. Im Normalfall gilt für die Bevölkerung ein Jahresgrenzwert von 1 mSv. Für beruflich strahlenexponierte Personen gilt ein Jahresgrenzwert von 20 mSv. Noch heute, 5 Jahre nach der Katastrophe, lebt eine Mehrheit der Evakuierten immer noch in provisorischen Notunterkünften und weiss nicht, ob sie jemals in ihre Häuser zurückkehren kann. Die Wirtschaft und die Landwirtschaft sind in diesen Gebieten vollständig zum Erliegen gekommen. Zwar wird im betroffenen Gebiet nach wie vor intensiv an der Dekontamination gearbeitet, doch die Ergebnisse der Dekontaminationsarbeiten, wo durchschnittlich die Ortsdosisleistung auf rund die Hälfte reduziert werden kann, reichen in vielen Gebieten nicht aus, um die erwartete Jahresdosis unter 20 mSv zu senken und damit eine Rückkehr der Bevölkerung in diese Gebiete zu gestatten. Langfristig wird angestrebt, die Abbildung 10: Dr. Emmanuel Egger, Chef Kernfragen Labor Spiez

Jahresdosis aufgrund der Bodenkontamination unter 1 mSv zu senken. Nach wie vor ist keine wirtschaftliche oder landwirtschaftliche Tätigkeit im

kontaminierten Gebiet möglich. Die wirtschaftlichen Folgen für Japan sind massiv.

Die sowjetischen Behörden reagierten nach dem Unfall in Tschernobyl insofern besser, als dass sie die Bewohner des kontaminierten Gebietes (rund 350‘000 Personen) umsiedelten und nicht jahrelang in provisorischen Notunterkünften in Ungewissheit warten liessen. Sollte zum Beispiel die Zürcher Innenstadt wegen eines Anschlags mit einer „dirty bomb“ evakuiert und für Monate oder Jahre gesperrt werden müssen, hätte das für die Bevölkerung und die Wirtschaft dramatische Konsequenzen. Die Umsiedlung von 100‘000 Personen und die Sperrung ganzer Teile einer Grossstadt erscheinen allerdings in der dicht besiedelten Schweiz, wo etwa die Hälfte der Fläche wegen Bergen und Seen nicht bebaubar ist, sehr schwierig. Aus diesem Grunde hat das Labor Spiez vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz mit dem Institut für Facility Management der ZHAW ein Forschungsprojekt aufgezogen, bei welchem es darum geht, optimale Methoden zu identifizieren, wie nach einem solchen Ereignis das betroffene Gebiet so rasch wie möglich dekontaminiert und für den alltäglichen Gebrauch wieder freigegeben werden könnte. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, herauszufinden, wie sich die Ionen in verschiedenen Baumaterialien wie Sandstein, Ton, Beton verhalten, wenn die Dekontamination nicht sofort durchgeführt werden kann. Ebenso sollen verschiedene Dekontaminationsmethoden auf den diversen Baumaterialien getestet werden. Dabei soll untersucht werden, wie stark die Kontamination reduziert werden kann und wie viel radioaktiv kontaminierter Abfall entsteht, der als Folge jahrelang gelagert werden muss. Ebenso wird Wert darauf gelegt, dass die Dekontaminations-Spezialisten möglichst geringer Strahlung ausgesetzt sind. Die

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Facility Management und Naturwissenschaften

Versuche werden mit normalem, nicht radioaktivem Cäsium durchgeführt und das Material auf klassische Art und Weise über ICP/MS analysiert. Die Literatur, in welcher die Erfahrungen aus den Katastrophen von Tschernobyl und f*ckushima dokumentiert wurden, ist eingehend studiert worden. Daraus entnehmen wir, dass die Bevölkerung aus dem am meisten kontaminierten Gebiet sinnvollerweise umgesiedelt und dieses Gebiet gesperrt würde. Dies würde ermöglichen, sofort am neuen Standort ein neues Leben anzufangen, was auch für die Wirtschaft sinnvoll erscheint. Aus der Literatur geht auch hervor, dass Dekontamination am wirksamsten ist, wenn sie rasch durchgeführt werden kann. Dies setzt allerdings voraus, dass genügend Personal und Mittel zur Verfügung stehen. Verschiedene japanische Gemeinden haben ihrer Bevölkerung Kurse angeboten, in denen die Bewohner lernen konnten, wie sie sich vor der Radioaktivität schützen können und wie sie ihr Grundstück und ihr Haus selbst dekontaminieren konnten. Die Gemeinden haben der Bevölkerung auch einfache Mittel für die Dekontamination zur Verfügung gestellt. Dies hat sich als sehr wirksam gezeigt und wäre für die am wenigsten kontaminierten Gebiete auch eine Möglichkeit in der Schweiz.“ Autor: Dr. Emmanuel Egger, Chef Kernfragen Labor Spiez, BABS/VBS Projektpartner DBD-Projekt 2015-2017

Autorenporträts ZHAW Thomas Hofmann Lehrt und forscht am IFM seit 2007. Nach einer Ausbildung als Chemiker und Wirtschaftsingenieur forschte er bei BASF im Bereich Bauchemie/Spezialtiefbau und leitete anschliessend bei Wetrok den Bereich Produktion und F&E von Chemo-Technischen Produkten. Als Arbeitshygieniker/Ergonom ist die Interaktion von Mensch und gebaute Umwelt, das Verhalten in Krisensituationen und BCM ein bevorzugtes Interessenfeld. Hinzu kommen alle Fragen der Hygiene: sei es im Spital, im Pandemiefall im Betrieb oder in der Wäscherei. Parallel zu seiner Arbeit schreibt er an seiner Dissertation am Pharmakologischen Institut der Universität Hertfordshire (Prof. Dr. Robert Chilcott) zum Thema Dekontamination. Thomas Hofmann züchtet als Hobby Bienen, ist Hazmat Spezialist der Soforteinsatzgruppe des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe SKH /DEZA (Aussendepartement des Bundes) und Chemiefachberater (CFB) des Kanton Zürich. Thomas Leiblein Ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am IFM. Zuvor arbeitete er in Deutschland in zwei unterschiedlichen Dienstleistungsunternehmen als Objektleiter/Objektmanager mit Verantwortung über die „Cleaning Services“. Er besitzt einen MSc-Abschluss in Life Sciences und ist Diplom-Ingenieur der Hygienetechnik. Neben seinen Aufgaben am Institut doktoriert er an der Liverpool John Moores University (LJMU). Sein Interessengebiet innerhalb des FM gilt denjenigen Aufgaben, die mit Menschen, Prozessen und der gebauten Umgebung verknüpft zu tun haben. Hierunter fällt der Bereich Arbeit und Gesundheit, wobei insbesondere Fragestellungen aus dem Bereich Hygiene, Dekontamination und Risiko-Management erfasst werden. Seine Forschungsaktivität richtet einen Fokus auf hygienische Risiken von wasserführenden Systemen der gebauten Umgebung sowie die davon ausgehenden, potentiellen Gefahren für Verantwortungsträger und (unmittelbar) Betroffene.

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MSc in Facility Management

MSc in Facility Management: Kompetenter Partner der strategischen Unternehmensführung Andrea Ch. Kofler und Susanne Hofer ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Über die einzelnen FM-Verantwortungsbereiche hinweg sehen sich Facility Managerinnen und Manager immer mehr komplexeren und umfassenderen Aufgaben gegenüber stehen. Eine Kompetenzerweiterung in Richtung strategisches Management wird dadurch immer zwingender. Will das Facility Management, über seine Kernaufgaben hinaus, auch in Entscheide des Unternehmens eingebunden sein und konkrete Aufgaben federführend übernehmen, um somit auf Augenhöhe mit anderen Führungsbereichen nachhaltig die Geschicke des Unternehmens mitzugestalten, benötigt es in der FM-Ausbildung neue Inhalte. Seit 2011 kann am Institut für Facility Management ein MSc in Facility Management belegt werden. Die vertiefte Auseinandersetzung mit Managementthemen, die konsequente Reflexion der Ausbildung im Licht des Wandels und neuer Herausforderungen bereitet Facility Manager und Facility Managerinnen mit einem MSc-Abschluss darauf vor, in Zukunft eine proaktive Rolle beim Erreichen von Unternehmenszielen zu übernehmen und die Strategien und deren Umsetzung mitzugestalten.

1

Einleitung

Das Institut für Facility Management [IFM] der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften [ZHAW] bietet als einzige Fachhochschule der Schweiz und im deutschsprachigen Raum seit 2011 einen Master of Science [MSc] in Facility Management [FM] mit einer strategischen und internationalen Ausrichtung an. Das Programm baut auf dem Bachelor of Science [BSc] in FM auf, steht aber Studierenden verschiedenster Studienrichtungen offen. Wer mit einem fachfremden Hintergrund das dreisemestrige Vollzeitstudium absolvieren möchte, besucht im Vorfeld einen Einführungskurs, um sich mit den zentralen Inhalten des FM vertraut zu machen. Das Programm orientiert sich an den Bedürfnissen der Praxis. Die strikte Realisierung dieser Orientierung, ebenso wie die angestrebte und auch durchgeführte Programmzertifizierung, führte in den Jahren 2014/15 zu einer inhaltlichen Reform des Programms. Im Zuge dieser Reform wurde der Fokus verstärkt auf die Entwicklung analytische Kompetenzen gelegt. Dafür war es notwendig, neben einer inhaltlichen Reform, auch didaktische Anpassungen vorzunehmen. 2016 startete der MSc in FM mit spannenden Inhalten, neuen Lehrgefässen und -formen. Das Programm kann als strategisch, international und forschungsnahe beschrieben werden. Diese strategische Ausrichtung kann als das Alleinstellungsmerkmal [USP] dieses Schweizer Masterprogramms bezeichnet werden (vgl. Abb. 1).

137

MSc in Facility Management

Die Strategisch-Analytische Kompetenz ist Voraussetzung dafür, fundierte Lösungen zu entwickeln, diese an der Organisationsstrategie auszurichten und in den Gesamtkontext der organisationalen Aktivitäten einzuordnen.

Abbildung 26: FM Kompetenzen (ZHAW, 2015)

Herausforderungen3 - erfolgreich begegnen

2

Eine Studienrichtung erfolgreich an einer Hochschule zu etablieren, international auszurichten und schliesslich damit die Basis für den Übertritt in ein Doktorat zu legen, ist für eine junge Disziplin, wie das FM, eine grosse Herausforderung. Die Entwicklung des MSc in FM-Programms muss rückblickend im Lichte dreier Herausforderungen bewertet werden: •

FM als Disziplin

IFM als „junges“ Institut

FM-Stakeholder mit hohen Ansprüchen

Anders als viele andere Studienrichtungen, die über Jahrzehnte ein Selbstverständnis der eigenen Disziplinen entwickeln konnten, ist das FM eine junge Disziplin und daher auch ein noch eher junges Berufsfeld; auch das IFM entstand in seiner heutigen Form erst vor etwas mehr als 10 Jahren und mit den neuen Themen im FM kommen immer mehr und neue Stakeholder als potentielle Partner und Arbeitgeber ins Spiel. FM fand seinen Ursprung in den Entwicklungen der US-amerikanischen Bürowelt und der Fluggesellschaft Pan-American-World-Services (PAWS) in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Ziel der hierbei eingeführten

Büroraumgestaltung

waren

Produktivitätserhöhungen

bei

der

Betriebsführung

und

Instandhaltung. Die PAWS, mit seinen Dienstleistungen, fungierten nach heutiger Erfahrung als erster externer FM-Dienstleister. Ihr erster Kunde war die US-Airforce. Die Gründung des Facility Management Institute [FMI] in Michigan in den 70er Jahren kann als Startpunkt einer Disziplinengeschichte für das FM verstanden werden. Es folgten 1980 die Gründung der National Facility Management Association [NFMA], die 1982 in die International Facility Management Association [IFMA] umbenannt wurde. Heute gibt es auch andere Interessensvereinigungen, die einerseits Facility Manager aus der Praxis verbinden und andererseits dafür sorgen, dass der Disziplin FM die Möglichkeit zur Weiterentwicklung und (inter)professionellen Vernetzung geboten werden.

138

MSc in Facility Management

Anders als bei Disziplinen mit langer Tradition ist das FM, jenseits der Disziplinen-Debatte, begrifflich nicht exakt definierbar. Drion & Wood (2012, S. 255) stellen in diesem Sinne fest, „there is an absence of any generalized agreement as to what facilities management actually ‘is’ […]”. Für den europäischen Raum kann von einer ‚jugendlich‘ FM-Disziplin gesprochen werden. Im deutschsprachigen Raum beispielsweise wird erst seit den 1990iger Jahren von ‚Facility Management‘ gesprochen. FM ist heute eine Management-Disziplin (Cotts, Roper & Payant, 2010; IFMA, 2009; Herrmann, Bernold, Büttner, May & Riemenschneider, 2008; Tay & Ooi, 2001). In der Forschung und konkret im Unternehmen trägt das FM dazu bei, dass die richtigen Kennzahlen erhoben werden. Es erarbeitet, basierend auf derartigen Erhebungen, Konzepte und Empfehlungen, die letztlich die Entscheidungen der Unternehmensführung und die Entwicklung des Unternehmens nachhaltig beeinflussen (Ghauri & Gronhaug, 2010). Ein MSc in FM muss daher konzeptionell und methodisch dem ‚Business Research‘ zugeordnet werden. Zikmund et al. (2010, S. 5) umschreibt ‚Business Research‘ als das „searching for the truth about business phenomena. These activities include defining business opportunities and problems, generating and evaluating ideas, monitoring performance, and understanding the business process”. Dies gilt auch für das FM, wie es an der ZHAW verstanden wird. Neben den FM-Kerninhalten und -kompetenzen schafft es das IFM, mit der Bereitschaft zur Interdisziplinarität und durch die Integration von Management-Theorien diesen wichtigen strategischen Fussabdruck in der Disziplin selbst, in der Lehre und in der Praxis zu hinterlassen. Während Drion & Wood (2012) festhalten, dass möglicherweise das jeweilige nationale FM-Selbstverständnis verhindert, dass Facility Manager und Facility Managerinnen als die Unternehmensführung nachhaltig unterstützenden und den Unternehmenserfolg mitbestimmenden Akteure wahrgenommen werden, stellen sie auch einen „lack of ‚fit‘ between the FM professionals and FM educators in institutions of higher education“ (S. 260) fest. Das IFM hat ein MSc-Programm mit Blick auf die Bedürfnisse der Wirtschaft entwickelt; es hat die FM-Praxis in die Programmentwicklung eingebunden und ist in der laufenden Lehre und Forschung eng mit dieser verbunden. In diesem Sinne kann mittelfristig erwartet werden, dass besagter ‚fit‘ garantiert werden kann. Schliesslich, gilt es auch das Berufsbild des FM neu zu beschreiben. FM wird nicht nur generell als sehr junger Beruf verstanden, er tritt in der Praxis auch mit sehr unterschiedlichen Bezeichnungen auf: Office Manager, Leitung Hotellerie etc. Während auf der BSc-Stufe sozusagen der Beruf „studiert“ wird, braucht es auf der MSc-Ebene eine Erweiterung des Profils, das es gegenüber der Wirtschaft zu vermitteln gilt. Und hier eröffnet sich die nächste grosse Herausforderung für die Entwicklung und Etablierung eines MSc-Programms: der Spagat zwischen FM-Wissenschaft und FM-Praxis. Die MSc-Ausbildung führt zur Befähigung. MSc Facility Manager und Facility Managerinnen sollen über die Verantwortungsbereiche hinweg strategisch mitentscheiden können. Sie sollen in der Lage sein, nicht nur das „wie“, sondern zusätzlich das „warum“ ihres Wirkens und Handelns zu verstehen und stets im grösseren Zusammenhang zu reflektieren. Im Zentrum der Ausbildung steht daher die Kompetenzvermittlung.

139

MSc in Facility Management

3

FM-Curriculumsentwicklung: kompetenzorientiert und praxisnah

Hochschulen „face strong pressure to marry theoretical understanding with real-life practice to ensure high levels of graduate employability by advancing and modernising their curricula (…)“ (Gillis & McNally, 2010, in Plewa, Galan-Muros, & Davey, 2015, S. 36). Wer an der ZHAW den BSc in FM studierte, fand bis dato schnell - oftmals schon während des letzten Studiensemesters - eine Anstellung. Die Frage der Vermittlungsfähigkeit war und ist für diese Studierenden heute noch keine Dringliche. Doch erkannten die Verantwortlichen, sowohl innerhalb des IFM, als auch innerhalb der Partnerorganisationen, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, und damit auch die Anforderungen an Facility Managerinnen und Manager von Morgen, ändern werden. Es bedarf eines FMs, das auch in die Unternehmensführung eingebunden werden kann. Dafür braucht es zwar auch neue Inhalte, doch vor allem den Fokus auf die Managementkompetenzen der Studierenden. Bei der Entwicklung des Programms zum MSc in FM war es also wichtig, ein Curriculum orientiert an den Bedürfnissen der Wirtschaft zu realisieren; und das konnte nur heissen, den Fokus hin in Richtung strategischer

Fragestellungen

und

Kompetenzen

zu

verschieben.

Gerade

in

der

notwendigen

Berücksichtigung der Interessen der Wirtschaft, orten Tengesdal & Griffin (2014) generell eine grosse Schwachstelle in den meisten Business und Management Programmen. Diese sind, ihrer Meinung nach, an den Bedürfnissen der Praxis vorbei entwickelt und bedienen die Interessen und Kompetenzen des Lehrkörpers, anstelle der künftigen Arbeitgeber. Wenn ein Unternehmen schnell und effizient auf Veränderungen reagieren will und muss, so deren kritische Zusammenfassung, braucht es Mitarbeitende mit Management-Kompetenzen bei Planungen, Entscheidungen und Anordnungen. Generell stellt sich die Curriculums-Forschung aber gegen diese „Entweder-Oder-Haltung“ – also Inhalt oder Kompetenzentwicklung. Sie ortet auch zu wenig Einsatz für die Entwicklung von Management-Kompetenzen. Insbesondere in Management-Disziplinen selbst, in denen diese Kompetenzen eigentlich einen hohen Stellenwert haben sollten, werden sie dem Vermitteln von Inhalten nachgereiht. Es würden zudem geeignete Tools fehlen, um sie zu vermitteln. Mit den Ergebnissen ihrer Studie bestätigen Collet, Hine, & du Plessis (2014), dass Management-Kompetenzen heute nicht einfach nur mehr ‚add-ons‘ sind. Ein fundiertes Training in diesem Bereich garantiert, nach Abschluss des Studiums, eine Stelle. Ein FM-Curriculum im Sinne des „Entweder-Oder“ zu entwickeln, wäre eine schlechte Entscheidung gewesen. Facility Manager und Facility Managerinnen benötigen etwas, was Collet et al. (S. 539) als „in-depth subject knowledge“ bezeichnen. Parallel ist aber für das FM als Management-Disziplin die Kompetenzentwicklung ebenfalls von zentraler Bedeutung. FM muss also weiterhin sicherstellen, dass es beides vermittelt Fachwissen und Managementkompetenzen. Frey & Osborne (2013, S. 552) sagen dazu: „(…) that the global shift to knowledge-intensive and technology-rich industries will require employees who are both highly skilled technicians as well as creative business managers. Comprehensive, integrated curricula are required where targeted business concepts, processes and tools are embedded in technology-based disciplines to prepare students for commercial realities. Such curricula should be mainstream, rather than boutique offerings in HEIs“. Doch wie gestaltet man ein Curriculum, das beiden Ansprüchen gerecht werden kann? In der Literatur wird vor allem bei MBA-Programmen die Umsetzung dieser beiden Ansprüche kritisch beurteilt. Nach Meinung vieler Autoren scheitern sie an ihrem eigenen Anspruch, weil sie zwar Kompetenzen als

140

MSc in Facility Management

Lernziel ausweisen, aber weder das Curriculum dahingehend entwickelt ist, noch sind die Kurse, wie sie unterrichtet werden, selbst kompetenzorientiert. Zu oft, so verschiedene Autoren, wird zwar die Bedeutung der Vermittlung von „managerial skills“ beschworen, und ihnen wird sogar Vorrang vor der Vermittlung von Fachwissen gegeben. In der Praxis aber fehlt es allerdings meist an passenden Vermittlungsmethoden und dahingehend ausgerichteten Inhalten. Es bleibt dann vielfach beim blossen ‚vermitteln‘ von Lerninhalten (Varela, Burke, & Michel, 2013, S. 436). Management-Kompetenzen (soziale, funktionale, analytische und technische) können aber nur eingeschränkt vermittelt werden. Will man eine gesamtheitliche Kompetenz-Entwicklung und Ausbildung erreichen, braucht es zwangsläufig ein Curriculum, das sich konsequent diesem Anspruch unterstellt. Im Curriculum zum MSc in FM wird die Theorie der Entwicklung von Kompetenzen in Phasen angenommen. Es sieht vor, dass Studierende in mehreren aufeinander abgestimmten Schritten (Phasen) in der Aneignung, Anwendung und Umsetzung von Wissen begleitet werden. Dieses Prinzip findet konsequent über alle Kurse hinweg seine Anwendung und kommt, in klar formulierten Zielen, je Modul zum Ausdruck. Varela et al. (2013, S. 442) fassen zusammen: „managerial skill development is an ongoing and, in some skill domains, a life-long process. Skills progress through incremental steps, each of them signalling varied levels of developmental success”. Die Entwicklung komplexer Management-Kompetenzen braucht aber auch geeignete Lehr- und Lernformen. In den Management-Modulen kommt das „Aktionslernen“, also erfahrungsbasiertes Erarbeiten und kollektive Reflexion von realitätsnahen Problemen und Fragestellungen, als zentrale Methode zur Anwendung (Engelhardt & Martin, 2012). Der kollektive Dialog, das gemeinsame Erfahren und Entwickeln sind im Unterricht wichtige Elemente, und werden mit dem Ziel eingesetzt, Studierende - wann immer möglich - zu konkreten, praxisnahen Aktionen anzuleiten.

4

MSc in FM: Strategie in den Fokus rücken

2011 startete also der konsekutive, forschungsbasierte und managementorientierte MSc in FM mit einem international und interdisziplinär zusammengesetzten Lehrkörper - und dem klaren Anspruch, ein Ausbildungsprogramm nahe an der FM-Forschung, den internationalen Entwicklungen und den Bedürfnissen der

eigene

Branche

zu

sein.

Im

Zuge

der

IFMA-Zertifizierung

des

Institutes

und

seiner

Ausbildungsprogramme, wurde Ende 2014 eine Reform des Programms - inhaltlich wie auch strukturell eingeleitet und auf das Studienjahr 2016/17 erfolgreich abgeschlossen. Die Inhalte wurden überarbeitet und dahingehend in Abstimmung gebracht, dass die drei zentralen Zielsetzungen des Curriculums - innovativ, international, strategisch - in allen Modulen berücksichtigt werden. Herbst- und Frühlingssemester des dreisemestrigen Programms wurden so aufeinander abgestimmt, dass im Herbstsemester die Vermittlung von relevanten Theorien, Konzepten und Modellen (Wissen) sowie der sogenannten „Managerial Skills“ (Fertigkeiten) im Fokus stehen. Der Transfer und die Anwendung sowie die Weiterentwicklung, unter anderem der Management-Kompetenzen (Kompetenzen), finden im Frühlingssemester statt (Phasenmodell). Zur Sicherstellung der konsequenten Umsetzung wurde für den Reformprozess, unter anderem, eine „Arbeitsgruppe Strategie“ eingesetzt (vgl. Abb. 2).

141

MSc in Facility Management

Mit dem Start ins Studienjahr 2016/17 präsentiert sich das MSc-Programm innovative, international ausgerichtete und mit einer wesentlich klareren Ausrichtung in Richtung strategische Unternehmensführung.

Abbildung 27: Übersicht MSc in FM (https://www.zhaw.ch) MSc Facility Manager und Facility Managerinnen werden heute dazu ausgebildet, Probleme zu lösen und vor allem ziel- und ergebnisorientiert zu arbeiten. Sie können so beispielsweise in Zeiten von Restrukturierungen aktiv in die Entwicklung von Handlungskonzepten eingebunden werden, wissen diese umzusetzen und tragen zur Wertgenerierung des Unternehmens aktiv bei (Value Based Management). Funktionale und soziale Kompetenzen

(Leadership,

Human

Ressources,

Konfliktlösung,

Planung,

Zeitmanagement,

Verhandlungsgeschick, Personalmotivation, Präsentations- und Kommunikations-kompetenzen, ICT) werden in den beiden „Managerial Skills“-Modulen „Change Leadership“ und „Systems Engineering and Project Management“ entwickelt. Das Modul „Managerial Finance and Accounting“ legt die Basis für die drei Strategiemodule

„Strategic

Management“

(Kennzahlen,

Prognosen,

Controlling,

Budgetierung)

im

Frühlingssemester (vgl. Tab. 1). Die Untersuchungen von Obiajunwa (2013, S. 70) zeigen beispielweise für Turnaround-Projekte,

dass

von

den

potentiell

angenommenen

29

Kompetenzen,

die

von

Projektverantwortlichen gefordert sind, die analytischen Kompetenzen „cost management“ und „budgetary control“ als zentral angenommen werden können. Das Modul „Case Study II“ im Frühlingssemester ist schliesslich an einem Praxisfall orientiert. Studierende erarbeiten selbständig in Gruppen ihren Fall und präsentieren das Ergebnis. Sie stellen damit unter Beweis, dass sie, fachlich kompetent und effizient, die richtigen Kennzahlen ziel- und ergebnisorientiert bilden, Lösungen erarbeiten und präsentieren können. Die Zusammenarbeit im Team, die Rollenverteilung und das Projektmanagement entscheiden dabei wesentlich darüber, wie erfolgreich eine Gruppe ist (Varela et al., 2013).

142

MSc in Facility Management

Tabelle 5: Übersicht Strategieausbildung MSc in FM Managerial Skills Managerial Finance and Accounting

In diesen drei Modulen entwickeln die Studierenden

Change Leadership

analytische, soziale und konzeptionelle Kompetenzen. Sie

Systems Engineering and Project Management

wissen Kennzahlen zu generieren, zu interpretieren und zu präsentieren, sind problemorientiert und kennen jüngste Modelle und Theorien; sie wissen sich zu informieren. Zentrale Management-Kompetenzen werden mit passenden Lehrformen reflektiert vermittelt.

Strategic Management Business Environment

Studierende bringen ihr Fachwissen und die Management-

FM Environment

Kompetenzen zur Anwendung. Sie tun dies mit dem

Business Processes and Value Management

Bewusstsein der verschiedenen Unternehmensdimensionen, können diese erfassen und werden trainiert, strategisch nachhaltige Beiträge zu leisten. Es wird sowohl eine Innenwie auch eine Aussenperspektive berücksichtigt. Anerkannte Konzepte und Modelle sowie konkrete Praxisbeispiele werden im Detail behandelt.

Case Study II

Studierende entwickeln ein integriertes FM-Verständnis, setzten Konzepte um und messen Modelle an ihrer Wirklichkeitstauglichkeit. Sie arbeiten an realen Fällen aus der Praxis.

Übergeordnete Ziele der FM-Strategieausbildung sind also zusammengefasst: •

die Befähigung der Studierenden, in der Praxis schnell ein umfassendes Verständnis für die verschiedenen Entscheidungsdimensionen eines Unternehmens entwickeln zu können,

die Anleitung zur selbständigen Generierung relevanter Kennzahlen und deren reflektierter Interpretation,

die Bereitstellung von Know-how und Tools, um selbständig und in interdisziplinären Teams fundierte Unterlagen zuhanden des Managements zur Entscheidungsfindung erarbeiten zu können (KPI und Werttreiber).

In der Praxis verlangt die zunehmende Integration über Fachbereiche hinweg, neben Weitsicht und Innovationsfreude, vor allem eine gesamtheitliche Sicht auf Probleme und Herausforderungen. Dem wird in der Ausbildung in den strategischen Modulblöcken Rechnung getragen.

5

Abschlussbetrachtung: Unternehmen strategisch begleiten

Das MSc in FM Programm ist kompetenzorientiert und zeichnet sich durch das Zusammenspiel von Wissensund

Fertigkeitsvermittlung

sowie

Kompetenzentwicklung

aus

(Nygaard

et

al.,

2008).

Das

Ausbildungsprogramm MSc in FM ist und versteht sich als innovativ, denn auch FM muss sich konsequent

143

MSc in Facility Management

weiterentwickeln und neue Themen, neue Herausforderungen, neue Technologien kennen. Diesen wachsenden Ansprüchen trägt das forschungsnahe Ausbildungsprogramm Rechnung. Andererseits muss sich das Curriculum für MSc in FM, wie von Collet et al. (2014) gefordert, an den „commercial realities“ orientieren. Studierende mit einem Abschluss „MSc in FM“ werden in Zeiten von Kostendruck, CO2-Problematik, veränderten Arbeitsmodellen, neuen technologischen Entwicklungen, Service- und Versorgungslogiken gefordert sein, im eigenen Unternehmen oder in der Beratung, strategisch kompetent Entscheidungen zu treffen und mitzutragen. Der „Wert“ (Value Added) des FMs liegt in diesem Sinne nicht mehr nur ausschliesslich in seinen Möglichkeiten der kostensenkenden Wirkung über die Gesamtorganisation hinweg. Strategisch ausgebildete Facility Managerinnen und Manager tragen grundsätzlich zur Wertgenerierung der Unternehmen bei, indem sie erfolgsorientiert und nachhaltig dabei unterstützen, strategische Unternehmensziele zu erreichen. MSc Facility Managerinnen und Manager haben gelernt, proaktiv die eigenen Verantwortungsbereiche zu gestalten und gegenüber dem Gesamtunternehmen in der Komplexität den Überblick zu bewahren, Beiträge zu leisten und Entscheidungen zu treffen. Die Chief Facility Managing Officers (CFMOs) von morgen werden nicht nur verstärkt die verschiedenen FM Leistungen verantworten, sie werden Partner der Unternehmensführung sein (Gerber & Hofer, 2015).

Literaturverzeichnis Collet, Ch., Hine, D., & Plessis du, Karen (2014). Employability Skills: Perspectives from a knowledgeintensive industry. Education + Training, 57(5), 532-559. Cotts, D.G., Roper, K.O., & Payant, R.P. (2010). The facility management handbook (3rd ed.). New York, NY: American Management Association. Drion, B., & Melissen, F. (2012). Facilities management: lost, or regained? Facilities, 30(5/6), 254-261. Engelhardt, M., & Martin, J. (2015). Aktionslernen in Theorie und Praxis. PADUA, 7, 12-18. Gerber, N., & Hofer, S. (2015). Role Model for Chief Facility Managing Officers (CFMOs) based on the Service Allocation Model for Service Companies (SAMoS). A theoretical Reflection and Basis for Discussion. EuroFM Research Papers, 20-43. Ghauri, P., & Gronhaug, K. (2010). Research methods in business studies: A practical guide (4th ed.). Harlow, UK: Financial Times Prentice Hall. Herrmann, T., Bernold, T., Büttner, B., May, M., & Riemenschneider, F. (2008). Ein ganzheitliches FMEinführungsmodell auf der Basis von Referenzprozessen. In: Proceeding Facility Management Konferenz (pp. 145-154). Frankfurt am Main, Germany: VDE Verlag. IFMA / International Facility Management Association. (2009). Definition of facility management. Retrieved from http://www.ifma.org/what_is_fm/index.cfm Nygaard, C., Hojlt, Th., & Hermansen, M. (2008). Learning-based curriculum development. Higher Education, 55, 33-50. Obiajunwa, Ch. C. (2013). Skills for the management of turnaround maintenance projects. Journal of Quality Maintenance Engineering, 19(1), 61-73. Plewa, C., Galan-Muros, V., & Davey, T. (2015). Engaging business in curriculum design an delivery: a higher education institution perspective. Higher Education, 70, 35-53.

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MSc in Facility Management

ZHAW / Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. (2015). Profil Ausbildungsgänge FM, 2015. Retrieved from https://www.zhaw.ch/storage/lsfm/studium/master-fm/profile-derausbildungsstudiengaenge-bsc-und-msc-in-facility-management-an-der-zhaw-2015.pdf Tay, L., & Ooi, J.T.L. (2001). Facilities management: A jack of all trades? Facilities, 19(10), 357-363. Tengesdal, M. & Griffin, A. (2014). Quantitative and computer skills employer want vs. the business curriculum can provide. Research in Finance, 30. 95-111. Varela, O., Burke M., & Michel, N. (2013). The development of managerial skills in MBA programs. Journal of Management Development, 32(4), 435-452. Zikmund, W. G., Babin, B., Carr, J. C., & Griffin, M. (2010). Business Research Methods (9th ed.). Manson, USA: Cengage Learning.

Autorenporträt Dr. Andrea Ch. Kofler wechselte im September 2011 von der Universität Bern an das Institut für Facility Management; 2012 übernahm sie die Modulverantwortung für die Methodenausbildung im MSc in FM und 2014 die Projektleitung der MSc-Reform, die mit dem Start des Studienjahrs 2016/17 abgeschlossen wurde. Prof. Dr. Susanne Hofer bringt mehrere Jahre Erfahrung aus der internationalen Hotellerie so wie aus der strategischen Führung von Spitalgruppen mit. Seit gut zehn Jahren arbeitet sie an der ZHAW / Institut für Facility Management und leitet die Kompetenzgruppe Hospitality Management, ist Mitglied des Institutsleitungsteams und steht den zahlreichen Forschungsprojekten FM in Healthcare vor. Sie hat die strategische Ausrichtung des MSc Programms und die interaktive Zusammenarbeit mit Wirtschaftspartnern mitgestaltet und unterrichtet in den Managementmodulen.

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Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness

Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness: Facility Management fürs Alter Andrea Ch. Kofler ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Wohnen und Leben im Alter verändern sich. Hierzu braucht es neue Konzepte, denn es verändern sich auch die Verantwortlichkeiten. Mit dem Einsatz assistierender Technologien und der Entwicklung neuer Versorgungskonzepte können neue Wohn- und Betreuungsformen realisiert werden. Dabei müssen Kunden, Bewohner und Bewohnerinnen, Patienten und Patientinnen, also alle Akteure und Stakeholder, als künftig anspruchsvoller und kompetenter wahrgenommen als im Vergleich zu früher wahrgenommen werden. Die bauliche Umwelt wird intelligenter und intuitiver, die Serviceerbringung individualisierter. Diese vielschichtigen Veränderungen haben auch für das Facility Management (FM) in Alterseinrichtungen Konsequenzen: Facility Manager und Facility Managerinnen sollten diese neuen Entwicklungen antizipieren und bei ihrer Tätigkeit berücksichtigen. Dies bedeutet, sich mit diesen neuen Realitäten auseinanderzusetzen. Bis dato geschieht dies eher untergeordnet. Dabei hätte das FM das Potential, eine aktivere Rolle rund um den Einsatz neuer Technologien und die Entwicklung neuer Versorgungskonzepte zu übernehmen.

1

Demographischer Wandel

Die Alterszusammensetzung der Bevölkerung verändert sich. In der Schweiz, wie auch in allen anderen europäischen Staaten, sprechen wir von einer doppelten Alterung der Bevölkerung. Einerseits werden Menschen real immer älter, andererseits steigt der Anteil jener Menschen, die älter als 80 Jahre sind. In Zahlen ausgedrückt, wird der Anteil der Bevölkerungsgruppe der 65-Jährigen und Älteren, zwischen 2015 und 2030, von 1.5 auf 2.2 Millionen Menschen anwachsen. 2045 werden 2.7 Millionen Menschen älter als 65 Jahre sein. Der Altersquotient wird von 29.1 im Jahre 2015 auf 39.6 2030 und 48.1 2045 ansteigen (BFS, 2015). Eine weitere Beobachtung betrifft die Art und Weise wie wir altern. Die Literatur spricht hier von einem Generationenwandel des Alters. Höpflinger (2009a) erklärt, die „Generation 60+“ von morgen wird nicht mehr gleich altern wie jene von gestern. Und Aussagen, „die über heutige ältere und betagte Menschen gemacht werden“, sagen „wenig über die zukünftige Gestaltung des Alters aus“ (Höpflinger, 2009a, S. 4). Der Generationenwandel des Alters wird sich neben der Individualisierung auch in der Pluralisierung und Dynamisierung der mittleren und späteren Lebensphase artikulieren. Zudem kann angenommen werden, dass es nicht mehr nur die eine Art des Älterwerdens gibt. Wir können viele verschiedene Lebensmodelle im Alter erwarten. Parallel ändern sich die sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen. Heute wird immer noch angenommen, dass ein Grossteil der Unterstützung im Alter aus dem familiären, also informellen Netzwerk, erwartet werden kann. Das wird sich ändern. Lebensmodelle und -situationen, und die familiären Verhältnisse der Älteren selbst, wie auch die ihrer Kindergeneration, lassen das informelle Netzwerk schrumpfen. Der „Baby-Boom-Generation“, also den Älteren von Morgen, wird zudem nachgesagt, dass sie im Alter zwar weniger Ressourcen zur Verfügung haben werden, dass sie aber viel Wert auf Selbstbestimmtheit und

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Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness

Selbständigkeit legen werden. Die Ansprüche werden also nicht weniger aber zusätzlich noch diverser. Gaugisch, Risch, & Strunck (2012, S. 24f) haben beispielsweise in ihren Unter-suchungen zwischen vier Lebensstiltypen und neun verschiedenen Bedarfstypen für den älteren Menschen von Morgen differenziert. Bei den Bedarfstypen richteten sie ihren Blick auf Pflege- und Betreuungsunterstützung sowie Wohnen und Versorgung. Zudem stellten sie ihre Betrachtungen in Abhängigkeit von körperlichen und kognitiven Potenzialen. Durch die verschiedenen Kombinationen von Lebensstiltypen und Bedarfstypen konnten sie 15 verschiedene „Kundentypen“ alleine für das Segment „ältere und hochaltrige Kunden“ ausweisen. Mit Hilfe dieser Klassifizierung können passende Angebote zielgruppengerecht entwickelt werden. Auch Bewohner und Bewohnerinnen von Alterseinrichtungen sollten als Kunden angesehen werden. Dabei ist allen Verantwortlichen jedoch immer auch klar, dass mit fortschreitendem Alter und/oder Krankheit der Patient oder die Patientin im Fokus steht.

2

Alterseinrichtungen im Wandel werden smart

Alterseinrichtungen müssen sich auf dieses neue Kundesegment der „Baby-Boomer“ vorbereiten. Parallel gilt es, die neuen technologischen Möglichkeiten zu erkennen. Doch die aktuelle Situation lässt für die Schweiz vermuten, dass Alterseinrichtungen noch wenig auf die neuen Notwendigkeiten hin ausgerichtet sind. Vorranging scheint der Demographischen Wandel mehr Probleme zu verursachen. In der Schweiz müssen bis 2040 mehr als 50.000 zusätzliche Pflegebetten geschaffen werden. In Franken entspricht dies einem Investitionsvolumen von knapp CHF 18 Milliarden oder CHF 700 Millionen pro Jahr (Christen et al., 2013). In diesen Zahlen sind Ersatzbauten und Renovationen sowie Neubauinvestitionen in Alterswohnungen nicht berücksichtigt (S. 34). Clovis Defa*go, Präsident von senesuisse, hält in diesem Zusammenhang fest, dass beispielsweise alleine im Kanton Bern von 176 Einrichtungen der Altersbetreuung, gerade einmal knapp 30 % die Vorgaben hinsichtlich der gültigen Standards und Normen erfüllen. Zudem, so seine Einschätzung, ist das Sanierungs- und Modernisierungsbestreben seitens der Verantwortlichen nicht sehr gross. Clovis Defa*go, ebenso wie Markus Leser, Curaviva, kritisieren weiter, dass es neue Konzepte braucht, und dass eine „Sanierung alter Modelle“ nicht ausreichen würde, den Herausforderungen zu begegnen (Kwiatkowski & Tenger, 2016). Neue Konzepte für Alterseinrichtungen müssen dabei zwingend auch den Einsatz von mehr Technologie berücksichtigen. Sie müssen demnach in ihrer Ausgestaltung und den Angeboten smarter werden. „Smartness“ bezieht sich dabei auf den Einsatz von mehr Technologie, um Bewohnern und Bewohnerinnen mehr Komfort zu bieten (mit Blick auf Temperatur, Belichtung, Luftfeuchtigkeit, Kommunikation, Sicherheit), um die Bewirtschaftungskosten - allen voran die Energiekosten - zu senken. Zudem bezieht sich der Begriff auf die Entwicklung neuer, intelligenter Versorgungslogiken. Um hier vorausschauend planen zu können, ist von allen Beteiligten entsprechendes Know-how und die Integration verschiedener Kompetenzen verlangt. Denn schliesslich gilt es nicht nur, die derzeit gängigen Standards zu kennen, sondern auch, die künftigen Entwicklungen und ihre Folgen für das FM und die gesamte Altersbranche zu antizipieren. Und diese Entwicklungen gehen hin in Richtung aktives und proaktives Wohnen, mit Systemen und Services, die smart sind. Smart Buildings sind dabei „able to learn and adjust its performance based on the information obtained from its occupants and the environment“ (Arditi, Mangano, & de Marco, 2015, S. 557).

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Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness

Neue Konzepte beziehen sich aber auch auf neue Serviceangebote und deren Ausgestaltung. Die Serviceerbringung muss dabei an den Prinzipien der Individualisierung und Flexibilisierung ausgerichtet werden. Gerade diese Entwicklung stellt das FM generell aber vor allem auch in Alterseinrichtungen vor Herausforderungen.

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AAL: Assistenzsysteme und noch mehr Intelligenz

AAL steht für den Einsatz intelligenter Technologien im älteren, pflege- und unterstützungsbedürftigen Haushalt. Ursprünglich dafür gedacht, älteren Menschen das Leben zu Hause zu erleichtern, mehr Komfort und Sicherheit zu garantieren, kommt die Technologie heute auch in Alterseinrichtungen und Spitälern zum Einsatz. Zudem wächst ihr Einsatzbereich kontinuierlich, ebenso wie die Anzahl Stakeholder. AAL-Produkte und Services sorgen heute eindeutig für mehr Komfort und Sicherheit. Sie unterstützen die bessere medizinische Versorgung und sind für das Pflegepersonal wichtige Helfer bei der Erfüllung ihrer täglichen Pflegeaufgaben (siehe Abb. 1). Doch für die meisten Stakeholder ist es auch wichtig, dass sie für den Preis von Sicherheit und Komfort, keine Kontrolle und Selbstbestimmtheit aufgeben müssen. Die Einführung solcher Systeme ist also immer im Spagat zwischen „so viel Technik wie möglich“, aber gleichzeitig „so zurückhaltend wie möglich“ eingesetzt, zu bewerten.

Abbildung 28: AAL-Einsatzbereiche Alterseinrichtungen sind heutzutage verschiedene Assistenzsysteme bekannt. Beispielsweise kommen bereits vielerorts Sturzmatten, Protektoren oder der Notfallknopf zum Einsatz; Türsicherungen erkennen Personen und erlauben selektiv das Verlassen der Einrichtung oder das Benutzen des Lifts; mehr oder weniger intelligente Lichtsteuerungen tragen zu mehr Komfort und Sicherheit bei. Derartige Assistenzsysteme der zweiten Generation sind weitestgehend Einzellösungen. Sie sind weder intelligent, lernfähig oder intuitiv noch kommunizieren sie untereinander. Dennoch wäre eine Integration und damit die intelligente Anwendung solcher Lösungen technologisch ohne grössere Probleme möglich: z.B. ein mit Sensoren bestückter Teppich meldet das Bewegungsverhalten aber erhebt gleichzeitig detaillierte Daten. Diese werden einerseits ausgewertet, um die Bewegung zu beeinflussen oder zu steuern, während parallel mit der Lichtsteuerung kommuniziert wird, die sicherstellt, dass eine Person in der Nacht niemals im Dunkeln den Weg durch das Zimmer zum Badezimmer gehen muss bzw. den Bewohner oder die Bewohnerin in ausgewählte Richtungen

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Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness

und Räume leitet, z.B. bei an Demenz erkrankten Personen ins Gemeinschaftszimmer. Schliesslich bewirkt Bewegungslosigkeit bei gleichzeitiger Öffnung und Schliessung der Eingangstüre, dass sämtliche elektronischen Geräte ausgeschaltet werden. Viele dieser Funktionen sind uns aus „Smarthomes“ bekannt, werden aber nur zurückhaltend in den Alterskontext überführt. Assistenzsystemen, basierend auf Sensoren und Aktoren, wird sehr oft noch mit Vorbehalten begegnet. Diese intelligenten Assistenzsysteme der dritten Generation, die in ihre Umwelt integriert sind, lernend und vorausschauend Massnahmen ergreifen, sind noch nicht weit verbreitet. Sie reagieren bei Anwesenheit von Menschen, sind interaktiv und verbinden sich mit anderen Quellen (Meyer 2011). Diese Weiterentwicklungen diskutieren wir heute auch im Kontext Internet of Things (IoT). IoT ist die „integration, and convergence of smart objects and mobile services and it is an integral part of the future internet and provides common infrastructure to combine network devices seamlessly to form cyber physical systems” (Tsirmpas, Anastasiou, Bountris, & Koutsouris, 2015, S. 471). Diese intelligenten Objekte konstituieren sogenannte AmI (engl.: ambient intelligence) Systeme. In diesen können Objekte uneingeschränkt miteinander kommunizieren, eine Vielzahl an Stakeholdern fast zeitgleich bedienen, informieren, versorgen, unterstützen und begleiten. Das gesamte System ist kontextuell, personalisiert, antizipierend, angepasst, ubiquitär. In diesen Systemen gibt es Sensoren (Wireless Mesh Sensor Networks, WMSN) und Aktoren, eingebaut in alltägliche Gegenstände, welche die korrekte, laufende Aufnahme von Daten und die Bereitstellung von Hilfe garantieren, basierend auf der kontinuierlichen Auswertung der Daten. Da diese Systeme fortlaufend (mit)lernen, sprechen wir von proaktiven Aktionen, die mitunter das Verhalten der Systemnutzer beeinflussen können (persuasive services). Und weil eine Vielzahl an Daten, auch von sehr komplexen Verhalten, gesammelt werden kann, liegen laufend zeitnah, umfassende Informationen vor (Acampora, Cook, Rashidi, & Vasilakos, 2013). Auch im und für das Healthcare sind IoT und AmI daher wichtige Themen (siehe Exkurs 1 - Kartakis, Sakkalis, Tourlakis, Zacharioudakis, & Stephanidis, 2012). Wünderlich et al. (2015, S. 443) sprechen in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit zur „smarten“ Serviceerbringung: „(…) that is delivered to or via an intelligent object, that is able to sense its own condition and its surroundings and thus allows for real-time data collection, continuous communication and interactive feedback.” Exkurs 1: Bewohnerzimmer/Patientenzimmer 2025 Das Zimmer ist grosszügig, hat ein Bett, das sich in verschiedene Positionen verstellen lässt. An der Wand hängen zwei TV-Geräte (eines davon kann jederzeit patientenrelevante Daten zeigen). Die Rollos sind automatisch, das Licht wird automatisch gesteuert und passt sich den Tageszeiten an; auf dem Beistellschrank befindet sich ein RFID Leser. Bett und Waage sind mit Bluetooth ausgestattet; Sensoren befinden sich im Bett und im Boden. Am Bett ist ein Touchpad montiert, mit den Funktionen Schwesternruf, TV-Steuerung, Rollo-, Licht- und Bettsteuerung, Room Service. Alle gesammelten Daten zum Patienten/Bewohner werden automatisch im Zimmer gespeichert: Informationen über die Gewichtsentwicklung, Vitaldaten, Therapien etc. Fazit: Patienten/Bewohner, gleichsam wie Ärzte und Pflegepersonal, profitieren von der intelligenten Umgebung, dem Monitoring und der Kommunikation vorhandener Systeme. Informationen sind schneller, jederzeit abrufbar und immer aktuell zugänglich. Therapien können besser überwacht und angepasst werden, die Kommunikation zwischen den Stakeholdern ist erleichtert.

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Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness

4

Neue Konzepte für Alterseinrichtungen: Individualisierung als Herausforderung

Die gesellschaftlichen Veränderungen beeinflussen das Nachfrageverhalten künftiger Bewohner und Bewohnerinnen von Alterseinrichtungen. Werden Menschen heute nach ihren Wünschen befragt, äussern sie immer nur ein sogenanntes theoretisches Bedürfnis. Darüber hinaus kann erwartet werden, dass Service- und Unterstützungsleistungen grundsätzlich zurückhaltend in Anspruch genommen werden. Daher sind, neben technischen Innovationen, bereits im Sinne einer effizienteren, kundenorientierteren Versorgung, neue Konzepte gefragt (Höpflinger 2009b). Versorgungskonzepte müssen dabei der sich wandelnden aber auch der wachsenden Nachfrage gerecht werden. Individualisierung und

Flexibilisierung sind beide die

angenommenen Einflussfaktoren, neben Digitalisierung (siehe oben). Bereits in den letzten Jahren wird diesem

Wandel

Rechnung

getragen.

Das

konventionelle

Altersheimkonzept,

mit

zentralen

Versorgungsstrukturen, wich mehrheitlich dem Wohnbereichs- oder dem Hausgemeinschaftskonzept. Das Vollversorgungskonzept befindet sich in Auflösung. Bayer (2012, S. 59) fasst vier Bereiche als zentrale Themen des (betreuten) Wohnens mit Dienstleistungen zusammen: •

Gleichzeitigkeit von Gemeinschaft und Rückzug (Teilhabe versus „Privatheit“)

Sicherheit (vernünftiger Einsatz von Technologie und Personal)

Selbstbestimmung und Autonomie (leben in der eigenen Wohnung)

individualisiertes Dienstleistungsangebot (wandelbares, flexibles Angebot)

Dabei betont Bayer die Notwendigkeit zur „Entwicklung passgenauer Dienstleistungen“ (S. 60). Auch Alterseinrichtungen müssen die Entwicklung solcher passgenauer Dienstleistungspakete anstossen. In Ergänzung zu den notwendigen baulichen Anpassungen stellen Individualisierung und Flexibilisierung in erster Linie das FM vor Herausforderungen: Logistisch - ein Alptraum, der Ressourceneinsatz - eine Herausforderung und die zu erwartende Qualifikation der Mitarbeitenden - Neuland. Das FM ist jedoch gefordert, proaktiv zu der Entwicklung neuer Versorgungsmodelle einen Beitrag zu leisten – auch um nicht die Entwicklung und damit die Möglichkeit zur Gestaltung zu verpassen. Nach Hohmann Beck (2012) muss dabei konsequent in die Verbesserung der Serviceerbringung investiert werden. FM ist dabei der zentrale Akteur. In den letzten Jahren hat das FM erfolgreich auf die Veränderungen reagiert. So zum Beispiel mit der Aufhebung von strikt abgegrenzten Verantwortungsbereiche hin zur Überlappung der Bereiche Hauswirtschaft, Pflege und soziales Leben (Kaiser 2008). Für die Zukunft braucht es aber den erweiterten Blick. Die Stadt Zürich (GUD, 2006) hat beispielsweise in ihrem Konzept ServiceWohnen im Alter festgehalten, dass die „konsequente Öffnung nach aussen gewünscht ist. Es besteht demnach die Möglichkeit, Einrichtungen und Dienstleistungen in einer Alterseinrichtung auch der Bevölkerung im Quartier zur Verfügung zu stellen. Umgekehrt können Bewohner und Bewohnerinnen externe Dienstleistungsangebote in Anspruch nehmen“ (S. 2). FM-Services aus den Alterseinrichtungen könnten so beispielsweise auch ins Quartier hinaus angeboten werden.

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Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness

5

Intelligentes FM – Ein Ausblick

Das FM kann in Alterseinrichtungen sehr viel dazu beitragen, dass diese nachhaltig, effizient und sicher gestaltet und geführt werden. Die Hauptkompetenz liegt sicherlich darin, Supportleistungen zu erfassen, sichtbar und berechenbar zu machen sowie Standards durchzusetzen. Mit dem vermehrten Einsatz von ICT kommen immer wieder neue Standards dazu. ICT schafft dabei gleichsam neue Möglichkeiten, wie auch neue Herausforderungen; und Letzteres verlangt vom FM neue Kompetenzen. Neben den

Patienten

und

Patientinnen

in

Spitälern,

den

Bewohnern

und

Bewohnerinnen

in

Alterseinrichtungen, deren Verwandten, der Ärzteschaft und dem Pflegepersonal sind es Facility Manager und Facility Managerinnen, die nicht nur von den ICT-Veränderungen betroffen sind. Sie sind auch Partner, wenn es darum geht, neue Lösungen zu entwickeln und Vorhandene zu optimieren. FM selbst profitiert von den AmI-Lösungen. Diese Systeme helfen, den Kontext besser zu verstehen. Damit können Ressourcen besser geplant, eingesetzt und die Schnittstellen besser bedient werden (siehe Exkurs 2). Exkurs 2: Bewohnerzimmer/Patientenzimmer 2025 Das Zimmer ist grosszügig, hat ein Bett, das sich in verschiedene Positionen verstellen lässt. (….) Spezialwünsche beim Essen; kurzfristige Änderungen, weil der Patient/Bewohner abwesend ist, werden direkt der Küche gemeldet. Das Display für die Essensauswahl ist individualisiert und auf die Bedürfnisse hin abgestimmt. Fehlbestellungen fallen weg. Braucht es eine kurzfristige Reinigung, neue Bettwäsche oder irgendwelche Ersatzgegenstände, so meldet dies das System automatisch ins FM. Probleme mit der Infrastruktur werden gemeldet (z.B. defekte Lampe) noch bevor der Patient es selbst bemerkt. Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit können entsprechend den aktuellen Bedürfnissen des Patienten/Bewohners eingestellt werden und sind kontrolliert. Fazit: Patienten/Bewohner, gleichsam wie Ärzte und Pflegepersonal sowie das FM-Personal, profitieren von der intelligenten Umgebung, dem Monitoring und der Kommunikation vorhandener Systeme. Informationen sind schneller, jederzeit abrufbar und immer aktuell zugänglich. Therapien können besser überwacht und angepasst werden, die Kommunikation zwischen den Stakeholdern ist erleichtert. Das FM-Personal hat mehr Planungssicherheit, trägt nachhaltig zur Reduktion beispielsweise des Food Waste bei, interagiert verlässlicher mit den anderen Stakeholdern, ist flexibler im Einsatz, ist ressourcenfreundlicher und effizienter. Das FM kann sich den ICT-Entwicklungen nicht entziehen; zum einen nicht, weil seine Verantwortungsbereiche nachhaltig davon beeinflusst sind und eine Effizienzsteigerung nur unter Berücksichtigung dieser Veränderungen garantiert ist. Zum anderen kann der vielseitig prognostizierten Individualisierung der Patienten/Bewohner nur begegnet werden, wenn man sich auch dort optimal auf deren Bedürfnisse einstellen kann. Ein gut funktionierendes FM garantiert reibungslose Abläufe, Ressourceneffizienz und Zufriedenheit bei allen Stakeholdern. Studien aus den USA zeigen, dass die Qualität der FM-Leistungen, zum Beispiel im Bereich Hospitality Management, entscheidend dafür ist, ob sich jemand für eine Alterseinrichtung entscheidet oder nicht (Pizam, 2014). Das FM ist ein wichtiger Partner, wenn es um die Entwicklung neuer Versorgungskonzepte für Alterseinrichtungen geht. Parallel muss es aber auch den Wandel und die Entwicklungen

im

ICT-Bereich

erkennen,

mitgestalten

und

für

den

eigenen

Leistungs-

und

Verantwortungsbereich einfordern und auch einsetzen. Nur so leistet es den optimalen Beitrag zur gesamten Wertschöpfung, zu mehr Qualität und Nachhaltigkeit in den Alterseinrichtungen von Morgen.

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Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness

Literaturverzeichnis Acampora, G., Cook, D.J., Rashidi, P., & Vasilakos, A. (2013). A survey on ambient intelligence in health care. Proceeding Institute of Electrical and Electronics Engineers Institute of Electrical and Electronics Engineers, 101(12), 2470-2494. Arditi, D., Mangano, G., & de Marco, A. (2015). Assessing the smartness of buildings. Facilities, 33 (9/10), 553-572. Bayer, P. (2012). Anwendung des Kundenprofilgenerators – individuelle Gestaltung und Perspektiven für ein zukunftsfähiges Service-Wohnen. In D. Spath, W. Bauer; P. Gaugisch und B. Risch (Eds.). Pflege 2020. Lebensstilgerechte Versorgung in der Altenhilfe (pp. 54-75). Stuttgart: Frauenhofer Verlag. Christen, A., Hänggi, P., Kraft, C., Künzi, D., Merki, M., & Ruffner, J. (2013). Gesundheitswesen Schweiz 2013 - Der Spitalmarkt im Wandel. Credit Suisse Global Research. August 2013. Zürich: Credit Suisse Group AG. Gaugisch, P., Risch, B. & Strunck, St. (2012). Verbundforschung zu Lebensstilgerechten Modellen in der Altenhilfe. In D. Spath, W. Bauer, P. Gaugisch & B. Risch (eds.). Pflege 2020. Lebensstilgerechte Versorgung in der Altenhilfe (pp. 7-51). Stuttgart: Frauenhofer Verlag. GUD / Gesundheits- und Umweltdepartement der Stadt Zürich. (2006). Konzept ServiceWohnen im Alter (2006). Stadt Zürich, Altersheime. Summary. 5 S. Hohmann Beck, B. (2012). Grenzen sprengen – Herausforderung Zusammenarbeit in der Langzeitversorgung. Curaviva, Fachtagung, 12. Januar 2012, Zürich Höpflinger, F. (2009a). Wandel des Alters – neues Alter für neue Generationen. Juni 2012. Retrieved from

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Neue Konzepte, Assistierende Technologien und ganz viel Smartness

Autorenporträt Seit September 2011 arbeitet Dr. Andrea Ch. Kofler an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften am Institut für Facility Management. Dabei leitete sie über drei Jahre lang das Schweizer Forschungskonsortium des EU-geförderten AAL-Projekts M3W. Zurzeit laufen zwei weitere AAL-Projekte, dabei werden userfreundliche Plattformen zur besseren Vernetzung, Promotion und Weiterentwicklung von AAL-Produkten und Services entwickelt. Sie engagiert sich auch im Interreg geförderten grenzüberschreitenden AAL-Lab. In der Lehre bietet sie unter anderem ein Elective mit Fokus auf AmI, Smart Home und AAL an.

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fmpro ist der grösste Verband der Schweiz im Facility Management und in der Maintenance Mit über 1000 Mitgliedern ist fmpro der grösste nationale Verband in den Bran-chen Facility Management und Maintenance. Aktuell sind ca. 200 Unternehmen sowie 800 Fachspezialisten unserem Verband angeschlossen. Unsere Mitglieder sind Einzelpersonen und Unternehmen:  fmpro ist ein Verband der Führungskräfte mit rund 80% der Mitglieder in Kaderfunktionen, davon 20% auf Ebene Geschäftsleitung.  80% der Mitglieder sind innerhalb der Unternehmen für Facility Management und Maintenance zuständig; 20 % bieten Beratung, Dienstleistungen und Services an.  Die Tätigkeitsgebiete unserer Mitglieder verteilen sich ungefähr zu gleichen Teilen auf die FM Bereiche „Fläche & Infrastruktur“, „Mensch und Organisation“ sowie auf die Industrielle Maintenance, wobei viele Mitglieder auch übergreifende strategische Funktionen innehaben.  Über unsere Medien erreichen wir rund 3‘000 Branchenvertreter. fmpro ist primär auf den Schweizer Markt ausgerichtet und pflegt über Delegationen den Kontakt zu Internationalen Verbänden und Organisationen. Unser Branchenverständnis im Facility Management richtet sich an der SN EN Norm 15221 mit den beiden Hauptausprägungen „Fläche & Infrastruktur“ sowie „Mensch & Organisation. Bei der industriellen Maintenance orientieren wir uns an der Norm SN EN 15628. Das Facility Management und die Maintenance stellen auf strategischer, taktischer und operativer Ebene die Verfügbarkeit von Infrastrukturen und Anlagen sicher und steuern die Services zur Unterstützung des Kerngeschäfts. Unser Engagement Bildung fmpro zeichnet sich für die Abschlüsse der höheren Berufsbildung im Facility Management und der Maintenance in allen drei Landessprachen verantwortlich. Wir sind Träger oder Teil der Träger-schaft von 5 eidgenössischen Prüfungen. Jährlich führen wir über diese Abschlüsse aktuell gegen 350 neue Führungs- und Fachkräfte der Branche zu. Regionale Netzwerke Vier Regionalgruppen fördern den regionalen Austausch von Fachkräften und regionalen Betrie-ben über Netzwerkveranstaltungen und Besichtigungen. Zudem unterstützen die Regionalgrup-pen den Wissenstransfer über Fortbildungen und Fachreferate. Fachliche Netzwerke Fünf fachliche Netzwerke initiieren aktuelle Themen und erstellen Leitfäden und Empfehlungen zu den Fachbereichen des FM und der Maintenance. Die Fachgruppen sind auch Plattformen für den themenspezifischen Erfahrungsaustausch. Veranstaltungen Pro Jahr organisieren wir rund 20 Fach- und Netzwerkveranstaltungen als Gesamtverband oder über unsere Fach- und Regionalgruppen. Medien Über unser Printmagazin „fmpro Service“ und die Verbands-Website stellt fmpro Brancheninforma-tionen, Fachwissen und Services zur Verfügung. Kooperationen Als Partner von Bildungsanbietern und Organisationen im Branchenumfeld sowie internationalen Dachverbänden bietet fmpro Zugang zu Veranstaltungen und Wissensplattformen dieser Partner. Berufsbild Übergeordnet stärkt fmpro das Berufsbild und die Wahrnehmung der Branche in der Öffentlichkeit, der Wirtschaft und der Politik. Gemeinsam die Branche vorantreiben Übergreifend leistet fmpro einen Beitrag zur Stärkung und Verbesserung der Wahrnehmung des Berufsstandes und trägt zur Professionalisierung der Branche bei. Ihre Mitgliedschaft ermöglicht dieses Engagement, von dem alle Vertreter der Branche profitieren – auch Sie selbst.

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Strategie und Organisation im Workplace Management

Strategie und Organisation im Workplace Management - Eine qualitative Analyse des strategischen Workplace Managements in Schweizer Unternehmen Stefanie Lange ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Die Forschungsarbeit des Instituts für Facility Managements (IFM) zielt darauf ab, im bislang wenig erforschtem Feld des Workplace Managements (WPM) Grundlagen zur Organisation zu schaffen. Die leitende Fragestellung dafür ist lautet „WPM - does structure follow strategy?“ und sucht nach dem Zusammenhang von Organisation und Strategie, sowie dessen Auswirkung auf die WPM-Erfolge. Gleichzeitig erfolgt eine Momentaufnahme der WPM-Praxis in der Schweiz. Als qualitative Methode wurden Experten-Interviews mit den WPM-Verantwortlichen von elf Unternehmen durchgeführt. So wurde erkannt, dass Zusammenhänge zwischen Strategie und Struktur auch innerhalb des WPM bestehen. Ein grosser Einfluss dieser Zusammenhänge auf die WPM-Erfolge konnte nicht festgestellt werden. Die Zusammenhänge von Strategie und Struktur scheinen auch bei der Gestaltung von WPM-Organisation und Positionierung weniger relevant. Sie werden vielmehr bei der Gestaltung von grösseren Einheiten oder dem Zusammenschluss zentraler Unterstützungsfunktionen (wie Shared Service Center) berücksichtigt. Schliesslich zeigen die Resultate, dass das inhaltliche Verständnis des WPMs bereits ausgereift ist. Die strategische Position des WPMs innerhalb von Unternehmen hingegen kann noch gestärkt werden, was eine intensivere Abstimmung von Strategie und Struktur zur Folge hat.

1

Ziele, Forschungsfragen und Vorgehen der Forschungsarbeit

In der Forschungsarbeit des IFMs, die als Masterarbeit im Fachgebiet Facility Management durchgeführt wurde, wird dargestellt wie die Praxis Workplace Management (WPM) als Funktion versteht, einsetzt und organisiert. Zusammengefasst befasst sich die Arbeit mit der Bereitstellung von Arbeitsumgebung bzw. genauer mit der Bereitstellung von Büroarbeitsplätzen durch die Funktion des WPMs. Der Fokus liegt dabei weniger auf der inhaltlichen Ebene (d.h. was WPM inhaltlich umfasst und ausmacht). Untersucht wird vielmehr die

organisatorische

Ebene,

nämlich

welcher

Zusammenhang

zwischen

WPM-Strategie

und

Organisationsform des WPMs besteht. D.h. es wird betrachtet, wie grundsätzlich die Positionierung des WPMs innerhalb der Unternehmensstruktur die Strategie und die Ergebnisse beeinflusst. Gesamthaft ist das Ziel, die Merkmale und Konsequenzen verschiedener WPM-Organisationen aufzunehmen und zu dokumentieren. Dafür wurden die Organisation, Strategie und das zugrundeliegende Verständnis zum WPM in Interviews mit Workplace Managern oder Facility Managern erfragt. Hieraus ist eine ResultateÜbersicht als Good Practice entstanden und es konnten Aussagen über die Passung von Organisation und Strategie hinsichtlich der bestmöglichen Zielerreichung des Workplace Managements getroffen werden. Ein Teilziel ist eine Momentaufnahme in kleinem Untersuchungsrahmen, die den Überblick der WPM-Praxis innerhalb der untersuchten elf Fälle vermittelt. Diese beschreibt die untersuchten WPM-Fälle, was zum Beispiel die WPM-Organisation (Aufbau- und Ablauforganisation), Unternehmensziele die durch WPM unterstützt werden, formulierte WPM-Strategien sowie Resultate (d.h. Erfolge und Misserfolge) beinhaltet. Sie

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Strategie und Organisation im Workplace Management

dokumentiert ebenfalls die Entstehung der Organisation des jeweiligen WPMs. Wurde die Organisation nach Ansprüchen des WPMs gestaltet und eingeleitet und folgt sie einer expliziten WPM-relevanten Strategie (structure follows strategy)? Oder ist die WPM-Struktur aufgrund von höheren Interessen entstanden und beeinflusst die WPM-Strategie im Sinne der höheren Ordnungsstufen (strategy follows structure)? Die Einordnung der Arbeit fällt in das breite Themenfeld der Unternehmensführung. Dieser Rahmen verlangt nach einer eher breit aufgestellten Theorie-Bearbeitung, bei der aufgrund der Breite auf die Tiefe verzichtet wird. Betont wird dennoch der theoretische Hintergrund zur Organisationgestaltung, da das als ein Themenschwerpunkt bestimmt werden konnte. Das WPM, ebenfalls ein Themenschwerpunkt, gilt als Unterstützungsfunktion (Rügg-Stürm, 2002) im Unternehmen. Inhaltlich stellt das WPM eine Schnittmenge aus FM-, CREM- und HR-Themen dar und verlangt demzufolge auch nach der Auseinandersetzung mit vorhandener Theorie aus diesen Fachbereichen. Der Fokus liegt dabei auf der strategischen Ebene. Theoretische Hinweise explizit zur Organisation des WPMs in Bezug auf Ziele und Strategie gibt es nicht; hier besteht eine Lücke zwischen Theorie- und Praxiswissen: Die Literatur bietet wenig zur Organisation (Aufbauund Ablauforganisation) des WPMs oder zur Integration ins Unternehmen. Es wird lediglich gezeigt, wie Strategie grundsätzlich für Unterstützungsprozesse, wie z.B. FM, ausgerichtet werden kann oder die Aufgaben des WPMs hergeleitet werden (Then & Tan, 2014; Popp, 2001). Diese Wissenslücke ist erstaunlich, denn die WPM-Positionierung im Unternehmen und die WPM-Organisation beeinflussen Strategie-Transformation, Umsetzung und letztendlich Resultate.

Abbildung 29: Inhaltliche Struktur/Fragestellung der Forschungsarbeit

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Strategie und Organisation im Workplace Management

Die Arbeit setzt sich aus drei Phasen zusammen (siehe Abbildung 1). Zunächst wurde das Themenfeld erschlossen und mittels der Theorie das Forschungsprojekt skizziert und gestartet. Das Untersuchungsfeld besteht aus elf Schweizer Unternehmen, welche über ein aktives WPM verfügen. Diese wurden hinsichtlich Ihrer WPM-Praxis untersucht. Es wurden dazu qualitative Daten in halbstrukturierten Experten-Interviews mit Workplace-Verantwortlichen gesammelt, gegenüberstellt und ausgewertet. Muster zu definierten Unterthemen (z.B. Passung von Organisation und Strategie) und deren Bedeutung für das WPM sind mittels einer ThemenMatrix herausgearbeitet und diskutiert. Es wurde hinterfragt, wie in Abbildung 1 dargestellt, den Zusammenhang zwischen Zielen, der WPM-Strategie und der Struktur (gemeinsam hier als WPM-Organisation zu verstehen) und zudem wurden die Gestaltungsaspekte während der Entstehung der Organisation ermittelt. Gleichzeitig wurden die Merkmale und auch die Resultate des WPMs aufgenommen und zu einer Momentaufnahme (im Umfang des Untersuchungsfeldes) verarbeitet (vgl. Abb. 1). Um den Zusammenhang zwischen Zielen und WPM-Strategien zu untersuchen, musste als erstes in jedem untersuchten Fall das gültige Verständnis zum WPM im Unternehmen geklärt werden. Danach konnte ermittelt werden, wie sich explizite Ziele und Strategien zum WPM anschliessen, denn die WPM-Strategie sollte als Basis für den Leistungsumfang und die Aktivitäten der WPM-Einheit dienen (Becker & Steele, 2006). Auf Grundlage der Experten-Interviews und dem Studium von vorhandener Theorie aus verschiedenen Themenbereichen (z.B. Unternehmensführung, Organisationsgestaltung und Facility Management) werden folgende Forschungsfragen beantwortet: 1. Was sind Strategien und Strukturen des WPMs? 2. Was ist der Zusammenhang zwischen WPM-Strategie, WPM Struktur und deren Konsequenzen? 3. In welchem Verhältnis stehen FM und WPM in den untersuchten Unternehmen?

2

Standortbestimmung

und

Beobachtungen

zum

Workplace

Management in Schweizer Unternehmen Wettbewerbsfähigkeit, zunehmende Komplexität im Unternehmen (z.B. Aufgaben und Prozesse) und höhere Anforderungen (Technologie, Veränderung, Flexibilität, etc.) führen zu erhöhtem Druck auf Unternehmen und deren Management (Koch, 2015). Dieser Druck wirkt direkt auf das Kerngeschäft und indirekt auf die Unterstützungsfunktionen eines Unternehmens (Dubs, 2004). Demnach betrifft diese Situation auch unternehmensseitige Leistungen und Kosten der Arbeitsumgebung und des WPM (Becker, 2002). Gleichzeitig entsteht auf Arbeitnehmerseite ein höherer Anspruch an den Arbeitsplatz und Dienstleistungen im Arbeitsumfeld (Windlinger, 2015). Durch die zuvor genannten Entwicklungen gewinnt das WPM generell an Bedeutung. Denn eine präzise Workplace (WP) Strategie (also die Strategie zur physischen Büroraumumgebung und dazugehörenden Dienstleistungen) kann Effizienz und Effektivität im Umgang mit Ressourcen und Humanressourcen unterstützen (Windlinger, Konkol, Schanné, Sesboüé, & Neck, 2014). Strategien und Konzepte, die auf die übergeordnete Unternehmensstrategie und gleichzeitig auf die Bedarfe der Nutzer ausgerichtet sind, erzeugen nicht nur Kosten, sondern schaffen Mehrwert. Demzufolge kann das WPM einen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten, da es die Aufgaben zur Analyse, Planung, Einführung, Bewirtschaftung und

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Strategie und Organisation im Workplace Management

Optimierung der Büroraumumgebung übernimmt (Then & Tan, 2013; Atkin & Brooks, 2009; Best & Langston & Valence, 2003; Becker & Steele, 2006). Um das Potential der Arbeitsumgebung zu erkennen und auszuschöpfen, sind Verständnis und Aufmerksamkeit gegenüber WPM und spezifisches Knowhow Schlüsselfaktoren. Diese Aspekte treten in Beziehung mit der vorhandenen Organisation (von Unterstützungsfunktionen) und schaffen somit einen Handlungsrahmen für das WPM. In der Praxis lässt sich jedoch gut beobachten, wie die Organisation des WPMs über verschiedene Unternehmensbereiche erfolgen kann. Gespräche mit Experten und Praktikern haben gezeigt, dass die Aufgaben des WPMs häufig dem FM oder Corporate Real Estate Management (CREM) zugeteilt sind. In einigen Fällen ist das Personalwesen zuständig und nur vereinzelt besteht eine eigenständige WPM-Einheit oder ein WPM-Team. In allen elf untersuchten Unternehmen besteht WPM-Kompetenz. Mindestens eine Person übernimmt die Verantwortung und steuert den dazugehörigen Auftrag, welcher in den Unternehmen, wie erwartet, unterschiedlich ausfällt. Wenn auch der Aufgabenumfang in den Unternehmen unterschiedlich ist, ist das Verständnis zum WPM eher ganzheitlich und entspricht dem von Windlinger (2012) und Becker & Steele (2006). Laut FM-Literatur wird das FM oftmals als raum- und serviceorientiert beschrieben (Rügg-Stürm, 2002) und fokussiert selten auf das Humankapital (d.h. die Nutzer). Durch die organisatorische Nähe von FM und WPM wurde dieser Fokus am Anfang der Arbeit auch für das WPM vermutet. Das hat sich nicht bestätigt. Bewusstsein für sog. „weiche“ Faktoren rund um die Nutzer und für Abstimmungsbedarfe mit Geschäftsprozessen und Arbeitsstilen ist vorhanden. Inhaltliche und organisatorische Strategien schliessen sich in den meisten Fällen dem Verständnis glaubwürdig an. Während FM-Literatur Kosten- und Flächeneffizienz betont, sind diese innerhalb des WPMs weniger präsent. Produktivität der Einheiten und Mitarbeiter-Bindung sind stattdessen häufiger genannte Zielgrössen. In diesem Zusammenhang kommen erste Aspekte der Organisation zum Vorschein. Die in den Interviews genannten Zielgrössen verlangen nach Spezialisierung der Verantwortlichen und der Methoden, einem hohen Abstimmungsbedarf sowie Geschlossenheit. Geschlossenheit meint gemeinsame Ziele der involvierten Parteien, sowie dem Entwickeln von gemeinsamem Verständnis und Wissen zu WP-Themen. In fast allen untersuchten Unternehmen ist diese Geschlossenheit durch eine organisatorische Regelung theoretisch gegeben. Weiterhin besteht in fast allen Fällen zumindest auf strategischer Ebene eine zentrale Organisation der Unterstützungsfunktionen. Diese Beobachtung belegt den in der Theorie beschriebenen Trend zu einer Organisation nach dem Prinzip von Shared Services. Auch die diesbezüglich in der Literatur beschriebenen Vor-und Nachteile werden in der Praxis als Schwierigkeiten und Erfolgsfaktoren thematisiert und wirken sich auf die Disziplin WPM aus. Wobei das WPM teils als eine Spezialisierung von CREM, FM oder HR eine ggf. weniger starke Ausgangslage hat. Als eine Teilaufgabe oder Untereinheit der grösseren Einheit sind einige Schwierigkeiten verstärkt zu verzeichnen, so scheinen z. B. die Abstimmung mit der Geschäftsleitung oder das strategische Positionieren innerhalb des zentralen Support-Bereichs herausfordernd.

158

Strategie und Organisation im Workplace Management

3

Schweizer Workplace Management Praxis: Does structure follow strategy?

Does structure follow strategy? war die leitende Fragestellung der Forschungsarbeit. Sie fragt nach der Passung, also der Abstimmung von Strategie und Struktur der WPM-Organisation. Eine weitere Frage war, ob die Passung tatsächlich für das WPM und seine Erfolge relevant ist. Der Ausdruck „structure follows strategy“ (Chandler, 1962) impliziert, dass die Unternehmensstruktur mit einem gewissen Bewusstsein gestaltet wird. Weiterführend sind auch die Prozesse in diesem Zusammenhang relevant. So ergänzt Chandler

im Weiteren „structure follows process follows strategy“. D.h.

Organisationsgestaltung wird genutzt, um strategische Unternehmensziele mit Hilfe der Organisation (Aufbauund Ablauforganisation) bestmöglich zu erreichen. Die Forschungsarbeit stellte ausgangs in Frage, dass Unternehmen dieses Gestaltungsbewusstsein für WPM ausgeprägt haben. Vermutet wurde, dass dem individuellen Verständnis des Unternehmens entsprechend das WPM einer Einheit, Untereinheit oder Stelle zugeordnet wird - ohne sich dabei Auswirkungen verschiedener WPMPositionierungsvarianten bewusstzumachen.

Denn es war nicht klar, ob die unterschiedlichen

Organisationsformen, wie sie in der Praxis zu finden sind, aufgrund einer Gestaltungsmassnahme geschaffen wurden oder gewachsen (z.B. historisch oder politisch) sind. Somit stellte sich die Frage: does structure follow strategy? Welcher Zusammenhang bzw. welche Konsequenzen entstehen durch unterschiedliche WPMStrategie und WPM-Organisation? Weiter war unklar, ob das Management eines ganzheitlich verstandenen Systems (nämlich WPM als Steuerungsinstrument der ganzheitlichen Büroraumumgebung) erfolgreicher ausgeführt ist als eine Aufgabenstellung innerhalb einer eigenständigen WPM-Einheit oder als Untereinheit einer anderen Unterstützungsfunktion (wie z.B. CREM oder FM). Aus der Literatur geht nicht hervor, welche Begünstigung oder Hindernisse durch verschiedene Organisationsformen des WPMs entstehen. Als Erkenntnis aus der Forschungsarbeit kann festgehalten werden, dass Zusammenhänge zwischen der WPM Strategie und Struktur bestehen. Die WPM-Verantwortlichen können dabei aber nur bedingt die Positionierung oder Struktur mitgestalten. Betrachtet man die übergeordnete Ordnungsebene der häufig zusammengefassten Unterstützungsfunktionen, scheint die Passung von Struktur und Strategie überlegt und ausgereift. Denn die Entwicklung hin zu Shared Service Center wird als eine Abstimmung von gemeinsamen strategischen Zielen, ganzheitlichen Strategien und einer geschlossenen Organisation zur Umsetzung der einzelnen Funktionen gewertet. Dies ist auf der Ebene des WPMs nicht so klar und konsequent zu erkennen. Das wirkt sich nach Selbst-Einschätzung der WPM-Verantwortlichen nur wenig auf das Erreichen der aktuellen WPM-Ziele aus. Es ist dennoch zu vermuten, dass die Position der WPM-Einheit und somit auch das Durchsetzen von WPM-Strategien und Erreichen der Ziele von einer Position in Führungsnähe, verbessert werden können. Die häufige Positionierung in der Strukturtiefe scheint weniger ein Problem bezüglich dem Kaskadieren der Geschäftsstrategie. Diese fliesst geregelt ins WPM und schafft somit klare Kompetenzen und Pflichten. Jedoch lassen sich limitierte Rechte seitens WPM vermuten. Die Verantwortlichen konnten meist keine Gestaltungsaspekte zur WPM- oder Support-Organisation nennen. Das lässt darauf schliessen, dass kaum Mitsprache- oder Mitgestaltungsmöglichkeiten während der Strukturveränderung bestanden.

159

Strategie und Organisation im Workplace Management

4

Prozessentwurf zur Workplace Management-Positionierung

Im folgendem wird ein Vorschlag zum Prozess zur WPM-Positionierung gemacht. Dieser Vorschlag ist abgeleitet aus dem Prozess zur FM-Positionierung von Chotipanich (2004) und basiert auf den zuvor dargestellten Erkenntnissen. Viele der dabei fürs FM beschriebenen Einflüsse und Aspekte gelten auch für die WPM-Organisation. Andere Einflüsse und Aspekte müssen für das WPM ausgetauscht bzw. ergänzt werden. Grundsätzlich wurde auch die Abfolge der Schritte leicht verändert. Die Ausgangslage, also der Prozessbeginn, muss die Unternehmensstrategie sein. Anders lässt sich ein Positionierungsprozess nicht erfolgreich und glaubhaft durchführen. Im nächsten Schritt müssen generelle Bedarfe der Nutzer in der Büroraumumgebung und Mobilitätstypen analysiert werden. Externe, interne und weitere

Faktoren

(wie

beispielsweise

räumliche

Gegebenheiten,

Geschäftsprozesse,

spezifische

Nutzeranforderungen und kulturelle Faktoren des Unternehmens) werden miteinbezogen. Somit ist das gesamte System untersucht und Anspruchsgruppen können ausgemacht werden. Anschliessend sind in diesem Positionierungsprozess die WPM-Ziele und messbare Zielgrössen zu definieren. Die Ziele sollten eine logische Konsequenz aus der Unternehmensstrategie und den Bedarfen der Nutzer sein. Sollten hier Widersprüchlichkeiten auftreten, müssen klare Entscheidungen der Führung getroffen werden. Nach dem Festlegen der Ziele können WPM-Profil und –Leistungsumfang skizziert werden. Dabei sind die Kompetenzen anderer Funktionen einzubeziehen. Sensibel können die WPM-Aufgaben auf das Support-Netz verteilt oder in diesem zusammengezogen werden. Hürden und Erfolgsfaktoren können auf verschiedenen Ebenen auftreten. Sie können inhaltlicher Natur sein, durch Nutzer oder auch durch andere Funktionen entstehen. Eine sorgfältige und unbefangene Prüfung kann die folgenden Prozessschritte erleichtern. Zudem sind Alternativen zu prüfen. Dies trägt zur Glaubwürdigkeit der Entscheidung bei. WPM-Profil und –Leistungsumfang können abschliessend festgelegt werden und die definierte WPM-Einheit, oder auch Stelle (je nach Leistungsumfang) kann platziert werden. Prozesse und Inhalte werden entsprechend der Struktur, Verortung und Ziele erstellt. Ein Rahmenkonzept, wie es in der Praxis üblich ist, erklärt die WPMFunktion inkl. Aufbau, Ablauf und Strategie. Auch die Abwicklung von Betrieb und WPM-Projekten ist skizziert. In WPM-Projekten sollten die Bedarfe projektspezifisch abgeglichen bzw. detailliert werden. Die Projektleitung sollte beim WPM-Verantwortlichen liegen. So können der systemische Ansatz beibehalten und die Interessen der anderen Funktionen abgeglichen werden.

5

Fazit

zur

Forschungsarbeit

und

der

aktuellen

Workplace

Management Praxis Durch die Forschungsarbeit konnten gute Einsichten in die WPM-Organisation und Strategien von elf Unternehmen genommen werden. Grundsätzlich wurden dadurch vermutete Zusammenhänge bestätigt und erstmals in Bezug auf das WPM dokumentiert. Aufgedeckt wurden zudem aktuelle Themen, Trends und Schwierigkeiten im Bereich WPM, wie z.B. Produktivitätssteigerung, die in vielen Unternehmens- und Prozess-Bereichen ausgereizt scheint. Praxis und Forschung erwarten, dass das WPM diesbezüglich noch Potential zur Steigerung bereithält. Effizienz und Effektivität sind ebenfalls präsente Themen. Die richtigen Dinge tun, um Arbeits- und Führungsstile zu

160

Strategie und Organisation im Workplace Management

unterstützen und gleichzeitig bewusst nachhaltig mit den Mitarbeitenden umzugehen. Demzufolge ist die Nutzerorientierung

im

Planungs-

und

Veränderungsprozess

ein

kontinuierliches

Anliegen

der

Verantwortlichen. Zusammenhänge von Struktur und Strategie konnten erkannt werden. Die Positionierung der Aufgabe (WPM; als Einheit oder als Stelle) wirkt sich weniger auf die Strategie oder Ziele aus. Allerdings kann sie Hürde oder Treiber beim Mitgestalten der Organisation oder Abwickeln von Projekten sein. Fazit zur Momentaufnahme ist, dass das Verständnis zum WPM in der Praxis dem der Theorie (Arbeitsplatz als System, Ganzheitlichkeit) vorhanden ist. Die Wechselwirkung von WPM mit Arbeitsprozessen, Organisationskultur und Technologien, und der daraus resultierende Einfluss auf die Mitarbeiter, sind in der Praxis erkannt. Hinsichtlich der Organisationsstruktur konnte festgestellt werden, dass Unternehmen WPM grösstenteils als Eigenleistung abwickeln. Ca. 50% der untersuchten Fälle führen das WPM über eine spezialisierte Einheit (WPM) aus. Die Prozesse werden möglichst standardisiert. Die strategischen Aufgabenfelder des WPM sind häufig zentral organisiert. Diese zentrale Abwicklung unterstützt zum einen den ganzheitlichen Ansatz des WPMs, der in den meisten Unternehmen vorhanden ist. Zum anderen erleichtert es Geschlossenheit der Unterstützungsfunktionen, Abstimmungsprozesse und Koordination. Schwierig erscheint die häufig angetroffene Positionierung in der Tiefe der Organisationsstruktur. Das wird im Vergleich zu grösseren Organisationseinheiten (CREM, HR, etc.) als eine strategisch schwächere Ausgangslange gewertet, was das Mitgestalten und Durchsetzen von Zielen und Strategie vermutlich erschwert. Das heisst, das WPM ist oftmals nicht entsprechend einflussreich positioniert. Es kann die Interessen im Sinne der Ganzheitlichkeit des WPs nicht immer vertreten. An dieser Stelle lässt sich ungenutztes Potential vermuten. Effektive und effiziente Organisationsmuster hinsichtlich WPM-Strategien und optimaler Zusammenarbeit der involvierten Einheiten sollten zukünftig durch die Mitsprache oder gar Koordination des WPM-Verantwortlichen gestaltet werden. Für die Organisationsmuster kann es keine allgemein-gültige Rezeptur geben. Die Unternehmen und deren Bedürfnisse sind so verschieden, dass jeder Fall eine Neu-Beurteilung benötigt. Dennoch bestehen wiederkehrende Einflüsse und Aspekte, welche sich aus Theorie und Praxis bestätigen lassen. Diese Einflüsse und Aspekte sind im Vorschlag zum WPM-Positionierungsprozess eingearbeitet. Für die Praxis gilt diese Arbeit als Momentaufnahme oder eine Art Zwischenbilanz auf dem Entwicklungsweg. WPM-Verantwortliche kennen oder verstehen oftmals nur den eigenen Fall. Diese Arbeit dokumentiert eine grössere Fallmenge und kann so Orientierung geben. Zudem wird die Theorie der Organisationsgestaltung und von anderen Unterstützungsfunktionen auf das WPM umgelegt und deren Wirksamkeit verschiedener Aspekte belegt. Für die Forschung wurde durch diese Arbeit ein grobes Bild der WPM-Organisation aufgebaut. Bislang waren keine organisatorischen Details zur Positionierung des WPMs innerhalb der Unternehmensstruktur bekannt oder gar verglichen. Es sind komplexe Wechselbeziehungen zwischen WPM und verschiedenen Aspekten zu verzeichnen und sollten in weiteren Forschungsarbeiten genauer untersucht werden. U.a. sollte der Vorschlag zum Prozess der Positionierung geprüft werden. Nach einigen Fallstudien hätte dieser mit entsprechender Reife eine hohe Relevanz für die Praxis.

161

Strategie und Organisation im Workplace Management

Literaturverzeichnis Atkin, & Brooks. (2009). Total Facilities Management, Third Edition. Chichester: John Wiley & Sons Ldt. Becker, F. (19. Februar 2002). Improving organisational performance by exploiting workplace flexibility. Journal of Facilities Management, Vol. 1 No.2, S. 154-162. Becker, F., & Steele, F. (2006). Making It Happen: Turning Workplace Vision into Reality. In J. Gallos, Organization development: A Jossey-Bass reader (S. 602-613). New York: Jossey-Bass Inc., U.S. Best, R., Langston, C., & Valence, G. d. (2003). Workplace Strategies and Facilities Management. Oxford: Butterworth-Heinemann. Chandler, A. J. (1962). Strategy and Structure: Chapters in the History of the American Industrial Enterprise. Cambridge: MIT Press. Chotipanich, S. (2004). Positioning facility management. Facilities, Vol. 22, No. 13/14, S. 364–372. Dubs, E. R.-S. (2004). Einführung in die Managementlehre, Band 1. Berne: Haupt Verlag Berne. Koch, S. (2015). Einführung in das Management von Geschäftsprozessen, 2. Auflage. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag Vieweg. Popp, K. (2001). Strategisches Facility Management zur Steigerung des Shareholder Values. München: Technische Universität München. Rügg-Stürm, J. (2002). Das neue St. Galler Management-Modell. Bern: Verlag Paul Haupt. Then, D., & Tan, T. (2013). Facilities Management and the Business of Managing Assets. Routledge: Taylor & Francis. Windlinger, L. (2012). Workplace Management und die Rolle der Büroumgebung in der Office Ecology. Congena Texte 2012 , S. 21-25. Windlinger, L. (15. April 2015). Review zu den Einflüssen der Büroumgebung. Von www.ifm.zhaw.ch: http://ifm.zhaw.ch/fileadmin/user_upload/life_sciences/_Institute_und_Zentren/ifm/Dateien/Publ ikationen/08_Windlinger_2014_Review_Einfl%C3%BCsse_der_B%C3%BCroumgebung_auf_Arbeitsl eistung_v3_final.pdf. abgerufen Windlinger, L., Konkol, J., Schanné, F., Sesboüé, S., & Neck, R. (2014). Gesundheitsförderliche Büroräume. Wissenschaftliche Grundlagen zum Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Büroraumgestaltung. Bern und Lausanne: Gesundheitsförderung Schweiz, Bericht 4.

Autorenporträt Stefanie Lange ist seit 2014 Wissenschaftliche Assistentin/Mitarbeiterin am Institut für Facility Management, Wädenswil beschäftigt. Ihr inhaltlicher Schwerpunkt ist Organisation und Strategie innerhalb des Workplace Managements. Seit einiger Zeit widmet sie sich Spital-Themen (wie beispielsweise Büroarbeit im Spital) und begleitet div. Projekte im Bereich Facility Management in Healthcare.

162

FM in der Spitalhygiene: past – present – future

FM in der Spitalhygiene: past – present – future Thomas W. Leibleina,*, Jacques Gublerb, Patrick Hanhartc, Thomas Meyerd, Hugo Saxe, Carlo Colomboe, Philip Petersf, Roger Eichenbergerg, Christoph Rockelg, Karin Schaadh, Hans Peter Füchslini, Thomas Hofmanna a

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), Institut für Facility Management (IFM), Grüental, Postfach, CH-8820 Wädenswil b Kantonsspital Winterthur, Institut für Labormedizin, Brauerstrasse 15, Postfach 834, CH-8401 Winterthur c SealedAir Diversey Care, Eschlikonerstrasse, CH-9542 Münchwilen d HYSYST® Deutschland GmbH & Co. KG, Benrather Schloßallee 113, D-40597 Düsseldorf e Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene, Universitätsspital Zürich, Rämistrasse 100, CH-8091 Zürich f Zentralwäscherei Zürich AG, Neue Hard 12, CH-8005 Zürich g Enzler Hygiene AG, Edenstrasse 20, Postfach, CH-8027 Zürich h ISS Facility Services AG, Buckhauserstrasse 22, Postfach, CH-8010 Zürich i Gesundheitsdirektion Kanton Zürich, Kantonales Labor Zürich, Bereich Wasser, Fehrenstrasse 15, CH-8032 Zürich * Korrespondierender Autor. E-Mail Adresse: [emailprotected]

Zusammenfassung Die Spitalhygiene stellt ein besonders komplexes Fachgebiet der Hygiene dar. Damit möglichst umfassend aufgezeigt werden kann, was bisher im Kontext Spitalhygiene als Standard galt, welche Schnittstellen zum FM vorliegen, und welche Veränderungen in diesem Bereich zu erwarten sind, ist es wichtig, verschiedene Sichtweisen und Einschätzungen auszuweisen. Für den vorliegenden Artikel wurden daher verschiedene Perspektiven und Aufgabenbereiche berücksichtigt. Die hier zu Wort kommenden Protagonisten der Spitalhygiene sind Akteure, die Schlüsselpositionen in unterschiedlichen Funktions- und Verantwortungsbereichen bekleiden. Sie gehen in ihrer Arbeit und in ihren Aufträgen kollaborativ mit Aufgabenbereichen des FM um, und umgekehrt. Im konkreten Fall sind dies die Verantwortungsträger aus zwei Schweizer Spitälern, von national und global agierenden Dienstleistungs-Unternehmen aus dem Bereich Reinigung und Hygiene, von einem Beratungsunternehmen mit Mandats-Schwerpunkt Hygiene sowie von einer kantonalen Behörde, die im Auftrag der Gesundheitsdirektion ihre Arbeit verrichtet. Der vorliegende Beitrag soll Anforderungen, Bedürfnisse und Interessen zusammengetragen, und kann dadurch als aktuelles und weit gefasstes Stimmungsbild verstanden werden.

1

Einleitung

Hinter dem historisch gewachsenen Begriff der „Hygiene“ stecken nicht nur eine Reihe verantwortungsvoller Prozesse und Aufgaben, sondern er setzt zudem ein bestimmtes Verständnis und Commitment von Beteiligten voraus, um sie gewährleisten zu können (Exner, Hartemann, & Kistemann, 2001). Auch das Facility Management [FM] ist mit unterschiedlich komplexen Fragestellungen rund um die Hygiene im Gesundheitswesen konfrontiert („Facility-borne Illness“, 2013; Freije, 2005; Gamage, Ambrose, Kralovic, & Roselle, 2016; Liyanage & Egbu, 2005). Für den vorliegenden Beitrag wurden aus der Praxis verschiedene Perspektiven und Meinungen abgeholt und in den Kontext der Spitalhygiene gestellt. Sie sind nicht nur für das FM von Bedeutung (Hübner, Fleßa, Jakisch, Assadian, & Kramer, 2012). Das FM vermag, bei bestimmten Fragestellungen, mehrwertgenerierende Lösungsansätze zu erarbeiten und zurückzuspielen.

163

FM in der Spitalhygiene: past – present – future

2

Hygiene und Verantwortung (Dr. med. Jacques Gubler)

Dass Sauberkeit eng mit der Verhinderung von Krankheiten verbunden ist, zeigt bereits die Herleitung des Begriffs „Hygiene“ vom griechischen „γίεια“ (Hygieia), der Göttin der Gesundheit. Sauberes Trinkwasser, adäquate Wohnverhältnisse und effiziente Abwasser- und Abfallentsorgung wurden mit der Entdeckung der Infektionserreger im 19. Jhd. zu den wirkungsvollsten Massnahmen bei der Eindämmung der grossen Epidemien. Die Einführung der Händehygiene im Spital reduzierte zusätzlich drastisch die Übertragung von Infektionserregern. Sie wäre auch heute noch die effizienteste Massnahme zur Reduktion von Spitalinfektionen (Bolon, 2016; Wetzker et al., 2016). Da sie aber die Disziplin aller beteiligten Personen voraussetzt, welche schwer beeinflussbar ist, lockt die Versuchung, auf technische Massnahmen auszuweichen. In Bereichen mit denen das FM zu tun hat, bestehen dazu auch grosse wirtschaftliche Interessen,

bilden

doch

neue

„bakterienabweisende“

Oberflächenbeschichtungen,

elaborierte

Lüftungssysteme in Operationssälen, flächendeckende Desinfektionen usw. profitversprechende Märkte. Die Herausforderung an das FM und damit verbundene Services wird es bleiben, den Wert technologischer Innovationen und der Qualitätssicherung, wie auch mikrobiologischer Überwachungsmassnahmen in der Realität zu erkennen, zu bewerten, und mit einzubeziehen, um damit zielgerichtet, im Interesse der Organisation, zu wirtschaften. Ein möglicher Indikator zur Hygiene im Spitalumfeld, der Evidenz liefert, ist z.B. die reelle Wirkung auf Infektionsraten. Hierzu gilt es, den erwiesenermassen effizienten Grundprinzipien der Sauberkeit durch Reinigung, der Wäscheversorgung und der korrekten Abfallentsorgung treu zu bleiben.

3

Tiefer Schlaf garantiert für Hygieneverantwortliche? (Patrick Hanhart)

Die Ansteckungsgefahr im Spital ist die grosse Herausforderung für Hygieneverantwortliche im Spiel der Kräfte zwischen Risikominimierung, Ökonomie, Ökologie und praktischer Umsetzbarkeit. Die ersten beiden Forderungen der DGKH (Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene) beziehen sich auf die Sicherstellung der notwendigen Hygiene in den Krankenhäusern (Exner & Walger, 2015), welche durch Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen des Instituts für Facility Managements [IFM] der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften [ZHAW] beeinflusst werden können. Diese beiden Forderungen haben durchaus auch Berechtigung für die Schweiz: 1.

Qualifizierte

infektionshygienische

Überwachung

von

medizinischen

Einrichtungen

(Krankenhäusern, ambulant operierenden Einrichtungen, Arztpraxen, ambulanten/ stationären Pflegeeinrichtungen, Rehabilitationseinrichtungen) durch die Gesundheitsämter Mit diesem Anspruch einer externen Kontrollinstanz wird die Eigenkontrolle jedoch keinesfalls in Abrede gestellt. Es zeigt sich dabei, dass es an Transparenz mangelt und nationale Standards als für alle gültig unabdingbar sind. Denn Krankenhäuser stehen im Marktvergleich. Und das Risiko, dass in Folge in der Hygiene auf Kosten des Infektionsrisikos gespart wird, ist sehr hoch. Eine standardisierte, zeitnahe, qualifiziert infektionshygienische Überwachung flächendeckend sicherzustellen und gleichzeitig umfassend Daten zu erheben, statistisch laufend auszuwerten muss als wichtige Massnahmen erachtet werden.

164

FM in der Spitalhygiene: past – present – future

2.

Verbesserung und Überwachung der Reinigung in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen mit Einsatz von periodisch geschultem Fachpersonal (verbindliche Mindestanforderungen zum risikoadaptierten Personalschlüssel und zur Qualifikation)

Hier sind die Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen gefordert. Genauer gesagt ihr Wissen um die Reinigung und Hygiene, als Teil des FMs und damit der FM-Verantwortung. Mit ihren verantwortungsvollen Aufgaben gestalten sie mit, wie Prinzipien aus der Organisationslehre effektiv und effizient einzusetzen sind. Ein Beispiel aus dem Bereich Reinigung stellt einen Bezug zu den beiden genannten Forderungen her. Es lässt sich mit einer von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene durchgeführten Studie belegen. So wurde bei einer Umfrage festgestellt (DGKH, 2014), dass die bereits geübte Praxis der so genannten Sichtreinigung folgende Auswirkungen hat: •

nur noch etwa 10% der Krankenhäuser reinigen die Patientenzimmer am Sonntag

60% der Antwortenden gaben an, dass die Reinigung in den letzten Jahren schlechter geworden ist

In Deutschland wurden in den letzten 15 Jahren die Flächenleistungen mindestens verdoppelt. Es ist die Frage zu stellen, ob die vorgegebene Leistung real erbracht werden kann. Die DGKH fordert nachdrücklich, eine Änderung der Risikoeinschätzung zur Reinigung und Flächendesinfektion. Die persönliche Erfahrung zeigt, dass die interdisziplinäre Ausbildung in Kombination von operativem und strategischem

FM

im

Gesundheitswesen,

an

der

ZHAW

ideale

Voraussetzungen

bildet,

um

verantwortungsvolle Management-Aufgaben wahrzunehmen. Alumni und die zukünftigen Abgängerinnen und Abgänger sind in der Lage, mit ihrem Wissen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Im 19. Jahrhundert meinte Lord Kelvin, William Thomson in einer seiner Vorlesungen (Stellman, 1998), frei übersetzt: “Ich sage oft, dass wenn du nicht messen oder in Zahlen ausdrücken kannst, wovon du sprichst, du nur eine Ahnung davon hast. Wenn du es nicht in Zahlen ausdrücken kannst, ist dein Wissen nur dürftig und unbefriedigend. Dies kann der Aufbruch der Reise zur Erkenntnis bedeuten. Aber du hast erst spärlichen Fortschritt auf den Stufen der Wissenschaft erreicht, egal um welches Thema es sich handelt.“ Dort, wo die Branche in der Vergangenheit noch im Dunkeln tappte, werden heute mehr und mehr Daten manuell und elektronisch gesammelt. Wir erleben Krankenhäuser, welche die Leistungen für die Gewährleistung der Hygienesicherheit auf täglicher Basis elektronisch sammeln, analysieren und ihre Prozesse entsprechend optimieren. Wie Tom Peter predigt: „What gets measured gets done!”. In der heutigen Zeit werden in Europa diese Mess- und Analysemöglichkeiten von den Leistungserbringern erwartet. In Zukunft wird dies zur Selbstverständlichkeit gehören und die Hygieneverantwortlichen werden sich fragen, wie ihre Vorgänger ohne diese Möglichkeiten ruhig schlafen konnten…

4

HYSYST® Healthcare – Mit Sicherheit weitergedacht (Thomas Meyer)

Erklärtes Ziel von Oberflächendesinfektionen im Krankenhaus ist es, den nosokomialen Keimen den Nährboden zu entziehen. Die Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen sind in den Empfehlungen der KRINKO (Simon & Christiansen, 2012) und den Hygienekriterien für den Reinigungsdienst der DGKH festgelegt. Die gesetzlichen Grundlagen wurden über das IFSG geschaffen, das

165

FM in der Spitalhygiene: past – present – future

im Juli 2011 durch zahlreiche Neuregelungen ergänzt wurde. Empfehlungen als auch Gesetze wollen die Hygiene in Krankenhäusern verbessern, und die Zahl von Infektionen mit Krankheitserregern, die gegen Antibiotika resistent sind, reduzieren. Soweit die Theorie. Aber wie sieht die Praxis aus? Wer trägt die Verantwortung für die Hygiene im Krankenhaus? Wer setzt den Hygieneplan um, wer führt die manuellen Hygieneleistungen aus und wer kontrolliert dies? Zur Sicherstellung der Hygiene in der Reinigung und Desinfektion von Flächen, insbesondere von Haut- und Händekontaktstellen, existiert derzeit kein allgemein angewendeter Leistungsstandard. Aktuell fehlen standardisierte Analysen, die Hygienelücken und Fehlerquellen in der Oberflächendesinfektion identifizieren.

4.1

Erste bundesweite Langzeitstudie zur Oberflächendesinfektion

Eine bundesweite Studie (Kröcker, 2015), die im Beobachtungszeitraum von Dezember 2012 bis Mai 2015 in 78 Krankenhäusern durchgeführt wurde, führte erstmals Messungen der Wege- und Leistungszeiten von 234 Reinigungsfachkräften durch. 3.600 ATP-Rückstandsbestimmungen wurden umgehend im Anschluss an die erfolgte Flächendesinfektion und Flächenreinigung durchgeführt. Das Ergebnis der ATP-Rückstandsmessungen (Biolumineszenz): Der Mittelwert der 3.600 ATPRückstandsmessungen von allen Oberflächen sowie Haut- und Kontaktstellen im Patientenzimmer und im Badbereich zeigte auf, dass eine regelkonforme Umsetzung bei der Desinfektion von Oberflächen im patientennahen Umfeld nur zu 28 Prozent erreicht wurde. In einem zweiten Schritt wurden in 60 der 78 Krankenhäuser standardisierte Prozesse eingeführt und alle Reinigungsfachkräfte in Theorie und Praxis geschult. Die Schulungen erfolgten individuell pro Reinigungskraft und dauerten, je nach Fachwissen der Reinigungskraft, zwischen 45 Minuten und 2,5 Stunden. Mit visualisierten und sprachbarrierefreien Standardarbeitsanweisungen verdeutlichten die Schulungsleiter die Abläufe der Reinigung und Desinfektion. Außerdem sorgten die Schulungsleiter dafür, dass die Aufgabenverteilung zwischen der Abteilung Pflege und dem Reinigungsdienstleister kommuniziert wurde. Zum sichtbaren Nachweis der erbrachten Leistungen wurden Hygienekennzeichnungen an relevanten Händeund Hautkontaktflächen eingeführt und Informationsflyer zum Reinigungssystem in den Patientenzimmern ausgelegt. Abschließend wurden alle implementierten Prozesse in der desinfizierenden Oberflächenreinigung unter Validierungsbedingungen erneut im Biolumineszenzverfahren gemessen. Eine regelkonforme Umsetzung bei der Desinfektion von Oberflächen im patientennahen Umfeld fand nun zu 92 Prozent statt. Die Einführung standardisierter Prozesse und geeigneter Systeme zur Prozessüberwachung und Prozessverbesserung führte innerhalb von vier Wochen zu einer deutlichen Steigerung der Compliance in der wirksamen Keimbekämpfung im gesamten Patientenumfeld (Kröcker, 2015).

4.2

Die Compliance steigern

Prozess-Standardisierung, abteilungsübergreifende Koordination und Kommunikation sowie die Qualifikation der ausführenden Reinigungsfachkräfte führen laut Studie nachweislich zu einer deutlichen Verringerung der Gefahr der Transmission von Bakterien, Sporen, Viren und Keimen im gesamten Krankenhaus. So wurde ein sicheres Fundament in der Basishygiene geschaffen, auf dem alle Hygieneprozesse im Krankenhaus weiter aufbauen können (Kröcker, 2015).

166

FM in der Spitalhygiene: past – present – future

4.3

Eine weitere Schlussfolgerung der Studie

Hygiene muss als interdisziplinäre Aufgabe verstanden werden, damit der Hygieneplan auch im patientennahen Bereich eingehalten werden kann. Die Verantwortung für die Wirksamkeit des Qualitätsmanagements liegt jedoch bei der Führungsebene. Das ist durch die neue DIN EN ISO 9001:2015 noch

einmal

betont

worden.

Die

oberste

Leitung

ist

also

verpflichtet,

in

Bezug

auf

das

Qualitätsmanagementsystem die Führungsverantwortung zu übernehmen.

4.4

Fazit aus der Studie

Wirksame

Oberflächendesinfektion

kann

nur

dann

erzielt

werden,

wenn

eine

gemeinsame,

abteilungsübergreifende Strategie entwickelt und wirksame Verfahren implementiert werden, die die Zunahme multiresistenter Erreger (MRE) einschränken. Die Durchführung der Reinigung und die Desinfektion von Oberflächen, insbesondere von Haut- und Händekontaktstellen, zählt zu mehr als 95 Prozent zum Aufgabenbereich

des

Reinigungsdienstes

eines

Krankenhauses.

Nur

qualifizierte

Schulung

der

Reinigungsfachkräfte und regelmäßiges Controlling garantieren eine regelkonforme und wirksame Oberflächendesinfektion. Auch die Einführung eines unabhängigen Hygienesiegels wäre zum Wohle der Patienten wünschenswert und gesundheitspolitisch geboten.

5

Das Spital als sozio-technisches System (Prof. Dr. med. Hugo Sax & Carlo Colombo)

Wie das Spital als System verstanden werden kann, in dem sich Aktivitäten und Aufgabenbereiche zur Minimierung des infektiösen Risikos und somit zur Sicherstellung der Hygiene identifizieren lassen, zeigt nachfolgende Abbildung des Universitätsspitals Zürich. Das Spital wird hierbei als sozio-technisches System verstanden, in dem Personen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen zusammenwirken. In der Umgebung dieser Stakeholder und Prozessverantwortlichen spielen auch bestimmte technische oder infrastrukturelle Eigenschaften eine wichtige Rolle zur Erfüllung von Leistungsaufträgen und Services. Die aufgezeigten Anforderungen in technischen Bereichen sowie bei Aufbereitungs- und Versorgungsleistungen, liegen im Spektrum des FM.

167

FM in der Spitalhygiene: past – present – future

Abbildung 30: Das Spital als sozio-technisches System. © Universitätsspital Zürich.

6

Wäschereibetriebe

als

Garanten

für

Textilhygiene

im

Gesundheitswesen (Dr. Philip Peters) Als Wäschereibetrieb für das Gesundheitswesen ist die ZWZ AG einem hohen Niveau bei der Textilaufbereitung verpflichtet. Dies beinhaltet, neben einwandfreier Qualität, auch einen hohen Hygienestandard. Die ZWZ AG gewährleistet die Keimfreiheit der ausgelieferten Waren durch die RAL 992/2 Zertifizierung. Jedoch stellen auch innerbetriebliche Hygienerichtlinien eine grosse Herausforderung dar. Während eine strikte Trennung zwischen unreinem und reinem Bereich der Wäscherei im Rahmen der Hygienezertifizierung vorgeschrieben ist, existieren kaum Vorschriften in Bezug auf Massnahmen zum Schutz des Personals vor Infektionen im unreinen Bereich. Entsprechend müssen sinnvolle Massnahmen, welche den Betrieb nicht unnötig einschränken, in der Praxis erarbeitet werden. Die Zusammenarbeit zwischen der ZWZ AG und dem IFM der ZHAW bezieht sich vor allem auf die oben genannte Problematik. Sie beinhaltet z.B. Wäschereibesichtigungen für Studierende der ZHAW. Den Studentinnen und Studenten bietet sich dadurch die Möglichkeit, den Bezug zwischen Theorie und Praxis herzustellen. Weiter finden Diskussionen statt mit dem Ziel, die eigenen, betriebsinternen Hygienestandards der ZWZ AG weiter zu optimieren. Die ZWZ AG erhält dabei Zugriff auf das Fachwissen der Experten des IFM, vor allem in Bezug auf Arbeitssicherheit und Arbeitshygiene. So können Massnahmen, welche im Betrieb getroffen werden, durch neutrale Experten begutachtet und beurteilt werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen der ZWZ AG und der ZHAW wiederspiegelte sich jüngst im Jahresbericht 2015 der ZWZ AG. Darin haben sich die beiden ZHAW Dozierenden, Herr Hofmann und Frau Pericin Häfliger, kritischen Fragen zum Thema „Textilaufbereitung für das Gesundheitswesen“ gestellt.

168

FM in der Spitalhygiene: past – present – future

Die ZWZ AG freut sich, die ZHAW zu Ihren Partnern zu zählen und hofft, diese Partnerschaft auch in Zukunft so erfolgreich weiterführen zu können.

7

Reinigung,

Reinigungsprozesse

und

Desinfektion

(Roger

Eichenberger & Dr. Christoph Rockel) In der Spitalhygiene spielen die Reinigung und Reinigungsprozesse eine wichtige Rolle. Welches Mitspracherecht jedoch die FM-Verantwortlichen in der Hygienekommission einer Institution haben, lässt sich nicht mit Bestimmtheit beantworten. Erfahrungsgemäss ist das Mitwirken in diesen Kommissionen jedoch gering. Dennoch leisten Reinigungsprozesse einen wichtigen Beitrag zur Hygiene. Doch wieviel Reinigung und Hygiene ist nötig? Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten und wird von Interessensgruppen und Entscheidungsträgern viel diskutiert und unterschiedlich beurteilt. Der Grundsatz – optische Sauberkeit von Räumen und Oberflächen reicht nicht aus – sollte für alle Institutionen im Gesundheitswesen gelten. Die Reinigungsbranche hat sich in den letzten Jahren stark verändert und weiterentwickelt. Einige dieser Entwicklungen sind sehr innovativ und haben einen positiven Einfluss auf die Sauberkeit und Hygiene. Die

Veränderung

der

Reinigung

in

Richtung

bedarfsorientiertes und ergebnisorientiertes Reinigen sind Entwicklungen, die es im Gesundheitswesen kritisch zu beobachten gilt. Bedarfsorientierte Reinigungen können ohne negative Auswirkungen für Raumnutzer in Büro- und Verwaltungsbereichen eingeführt und praktiziert werden. In patientennahen Bereichen – in Behandlungs- und Patientenzonen, in Notfallkliniken, Intensivstationen und OP-Bereichen – sind solche Reinigungsansätze nicht Abbildung 31: Hygiene im Behandlungs-Bereich (Foto: Enzler Hygiene AG).

angebracht. Dort gilt es, in erster Linie hygienisch sauber zu reinigen, eine Kontamination zu verhindern und eine

Kreuzkontamination zu vermeiden. In der Pharmaindustrie beispielsweise gelten hohe regulatorische Anforderungen an Produkte und deren Produktion. Es gelten diverse Vorschriften und Normen, die regelmässig durch die Behörden und Vollzugsorgane überprüft werden, vor allem der GMP (Good Manufacturing Practice)-Leitfaden und die Normen der FDA (Food and Drug Administration). Leider kennen wir im Gesundheitswesen der Schweiz keine solchen gesetzlichen Vorgaben. Es gibt Empfehlungen zur Spitalhygiene vom Robert-Koch-Institut, der amerikanischen CDC oder der deutschen VAH, die jedoch keinen Gesetzescharakter haben. Wie aber reinigt man nun sozusagen korrekt im Spitalskontext und wie bringt man unterschiedliche Anforderungen zusammen? Grundsätzlich sind sowohl die Produktion und die Ausgabe von Arzneimitteln, als auch die medizinische Pflege und Betreuung in Einrichtungen des Gesundheitswesens für den Patienten gedacht. Dieser soll schnellstmöglich wieder gesund werden, ohne bei der Behandlung zusätzlichen Risiken (Nebenwirkungen) ausgesetzt zu sein. Die Produktion eines Arzneimittels im industriellen Massstab (z.B.

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

Novartis, Roche) kann nicht mit der Behandlung und Betreuung eines Patienten im Spital verglichen werden. Bei der Behandlung und Betreuung hat der Mensch einen deutlich grösseren Einfluss. Trotzdem ist die Frage nach der Übertragung bewährter Praktiken aus beispielsweise der Pharmaindustrie zur Prävention von Infektionen angebracht. Sowohl in der Arzneimittelproduktion als auch im Gesundheitswesen erfolgt

die

Übertragung

von

Infektionen

im

Wesentlichen über die Hände und über die Luft. Daher Abbildung 32: Automatisiertes Desinfektionssystem (Foto: Enzler Hygiene AG). möglichst hohe Einhaltung der Händehygiene bei den Mitarbeitenden sicherzustellen. Dies geschieht über ist es heute schon in beiden Bereichen üblich, eine

Massnahmen wie das einfache Bereitstellen der Händedesinfektionsmittel, wiederkehrende Schulungen sowie klare Standardanweisungen, wann, wie oft und vor allem wie die Händehygiene korrekt durchzuführen ist. Im Unterschied zur Pharmaproduktion gibt es jedoch im Gesundheitswesen keine Vorgaben zu einem Umgebungs-

oder

Personalmonitoring.

Zudem

wird

die

Bedeutung

der

Oberflächen

bei

der

Kontaminationsübertragung im Gesundheitswesen oft unterschätzt, da hier die Meinung vorherrscht, mit einer genügenden Händehygiene dieses Risiko ausreichend minimiert zu haben. Im GMP-regulierten Umfeld (GMP, engl.: Good Manufacturing Practice / dt.: Gute Herstellungspraxis) vertraut man nicht auf diese Regeltreue, auch Compliance genannt. Die Compliance der Händehygiene bewegt sich je nach Einrichtung und Studienlage zwischen 50 und 75 %, d.h. immer noch 25 % der durchgeführten Händedesinfektionen sind nicht korrekt ausgeführt. Wenn nun noch hinzukommt, dass die umgebenden Oberflächen stärker mit Mikroorganismen kontaminiert sind, ist das Risiko einer Übertragung deutlich erhöht. Das Wissen um diese Möglichkeiten wird in der Pharmaindustrie zum Anlass genommen, die Oberflächen möglichst genau und regelmässig zu desinfizieren. Dies lässt sich zwar nicht in gleichem Masse auf ein Spital oder ein Pflegeheim übertragen, jedoch gibt es auch hier Bereiche, in denen die Gefahr einer Übertragung von Mikroorganismen ähnlich risikoreich ist, wie im GMP-regulierten Umfeld. Hygienisch besonders sensible Bereiche sind im Gesundheitswesen die Isolationszimmer, die Intensivstationen, die Transplantationsabteilungen, die OPRäumlichkeiten und die Spitalapotheke mit angrenzenden Einrichtungen sowie die Zentralsterilisation. In derartigen Bereichen werden schon heute unterschiedlich intensive Flächendesinfektionen mit einer grossen Auswahl an Desinfektionsmitteln durchgeführt. Selbst wenn man sich für das korrekte und richtig wirksame Mittel entschieden hat, so gibt es immer noch mindestens zwei Unsicherheitsfaktoren. Erstens wird diese Desinfektion von einem Menschen durchgeführt. Der Mensch hat zwar die Fähigkeit, sich ständig seiner Umgebung und den Anforderungen anzupassen (z.B. veränderte Erfordernisse), jedoch ist die Ausführung der Desinfektionsqualität stark schwankend. Qualität ist also von der Ausführung des Menschen abhängig. Daher sollte ein vereinbartes Qualitätsniveau durch geeignete Massnahmen, z.B. durch Standards und qualifiziertes Personal, dauerhaft und reproduzierbar sichergestellt werden. Zweitens ist die Wirkung der meisten Desinfektionsmittel begrenzt. Die meisten Mittel schaffen eine Reduktion von maximal einem Faktor 1:10.000, auch 4-log Reduktion genannt. Wenn also 1.000.000 Keime auf der entsprechenden Oberfläche

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

vorhanden sind, so sind nach der Desinfektion immer noch 100 Keime auf diesem Bereich. Das klingt nach nicht viel, jedoch braucht es beispielsweise beim Norovirus nur 10-20 Viren für eine Infektion. Hier könnten automatisierte Desinfektionssysteme (z.B. auf Basis von Wasserstoffperoxid, H2O2) mehrere entscheidende Vorteile liefern. Zum einen laufen diese Prozesse immer genau gleich ab, sofern alle externen Parameter gleich sind. Somit bekommt man eine Reproduzierbarkeit, was zur Ausführungssicherheit und Risikominimierung führt. Zum anderen ist die Wirksamkeit deutlich erhöht, denn viele dieser Systeme schaffen eine 6-log Reduktion, also eine Reduktion von 1.000.000 auf 1, und das sogar bei den am schwersten abzutötenden Mikroorganismen, den bakteriellen Sporen. Die Wirksamkeit bei Viren und Bakterien kann bis zu 8-log betragen und führt somit zu einem deutlich geringeren Bakterienbelastung auf den Oberflächen. Somit ist auch das Risiko einer Übertragung von einer Oberfläche auf ein Produkt bzw. einen Menschen deutlich reduziert. Eine interessante Frage stellt sich hier zur Praxisrelevanz solcher Methoden im Gesundheitswesen. Ein berechtigter Einwand ist, dass die Oberflächen durch viel Personenverkehr und damit vorhandenen Berührungen dieser Oberflächen schnell rekontaminiert und die Massnahme somit hinfällig und eher wirkungslos sei. Daher genügt der Einsatz dieser Massnahme in besonderen Fällen, wie zum Beispiel bei der Aufhebung einer Isolationsmassnahme oder bei Ausbrüchen von Infektionen. Eine regelmässige Durchführung dieser automatisierten Desinfektionsmassnahmen kann in den Reinräumen der Spitalapotheke oder in den OPs und in für den Patienten hochrisikoreichen Stationen trotz des kontroversen Arguments der Rekontamination von Oberflächen sinnvoll sein. In vielen Ländern gehören diese Verfahren längst zum Massnahmenportfolio im Kampf gegen nosokomiale Infektionen in Gesundheitseinrichtungen. In den USA und in Grossbritannien beispielsweise werden Isolationszimmer, hoch risikoreiche Stationen (Neonatologie, Transplantation etc.) oder OPs regelmässig mit H2O2 dekontaminiert. Die Erfahrungen mit dieser Technik sind bei korrekter Durchführung sehr positiv und es existieren viele Studien zu diesem Thema, welche diese Erfahrungen gut belegen. In Zukunft wird diese Technologie auch im Schweizer Gesundheitswesen ein Thema werden und mithelfen, Kreuzkontamination zu vermeiden und die Infektionsraten zu senken.

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Spitalhygiene gestern, heute und in der Zukunft (Karin Schaad)

Beim Stichwort Spitalhygiene denkt man im Zusammenhang mit Facility Management in erster Linie an Unterhaltsreinigung und Desinfektionsmittel. Und dies zu Recht, denn in diesem Bereich sind sie von grosser Relevanz - früher wie heute. Bereits in den späten achtziger Jahren legten HBLs (Hauswirtschaftliche Betriebsleitung) im Spital grossen Wert auf eine hygienisch einwandfreie Reinigung. Im Wissen darum, dass Keime gegen Desinfektionsmittel Resistenzen entwickeln können, wendeten wir diese sehr gezielt an den neuralgischen Punkten an. Also in der Sterilisationsabteilung, in den Intensivstationen und im Operationsbereich. In den übrigen, weniger gefährdeten Raumgruppen, wurden Infekte durch geeignete Reinigungsmethoden und kurze Intervalle nahezu ausgeschlossen. In enger Zusammenarbeit mit den Spitalhygieneverantwortlichen legten wir für unsere Hausdienstmitarbeitenden Arbeitsabläufe fest, welche zum Ziel hatten, die gefürchteten nosokomialen Infektionen zu vermeiden. Jeder Raum wurde nach einem klar festgelegten Ablauf mit neuen, in sauberem Seifenwasser benetzten Lappen gereinigt, um eine Verschleppung von Keimen in weitere Räume zu

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

vermeiden. Auch für die Bodenreinigung wurde in jedem Raum ein neues, sauberes DS-Tuch verwendet. In der Zwischenzeit haben sich die Materialien stark verändert und in der Spitalreinigung kommt heute das Mikrofaser-Dreifarben-System im Pre-Wet-Verfahren zur Anwendung, um eine hygienisch einwandfreie Reinigung sicherzustellen. Desinfektionsmittel werden allerdings, zumindest den Bezeichnungen zufolge, überwiegend die gleichen verwendet wie früher. Aber Spitalhygiene bezieht sich nicht nur auf die Unterhaltsreinigung. Auch die Bettenreinigung war und ist hier ein Thema. Wo früher alle Matratzen, Duvets und Kissen autoklaviert wurden, ermöglichen es die heutigen Materialien, die Bettinhalte mit einer Desinfektionslösung abzuwischen, um so, mit grösstmöglichem AufwandNutzen-Effekt nahezu keimfreie Bedingungen für neu eintretende Patienten zu schaffen. Weitere Themen wurden durch zunehmende Erforschung von Keimen, welche in Spitälern auftreten können, aktuell. So rückten auch die Legionellen im Trinkwasser, insbesondere in Einrichtungen des Gesundheitswesens, sowie verkeimte Rohrleitungssysteme von Lüftungsanlagen, in den Fokus der Spitalhygiene und können heute, kurz nach der Erkennung des Problems, durch geeignete Methoden beseitigt oder meistens ganz verhindert werden. Auch im Bereich der Verpflegung im Spital gibt es seit damals neue Erkenntnisse und die HACCP-Methode verhindert, dass sich Keime in den gekochten und warm gehaltenen Speisen ungehemmt vermehren. Die Einhaltung dieser Vorkehrungen wird insbesondere in der Zukunft immer wichtiger und muss bei der zunehmend aufkommenden Speisenverteilung mittels fahrerlosen Transportfahrzeugen in die Überlegungen der Spitalplaner und -betreiber einfliessen. Hier gilt es in Zukunft, je nach räumlicher Distanz zwischen Spitalküche und den Krankenstationen, verschiedene Methoden abzuwägen: Sollen die in der Spitalküche frisch zubereiteten, heissen Speisen transportiert werden? Oder soll das „Cook & Chill“- oder gar das „Cook & Freeze“-Verfahren angewendet werden? Dabei werden die gekochten Speisen vor dem Transport heruntergekühlt oder gar eingefroren und erst auf der Station, also in Reichweite des Patienten, wieder aufbereitet und dann umgehend serviert. Auch bei der Entsorgung eröffnen sich im Hinblick auf die Hygiene im Spital neue Horizonte. So zum Beispiel mit dem „Tonto“, einem „Steckbecken“-Automaten mit Shredderfunktion. Darin werden alle organischen Abfälle entsorgt, zerkleinert und mit Wasser weggespült, inklusive Einweg-Artikel aus Kartoffelstärke wie Nierenschalen, Steckbecken und Essgeschirr. Bei der Anwendung dieser Automaten entfällt nicht nur ein grosser Teil der ansonsten anfallenden Entsorgungsprozesse - es kann auch eine Abnahme der registrierten Kontaminationen festgestellt werden. Auch in diesem Zusammenhang ist dies auf eine Veränderung der Prozesse zurückzuführen, möglich gemacht durch eine Weiterentwicklung im Bereich der verwendeten Materialien.

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Was verlangt die neue Lebensmittelgesetzgebung (Dr. Hans Peter Füchslin)

… bezüglich der Selbstkontrolle der Trinkwasserqualität in komplexen sanitärtechnischen Anlagen? Die Gebäudeverantwortliche Person ist für die Erhaltung der hygienischen Qualität des Trinkwassers im ganzen Gebäude zuständig. Sie tangiert die damit verbundenen Anforderungen und Pflichten. Um diese erfüllen zu können, müssen Hausinstallationen gemäss anerkannten Regeln der Technik richtig geplant,

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

eingerichtet, betrieben, gewartet und unterhalten werden. In die neue Lebensmittelgesetzgebung, welche voraussichtlich Mitte 2017 in Kraft treten wird, wird neu das Bade- und Duschwasser aufgenommen. Somit unterliegt auch das Trinkwarmwasser der Selbstkontrolle gemäss Artikel 23 des Bundesgesetzes über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände. In Hausinstallation besteht die Gefahr der Verkeimung und somit, aus hygienischer Sicht, eine Verunreinigung des Trinkwassers auf den letzten Metern zum Verbraucher (WHO, 2011). Legionellen und Pseudomonaden sind die zumeist genannten pathogenen Keime, welche in Wasserinstallationen zum Problem werden können (Völker, Schreiber, & Kistemann, 2010; Spagnolo, Cristina, Casini, & Perdelli, 2013). Für Menschen mit einem intakten Immunsystem stellen diese Krankheitserreger in der Regel keine oder nur eine geringe Gefahr dar. Die Selbstkontrolle, auch von sanitären Anlagen, wird, aufgrund der neuen Lebensmittelgesetzgebung, vermehrt vom Vollzug der kantonalen Behörden eingefordert und kontrolliert werden. Die zur Verfügung stehenden Mittel müssen daher sinnvoll eingesetzt werden. Eine flächendeckende Kontrolle jeder Dusch- und Zapfstelle in einem Gebäude wäre nur schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisierbar. Daher gilt es, sinnvoll einzugrenzen, und gemäss zu erwartendem Gefährdungspotential, geeignete Kontroll- und Interventionsmassnahmen festzulegen. Zu Beginn von

Präventionsmassnahmen (z.B. hinsichtlich

Legionellen) sollte daher eine individuelle Risikobeurteilung des eigenen Gebäudes und seiner Sanitärinstallationen stehen (Kruse, Wehner, & Wisplinghoff, 2016; Völker, Schreiber, & Kistemann, 2016). Es

gilt

für

die

Zukunft

eine

wirkungsvolle,

in

der

Praxis

durchführbare

Selbstkontrolle

von

Trinkwasserinstallationen und wasserführenden Systemen in Gebäuden zu definieren. Als Orientierung können verschiedene nationale Richtlinien und internationale Normen zu Hilfe genommen werden. Gerade Gebäude mit komplexeren sanitärtechnischen Anlagen und Variation im Wasserverbrauch, wie es z.B. bei Spitälern der Fall sein kann (Demirjian et al., 2015; Dyck, Exner, & Kramer, 2007), sind derartige wasserassoziierte Gefahren und damit verbundene Massnahmen sorgsam zu prüfen und zu hinterfragen („Basildon Hospital“, 2013). Hinzu kommt, dass gesundheitlich angeschlagene Patienten besonders anfällig für eine Infektion durch Legionellen sind.

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Zusammenfassung und Ausblick

Nicht nur zum abschliessenden Beitrag von Herrn Dr. Füchslin, der eine der möglichen Perspektiven mit technischem Bezug zum FM herausgriff, lässt sich anhand von passender Begleitliteratur sehr schnell ein fachlicher und fokussierter Einstieg in die Thematik Hygiene finden (Leiblein et al., 2016). Sein Beitrag weist, wie die Übrigen auch, einen klaren Bezug zum FM und zur Prävention auf, welche als Teil eines aktiven Risikomanagements angesehen werden kann (Shohet & Lavy, 2004). Neben den Problemen von mit der Zeit gewachsenen Gebäude-Strukturen und deren mitwachsender und sich ändernder Infrastruktur (z.B. WasserInstallationen,

Heizungs-Lüftungs-Klima-Anlagen),

werden

hygienerelevante

Fragestellungen

von

verschiedenen Seiten wahrgenommen und diskutiert. Der Handlungsrahmen richtet sich im kompetitiven Spannungsfeld der Verantwortlichen aus, entsprechend der bestehenden Anforderungen. Aus Sicht der beitragenden Expertin und der Experten wurde Vergangenes und Aktuelles aufgegriffen und vor dem Hintergrund wahrnehmbarer und die Verantwortungsträger tangierender Fragestellungen aus der Praxis zusammengetragen. Zudem wurden Trends und potentielle Zukunftsentwicklungen angesprochen und beleuchtet. Natürlich mag es sein, dass es zu den vorgestellten Meinungsbildern unterschiedliche

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

Interpretationen gibt – je nachdem, welche Adressaten zum Thema Spitalhygiene befragt werden. Gemeinhin tragen Erfahrungswerte mit dazu bei, um, auf ihnen aufbauend, prospektiv die Entwicklung der verschiedenen Handlungsfelder mitzugestalten, in denen sich hygienerelevante Fragestellungen offenbaren. Der Beitrag erhebt nicht den Anspruch auf Erfassung und Abbildung aller Themen, die im Kontext der Spitalhygiene zusammenstehend diskutiert werden. Vielmehr soll er die Leserinnen und Leser dazu motivieren, den eigenen Verantwortungsbereich einmal mehr zu reflektieren und Impulse oder Denkanstösse freisetzen. Gegebenenfalls werden hierbei bekannte Methoden aufgegriffen oder Neue vorgestellt, bei denen sich bestimmte Systematiken der Beobachtung, Erfassung und Umsetzung bewähren, oder die beim Erkenntnisgewinn und der Steuerung von Massnahmen zielführend angewendet werden können. In der Spitalhygiene spielen, neben „klassischen“ mikrobiologischen Themen, auch soziale oder psychologische Merkmale, die unter Begleitung von weisungsgebenden, ökonomischen Überlegungen ebenfalls relevant sind, eine Rolle. Sie finden sich in entsprechenden Organisationsstrukturen mit ihren Funktionsverantwortlichen, Prozessen und zugehörigen Dienstleistungen, aber auch innerhalb von Gebäudestrukturen und technischen Systemen, in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität wieder. Wie durch sämtliche Beiträge zum Ausdruck kommt, ist der Gegenstand einer funktionierenden Hygiene oftmals abhängig von und geprägt durch eine Vielzahl von Protagonisten, die im verantwortungsvollen Umgang mit- und füreinander einen gemeinsamen Beitrag zur Gesunderhaltung leisten. Das FM, mit seinen Kompetenzen und den vielfältigen Schnittstellen zu anderen Disziplinen, kann dort synergetisch anknüpfen und unterstützen, wo ein entsprechender Bedarf von Verantwortungsträgern wahrgenommen und erkannt wird. Gebäude-Alter, Materialien, der sachgerechte Umgang, die Konformität und Konsequenz entlang definierter Prozessketten mit zugehörigen Umsetzungszielen sind dabei ebenso massgebend, wie eine geeignete, zukunftsgerichtete Überprüfung von Schutzzielen und Erfordernissen. Sie sind strategisch zu verankern. Gewerkübergreifende Fachkenntnisse und die Erfordernis zur Interdisziplinarität gewinnen heutzutage, in immer komplexer werdenden Systemen, mehr und mehr an Bedeutung. Ein gemeinsames und gegenseitiges Verständnis auf operativer und strategischer Ebene ist daher zum Erreichen von gemeinsam erkannten Zielen unabdingbar.

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

Autorenporträts Dr. med. Jacques Gubler Leiter Infektiologie und Spitalhygiene Direktor Institut für Labormedizin Chefarzt Medizinische Poliklinik Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie FMH Kantonsspital Winterthur Brauerstrasse 15 Postfach 834 8401 Winterthur Tel: E-Mail:

+41 (0) 52 266 37 50 [emailprotected]

Patrick Hanhart Global Director Facility Services Consulting SealedAir Diversey Care Eschlikonerstrasse CH-9542 Münchwilen Tel: Mobil: E-Mail: Web:

+41 (0) 71 969 22 27 +41 (0) 79 832 11 72 [emailprotected] www.SealedAir.com www.diverseysolutions.com/de-ch

Thomas Meyer Geschäftsführender Gesellschafter, Sprecher der Geschäftsführung HYSYST® Deutschland GmbH & Co. KG Benrather Schloßallee 113 40597 Düsseldorf GERMANY Tel: Mobil: E-Mail: Web:

+49 (0) 211 989 637-01 +49 (0) 175 273 38 47 [emailprotected] www.hysyst.com

Prof. Dr. med. Hugo Sax Leiter Spitalhygiene Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene Universitätsspital Zürich Rämistrasse 100 8091 Zürich Tel: E-Mail:

+41 (0) 44 255 57 30 [emailprotected]

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

Carlo Colombo Hygienefachberater RN, MPH Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene Universitätsspital Zürich Rämistrasse 100 8091 Zürich Tel: E-Mail:

+41(0) 44 255 37 76 [emailprotected]

Dr. Philip Peters Leiter Innovation und Prozesse ZWZ AG Neue Hard 12 8005 Zürich Tel. direkt: Tel. Zentrale: E-Mail: Web:

+41 (0) 44 525 80 75 +41 (0) 44 525 80 80 [emailprotected] www.zwz.ch

Roger Eichenberger Geschäftsführer Enzler Hygiene AG Edenstrasse 20 Postfach 8027 Zürich Tel. Zentrale: Mobil: E-Mail: Web:

+41 (0) 44 455 55 44 +41 (0) 79 634 17 03 [emailprotected] www.enzlerh-tec.com

Dr. Christoph Rockel Leiter Kompetenzzentrum Hygiene Enzler Hygiene AG Kompetenzzentrum Hygiene Zehntenstrasse 54 4133 Pratteln, BL Tel. Zentrale: E-Mail: Web:

+41 (0) 44 455 55 44 [emailprotected] www.enzlerh-tec.com

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FM in der Spitalhygiene: past – present – future

Karin Schaad Senior Business Consultant ISS Facility Services AG Buckhauserstrasse 22 Postfach 8010 Zürich Schweiz Tel: Mobile: E-Mail: Web:

+41 (0) 58 787 80 42 +41 (0) 79 924 55 95 [emailprotected] www.iss.ch

Hans Peter Füchslin Bereichsleiter, Mitglied der Geschäftsleitung Kanton Zürich, Gesundheitsdirektion Kantonales Labor Zürich, Bereich Wasser Fehrenstrasse 15 Postfach 1471 8032 Zürich Tel: E-Mail: Web:

+41 (0) 43 244 71 60 [emailprotected] www.klzh.ch

Thomas Hofmann Dozent Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Institut für Facility Management Campus Grüental, Postfach 8820 Wädenswil Schweiz Mobil: E-Mail:

+41 (0) 79 588 48 81 [emailprotected]

Web:

www.ifm.zhaw.ch / www.lsfm.zhaw.ch

Thomas Leiblein Wissenschaftlicher Mitarbeiter Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Institut für Facility Management Campus Grüental, Postfach 8820 Wädenswil Schweiz Tel: E-Mail:

+41 (0)58 934 54 59 [emailprotected]

Web:

www.ifm.zhaw.ch / www.lsfm.zhaw.ch

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Die International Facility Management Association, das Facility Management und die Schweiz – eine Erfolgsgeschichte?

IFMA, das Facility Management und die Schweiz – eine Erfolgsgeschichte?! Matthias Lothamer & Susanna Caravatti-Felchlin IFMA Schweiz 8000 Zürich [emailprotected]

Zusammenfassung Das 20-jährige Jubiläum des IFMA 11 Switzerland Chapter ist Anlass, um einen Rückblick, eine Standortbestimmung und einen Ausblick des Facility Managements (FM) in der Schweiz zu machen. Dabei wird auf die vier wichtigsten Standbeine der IFMA Schweiz fokussiert: • Mitglieder und Netzwerk: Die Entwicklung der Mitgliederzahlen ist erfreulich und die Kooperation mit Bildungsinstitutionen und Partnerverbänden entwickelt sich positiv. Bei Anlässen sind eine fachliche Professionalisierung und ein quantitatives Wachstum der Veranstaltungen zu beobachten. • Karriere und Bildung: Die Ausbildungslandschaft ist heterogen. Die IFMA-interne Zertifizierung Certified Facility Manager hat im nationalen Markt neben dem gut etablierten Bachelor in FM und der steigenden Nachfrage nach dem Master in FM eine untergeordnete Rolle. Die Wirtschaft, sowie die Politik hat die Bedeutung des FM erkannt – die strategische Relevanz nimmt stetig zu. • Standards und Qualität: Sie erhöhen die Transparenz und unterstützten eine einheitliche Sprache und damit das Benchmarking. Durch die IFMA Publikationen konnten praxisgerechte Hilfsmittel geschaffen werden, die Anwendung finden. • International: Die Globalisierung in der FM-Branche der Schweiz fokussiert heute noch eher auf Produktebene, langsam gewinnen aber auch internationale Best-Practices an Bedeutung. Fazit: Die eingeschlagene Richtung stimmt, FM beginnt sich auf dem strategischen Level zu etablieren.

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Mitglieder und Netzwerk

Die positive Entwicklung der IFMA Schweiz Mitgliederzahlen (Abbildung 1) zeigt einerseits den Erfolg der Vereinsarbeit und andererseits das Bewusstsein für die Branche. Steigende Mitgliederzahlen, auch unserer Partnerverbände, zeigen, dass immer mehr Personen den gemeinsamen Nenner Facility Management erkennen und so – je nach Ausprägung des Verbandes – Gleichgesinnte suchen.

Abbildung 33: Mitgliederentwicklung 1999-2016 (Stand: 30.06.2016)

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IFMA = International Facility Management Association

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Die International Facility Management Association, das Facility Management und die Schweiz – eine Erfolgsgeschichte? Die Zusammenarbeit und der Austausch unter den Partnerverbänden funktionieren gut und es werden immer mehr Synergien genutzt. Als aktuellstes Beispiel hierfür kann die Initiative „Wir bauen Energiezukunft“ des Bundesamtes für Energie genannt werden: fmpro und IFMA Schweiz haben gemeinsam eine Sujet-Idee eingereicht, die sogar als Videoclip produziert wurde. Durch die breite Abstützung der Kampagne in der Öffentlichkeit wird das Bewusstsein für Facility Management weiter steigen. Auch die Zusammenarbeit mit Bildungsinstitutionen wurde in den letzten Jahren intensiviert. Im Vorstand von «Bauen digital Schweiz» wird IFMA Schweiz beispielsweise nicht nur von der IFMA Präsidentin Susanna Caravatti-Felchlin vertreten, sondern auch von Carsten Druhmann, Dozent IFM ZHAW (Bauen-digital.ch, 2016). Anlässe zu zahlreichen Themen aus dem FM finden in der ganzen Schweiz statt, wobei für die Deutschschweiz Zürich als Drehscheibe genannt werden kann. Die Netzwerkpflege bei regionalen Anlässen mit fachspezifischer Ausrichtung scheint ein zentraler Faktor zu sein. Die Anzahl FM Anässe nimmt stetig zu, was teilweise dazu führt, dass diese nicht immer gleich gut ausgebucht sind.

2

Karriere und Bildung

Die Ausbildungsmöglichkeiten im FM Bereich sind mittlerweile zahlreich und decken jede Bildungsstufe ab. Arbeitgeber können auf FM Fachkräfte mit unterschiedlichem Bildungsrucksack zurückgreifen. Es ist dabei eine spezielle Herausforderung, das interdisziplinäre FM in seiner Gesamtheit über alle Bildungsstufen abzudecken. Die besonders im amerikanischen Raum bekannte Auszeichnung IFMA Certified Facility Manager CFM hat sich in der Schweiz bisher nicht etabliert. Die IFMA Foundation hat entsprechend die beiden Studiengänge Bachelor of Science in Facility Management und Master of Science in Facility Management sowie die Weiterbildung im 2013 akkreditiert. Dies hat massgeblich dazu beigetragen, dass der FM Master auf internationaler Ebene bekannt wurde (zhaw.ch, 2013). Zur Qualitätssicherung in der Ausbildung und zur Unterstützung eines einheitlichen Verständnisses im Wissensmanagement eines Facility Managers hat die IFMA 11 Kompetenzbereiche im FM definiert. Diese umfassen die aktuellen Kenntnisse, Best Practices und Trends im Facility Management (Abbildung 2).

Abbildung 34: Kompetenzbereiche eines Facility Managers nach IFMA (ifma.ch, 2016)

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Die International Facility Management Association, das Facility Management und die Schweiz – eine Erfolgsgeschichte? Auf der Aus- und Weiterbildungsplattform von IFMA Schweiz stehen Bildungsinteressierten Angebote und Informationsmöglichkeiten verschiedenster Anbieter zur Verfügung, den Mitgliedern zusätzlich ein Ausbildungsführer. Die IFMA hat sich entsprechend verpflichtet, periodisch eine globale Aufgabenanalyse durchzuführen. Im Februar 2016 hat IFMA die Umfrage auf internationaler Ebene gestartet, um die im 2009 definierten FM Kompetenzen auf Aktualität und Inhalt zu prüfen.

3

Publikationen

Im öffentlichen Sektor arbeitet IFMA Schweiz eng mit der KBOB 12 zusammen und unterstützt deren Arbeit und Initiativen. Für eine starke Wahrnehmung des Facility Managements in der Wirtschaft sind Qualität und Standardisierung wichtige Elemente, sie unterstützen eine flächendeckend einheitliche Anwendung und Verständnis des FM. IFMA Schweiz nimmt diese Aufgabe aktiv war, informiert und unterstützt ihre Mitglieder entsprechend, insbesondere auch mit den IFMA Publikationen. Die IFMA Schweiz Richtlinien werden jeweils in enger Zusammenarbeit mit Projektpartnern der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft erarbeitet und ermöglichen dadurch eine flächendeckende Anwendung. Dies ist eine wichtige und zentrale Zielsetzung. Zudem basiert die Erarbeitung, wo möglich, auf internationalen Standards, um Benchmarking nicht nur national, sondern auch international sicherstellen zu können. Folgende Publikationen stehen in Zusammenarbeit mit dem CRB 13 zur Verfügung (ifma.ch, 2016): • • • • • • • • • • Aktuell

Berufsbild Facility Manager (2005) Leitfaden IEA Annex 40 - Betreiberkompetenz (2005) Kostenmodell Immobiliennutzung (2009) Prozess- und Leistungsmodell im FM ProLeMo (2009) Lebenszykluskosten-Ermittlung von Immobilien (2010) FM Berufsbild, zusammen mit FMA Österreich , GEFMA Deutschland (2013) Praxisleidfaden zum planungs- und baubegleitenden FM pbFM (2014) Ausschreibungsmodell FM (2014) IFMA Glossar Real Estate und Facility Management (2015) Normpositionenkatalog FM NPK (2016) arbeitet die IFMA Schweiz an einem Positionspapier zu «FM und die Nutzung von BIM», an der

Ausarbeitung eines praxisgerechten Modells zur (Werk-)Eigentümerhaftung und Betreiberverantwortung und an der Weiterentwicklung des Prozess- und Leistungsmodells im FM.

4

International

IFMA Schweiz ist im internationalen Vergleich ein junges Chapter, die IFMA wurde bereits 1980 gegründet, das Switzerland Chapter im Jahr 1997 (ifma.org, 2016). Dieser Draht in die europäische und internationale FM Landschaft bietet einerseits den IFMA Mitgliedern eine gute Option, wenn Vergleiche ausserhalb der Landesgrenzen gefordert oder wenn Entwicklungen und Trends gesucht werden. Andererseits bietet IFMA mit ihren Veranstaltungen in Europa, USA oder Asien verschiedene

12 Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren, die Vereinigung der öffentlichen Bauherren der Schweiz 13 Schweizerische Zentralstelle für Baurationalisierung

182

Die International Facility Management Association, das Facility Management und die Schweiz – eine Erfolgsgeschichte? Plattformen, um Kontakte zu knüpfen und von anderen zu lernen. Sehr beliebt ist auch der schon bald traditionelle IFMA Studytrip: IFMA Schweiz organisiert für ihre Mitglieder jedes Jahr eine Reise in die FMSzene eines anderen europäischen Landes. So wird eine Möglichkeit geboten auch ausländischen IFMA Chapter näher kennenzulernen. Seit mehreren Jahren wird an einer ISO-Norm zum Facility Management gearbeitet (ISO/TC 267 bzw. ISO/DIS 18480). Diese soll die europäischen Norm (SN EN 15221) internationalisieren. Ein weiterer wichtiger Prozess zur Standardisierung und Qualitätssicherung auf internationaler Ebene (facilty-management.de, 2012).

5

Ausblick

Die Mitgliederzahlen steigen, Ausbildungen werden ausgebaut, Standards werden erarbeitet, zahlreiche Anlässe fördern persönliche Netzwerke und den Erfahrungsaustausch – also entwickelt sich alles positiv? Ja und Nein. Die erreichten Erfolge sind Schritte in die richtige Richtung, das Ziel hat sich IFMA Schweiz aber höher gesetzt: Solange in grösseren Unternehmungen nicht konsequent ein Leiter Facility Management etabliert ist, in Bauprojekten das Facility Management nicht in der frühen Planungsphase mit dabei ist oder die Investitionskosten höher gewichtet werden als die Betriebskosten, gibt es noch viel zu tun. Der FM Branche wird immer noch nicht der Stellenwert beigemessen, den sie haben sollte. Dies ist auf internationaler Ebene ähnlich. Als Folge der neusten Initiative von IFMA – der weltweiten Zusammenarbeit mit der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS), dem international führenden Berufsverband in der Immobilienbranche – hat auch das IFMA Chapter Schweiz Kontakt mit dem lokalen RICS Verband aufgenommen und bereits gegenseitig die Veranstaltungen für die Mitglieder geöffnet. Mit dem aktiven Auftreten gegen aussen, mit qualifizierten Facility Managern, die beruflich auch auf strategischer Ebene tätig sind, der Förderung der Ausund Weiterbildung, sowie mit qualitativ hochstehenden Publikationen will IFMA Schweiz die Wahrnehmung des FM weiter steigern. In dieser Standortbeurteilung dürfen die aktuellen Schlagwörter „Industrie 4.0“ und „Digitalisierung“ nicht fehlen. Start-ups digitalisieren Gebäudedienstleistungen, 3D-Drucker produzieren ganze Häuser, die Intralogistik wird automatisiert und die Anzahl verfügbarer Daten wächst und wächst. Diese technischen Entwicklungen sind eine grosse Chance für das Facility Management. Sie bietet die Gelegenheit, um von der eher reaktiven Haltung in ein proaktives Auftreten zu gelangen. Zukunftsorientierte Konzepte sind gefragt, Prozesse können mit Unterstützung der neuen Techniken optimiert werden und mit der einfachen Zugänglichkeit und Schnittstellen der Daten kann die Steuerung der Prozesse unterstützt werden. Durch die Tatsache, dass viele Unternehmungen die Themen der Digitalisierung und Industrialisierung nun erst in ihre Strategie und für ihre Kernprozesse aufnehmen, hat die FM-Branche noch etwas Zeit, bereits Lösungen auszuarbeiten und rechtzeitig anzubieten. Nutzen wir unser Wissen, unterstützen uns gegenseitig, lernen wir von den Besten, dann gelingt uns dies bereits morgen!

183

Die International Facility Management Association, das Facility Management und die Schweiz – eine Erfolgsgeschichte?

Literaturverzeichnis Bauen-digital.ch (2016). Organisation. Abgerufen am 09. Oktober 2016, von http://www.bauendigital.ch/de/ueber-uns/organisation/ Crb.ch (2016). Facility Management FM, Die professionelle Bewirtschaftung von Immobilien. Abgerufen am 22. Oktober 2016, von http://www.crb.ch/crbOnline/CRB-Standards/Facility_Management.html Facility-management.de (2012). Normung des Facility Managements im weltweiten Fokus. Abgerufen am 22. Oktober 2016, von http://www.facilitymanagement.de/artikel/fm_Normung_des_Facility_Managements_im_weltweiten_Fokus_1474188.html Ifma.ch (2016). FM-Kompetenzanalyse. Abgerufen am 15. Oktober 2016, von http://ifma.ch/de/karriere-undbildung/fm-kompetenzanalyse Ifma.org (2016). About IFMA. Abgerufen am 09. Oktober 2016, von http://www.ifma.org/about/about-ifma Zhaw.ch (2012). Internationale Zusammenarbeit im Facility Management. Abgerufen am 21. Oktober 2016, von https://www.zhaw.ch/de/lsfm/ueber-uns/aktuell-medien/news/detailansicht/news-single/internationalezusammenarbeit-im-facility-management/

Autorenporträts Matthias Lothamer ist Vorstandsmitglied der IFMA Schweiz und vertritt dort das Ressort Marketing und Kommunikation. Weiter ist er als Absolvent der ZHAW (Institut für Facility Management) Mitglied der FMAlumni. Beruflich ist er bei eicher+pauli als Projektleiter und Berater im strategischen FM tätig. Susanna Caravatti-Felchlin ist seit 2012 als Leiterin Baubegleitendes Facility Management am UniversitätsSpital Zürich. Zuvor arbeitete sie in verschiedenen Unternehmungen in der Informatik, im Immobilienwesen und im Facility Management zuletzt im Corporate Real Estate bei der UBS AG in Zürich. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit engagiert sich Susanna Caravatti-Felchlin aktiv in der Verbandsarbeit, so in den vergangenen Jahren als Vorstandsmitglied auf nationaler Ebene bei fmpro und auf internationaler Ebene bei EuroFM und seit 2014 als Präsidentin von IFMA Schweiz und als Vorstandsmitglied bei Bauen Digital Schweiz. Susanna Caravatti-Felchlin hat ursprünglich Betriebsökonomie in Facility Management studiert und sich unter anderem mit einem Exekutive MBA und einem Master of Science in Real Estate weitergebildet.

184

Optimierung von Facility Management Prozessen

Optimierung von Facility Management Prozessen Built Environment Management Model BEM2 und BEM3 Thomas Madritsch Fachhochschule Kufstein Tirol Andreas Hofer-Strasse 7, A-6330 Kufstein, Österreich [emailprotected] Matthias Ebinger Pratt Institute, New York 144 West 14th Street, New York, NY 10011 [emailprotected]

Performance Measurement with Maturity Profiles The Built Environment Management Model BEM2 and BEM3 Performance appraisal in Facility Management has often traditionally been associated with accounting and the financial success of the organization. Currently, there is no easily accessible assessment tool available to study the efficiency of Facility Management (FM) processes and to benchmark an organization’s FM capability against industry peers. The goal of this research project was the development and practical implementation of a maturity measurement tool to review an organization's FM capability to generate strategic value. The paper summarizes the findings of an exploratory research study of over 50 firms in US and Europe. Using the principles of the "Capability Maturity Model", which in turn draws from the premises of Quality Management, the team developed a process model and overlaid it with a maturity assessment tool. The resulting "Built Environment Management Maturity Model" (BEM3) enables FM departments to professionalize Facility Management functions, by highlighting the strategic value of FM/RE processes, and by identifying potentials to raise the efficiency of organizational processes. Facility Management, Prozesse, Optimierung, Reifegradprofile, Benchmarking

1

Einleitung

Immer mehr Unternehmen entdecken, dass durch ein strategisches Facility Management langfristig schwer imitierbare Wettbewerbsvorteile (USP) aufgebaut werden können indem Unterstützungsprozesse effektiver und effizienter sowie kundenorientierter angeboten werden können. Um den Beitrag von Facility Management Leistungen für den Unternehmenserfolg auch darstellen und messen zu können sind geeignete Kennzahlen und Messmethoden erforderlich. Nur wenn es gelingt das strategische Potential der Facility Management Leistungen für den Unternehmenserfolg darzustellen, wird auch das Topmanagement Facility Management in der strategischen Entscheidungsfindung berücksichtigen und integrieren.

2

Stand der Wissenschaft

Nach derzeitigem Stand der Forschung ist eine vergleichende Analyse der Facility Management Prozesse aufgrund nicht standardisierter Erhebungsmodelle schwierig. Die wenigsten Unternehmen besitzen das Knowhow und die Instrumente, um Facility Management-Prozesse evaluieren und messen zu können. Darüber hinaus gibt es noch keine adäquaten Erfahrungswerte über den Zusammenhang zwischen dem Reifegrad von Facility Management Prozessen und dem Unternehmenserfolg. Neben Kostenersparnissen werden durch Facility Management aber auch Verbesserungen in der Führung und in der Qualität der Prozesse und

185

Optimierung von Facility Management Prozessen

Dienstleistungen erzielt. Ein professionelles Facility Management kann hierbei einen entscheidenden Beitrag leisten um Prozesse zu optimieren, Einsparungspotentiale auszuschöpfen und darüber hinaus die Qualität der angebotenen Dienstleistungen zu erhöhen (Madritsch, 2009). Bei der Evaluierung von Unternehmensleistungen werden vorwiegend betriebswirtschaftliche Messgrößen herangezogen. Facility Management Leistungen werden meistens in operativen Messgrößen wie z.B. Reinigungskosten/m2 gemessen und dargestellt. Eine solche Betrachtung ist zwar betriebswirtschaftlich geläufig und akzeptiert, birgt aber die Gefahr einer einseitigen kurzfristigen Fokussierung in Richtung Facility Management als Cost-Center (Lindholm, 2006). Will man im Sinne eines strategischen Facility Managements langfristige Erfolgspotentiale für das Unternehmen entwickeln und aufbauen sind auch andere Betrachtungen und Evaluierungsmethoden erforderlich. Gerade hier ist ein Umdenken gefordert (Madritsch und Ebinger, 2011a).

Abb.1: Darstellung des Built Environment Management Modells

3

Untersuchungsmethodik

Eine internationale Forschungsgruppe zwischen dem Pratt Institute, New York und der Fachhochschule Kufstein entwickelte ein kostengünstiges, branchen-unabhängiges Instrument mit dessen Hilfe der Reifegrad und die Performance von Facility Management Prozessen transparent dargestellt werden kann. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde hierzu das „Built Environment Management Model - BEM2“ und das „Built Environment

Management

Maturity

Model

-

BEM3“

entwickelt.

Über

Benchmarking

können

Optimierungspotentiale und die Auswirkungen von umgesetzten Verbesserungen transparent und leicht verständlich

dargestellt

werden.

Des

weiteren

erlauben

die

Methoden

auch

länder-

und

branchenübergreifende Vergleiche um Best Practices zu identifizieren. Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden die Reifegrade von über 50 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum und aus den USA untersucht und verglichen. In standardisierten Interviews wurden

186

Optimierung von Facility Management Prozessen

den Entscheidungsträgern von Facility Management Prozessen 58 Fragen rund um die folgenden vier Schlüsselprozesse gestellt: KPA1:

Strategische Planung

KPA2:

Investitionsplanung

KPA3:

Projektmanagement

KPA4:

Betrieb, Instandhaltung, Dienstleistungsmanagement

Der Ablauf der Untersuchungsbereiche erfolgte in drei Phasen. In strukturierten Interviews mit den Facilityund Immobilien Verantwortlichen der Unternehmen wurden die Reifegrade der einzelnen Prozesse ermittelt. Die Antworten wurden in der nächsten Phase ausgewertet, analysiert und graphisch dargestellt. Abschließend erfolgte

mit

den

Betroffenen

die

Interpretation

der

Ergebnisse

und

die

Ausarbeitung

von

Optimierungspotentialen.

Phase I

Personal interview based on the semi structured questionnaire

Phase II

Data analysis and graphical presentation

Phase III

Indentification of Best Practices and recommendations for areas of improvement

Abb. 2: Aufbau der Untersuchungsreihe

4

Darstellung der Ergebnisse

Die aufgenommenen Daten wurden analysiert und graphisch sowie tabellarisch dargestellt, sodass der aufgenommene Reifegrad der Facility Management Prozesse schnell und einfach ersichtlich wird. Dieses Reifeprofil wird anschließend der Vergleichsgruppe gegenübergestellt, um über Benchmarking ein klares Stärken-Schwächen-Profil der jeweiligen Facility- und Immobilienmanagement Prozesse zu erhalten. Das Leistungsprofil bildet die Antworten auf die im Fragebogen gestellten Fragen ab und wird in Form eines Spinnennetzdiagramms grafisch sowie tabellarisch dargestellt.

Abb. 3: Tabellarische Darstellung der Ergebnisse des BEM2

187

Optimierung von Facility Management Prozessen

Der Reifegrad der Facility Management Prozesse wurde in einer 5-stufigen Skala kategorisiert wobei die unteren 2 Ebenen einen niedrigen Reifegrad und die obersten Ebenen einen sehr hohen Reifegrad darstellen. Ein hoher Leistungsgrad lässt hierbei auf einen genau definierten, gemessenen, gemanagten und selbstverbessernden Prozess schließen, während ein niedriges Ergebnis auf einen aus dem Stegreif ausgeführten Prozess hindeutet.

Abb. 4: Die 5 Ebenen der Reifegrade von Facility Management Prozessen

5

Beschreibung der vier Schlüsselprozesse

Im folgenden werden die von dem Forschungsteam vier definierten Schlüsselprozesse kurz dargestellt und beschrieben. Der Fragenkatalog orientiert sich an den wesentlichen Facility Management Aktivitäten innerhalb der Schlüsselprozesse. KPA1 Strategische Planung Hierbei werden organisatorische Prozesse, welche die strategische Ausrichtung des Unternehmens in Bezug auf Immobilien- und Facility Management betreffen, analysiert. KPA2 Investitionsplanung Innerhalb dieser Kategorie werden die Ausrichtung des Anlagenportfolios an der Unternehmensstrategie, sowie das Gleichgewicht zwischen Investitionen in Neubauten und bestehende Gebäude behandelt. KPA3 Projektmanagement Die Durchführung von Investitionsentscheidungen im Facility Management bzgl. Renovierung, Sanierung, Neubau, Kauf/Miete, Transaktionen, etc. ist Bestandteil dieser Prozesse. KPA4 Betrieb, Instandhaltung und Dienstleistungsmanagement Hier werden operative Prozesse wie Prozesse der Instandhaltung, des Betriebs und des Dienstleistungsmanagements untersucht.

188

Optimierung von Facility Management Prozessen

4. Services, Operations and Maintenance Management 1. Strategic Planning

Services &

2. Capital Planning

3. Project Management Abb. 5: Darstellung der 4 Schlüsselprozesse der Modelle BEM2 und BEM3 (Madritsch, T., Ebinger, M., 2014).

Durch

das

Benchmarken

der

Ergebnisse

mit

den

verschiedenen

Nutzergruppen

können

Optimierungspotentiale identifiziert und Best Practices dargestellt werden. Diese Methode erlaubt es für die teilnehmenden Unternehmen zusammenfassende Empfehlungen für individuelle Maßnahmen und Strategien abzuleiten.

6

Untersuchungsergebnisse

Die Methodik und Vorgehensweise der Reifegradmessung hat bei den teilnehmenden Organisationen zu einem positiven Feedback geführt. Das Analysewerkzeug BEM3 ist leicht anzuwenden und hilft Unternehmen einen ersten Überblick über die Reifegrade der FM Prozesse zu gewinnen. Die geringe Stichprobengröße von 50 teilnehmenden Unternehmen erlaubt noch

keine tiefergehenden statistischen Analysen und

Interpretationen. Die ersten Auswertungen werfen aber eine Reihe von interessanten Fragenstellungen auf, welche in weiteren Untersuchungsreihen vertieft werden müssen.

6.1

Darstellung der Ergebnisse nach Branchen

Vergleicht man die gemittelten Reifegrade aller gemessenen Facility Management Prozesse zwischen den Branchen so erkennt man, dass der Industrie und Bankenbereich höhere durchschnittliche Reifegrade aufweist. Die im Verhältnis niedrigeren durchschnittlichen Reifegrade bei Bildungsinstitutionen und im öffentlichen Bereich sind aufgrund der kleinen Untersuchungsgruppe mit Vorsicht zu betrachten und anhand einer größeren Untersuchungsreihe zu überprüfen.

189

Optimierung von Facility Management Prozessen

Abb. 6: Reifegrade in unterschiedlichen Branchen

6.2

Darstellung der Ergebnisse nach der Unternehmensgröße

In Abbildung 7 werden die gemessenen Reifegrade der Mitarbeiteranzahl bzw. dem Unternehmensumsatz gegenübergestellt und gemäß der Ausprägung des Reifegrades geclustert. Hierbei erkennt man, dass größere Unternehmen tendenziell höhere Reifegrade (grün) bei den Facility Management Prozessen aufweisen, als kleinere Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern oder/und geringerem Umsatz (rot). Durch Benchmarking der Ergebnisse mit den verschiedenen Nutzergruppen können dadurch Optimierungspotentiale identifiziert und Best Practices dargestellt werden.

Abb. 7: Reifegrade in Abhängigkeit der Unternehmensgröße

190

Optimierung von Facility Management Prozessen

6.3

Vergleich „Higher Education vs. Health-Care“

Der Vergleich der Reifegradprofile zwischen dem Higher Education Bereich und dem Gesundheitswesen zeigt, dass tendenziell das Gesundheitswesen höhere Reifegrade aufweist. Eine Ausnahme bilden hier die Prozesse "Kundenzufriedenheit" und "Services Management", in denen der Bereich Higher Education besser abschneidet. 1.1 Strategic Planning 4.04 Facilities Audits 4.03 Space Management

100%

75% 50%

4.03 Services Management

4.02 Operations Management

2.01 Definition of Requirements for New… 2.02 Assessment of Condition and Utilization of existing… 2.03 Gap Analysis / Project Identification

25%

Av Health Care (n = 14)

0%

2.04 Project Categorization, Evaluation and Prioritization

4.01 Maintenance Management

Av Higher Ed. (n = 8)

2.05 Portfolio Review/Project Authorization / Capital…

4.00 Client Satisfaction 3.03 Project Commissioning

3.01 Project Planning 3.02 Project Implementation and Control

Abb. 8: Vergleich Higher Education vs. Health Care (Madritsch, T., Ebinger, M., 2011a)

6.4

Vergleich „USA vs. Österreich“

Vergleicht man die branchenübergreifenden Reifegradprofile der untersuchten Unternehmungen aus den USA mit Organisationen in Österreich, scheint es, dass die europäischen Manager größeren Wert auf die strategische Planung und das Wartung- und Instandhaltungsmanagement legen. 1.1 Strategic Planning 4.04 Facilities Audits 4.03 Space Management

100%

75% 50%

4.03 Services Management

4.02 Operations Management

25% 0%

4.01 Maintenance Management 4.00 Client Satisfaction 3.03 Project Commissioning

2.01 Definition of Requirements for New… 2.02 Assessment of Condition and Utilization of existing… 2.03 Gap Analysis / Project Identification Country: Austria (n = 16)

2.04 Project Categorization, Evaluation and Prioritization

Country: USA (n = 14)

2.05 Portfolio Review/Project Authorization / Capital… 3.01 Project Planning 3.02 Project Implementation and Control

Abb. 9: Vergleich USA vs. Österreich Madritsch, T., Ebinger, M. (2011a)

191

Optimierung von Facility Management Prozessen

6.5

Ableitung von Trends

Festzuhalten

ist,

dass

die

dargestellten

Ergebnisse

immer

in

Relation

zur

Größe

der

Untersuchungsgruppe zu betrachten sind. Dasselbe gilt für valide statistische Auswertungen. Erfreulich ist, dass ein Großteil der teilnehmenden Unternehmen bereits kurzfristig von den identifizierten Verbesserungspotentialen profitieren konnte. Darüber hinaus konnten aus den Ergebnissen bereits erste Trends identifiziert werden (vgl. Madritsch, T., Ebinger, M., 2012): • Non-Profit-Organisationen weisen in den Bereichen langfristige strategische Ressourcenplanung höhere Reifegrade auf als die untersuchten Profit Organisationen. • Die Produktions- und Fertigungsbranche weist tendenziell höhere Reifegrade als die Dienstleistungsbranche auf. Dieses Ergebnis ist allerdings aufgrund der geringen Stichprobe noch zu erhärten. • Gesundheitsorganisationen

weisen

hohe

Reifegrade

in

den

Bereichen

Wartung

und

Instandhaltung und dem Operativen Betrieb auf. Größere Abweichungen gibt es in den Prozessbereichen für die Planung und Projektumsetzung. • Der Higher Education Bereich hat tendenziell sehr hohe Reifegradprofile. Innerhalb der Branchengruppe zeigen sich aber sehr hohe und teilweise kontroverse Abweichungen und Unterschiede. Es ist hilfreich zu wissen, dass die Steigerung der Prozessreife auch mit erheblichen Kosten verbunden sein kann. Deshalb empfiehlt es sich für Unternehmen den Reifegrad der Kernprozesse immer auch relativ zum Reifegrad der Marktteilnehmer zu messen, um zu wissen in welchen Bereichen Wettbewerbsvorteile und USPs erarbeitet werden können. Im Branchenvergleich können hier sehr schnell und einfach ausgeprägte Stärken und Schwächen dargestellt werden.

1.1 Strategic Planning 4.04 Facilities Audits 4.03 Space Management

100%

75%

2.01 Definition of Requirements for New Facilities & … 2.02 Assessment of Condition and Utilization of existing …

50% 4.03 Services Management

2.03 Gap Analysis / Project Identification

25% 0%

4.02 Operations Management

2.04 Project Categorization, Evaluation and Prioritization

2.05 Portfolio Review/Project Authorization / Capital…

4.01 Maintenance Management

IT Service Provider Strong Client Focus; limited long-term planning

4.00 Client Satisfaction

3.01 Project Planning

3.03 Project Commissioning

Car Manufacturer (Europe) Strong Maintenance /Operations Limited focus on existing assets 1.1 Strategic Planning 4.04 Facilities Audits 4.03 Space Management

100%

75%

4.03 Services Management

3.02 Project Implementation and Control

1.1 Strategic Planning

4.03 Space Management

100%

75%

2.02 Assessment of Condition and Utilization of existing…

50%

4.03 Services Management

25%

4.02 Operations Management

4.01 Maintenance Management

4.00 Client Satisfaction 3.03 Project Commissioning

0%

2.03 Gap Analysis / Project Identification

25%

4.01 Maintenance Management

2.01 Definition of Requirements for New Facilities & …

2.02 Assessment of Condition and Utilization of existing Facilities &…

50%

4.02 Operations Management

4.04 Facilities Audits

2.01 Definition of Requirements for New Facilities & Infrastructure

4.00 Client Satisfaction 3.03 Project Commissioning

0%

2.04 Project Categorization, Evaluation and Prioritization

2.05 Portfolio Review/Project Authorization / Capital Budgeting 3.01 Project Planning 3.02 Project Implementation and Control

2.03 Gap Analysis / Project Identification

2.04 Project Categorization, Evaluation and Prioritization

2.05 Portfolio Review/Project Authorization / Capital Budgeting 3.01 Project Planning

No-Profit Community Service Facilities (US) Strong long-term planning approach; Limited Maintenance & Operations

3.02 Project Implementation and Control

Abb. 10: Darstellung von Best Results und Optimierungspotential (Madritsch und Ebinger, 2011b)

192

Optimierung von Facility Management Prozessen

7

Zusammenfassung und Ausblick

Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich die entwickelten Modelle „Built Environment Management Model“ (BEM2) und das „Built Environment Management Maturity Model“ (BEM3) gut eignen um über Benchmarking von Facility Management Prozessen Best Practices und Optimierungspotentiale zu identifizieren. Die Ergebnisse erweisen sich als stimmig und kompakt, was auch aus den nahezu identen länderübergreifenden Ergebnissen hervorgeht. Diese Vorgangsweise erlaubt es für die teilnehmenden Unternehmen zusammenfassende Empfehlungen für individuelle Maßnahmen und Strategien abzuleiten. In einem weiteren Untersuchungszyklus wurden die beiden Modelle, das „Built Environment Management Model“ (BEM2) und das „Built Environment Management Maturity Model“ (BEM3) weiterentwickelt und in einen größeren Untersuchungsrahmen übertragen. Die Forscher sind überzeugt, dass dadurch Facility Management weiter professionalisiert werden kann und ein Beitrag zum langfristigen Unternehmenserfolg geleistet werden kann.

Literaturverzeichnis Lindholm, A.L., Gibler, K.M. (2006): Measuring the Added Value of Corporate Real Estate Management, in: Pacific Rim Real Estate Society Meeting, Auckland. Madritsch, T. (2009): “Best practice benchmarking in order to analyze operating costs in the health care sector”, in: Journal of Facilities Management, ISNN 1472-5967, Vol.7 No.1, pp.61-73. Madritsch, T., Ebinger, M. (2011a), “Facility Management Performance Profile von Krankenhäusern in USA und Europa” in: Facility Management 2011, VDE Verlag Berlin, ISBN: 978-3-8007-3319-4, ISSN 2191-4877, pp.463- 472. Madritsch, T., Ebinger, M. (2011b), “Performance Measurement in Facility Management” in: Research Journal of Economics, Business and ICT, London-UK, ISSN: 2045-3345, pp. 4-11. Madritsch, T., Ebinger, M. (2012), “Optimierung von Facility Management Prozessen über Reifegradprofile” in: Facility Management 2012 - Tagungsband, ISBN 978-38007-3417-7 / ISNN 2191-4877, pp. 53-61. Madritsch, T., Ebinger, M. (2014), “Developing a New Management Model for the Built Environment: The Built Environment Management Model BEM2 and BEM3” in: Science Journal of Business Management, ISSN: 2331-0626 and 2332-0634, pp 1-9.

193

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich? Tania Messerli Vorstand Forum Energie Zürich Andreasstrasse 11, CH-8050 Zürich [emailprotected], [emailprotected]

Zusammenfassung Eine geregelte Gebäude-Inbetriebnahme ist die Ausnahme und viele Anlagen sind permanent nicht richtig einreguliert. Dieser Aussage stimmt fast die gesamte Planer- und Baubranche zu. Wenn man bedenkt, dass ein Gebäude 80 Jahre steht und ein Unikat ist, muss man sich aus ökonomischer Sicht fragen woran das liegt. Besonders der Bauherr wäre gefordert sich zu überlegen wie viel Technik er in so einem Umfeld verbauen und somit Nutzfläche verlieren will, insbesondere wenn die Technik im Betrieb gar nicht oder ineffizient genutzt wird. Genau gesehen sind solche Bauten, respektive Anlagen aus finanzieller Sicht eine Fehlinvestitionen. Aber abgesehen vom Nutzer und Betreiber stören sich alle am Bau Beteiligten sowie viele Bauherren wenig an diesem Umstand. Die Branchenstruktur ist seit Jahren sehr träge, aber es gibt Bewegungen am Markt, die den Druck zur geregelten und entschädigten Inbetriebnahme erhöhen: -

1

Sensitive Nutzungen (Spitäler, Rechenzentren) Anspruchsvolle und emanzipierte Nutzer Junge Generation mit neuen Bau- und Herangehensweisen Umkehr der Beweislast in Bereichen des Gebäudebetriebs

Inbetriebnahme von Gebäuden - ein unterschätzter Prozess

Gebäude in unseren Breitengraden weisen eine zunehmende Technisierung auf. Diese erfordert eine geregelte Inbetriebsetzung (IBS) mit integrierten und integralen Tests. Die IBS ist massgeblich entscheidend dafür, ob das Gebäude dem Nutzer dient und ob der Bauherr eine wirklich lohnenswerte Investition für die nächsten 50 bis 100 Jahre errichten liess. Aufgrund von zeitlichem Druck und wenig durchdachten, oft auch widersprüchlichen, Verträgen ist schon ab Vertragsunterzeichnung klar wenn ein Projekt nicht gelingen kann. Eigentlich bliebe dann einem seriösen Auftragnehmer nur die Wahl zwischen Neuverhandlung der Rahmenbedingungen oder Ablehnung des Auftrags. Dies findet aber selten statt, da sich die Generalunternehmer sowie viele Planer und Handwerker darauf eingestellt haben, die Arbeit wiederum weiter zu geben an weniger qualifizierte Firmen oder Mitarbeiter, die zu tiefen Stundensätzen, bei uns arbeiten. Dadurch sinkt das Professionalitätsniveau auf dem Bau beachtlich und führt zu unfertigen Bauten. Diese werden aufgrund von fixen Eröffnungsdaten irgendwie in Betrieb genommen, obwohl sie noch gar nicht abgenommen werden dürften, da sie noch nicht getestet wurden und somit massgebliche Mängel noch gar nicht zu Tage treten konnten.

194

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

1.1

Vorteile der geregelten Inbetriebnahme

Wenn ja so viele Gebäude ohne oder nur mit teilweiser Inbetriebnahme genutzt werden können, stellt sich die Frage wo der Wert der sauberen und finanziell abgegoltenen Inbetriebnahme liegt. Der wichtigste Aspekt ist die Rendite der Bauherren. Wenn der Bauherr zu Beginn des Projekts seine Anforderungen ans Gebäude und dessen Betrieb vertraglich festhält, dann ist das Resultat seiner Bemühungen eine besser rentierende Investition und zufriedene Nutzer sowie eine effiziente Gebäudelogistik für den Betreiber. Aufgrund der in der Planungs- und Bauphase nur teilweise bekannten Nutzer, einem Wechsel vom Bauherren zu einem neuen Besitzer ab Betrieb, sowie grosser Volumina von Immobilieninvestitionen bei den institutionellen Bauherren, wird diesem zentralen Übergang oft zu wenig Beachtung geschenkt. Die vielen strukturellen Brüche sowie die Zeitdauer von der Planung, Umplanung bis zur Realisierung und dem Betrieb erschweren den gesamten Prozess und führen oft zu mehrfachen Umplanungen wobei bereits gut gelöste Details wieder verloren gehen. Zusammenfassend sprechen folgende Vorteile für eine vertraglich geregelte Inbetriebnahme:

1.2

-

Höhere Rendite

-

Nachhaltiges Gebäude

-

Lernprozess für Planer, der die realisierte Lösung eng bis in den Betrieb begleitet

-

Weniger Leerstand und Mieterwechsel

-

Weniger Baumängel, da für die Planung und Inbetriebnahme die entsprechende Zeit reserviert ist

Rechtliche Aspekte der Inbetriebnahme

Nach der Phase der Inbetriebsetzung 14, inkl. integrierten und integralen Tests 15, gehen mit der Abnahme Nutzen und Gefahr auf den Eigentümer, bzw. Betreiber oder Mieter (im Bereich Mieterausbau) über. Die Rechtslage ändert sich ab dem Punkt insofern, dass das Bauprojekt endet und die Betriebsphase startet. Die Garantiefristen beginnen ab der Abnahme zu laufen wie aus der Abbildung 1 ersichtlich ist und es wird oft sehr schwierig die halbfertigen Arbeiten noch abzuschliessen, bzw. die Mängel in den kommenden zwei Jahren zu beheben. Daher ist dieser Übergang eigentlich äusserst wichtig und muss entsprechend vorbereitet und dokumentiert sein. Der künftige Besitzer und auch der Betreiber können bei groben Mängeln eine Übernahme des Gebäudes oder dessen Anlagen verweigern und Nachbesserung fordern. Dies kommt aber in der Praxis selten vor, da dadurch die Mieter auch ihre Büro und insbesondere Ladenlokale nicht zum geplanten Eröffnungstag eröffnen können. Der Druck ist also von zwei Seiten da und es braucht viel Standvermögen und Rückhalt für den Entscheid, das Gebäude nicht zu übernehmen.

14

Inbetriebsetzung: Einregelung und Kontrolle der definierten Funktionen einer Anlage, inklusive Installation der

Steuerungs-, Regelungs-, Bedien- und Managementfunktionen, zur Erreichung und Optimierung der definierten Betriebszustände (SIA 118/380). 15

Inbetriebnahme: Aufnahme des Betriebs einer Anlage zur Nutzung (SIA 118/380)

195

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

Abb. 1: Zeitliche Abgrenzung Phasen nach SIA 112; Begriffe nach SIA 118 (Figur 1 aus Merkblatt SIA 2048, Copyright SIA Zürich)

2

Wissensdefizite auf allen Stufen

Neben der Architektur wird das Gebäude oft nur auf das Innenraumklima sowie die gesetzlich zu erfüllenden Vorschriften für Brandschutz reduziert. Der Technisierungsgrad und die interne Gebäudelogistik werden in der Regel kaum hinterfragt. Somit bauen sich schon erste Hürden für den künftigen Betreiber und Nutzer auf. Die beiden verfügen meistens über zu wenig Fachwissen und sind zudem in der Projektentwicklungs- und Planungsphase noch nicht am Tisch, um nachher die Anlagen effizient zu betreiben, bzw. das Gebäude sinnvoll nutzbar zu machen. Je nachdem fehlt sogar das Wissen um einfachste Wartungsaufgaben fachgerecht durchzuführen, bzw. noch vorher die teil- oder ganz automatisierten Anlagen entlang der Jahreszeiten in den ersten zwei Betriebsjahren richtig einzuregulieren.

196

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

2.1

Bauherr ohne Nähe zum Bau

Die Bauherren sind je nach Herkunft sehr unterschiedlich versiert im Umgang mit Bauprojekten. Bauherren für Produktions-Betriebe, KMU und Baugenossenschaften führen in der Regel das Bauprojekt sehr gezielt mit Vorgaben, die oft auch aus der bereits bestehenden Betriebserfahrung stammen und setzen auch bei Abnahmen ihre vormals im Vertrag gesetzten Vorgaben durch. Institutionelle Bauherren, wie Fonds und Pensionskassen, hingegen führen die Projekte rein über die finanzielle Sichtweise und können daher kein Feeling für nachhaltige und nutzertaugliche Gebäude entwickeln. Sie bevorzugen in der Regel das risikoarme Generalunternehmer (GU) –Modell und unterliegen somit einer doppelten Einschränkung. Das GU-Modell per se führt kaum zu einem wirklich funktionsfähigen Gebäude und aufgrund ihrer Ferne zum Bauprozess nehmen sie die Fehlinvestition, wenn überhaupt, erst Jahre später wahr. Hier mangelt es auf der Bauherrenseite an der Affinität das Prinzip der Lageklasse 16 konsequent bis in den Betrieb umzusetzen und entsprechende Konzepte und Verträge auszuarbeiten. Falls der Bauherr über keine Betriebserfahrungen verfügt, ist es sinnvoll, Beratungsleistungen in Form von baubegleitendem Facility Management, einen Inbetriebnahme-Manager oder wenigstens ein Nachhaltigkeits-Label mit ins Projekt einzubeziehen.

2.2

Planer mit der Zeit und Normenflut kämpfend

Die Planer werden oft mit sehr engen zeitlichen Rahmenbedingungen konfrontiert und versuchen somit, mit ihrem Erfahrungen die täglichen Anforderungen des Architekten und Bauherrn zu lösen ungeachtet wie es dann auf der Installations-, bzw. der Betriebsseite aussieht. Wenn der Bauherr nicht explizit ein Lowtech Gebäude verlangt, werden verschiedenste technische Systeme und Anlagen geplant und eingebaut, um das Gebäude besonders im Sommer auf bald annähernd amerikanische Standards zu kühlen. Bei der Arbeit greift der Planer auf sein Basiswissen zurück. Doch dieses ist nicht mehr up to date. Selbst bei grossen Büros wird eine zunehmende Wissenslücke erkennbar zwischen den bereits vorhandenen Normen und deren Anwendung. Einerseits gibt es eine enorme Vielfalt an Normen, Richtlinien und Merkblättern und andererseits fehlt die Zeit besonders auch junge Fachkräfte on the job zu schulen, bzw. die Umsetzung neuer Hilfsmittel zu testen, in den Alltag zu überführen und anzuwenden. Schlichtweg hat kaum ein Planer die Übersicht über die, wohlgemerkt in seinem Bereich, geltenden Normen.

2.3

Betreiber ohne Dokumentation und nicht (ein)geführt

Der Betreiber kommt in der Regel erst wenige Wochen vor der Abnahme des Gebäudes auf die Baustelle oder hat im ungünstigen Fall die Inbetriebsetzungsphase verpasst. Aufgrund der

nicht vorhandenen Dokumentation, bzw. einigen Bundesordnern mit allgemeinen

Anlagenbeschrieben aber natürlich nicht im Kontext des Systems, übernimmt der Betreiber in einem völligen Blindflug die Anlagen. Falls dann das Betriebs-Budget noch knapp ist, reicht es nicht für einen gut ausgebildeten Instandhaltungsfachmann, d.h. die Abhängigkeit von teuren externen Firmen ist gross. Daher kommen sie nur gerade für das Gröbste am Anfang zum Zug und sobald der Nutzer nicht mehr klagt, werden 16 Die Lageklassenmethode beruht auf der Erkenntnis, dass ähnliche Objekte an vergleichbarer Lage stets die gleichen Verhältniszahlen aufweisen. Ein relativer Land- und Gebäudewert wird so bestimmt. Konkret sollte an einer Top Makro- und Mikrolage auch ein Top Betreiber danach das Objekt entsprechend über die Jahre betreiben können.

197

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

diese Bemühungen eingestellt. Die klassischen Verwalter mit ihrer mangelhaften Ausbildung im Facility Management stehen dann hilflos da und wissen schon bei einfachen Fragestellungen nicht wie ein Mangel oder auch eine Einregulierung mit dem Betreiber vor Ort effizient zu organisieren wäre.

3

Funktionsfähige Gebäude sind möglich

Es gibt verschiedene Ansätze wie die Funktionsfähigkeit der im Gebäude vorhandenen Anlagen per Abnahmezeitpunkt erreicht werden kann. In der Arbeitsgruppe Inbetriebnahme (IBN) vom Forum Energie Zürich (FEZ) wurde an Hand von gelungenen Inbetriebnahmen herausgearbeitet was mögliche Erfolgsfaktoren sein können:

Aufgrund dieser Analyse werden die beiden folgenden Dokumente genauer hinsichtlich Umsetzbarkeit geprüft, da sie viele von den oben erwähnten Aspekten umfassen: -

Merkblatt SIA 2046 Integrale Tests von Gebäudetechniksystemen Empfehlung SIA 113 FM-gerechte Bauplanung und Realisierung

198

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

3.1

Merkblatt SIA 2046 (2015) Integrale Tests von Gebäudetechniksystemen

In diesem Merkblatt liegt der Fokus auf der Gebäudetechnik und deren Funktionsfähigkeit. Es werden dabei komplexe grössere Bauten und Areale angesprochen mit anspruchsvoller Nutzung oder auch hoher Personenfrequenz, bzw. öffentlich genutzte Gebäude. Dabei könnten unter anderen folgenden Szenarien getestet werden: •

Chemieunfall

Gasaustritt

Brandausbruch

Redundanzanforderung

Leistungsanforderung

Sicherheitsanforderung

Raumklimaanforderung

Netzausfall

Das Merkblatt gibt ein gutes Raster für verschiedenartige Gebäude. Nach dem Vorbild von Brandschutztests erfolgen nach den integrierten Tests 17 von einzelnen Anlagen noch die integralen Tests 18 für einen oder mehrere der oben genannten Themenkreise, um das Anlagenzusammenspiel zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe Inbetriebnahme vom FEZ hat zwei Vertreter aus den Bereichen Einkaufszentren und Schulen, welche das Merkblatt 2046 bereits auf ihre Prozesse adaptiert und mehrfach durchexerziert haben. Nach ihrer Erfahrung zeigt sich vor allem, dass diese Tests sehr aufwändig in der Planung und Durchführung sind. Abbildung 3 zeigt schematisch wo sich die Vorbereitung und Durchführung dieser Tests entlang des Bauprozesses manifestiert. Zudem sind gewisse Tests auch während der Betriebsphase aufgrund der gesetzlichen Vorschriften zu erbringen.

Abb. 3: Integrale Tests im Lebenszyklus (Figur 2 aus Merkblatt SIA 2046, Copyright SIA Zürich) 17

Integrierter Test (SIA MB 2046): Prüfverfahren zur Kontrolle der Funktionen und Abhängigkeiten innerhalb eines Gewerkes. 18

Integraler Test (SIA MB 2046): Prüfverfahren, um die automatisch angesteuerten Komponenten und das übergeordnete Zusammenwirken der Gewerke, Anlagen und Systeme sowie die korrekte und system- und anlagenübergreifende Funktionalität der Gebäudetechniksysteme inklusive aller Schnittstellen zu prüfen und die Funktionstüchtigkeit des Gesamtsystems im Normal- sowie im Ereignisfall sicher zu stellen.

199

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

3.2

Empfehlung SIA 113 (2010) FM-gerechte Bauplanung und Realisierung

Diese Empfehlung ist umfassender als das Merkblatt SIA 2046 und geht im Grundsatz vom funktionsfähigen Gebäude für den Endnutzer aus. Sie übernimmt die im Leistungsmodell SIA 112 definierten Phasen und zeigt, welche Aufgaben im Facility Management parallel zum Baufortschritt erbracht werden müssen. Somit kann eine geregelte und entschädigte Inbetriebnahme erreicht werden und für den Nutzer sowie Betreiber entsteht ein funktionsfähiges Gebäude. Der FM-Planer vertritt in den Phasen vor der Nutzung der Immobilie den Facility Manager. Die Empfehlung SIA 113 ist aber in Planerkreisen noch kaum bekannt, bzw. wird nur bei wenigen grossen Bauprojekten, meist auf Wunsch des Bauherrn, angewandt.

3.3

Blick über die Grenzen nach Österreich und Deutschland

In Österreich wird das Inbetriebnahme-Management klar als ein Instrument für die Bauherren dargestellt. Diese müssen den unabhängigen Inbetriebnahme-Manager beauftragen und seine Funktion entsprechend allen am Bau Beteiligten bekannt machen. Die dazu erarbeiteten Leistungsbilder basieren auf der deutschen VDI 6039 19 (2011). Dabei hat der sogenannte Inbetriebnahme-Manager weitreichende Anordnungsbefugnis und Vollmachten im Bauprojekt, um die Vorgaben auch durchzusetzen. Seine Arbeit beginnt bereits in der Planungsphase und erfordert eine strukturierte Vorgehensweise, Leistungsnachweise und die Dokumentation der Inbetriebnahme sowie die Optimierung in den ersten zwei Betriebsjahren. Deutschland und Österreich sind in dem Bereich bereits einiges weiter als die Schweiz.

4

Welche Marktkräfte unterstützen eine geregelte Inbetriebnahme?

Interessant und herausfordernd ist es, wie nachhaltig die künftigen Gebäude erstellt werden können. Aufgrund der verschiedenen Akteure und Schwierigkeiten sind grundlegend andere Herangehensweisen nötig, um die Inbetriebnahme als Bindeglied zwischen Bau und Betrieb richtig zu etablieren. Besonders im Fokus stehen dabei die institutionellen Bauherren, welche die Branche massgeblich beeinflussen können einerseits mit gezielteren Vorgaben und andererseits aufgrund des Investitionsvolumens. Andere Marktakteure und Marktgegebenheiten, welche die geregelte Inbetriebnahme positiv beeinflussen sind nachfolgend aufgezeigt.

4.1

Sensible Nutzungen

Gebäude mit sensiblen Nutzungen wie beispielsweise Spitäler oder Rechenzentren werden von den Planern selbst anders beurteilt. Gemäss Aussagen in der Arbeitsgruppe, kämpfen die Planer dann für mehr Zeit und Ressourcen, um die Gebäudetechnik präzis zu übergeben mit den dazugehörigen Tests in der Inbetriebsetzungsphase. Dies zeigt deutlich, dass wenn es um Leib und Leben geht oder wenn grosse finanzielle Ausfälle erfolgen können, anders gearbeitet wird. Somit eröffnet sich aber für engagierte Bauherren die Chance dasselbe für ihre (Um-)Bauten einzufordern und die dafür nötigen finanziellen Mittel bereitzustellen und die Schlusszahlung erst zu leisten wenn das Gebäude mängelfrei abgenommen ist. 19 Facility-Management: Inbetriebnahmemanagement für Gebäude, Methoden und Vorgehensweisen für gebäudetechnische Anlagen

200

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

4.2

Emanzipierte Nutzer

Die Nutzer werden anspruchsvoller. Einerseits suchen internationale Firmen zertifizierte Büro- und Produktionsgebäude, damit sie ihre Versprechungen gegenüber der Kundschaft und den Mitarbeitern darstellen können. Andererseits werden die Technologien, wie digitaler Strom oder Apps, bereits privat genutzt um die Gebäudetechnik zu steuern und daher wird dasselbe Niveau vom Arbeitsplatz erwartet. Eine spezielle Gruppe bilden die Grossunternehmen mit vielen Büroarbeitsplätzen, die Shared Workplace Modelle kennen. Da wird die dahinterliegende Technik äusserst stark gefordert zugleich mit dem Anspruch eine fast wohnliche Atmosphäre zu unterstreichen, um die Mitarbeiter überhaupt noch ins Büro zu holen. Wenn ein solches Gebäude technisch und konzeptionell keine gute Arbeitsatmosphäre bringt, wird es nicht ausreichend frequentiert und die Mitarbeitenden weichen auf andere Gebäude der Firma, im Sommer in den öffentlichen Raum oder nach Hause aus. Ein Grund für den Nutzer, den Mietvertrag des Gebäudes zu kündigen, falls die technischen oder konzeptionellen Mängel nicht rasch behoben werden können.

4.3

Junge Generation – unbefangen und innovativ

Einerseits gibt es sehr innovative Architekturbüros, die Richtung Holzbau gehen und andererseits werden bei den Wolkenkratzern leichtere und präzisere Konstruktionen nötig, um die angestrebte Höhe zu erreichen. Die zwei Entwicklungen führen zu mehr vorfabrizierten Teilen mit dem grossen Vorteil, dass die Denkarbeit vorab geleistet werden muss, damit das Objekt erstellt werden kann. Somit werden verschiedene Schwierigkeiten der ad hoc Planung oder abgeänderten Ausführung auf dem Bau vermieden. Das Thema der fehlenden oder unbrauchbaren Dokumentation wird schon Jahrzehnte beklagt und beschrieben. Aufgrund der Marktkonstellationen ist aber keine Bewegung spürbar. Mit BIM (Building Information Modeling) kann es in gewissen Teilaspekten rasch zu ganz neuen Herangehensweisen führen, die wahrscheinlich nicht von den etablierten Büros ausgehen sondern eher von der Gebäudeautomation, von Google oder einer ganz neuen Firma. Somit kommt frischer Wind von aussen, welcher die starren Strukturen in der Baubranche aufbricht.

4.4

Umkehr der Beweislast

Im Bereich des Brandschutzes erfolgte in den letzten Jahren eine Umkehr der Beweislast, die vielen mittleren und grossen Gebäudebetreibern noch gar nicht in der ganzen Tragweite bewusst ist. Durch diese Regelungen muss der Betreiber in regelmässigen Abständen, unter anderem mittels integralen Tests, die Funktionsfähigkeit seiner Anlagen und die dazu notwendige personelle Organisation belegen. Versierte Betreiber nehmen die Fäden dazu aktiv in die Hand und gehen mit initiativen Vorschlägen auf die Behörden zu, bzw. planen ihre Umbauten gezielter. Es bietet sich hier die Chance für den Betreiber bei künftigen Sanierungen auf die Planer und ausführenden Installateure zu zugehen und die Anforderungen an das Umbauprojekt aus Betreibersicht festzulegen, damit der Betrieb danach effizient handhabbar ist.

201

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

5

Fazit

Das Gebäude ist im Regelfall ein Unikat und wird nur einmal in dieser Form und Anlagenkombination erstellt. Daher ist es unvermeidbar, dass ein Prototyp auch bei guter Planung Fehler aufweist. Diese können aber bei gezielter Qualitätskontrolle erkannt und behoben werden. Der einflussreichste Akteur, welcher die Planungs- und Bauprozesse beeinflussen kann, ist der Bauherr. Wenn er konzeptionell Eckpunkte setzt, die nicht verhandelbar sind, werden sich die Prozesse für die Neubauten und Sanierungen wandeln. Besonders im Büromarktsegment sind aufgrund der Leerstände auch zunehmend die Fondsmanager gefordert die Entwicklungsprojekte genauer zu prüfen und klare Anforderungen an das Resultat zu stellen und durchzusetzen. Durch konzeptionelle Arbeit und Hartnäckigkeit kann ein effektiv nachhaltiges Gebäude errichtet werden, dass sich auch gut vermieten lässt.

Forum Energie Zürich (FEZ) – Porträt Das FEZ ist eine Plattform für die Diskussion und den Erfahrungsaustausch rund um Energiefragen für ArchitektInnen, IngenieurInnen, Planende, Bauherrschaften, InvestorInnen, Energie-BeraterInnen, Facilityund Portfolio-ManagerInnen sowie Interessierte. Wir thematisieren Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit in Gebäuden, Arealen und im Siedlungsraum. In Fachgruppen werden folgende Themen: bearbeitet Aus- und Weiterbildung, Bau und Energie, Bauphysik, Inbetriebnahme, Betriebsoptimierung, MINERGIE sowie Nachhaltigkeit und Raum. Die Fachgruppe Inbetriebnahme ist seit einem Jahr aktiv. Der Umstand, dass viele Inbetriebnahmen schlecht funktionieren bildet die Motivation in dieser Arbeitsgruppe mitzuarbeiten. Das übergeordnete Arbeitsziel ist, dass alle Gebäude ordentlich in Betrieb genommen werden mit entsprechender Dokumentation und Honorierung der erbrachten Dienstleistungen. Weitere Informationen unter www.forumenergie.ch

202

Ist eine geregelte Inbetriebnahme von Gebäuden möglich?

Literaturverzeichnis Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (Hrsg.) (2015). Merkblatt SIA 2046 Integrale Tests von Gebäudetechniksystemen. Zürich: SIA. Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (Hrsg.) (2015). Merkblatt SIA 2048 Energetische Betriebsoptimierung. Zürich: SIA. Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (Hrsg.) (2010). Empfehlung SIA 113 FM-gerechte Bauplanung und Realisierung. Zürich: SIA. Verein Deutscher Ingenieure (Hrsg.) (2011). VDI 6039 Facility-Management: Inbetriebnahmemanagement für Gebäude, Methoden und Vorgehensweisen für gebäudetechnische Anlagen. Düsseldorf: VDI.

Autorenporträt

Tania Messerli, lic.oec. HSG, ist selbständige Unternehmerin und Inhaberin von Messerli Management GmbH. Themenschwerpunkte sind Konzepte sowie Beratungen im laufenden Betrieb sowie die Organisation der Zusammenarbeit zwischen Nutzer, Betreiber und Eigentümer. Der Grundsatz, dass das Gebäude dem Nutzer dient steht im dabei immer im Zentrum. Im Forum Energie Zürich (FEZ) ist sie seit 5 Jahren im Vorstand verantwortlich für die Themen Marketing sowie Aus- und Weiterbildung und hat die Fachgruppe Inbetriebnahme (IBN) mit initiiert.

203

204

Gendereffekt in der Facility Management Weiterbildung

Die Weiterbildung in Facility Management wurde im Laufe der Jahre «männlich» Doris C. Oehninger ZHAW Institut für Facility Management Technoparkstrasse 1, 8005 Zürich [emailprotected]

Zusammenfassung In den letzten 16 Jahren veränderte sich die Weiterbildung in Facility Management einerseits im Angebot und andererseits bei den teilnehmenden Studierenden. Konnte zu Beginn noch ein Frauenanteil an den Weiterbildungsveranstaltungen von ca. 48% beobachtet werden, so sank er bis ins Jahr 2016 kontinuierlich bis auf 37% aller Teilnehmenden. Der Rückgang von Absolventinnen, die den Master of Advanced Studies (MAS) abschliessen sank sogar auf 32,4%. Eine schlüssige Erklärung für den Rückgang lässt sich allein mit der Auswertung des Zahlenmaterials nicht abgeben. Eine Befragung bei Absolventinnen zeigt auf, dass sie eher Fächer belegen, welche ihnen für eine bestimmte Branche oder eine anvisierte Funktion dienlich sind. Die Männer orientieren sich ähnlich. Die Präferenzen der Frauen liegen im Bereich Leitung Hotellerie z.B. bei Spitälern oder Heimen sowie in der Projektleitung bei FM Providern oder öffentlichen Verwaltungen. Die Männer orientieren sich an denjenigen Fächern, welche sie als eher technisch ansehen. Ein MAS-Abschluss wird von Frauen und Männern bewusst für einen späteren Karriereschritt geplant und verfolgt.

1

Einführung

Ausgehend von der Weiterbildung „Unternehmensführung für Frauen“ am Zentrum für Kaderausbildung Zürich (ZKZ), die vorwiegend von Frauen besucht wurde, ist 1999 der Entscheid gefallen, für die Weiterbildung das Fachhochschul-Niveau zu beantragen (Hochschule Wädenswil, 1999). Gleichzeitig fand eine Neuorientierung der Unterrichtsfächer hin zu einer Vertiefung in Facility Management statt. Nach Befragung von verschiedenen Zielgruppen ergaben sich Erkenntnisse über mögliche Inhalte und Gewichtungen für den neuen Nachdiplomstudiengang Strategisches Facility Management, welcher im Jahr 2000 starten sollte (Hochschule Wädenswil, 1999). Die Veränderung hin zu mehr gebäudespezifischen und strategischen Unterrichtsfächern gefiel den Männern, die offenbar eine Weiterbildungsmöglichkeit suchten, die an ihre verschieden gelagerten Aus- und Fortbildungen anschloss. Prof. Thomas Wehrmüller schreibt im Jahresbericht 2001: „Ein grosses Potential an Absolvierenden haben wir uns durch die Namensänderung [Facility Management] und den Fachhochschulanpassungen schneller als erwartet erschlossen: die Männer“ (Hochschule Wädenswil, 2002). Seit dem Start des Nachdiplomstudiums (NDS) in Strategischem Facility Management und seit 2007 der Studiengang Master of Advanced Studies (MAS) eingeführt wurde, ist ein kontinuierlicher Rückgang bei den Diplomabschlüssen von Studentinnen zu beobachten. Ich fragte mich, gibt es Faktoren, wie unterschiedliche Vorbildung, Studienfachwahl oder weitere Präferenzen, auf Grund welcher festgestellt werden kann, was zu dieser Abnahme des Frauenanteils führt?

205

Gendereffekt in der Facility Management Weiterbildung

1.1

Untersuchung

Ich interessiere mich grundsätzlich für Genderthemen in der Wirtschaft bzw. im Management und untersuchte dies bereits während des Studiums sowie in der Lizentiatsarbeit (Oehninger, 1997). Es lag mir deshalb nahe zu untersuchen und zu begreifen, wieso heute wesentlich mehr Männer Facility Management in der Weiterbildung studieren und abschliessen. Eine kurze Umfrage bei Absolventinnen und Absolventen des MAS in Facility Management bietet einstweilen einen Erklärungsansatz. Individuelle Präferenzen bei der Wahl der Fächer wie bei der angestrebten bzw. anzustrebenden Funktion deuten auf geschlechtsspezifische Unterschiede. Ein weiteres Kriterium ist, ob die angebotenen Unterrichtsfächer als eher technisch orientiert empfunden werden oder nicht. Bei der Abnahme des Frauenanteils bei den Studierenden kommen sicher noch weitere Faktoren zum Tragen. In diesem Beitrag werden keine strukturellen oder gesellschaftlichen Faktoren untersucht. Für diesen Beitrag habe ich einerseits die Zahlen der ehemaligen und heute eingeschriebenen Studierenden zusammengetragen und Telefoninterviews mit Absolventinnen und Absolventen geführt. Anhand von zwei ausgewählten Unterrichtsfächern soll analysiert werden, wie ein Rückgang der Absolventinnen erklärt werden könnte. Die Absolventinnen und Absolventen wurden bezüglich der heute angebotenen CAS telefonisch gefragt, welche Fächer sie als eher technisch-lastig empfinden. Für die Untersuchung wurden auf Grund der Aussagen die Zahlen im technischen Gebäudemanagement gewählt. Führung bzw. Leadership betrachten die Absolventinnen und Absolventen als eher nicht technisch und daher wurde dieses Thema als Zweitbetrachtung untersucht.

2

Einführung von gebäudetechnischen Fachmodulen

Im Jahresbericht 1999 schreibt Thomas Wehrmüller in seiner Vision 2010: «Im Jahr 1999 wurden Weichen gestellt […] mit der Ausweitung des Studienganges Richtung Bau und Technik» (Hochschule Wädenswil, 2000). Thomas Wehrmüller sprach damit zwar den Fachhochschulstudiengang an, die Auswirkungen davon zeigten sich aber auch in der Weiterbildung. Ab dem Jahr 2000 wurden die technischen Fachmodule Bau und Technik und technisches Gebäudemanagement in den Lehrplan der Weiterbildungsstufe aufgenommen.

2.1

Bau und Technik und Technisches Gebäudemanagement

Im Jahresbericht 2001 schreibt Barbara Keller Foletti, Leiterin Weiterbildungsstufe Facility Management „per Dezember 2001 waren insgesamt 53 Personen in den verschiedenen Modulen der Weiterbildungsstufe eingeschrieben. Betrug der Frauenanteil im Jahr 2000 noch 66%, so waren es 2001 nur noch 45%“ (Hochschule

Wädenswil,

2002).

Hays

Facilities

Management,

ein

australisches

FM

Rekrutierungsunternehmen postuliert, dass mehr unternommen werden müsste, um Frauen ins FMTätigkeitsfeld zu bewegen. „However, similar to other construction and property professions, the profile of women in the industry is negative and stereotyping is prevalent. Horizontal and vertical gender segregation has developed in FM with men […] more likely to manage technical areas (Smith, 2006). Die Aussage von Robert Smith aus dem Jahr 2006 lässt sich in den Abbildungen 1 und 2 nachvollziehen. Es ist davon auszugehen, dass sich vor allem Männer das Rüstzeug für Funktionen im gebäudetechnischen Facility Management holen.

206

Gendereffekt in der Facility Management Weiterbildung

Bau und Technik

Technisches Gebäudemanagement

100.0%

100.0%

50.0%

50.0%

0.0%

0.0%

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Frauen

Männer

Frauen

Abbildung 35: Fachmodul Bau und Technik 2000-2008

2.2

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Männer

Abbildung 36: Fachmodul TGM 2001-2009

CAS Gebäudemanagement CAS Gebäudemanagement 100.0% 80.0% 60.0% 40.0% 20.0% 0.0%

2011

2012

2013

Frauen

2014

2015

2016

Männer

Abbildung 37: CAS Gebäudemanagement ab 2011

Ab dem Jahr 2010 wurden die Fachmodule Bau und Technik und Technisches Gebäudemanagement zum neuen CAS Gebäudemanagement zusammengefasst. Offenbar schreckte der nun integrierte Teil des technischen Gebäudemanagements die Frauen endgültig ab. Wie Abbildung 3 zeigt, konnte der Frauenanteil nicht gesteigert werden. Stimmt es also, dass es wie in Abschnitt 2.1 angetönt, auf der operativen wie strategischen Stufe in der Immobilienbewirtschaftung weniger technische Leiterinnen als Leiter gibt? Eine kurze Überprüfung der Aufgabenbereiche der heute in der Weiterbildung Facility Management eingeschriebenen Frauen zeigt, dass keine einzige die Funktion einer Technischen Leiterin einnimmt. Eine geschlechtsspezifische Segregation kann vermutet werden. Gemäss der Befragung der Absolventinnen wählen Frauen Gebäudemanagement, wenn sie in ihrer Tätigkeit in der nahen Zukunft Um- oder Neubauten zu begleiten haben oder um ihren Horizont bewusst in diese Richtung zu erweitern.

2.3

kurz zusammengefasst

Der Rückschluss liegt nahe, dass mit der Einführung von gebäudetechnischen Fächern sich ab den Jahren 2002/2003 immer mehr Männer für die Disziplin Facility Management zu interessieren begannen. Aus heutiger Sicht lässt sich sagen, dass Männer, welche sich für das Gebäudemanagement interessieren eher eine technische Vorbildung mitbringen, nämlich Berufsabschlüsse in Elektrotechnik, Bauzeichner, Technische Kaufleute, etc. Sie bringen sich mit dem CAS auf den neuesten Stand der Branche und holen sich den noch fehlenden theoretischen Background für ihre Funktion. Eine klare Begründung für den kleinen Frauenanteil kann aus den erhobenen Zahlen nicht abgeleitet werden. Die zu diesem Beitrag befragten Männer schätzen es so ein: die Frauen haben am technischen Facility Management wenig Interesse und bilden sich da nur

207

Gendereffekt in der Facility Management Weiterbildung

weiter, wenn sie es unmittelbar für ihre Funktion brauchen. Eine Absolventin sagte sogar, dass wenn der Vorgesetzte eine technische Vorbildung habe, er sich tendenziell eher einen Mann für die Leitung Betrieb oder Facility Management suche.

3

Aufnahme von Führungs-Methodenmodulen

Im Jahr 2000 wurden zu den Fachmodulen vier Methodenmodule in den Lehrplan aufgenommen. Diese waren -

-

3.1

Führungsgrundlagen/Führungsfragen Systemisches Projektmanagement Selbst- und Konfliktmanagement Change Management

Methodenmodule Change Management und Selbst- und Konfliktmanagement

Ab dem Jahr 2001 wurden neben den in Abschnitt 2.1 erwähnten Fachmodulen die Methodenmodule Change Management und Selbst- und Konfliktmanagement unterrichtet. Ich habe diese zwei Module zum Vergleich mit den Fachmodulen verwendet, da sie von den befragten Absolventen als eher „Frauen-affin“ bezeichnet wurden. Selbst- und Konfliktmanagement

Change Management 100.0%

100.0%

50.0%

50.0%

0.0%

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Linear (Frauen)

0.0%

Linear (Männer)

Abbildung 38: Trendlinie Teilnehmende an Change Management

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Linear (Frauen)

Linear (Männer)

Abbildung 39: Trendlinie Teilnehmende Selbst- und Konfliktmanagement

Ist die Einleitung oder die Begleitung eines Kulturwandels eine männliche Aufgabe? Als das Modul Change Management noch einzeln belegt werden konnte zeigte sich ein Rückgang des Interesses bei den Frauen. Das Fach Selbst- und Konfliktmanagement jedoch konnte Männer wie Frauen zur Teilnahme motivieren.

3.2

Methodenmodule Systemisches Projektmanagement und Führung Systemisches Projektmanagement

Systemische Führung 80.0%

100.0%

60.0% 50.0%

40.0% 20.0%

0.0%

0.0% Linear (Frauen)

Linear (Männer)

Abbildung 40: Trendlinie Systemisches Projektmanagement

200120022003200420052006200720082009

Linear (Frauen)

Linear (Männer)

Abbildung 41: Trendlinie Systemische Führung

208

Gendereffekt in der Facility Management Weiterbildung

Der systemische Ansatz bei den Führungsfragen wie beim Projektmanagement wurde gewählt um wirkungsvolle Chancen der Einflussnahme im komplexen Berufsalltag zu ermöglichen. Diese Perspektive veranlasste die Frauen eher, diese beiden Methodenmodule zu belegen.

3.3

CAS Leadership CAS Leadership 100.0% 80.0% 60.0% 40.0% 20.0% 0.0%

2010

2011

2012 Frauen

2014

2016

Männer

Abbildung 42: Teilnehmende CAS Leadership 2010 wurden die bisherigen Methodenmodule Change Management, Selbst- und Konfliktmanagement und Systemisches Projektmanagement ergänzt um die Fächer Entwicklung der eigenen Führungspersönlichkeit und Führungspsychologie als CAS Leadership angeboten. Obwohl das CAS Leadership den MASStudierenden stark empfohlen wurde und immer noch wird, sinkt der Frauenanteil im Mittel auf 29.4% (siehe Abbildung 8). Zeigt sich darin die Korrelation mit dem sinkenden Frauenanteil bei den MAS-Abschlüssen? Weibliche Vorgesetzte, welche den beruflichen Fortbildungsweg im FM gewählt haben, führen bereits als Betriebsleiterinnen Hotellerie/Hauswirtschaft, d.h. nach der Berufsprüfung, kleinere bis grössere Teams. Führungserfahrung ist somit vorhanden. Daher kann es sein, dass auf die eigenen Führungskompetenzen vertraut wird, um im MAS-Studium andere Themen zu priorisieren. Ein Vergleich mit dem CAS Leadership IAP Basic des ZHAW Departements Angewandte Psychologie zeigt, dass bei diesem Zertifikatslehrgang von 2012 bis 2015 der durchschnittliche Frauenanteil bei ca. 40% liegt, also auch diese Weiterbildung von einer knappen Männermehrheit besucht wird.

3.4

kurz zusammengefasst

Führungs- und Sozialkompetenz gehört grundsätzlich für Männer und Frauen zum Standard. Facility Managerinnen und Manager führen bereits früh direkt unterstellte Mitarbeitende. Es kann deshalb sein, dass eine Führungsfortbildung zugunsten anderer FM-Themen zurück gestellt wird. Der Gendereffekt bei der Leadership-Weiterbildung im Facility Management ist auf Grund der untersuchten Zahlen nicht zu erklären.

209

Gendereffekt in der Facility Management Weiterbildung

4

Abschlüsse im Nachdiplomstudium Strategisches FM NDS Strategisches FM HSW Wädenswil 80.0% 70.0% 60.0% 50.0% 40.0% 30.0% 20.0% 10.0% 0.0%

2002

2003

2004 Frauen

2005 Männer

2006

2007

Abbildung 43: Abschlüsse vor dem MAS in FM Barbara Keller Foletti schreibt im Jahresbericht 1999 (Hochschule Wädenswil, 2000), dass in der zweiten Jahreshälfte

1999

hauptsächlich

Weiterbildungsbereichs

im

der

Aufbau

Vordergrund

unter

stand.

Einbezug

„Kernstück

von des

neuen

Entwicklungen

Angebotes

ist

der

des neue

Nachdiplomstudiengang Strategisches Facility Management“ (Hochschule Wädenswil, 2000). Abbildung 9 zeigt die Abschlüsse im Nachdiplomstudium. Nach dem 2002 der Frauenanteil noch wesentlich höher lag, ging er bis 2007 auf bis 43% zurück. Gemäss der BFS-Statistik der Bildungsabschlüsse Stand 2016, lag der Frauenanteil bei den Diplomen der Fachhochschulen 2004 bis 2007 bei jeweils ca. 40% (Bundesamt für Statistik, 2016). Die NDS-Abschlüsse an der HSW Wädenswil lagen zu diesem Zeitpunkt noch im schweizerischen Durchschnitt. Es gilt bei der BFS-Statistik jedoch zu beachten, dass die Diplome der Pädagogischen Hochschulen (PH) mit eingerechnet sind. Laut Bundesamt für Statistik wurden die Abschlüsse an der PH mehrheitlich von Frauen erreicht (Bundesamt für Statistik (BFS), 2011). 2007 mit der Gründung der ZHAW, wurde der MAS-Abschluss vom Fachhochschulrat bewilligt und der Wechsel vom Nachdiplomstudium Strategisches Facility Management (NDS) vollzogen. In den Jahren 2008 bis 2010 konnten Studierende mit einem NDS in Strategischem Facility Management von einer Übergangsregelung profitieren und mit dem Erwerb von 10 ECTS (European Credit Transfer System) nachträglich einen MAS-Abschluss erlangen. Für dieses Upgrade interessierten sich 48 Absolventinnen und Absolventen von insgesamt 83 Personen, die das NDS in Strategischem FM zuvor abgeschlossen hatten. Tabelle 1: Vergleich Frauenanteil NDS upgrade zu MAS 2008-2010/Quelle: Evento

MAS upgrade

Jahr 2008

Frauen 37.1%

Männer 62.9%

MAS Studium

Jahr 2008

Frauen 27.3%

Männer 72.7%

MAS upgrade

2009

12.5%

87.5%

MAS Studium

2009

37.5%

62.5%

MAS upgrade

2010

60%

40.0%

MAS Studium

2010

18.2%

81.8%

36.5%

63.5%

Mittelwert

27.7%

72.3%

Mittelwert

Tabelle 1 zeigt, dass von diesen 48 Absolventinnen und Absolventen sich insgesamt 35.4% oder 17 Frauen dazu entschliessen konnten, den MAS-Abschluss nachzuholen. Im Vergleich dazu haben im gleichen Zeitraum 8 Frauen (27.7%) und 22 Männer das MAS-Studium abgeschlossen.

210

Gendereffekt in der Facility Management Weiterbildung

5

Abschlüsse in MAS in Facility Management

Ab 2006 konnten neueintretende Studierende den modularen Master of Advanced Studies (MAS) aufnehmen. Die ersten Abschlüsse wurden 2008 erreicht. Mit der Aufnahme von drei weiteren CAS in den Lehrplan, nämlich den CAS Workplace Management, CAS Life Cycle Management Immobilien und CAS Energiemanagement wurden Lehrgänge mit Fokus auf Nachhaltigkeit in den MAS-Studiengang mit einbezogen.

MAS in Facility Management ZHAW 100.0% 80.0% 60.0% 40.0% 20.0% 0.0%

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Frauen

Männer

Abbildung 44: Abschlüsse MAS ab 2008 Ab 2008 bis heute schlossen 140 Personen ihr Studium mit einem Diplom Master of Advanced Studies ZFH in Facility Management ab. Davon waren 31,2% Frauen. Gemäss Bundesamt für Statistik steigt der Frauenanteil bei den Diplomen der Fachhochschulen/Pädagogischen Hochschulen von 2008 bis 2015 von 41.3% auf 52.4% an (Bundesamt für Statistik, 2016). Auch hier gilt es zu beachten, dass der Frauenanteil bei den Pädagogischen Hochschulen sehr hoch ist. Trotzdem stellt sich die Frage, wieso gerade in der Boombranche Facility Management der Frauenanteil bei den Weiterbildungsabschlüssen so stark von anderen Abschlüssen abweicht.

6

Fazit

Nur auf Grund der reinen Zahlen lässt sich nicht erklären, aus welchem Grund der Frauenanteil im MASStudium Facility Management sinkend ist. Laut Bundesamt für Statistik nimmt mit „steigender Studienstufe […] der Frauenanteil jedoch weiterhin leicht ab“ (Bundesamt für Statistik (BFS), 2011). Das Bundesamt schreibt weiter, dass diese Tatsache sich mit dem Phänomen der „leaky pipeline“ (Bundesamt für Statistik (BFS), 2011) ausdrücken lässt und sowohl an den universitären Hochschulen wie an den Fachhochschulen und der Pädagogischen Hochschule beobachten lässt. Als Leaky Pipeline wird der über den Karriereverlauf abnehmende Frauenanteil bezeichnet. Der Schilling Report 2016 (Guido Schilling AG, 2016) verzeichnet weniger als 6% Frauen in den Geschäftsleitungen der SMI-Firmen. Das Ausbildungsniveau aller Geschäftsleitungsmitglieder wird als sehr hoch angegeben. Was sich in den MAS-Abschlüssen zeigt widerspiegelt auch die Situation allgemein auf der Führungsebene in der Schweiz. Frauen sind in der Linien-Führung stark untervertreten.

211

Gendereffekt in der Facility Management Weiterbildung

Eine provokative Vermutung soll von der Autorin zum Schluss noch in den Raum gestellt werden: Könnte es sein, dass einerseits eine Weiterbildung auf Fachhochschulstufe bzw. der MAS-Titel für Männer interessanter ist als ein Abschluss auf der beruflichen Nachdiplomstufe? Oder ist andererseits der Fortbildungsbedarf der Männer nach der beruflichen Weiterbildung auf Stufe Tertiär B 20 grösser als bei den Frauen? Tatsache ist, dass seit dem Jahr 2000 an total 166 Weiterbildungsveranstaltungen der HSW Wädenswil wie der ZHAW 37% Frauen und 63% Männer teilgenommen haben. Die „leaky pipeline“, wie oben erwähnt drückt sich in diesen Zahlen aus. Eine Antwort auf die Frage der Diskrepanz bei den Teilnehmendenzahlen lässt sich nur mit einer gross angelegten Befragung definitiv herausfinden.

Literaturverzeichnis Bundesamt für Statistik (BFS). (2011). Frauen und Männer an den Hochschulen Indikatoren zu geschlechtsspezifischen Unterschieden. Neuchâtel: BFS. Bundesamt für Statistik. (Juni 2016). Ausgewählte Bildungsabschlüsse, Entwicklung. Guido Schilling AG. (2016). Transparenz an der Spitze - Die Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte der hundert grössten Schweizer Unternehmen im Vergleich. Guido Silling AG. Hochschule Wädenswil. (2000). Jahresbericht 1999. Wädenswil: Hochschule Wädenswil. Hochschule Wädenswil. (2002). Jahresbericht 2001. Wädenswil: Hochschule Wädenswil. Oehninger, D. (1997). Geschlechtsspezifische Lohndifferenzen beim Berufseinstieg. Zürich. Smith, R. (2006). Premises & Facilities Management online. Abgerufen am 19. 10 2016 von http://www.pfmonthenet.net/article/9324/A-Question-of-Pay-.aspx

Autorenporträt Doris C. Oehninger, lic. oec. publ., trat 2008 als wissenschaftliche Mitarbeiterin in die ZHAW ein. Seit 2014 leitet sie die Weiterbildung in Facility Management des Instituts für Facility Management. Nach ihrem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich war sie zuerst stellvertretende und dann Leiterin der Konzessionärsabteilung von Xerox Schweiz sowie Geschäftsführerin und Vorstand einer NPO der Kinder-Tagesbetreuung.

20 Im Schweizerischen Bildungssystem gilt die Weiterbildung als Tertiärstufe. Die Höhere Berufsbildung mit den Diplomen der Höheren Fachschulen, den Nachdiplomen sowie den Fachausweisen der Berufsprüfungen werden als Tertiär B bezeichnet. Die Abschlüsse an Universitären Hochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen werden mit Tertiär A bezeichnet.

212

Zusammenspiel von FM und BIM

Zusammenspiel von FM und BIM Andrés B. Stierli Halter AG, Immobilien Hardturmstrasse 134, CH-8005Zürich [emailprotected]

Zusammenfassung Die Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden mittels Software erlebt einen Boom. Das sogenannte Building Information Modeling (BIM) bietet vielfältige Lösungen für jede Lebensphase einer Immobilie. In der Schweiz fokussiert sich BIM aktuell auf die Entwicklung, Planung und Realisierung von Gebäuden. Der langfristige Mehrwert von BIM wird aber im Betrieb einer Liegenschaft entstehen. Im internationalen Umfeld zählt die Schweiz nicht zu den BIM-Vorreitern. Es ist aber dennoch eine schrittweise Anpassung der Denkhaltung zu erkennen: Weg vom dokumentgetriebenen Entwickeln hin zur Informationsgetriebenheit. Es werden also immer weniger Pläne gezeichnet und geplottet und immer häufiger steht ein Datenmodell im Zentrum. Nebst der dreidimensionalen Darstellung lassen sich viele weitere Dimensionen einpflegen. Bereits absehbar ist die integrale Betrachtung von Terminen und Kosten, noch nicht ganz so weit entwickelt ist die Integration der Nachhaltigkeit und der Prozesse. Erst mit dem Facility Management aber kann das volle Potenzial eines BIM-Projekts ausgeschöpft werden. Während der Erstellung kann ein deutlich genaueres planungs- und baubegleitendes FM erfolgen, aber auch in der Betriebsvorbereitung wird die Qualität deutlich angehoben durch verlässliche Informationen. Und im operativen Betrieb schlägt der Erfolg dann vollends durch mit deutlicher Effektivitäts- und Effizienzsteigerung, da auf ein zentrales Datenmodell mit permanenter Informationsverfügbarkeit zugegriffen wird. Vorteile im Betrieb sind aber nicht nur Liegenschaften vorbehalten, welche mit BIM erstellt wurden. Als «RetroBIM» wird die Erstellung eines Modells bezeichnet, welches eine Bestandesimmobilie abbildet und sich dabei auf die betriebs- und unterhaltsrelevanten Bauteile fokussiert. Nur noch eine Frage der Zeit ist es, bis der Servicemonteur mit der Augmented Reality-Brille durch das Gebäude marschiert. Mit dem Plädoyer für die Betrachtung über die Erstellung hinaus übernehmen die Besteller und Betriebsverantwortlichen neue Rechte und Pflichten. Sie übernehmen Verantwortung, indem sie mit einer sauberen Bedarfsformulierung den Projekterfolg signifikant beeinflussen. Noch ist dieses Selbstverständnis für viele ungewohntes Neuland. Das Zusammenspiel von FM und BIM wird diese Sichtweise verändern.

1

Entwicklungsstufen

BIM ist nicht neu. Der Einzug digitaler Hilfsmittel startete mit der Verbreitung von CAD-Systemen zu Beginn der 1990er-Jahre. Erhöhte Rechenleistungen und schnellerer Datenaustausch ermöglichten in den Folgejahren 3D-Modelle und eine verbesserte Koordination der Abläufe. Aktuell fokussiert der Überbegriff BIM auf ein zentrales Gebäudemodell, dessen Daten immer mehr Beteiligte abrufen und bearbeiten können. Schnittstellen und Parallelarbeiten werden reduziert. Für die Zukunft werden die selektive Implementierung weiterer Dimensionen und ein interoperabler Datenaustausch über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie angestrebt. Eine Entwicklung, mit der die BIM-Technologie auf Level 3 oder iBIM angekommen wäre.

213

Zusammenspiel von FM und BIM

Bereits heute gibt es ein vielfältiges Angebot von BIM-Software, die das Projektmanagement bei der Erstellung einer Immobilie unterstützt. Die Erkenntnis ist: Erst im Betrieb kann der Mehrwert von BIM voll ausgeschöpft werden. Das Facility Management (FM) hat diesbezüglich grossen Einfluss und ist in der Pflicht, die betrieblichen Anforderungen zu formulieren. BIM unterstützt das FM, gleichzeitig ist das FM aber auch der Nutzer von BIM-Prozessen und -Daten.

Abbildung 45: BIM-Entwicklungsstufen, Grafik Halter AG

2

BIM Dimensionen

Einhergehend

mit

den

BIM-Entwicklungsstufen

werden

nebst

der

zunehmend

kooperierenden

Zusammenarbeit auch weitere zentrale Dimensionen im BIM-Modell geführt und gepflegt. Typischerweise erfolgt die erste Erweiterung angelehnt an die klassischen Säulen des Projektmanagements: Leistung, Termine, Kosten. So etablieren sich nach der Konstruktion nebst der dreidimensionalen Darstellung zusätzlich die Terminplanung als vierte und die Kostenplanung als fünfte Dimension. Die Einbettung der Prozesse und der Nachhaltigkeit kann als Querschnittsfunktion über die bisherigen fünf Dimensionen erfolgen. Ein anderer Ansatz wäre die Erweiterung um eine sechste und siebte Dimension, welche im Sinne eines «best owner»-Prinzips eine fokussierte Themenverantwortung und -bearbeitung ermöglicht.

214

Zusammenspiel von FM und BIM

Projektidee

Projektidee

Gestaltung

Termine

- Projektidee BIM-Strategie Grundstück Produkt - Fertigung - Kosten - Bewilligungen - Kommunikation - Ertrag - Kapital

-

-

-

Projektidee BIM-Strategie Grundstück Produkt Fertigung Kosten Bewilligungen Kommunikation Ertrag Kapital

Gestaltung 3D-Planung Clash detection Werkoptimierung Model checker 3D-Koordination Mengengerüste Virtual Reality Sales support Datenhoheit

Kosten

Termine Phasensimulation Kritischer Pfad Baustellenlogistik Leistungsabruf Baufortschritt Bezugsplanung Liquiditätsplanung Just in time-Planning-

Kostencontrolling Erstellungskosten Betriebskosten Kostensicherheit Iterative Modelle Real Time Cost Kostentreiber Benchmarking Scenarioplanning

Nachhaltigkeit

Prozesse

- Ökologie - Ökonomie - Soziales

-

Prozesse Facility Management Life Cycle Strategie Nachhaltigkeit Betriebsoptimierung Dokumentation Bewirtschaftung Auditierung Investplanning Labeltracking Rückbau

Abbildung 46: BIM-Dimensionen, Grafik Halter AG

3

Planung

3.1

Visualisierte Betriebsabläufe

Die Darstellung abstrakter Betriebsabläufe dient der einfachen Lesbarkeit und schafft ein unmittelbares Verständnis. Im virtuellen BIM-Modell werden Erschliessungswege, Raumdaten und Ausstattungsdetails abgebildet und zugehörige Informationen wie Weglängen und Hindernisse (Türen, Kehren, Aufzüge) als 3DModell

oder

(heute

noch)

einfach

aufzubereitende

2D-Betriebspläne

verfügbar.

Die

virtuelle

Gebäudebegehung mit Virtual Reality-Brillen ist bereits heute in der Vermarktung im Einsatz – die visualisierten Betriebsabläufe sind nur noch eine Frage der technischen Umsetzung.

3.2

Projektprüfung und Betriebsregeln

Nach der erfolgreichen Etablierung des planungs- und baubegleitenden FM eröffnen sich mit BIM weitere Möglichkeiten zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung. Analog einer Fehlerprüfung von physischen Bauteilen (Clash Detection) sind durch die Erstellung entsprechender Betriebsregeln auch Widersprüche in der Adressierung, der Ver- und Entsorgung oder den Raumbedürfnissen und -anordnungen prüf- und nachweisbar. Diese wertvollen Inputs verbessern das Projekt und beugen unheilbare Fehler vor.

3.3

Phasengerechtigkeit

Der Detaillierungsgrad im planungs- und baubegleitenden FM (Betriebskonzept, Betriebskostenrechnung etc.) orientiert sich an der entsprechenden Projektphase. Gleiches wird auch mit BIM im Detaillierungsgrad der Informationen zu den Bauteilen, Anlagen und Prozessen dargestellt. Diese werden phasengerecht und detailliert in die Entwicklung, Planung und Realisierung von Gebäuden eingebettet (LOD – Level of Detail / Level of Development).

215

Zusammenspiel von FM und BIM

4

Erstellung

4.1

Die richtigen Informationen während der Realisierung

Für das FM muss alles, was später betrieben und unterhalten wird, in einem Mengengerüst zum richtigen Zeitpunkt verfügbar sein. Im klassischen Planungs- und Erstellungsprozess erfolgt dies mitten in der Realisierung, wenn die Wissensträger an der Front gefordert sind. Die Inventare werden manuell in ExcelListen neu aufgebaut. Mit der BIM-inhärenten, integralen Vorgehensweise werden bereits während der Realisierung die im zukünftigen Betrieb benötigten Informationen von Bauteilen, Anlagen und Systemen aufbereitet – und zwar einfach «by the way». Die Integration ins Modell beinhaltet bereits sämtliche betriebsrelevanten Informationen.

4.2

Produktedatenbank

In einem wichtigen Professionalisierungsschritt können Bauteile von der Stange mit entsprechendem Produktkatalog im BIM-Modell frühzeitig exakt erfasst werden. Nebst statischen Standardelementen interessieren aus Betriebssicht noch mehr die später zu unterhaltenden Anlagen und Apparate wie z.B. Transportanlagen oder sämtliche HLKSE-Apparate (Ventilatoren, Kältekompressoren, Sanitärapparate, Elektrozähler, usw.). Die Produktinformationen sind so während der Planung und Realisierung verfügbar und können vom FM abgerufen werden. Eine vielversprechende Initiative wurde mit der SwissBIMLibrary von Bauen Digital Schweiz lanciert. In tiefer Detaillierung (bis LOD 300) ist das Bauteil und die zugehörigen Informationen noch fabrikateunabhängig. In den Entwicklungsstufen LOD400/500 sind dann nebst der Konstruktionszeichnung auch sämtliche Produktinformationen und – für den Betrieb sehr wichtig – auch die Betriebs- und Wartungsanweisung verfügbar. Generelle Wartungsrichtlinien (z. B. VDMA, ProLeMo, etc.) oder betreiberspezifische Vorgaben wie Wartungspläne und -intervalle, die sich nicht zwingend an herstellerspezifischen Vorgaben orientieren, lassen sich parallel frühzeitig und präzise aufbereiten.

4.3

Projektbezogene Prototypen

Die grosse Herausforderung in der Erstellung des Mengengerüsts bleibt auch mit BIM die Erfassung von Informationen zu projektbezogenen Anlagen, Flächen und Bauteilen. Zusammengesetzte Systeme wie Brandoder Einbruchmeldeanlagen können noch mit einem gewissen Standardisierungsgrad abgebildet werden, für spezifisch angefertigte Anlagen wie zum Beispiel Klima-Monoblöcke und die hydraulischen Netze Lüftung, Wasser, Wärme / Kälte oder Sprinkler wird dies bereits komplexer. In einer solchen Gruppe müssen Dimensionen, Materialisierung, Zugänglichkeit, Wartungsintervalle, Dokumentationen vom Bauprojekt (BIMModell) abrufbar gemacht werden – entweder in abstrahierter Form für eine Submission oder als direkte Überführung in ein CAFM-System. Die differenzierte Erfassung der Flächen mit Informationen zu Nutzung, Materialisierung oder Reinigungsintervallen kann ebenfalls nicht über eine Standardproduktdatenbank erfolgen, sondern wird vom Modell extrahiert. Dabei müssen diese Daten zwingend frühzeitig FM-gerecht eingepflegt werden, damit sie zum erforderlichen Zeitpunkt abrufbar sind.

216

Zusammenspiel von FM und BIM

5

Abnahme und Übergabe

5.1

Informationsgetriebene Abnahmeprozesse

Die Abnahme und Übergabe sämtlicher Bestandteile des Objekts erfolgt informations- statt wie bisher dokumentgetrieben. Der Abnahmeprozess lässt sich durch die qualitativ hochwertigeren Informationen deutlich professionalisieren. Die Gepflogenheit, Objekt- und Anlagendokumentationen dreifach in Papier und einmal auf einem Datenträger in weiter bearbeitbarer Form zu liefern, wird endgültig ersetzt. Die rechtzeitige Definition von Datenformat und Informationsumfang in Form von Attributen kann grundsätzlich bereits während der Erstellung erfolgen und wird für die Weiterverwendung durch den Betreiber aufbereitet. Der Eigentümer muss dafür allerdings auch eine entsprechende Systematik definieren und eine geeignete Infrastruktur aufbereiten.

5.2

Universale Datenaufbereitung

Bei Entwicklungsprojekten, die im Risiko erstellt und erst während der Realisierung devestiert werden, sind Eigentümer und Betreiber sowie insbesondere deren ICT-Systeme zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht bekannt. Die Informationen werden daher universal aufbereitet, sodass sie nahtlos in eine Submission und von dort zum späteren FM-Provider überführt werden können. Entsprechend standardisierte Schnittstellen wie zum Beispiel COBie (Construction Operations Building Information Exchange – ein ausgeklügeltes ExcelFile) sichern die Datenübernahme. Wenn bei der Erstellung bereits der Eigentümer und bestenfalls sogar die Betriebsorganisation bekannt sind, erfolgt dies noch früher, noch präziser und verursacht theoretisch keinen Zusatzaufwand.

5.3

Übergabe vom Bauprojekt in den Betrieb

Am neuralgischen Punkt der Objektübergabe wird offensichtlich, dass sich die heutigen Rollen verändern und Chancen für neue Tätigkeiten entstehen. Der Stellenwert des FM steigt, weil es in Zukunft zum Besteller wird und

mit

den

definierten

Instandhaltungsstrategie,

Gebäuden,

Service

Prozessen,

Levels,

Daten

und

Regeln

Implementierung

usw.

sind

arbeitet. weiterhin

Betriebs-

und

Leistungen

der

Betriebsvorbereitung, die durch den professionellen Betreiber definiert werden. Dass diese jedoch nicht mehr von Grund auf neu erarbeitet werden müssen, sondern auf den vorliegenden Informationen aus dem Bauprojekt basieren, minimiert nicht nur die Fehlerquellen, sondern motiviert auch die Mitarbeitenden.

6.

Regelbetrieb

6.1

Mit BIM erstellte Objekte

Dank der von Grund auf neu erstellten, sehr hohen Informationsfülle über das Objekt und seine sämtlichen Bestandteile mit voll umfassendem Inventar und ebenso adäquat nachgeführter Dokumentation entsteht eine für den Gebäudebetrieb ausgezeichnete Datenbasis. Diese gilt es, nutzergerecht aufzubereiten, von nicht mehr benötigten Bauprojektinformationen zu entschlacken und mit entsprechenden Tools verfügbar zu machen – im englischen Sprachgebrauch als «Asset Information Model» definiert. Beim Betriebsstart auf der grünen Wiese ist der Einstieg für eine einzelne, autonom bewirtschaftete Liegenschaft insofern unkompliziert, als dass auf dem Modell aus dem Bauprojekt aufgebaut wird und im

217

Zusammenspiel von FM und BIM

gleichen Atemzug die gesamte Bewirtschaftung mit zeitgemässen Bewirtschaftungstools beschafft und eingerichtet werden kann.

6.2

Eingliederung in Immobilienportfolios

Etwas komplexer gestaltet sich die Einbindung des mit BIM erstellten Objekts in die Bewirtschaftung eines bestehenden Immobilienportfolios. Mit dem Paradigmenwechsel eröffnen sich neue Möglichkeiten, und doch ändert sich nicht alles auf einen Schlag. Bis auf Weiteres werden die Systeme im Bestand weiter gepflegt, und eine Ablösung erfolgt schrittweise oder parallel. Die meisten Beteiligten operieren mit den bewährten Werkzeugen weiter, etwa Flächenmanagement, CAFM, Objektbewirtschaftung. Diese Tools können in der Regel an die BIM-Welt angeschlossen werden und streben die Leaderrolle an. Bis zum anstehenden vollständigen Generationenwechsel kann dabei eine zentrale Einstiegsoberfläche – die sogenannte Middleware – eine breite Verfügbarkeit der mit BIM aufbereiteten Daten auch in Drittsystemen sichern.

6.3

«Retro-BIM»: Vorteile im Bestand

Während bei Neubauten sämtliche Informationen bottom up und in der bestmöglich verfügbaren Detaillierung erstellt werden und die Kunst darin liegt, nur die wirklich benötigten Informationen jeweils am richtigen Ort abzubilden, wird beim sogenannten Retro-BIM viel mehr auf funktionale Information geachtet. Das heisst, bestehende Bauteile können zwar nachträglich aufwendig als 3D-CAD-Objekte erstellt und mit allen notwendigen Attributen aufgearbeitet werden, bereits ausreichend und ebenso zielführend kann aber auch die einfache Neuerstellung abstrakter Elemente sein. So lässt sich eine Kaltwasserpumpe beispielsweise nur als Kubus darstellen, anschreiben und mit einem Wartungsintervall hinterlegen.

7

BIM-Strategie

7.1

Strategieentwicklung

Die Formulierung einer BIM-Strategie ist ein Projekt in der Organisationsentwicklung und setzt systematisches Planen und Handeln voraus. Es stellen sich diverse Grundsatzfragen: Was will das Unternehmen kurz-, mittelund langfristig erreichen? Wo liegt das grosse Optimierungspotenzial? Welche BIM-Dimensionen werden in welchem

Zeithorizont

implementiert? Welche

Rollen

sind

beteiligt? Wie

werden

Projekte

und

Bewirtschaftungsprozesse organisiert? Unbestritten liegen die aktuellen Schwerpunkte von BIM noch in der Planung und Realisierung. Das planungsund baubegleitende FM setzt sich aber dafür ein, dass in dieser Phase die Weichen korrekt und nachhaltig gestellt werden. So kann nicht nur besser gebaut werden, auch noch lange danach ist ein ebenso effizienter und effektiver Betrieb möglich.

7.2

Immobilienverantwortliche

In der Bau- und Immobilienbranche ist der Vormarsch von BIM nur eine von vielen anstehenden Veränderungen. Wer ein Immobilienportfolio nicht passiv verwaltet, sondern proaktiv entwickeln will, beschäftigt sich heute schon mit Bauprojekten und wird sich in absehbarer Zeit auch mit BIM-Projekten befassen. Mit diesem initialen Schritt werden die Anforderung an das planungs- und baubegleitende FM erweitert und die Vorgaben bezüglich Dokumentation, operativem Betrieb vor Ort und Bewirtschaftung

218

Zusammenspiel von FM und BIM

angepasst. Um die Kräfte im Kerngeschäft zu bündeln, erfolgt dies schrittweise und mit einem iterativen Informationsaustausch aller Beteiligten. So erreichen diese eine zunehmend höheren Professionalität und Performance.

7.3

Facility Management

Mit dem Plädoyer für die Betrachtung über die Realisierung hinaus ist auch die Bedeutung der Besteller und FM-Verantwortlichen zu beleuchten. Eine neue Rollenverteilung bringt immer auch neue Rechte und Pflichten mit sich. Dabei ist erfreulicherweise festzustellen, dass die Kapitulationsfloskel «we get what we get» ein für alle Mal ausgedient hat. Der Betreiber schnürt kein wahllos zusammengewürfeltes Bewirtschaftungskonzept, sondern er übernimmt Verantwortung als Besteller, der mit einer sauberen Bedarfsformulierung den Projekterfolg signifikant beeinflusst. Noch ist dieses Selbstverständnis für viele Betreiber und Besteller ungewohntes Neuland. Das Zusammenspiel von FM und BIM wird ihre zukünftige Sichtweise verändern.

Literaturverzeichnis Gesamter Text und Grafiken Andres Stierli, Halter AG Weiterführende Literatur: – – – – – – – – – – – – – – –

Praxisleitfaden für die Empfehlung SIA 113, CRB/IFMA Schweiz Prozess-/Leistungsmodell im Facility Management (ProLeMo), CRB/IFMA Schweiz Modell zur Lebenszykluskosten-Ermittlung von Immobilien, CRB/IFMA Schweiz KBOB/IPB Empfehlung Bauwerksdokumentation im Hochbau Dokumentation SIA d0174, Modelle der Zusammenarbeit: Erstellung und Bewirtschaftung Norm SN EN 15221, Facility Management DIN 32736 Gebäudemanagement, Begriffe und Leistungen DIN 18960 Nutzungskosten im Hochbau Funktions- und Leistungsmodell im Facility Management, Modellableitung aus der DIN EN 15221, Herausgeber RealFM e.V. (D), SVIT FM (CH) und FMA (A) Bestellerkompetenz im Facility Management, SVIT FM Schweiz Kosten im Facility Management, GEFMA 200 Lebenszykluskostenrechnung im FM, GEFMA 220 Benchmarking im FM, GEFMA 300 Betreiberverantwortung im FM, GEFMA 190 SwissBIM Library: www.swissbimlibrary.ch / http://www.bauen-digital.ch

Autorenporträt Andres Stierli ist Mitglied der Geschäftsleitung bei Halter AG, Immobilien. In seiner Funktion als Leiter strategisches FM steuert er Projekte umfassend auf strategischer, konzeptioneller Ebene in den drei übergeordneten Kompetenzfeldern Betriebskonzeption, Betriebsvorbereitung und Betriebsoptimierung. Er verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Facility Management, Energie und Gebäudetechnik. Vor seinem Eintritt in die Halter Gruppe arbeitete er in verschiedenen Führungsfunktionen in mittleren und grossen Schweizer Privatunternehmen. Nach seiner Weiterbildung zum Kältetechniker TS absolvierte er das Nachdiplomstudium zum Wirtschaftstechniker FH.

219

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

Leadership im Facility Management auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen Miriam Schirmer ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Eine Aufgabe modernen Facility Managements besteht darin, sich durch eine möglichst optimale Gestaltung von Arbeitsumwelten darum zu kümmern, dass Menschen produktiv arbeiten können, und den Unternehmungen dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Um die führungsbezogene Arbeitsumwelt optimal produktivitätsförderlich gestalten zu können, müssen einerseits direkte und indirekte Führungsprozesse hinsichtlich ihrer Motivations-, Zufriedenheits-, Gesundheits- und Leistungs-Förderlichkeit geprüft werden und andererseits muss auf die dynamischen Einflüsse aus der Unternehmensumwelt, die diese auf den Faktor Mensch als Arbeitskraft im Wertschöpfungsprozess haben, vorausschauend reagiert werden. Zu den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, von denen die Facility Management-Branche direkt betroffen ist, zählen die Globalisierung der Arbeitsmärkte und Wanderbewegungen der Weltbevölkerung, die zu einer Multinationalisierung von Arbeitsteams führen, Finanz- und Wirtschaftskrisen, die Digitalisierung der Arbeitswelt und der Fachkräftemangel, der durch die demografische Entwicklung, durch die vertikale und horizontale Segregation der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt und durch die Besonderheit des anhaltenden Wachstums der Facility Management-Branche weiter verschärft wird. Auf dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Herausforderungen müssen sich Facility Management Unternehmungen im Wettbewerb um Fachkräfte auch durch ein Angebot von flexiblen Arbeitsmodellen als attraktive Arbeitgeber beweisen, Massnahmen gegen die Segregation der Geschlechter in ihrem Arbeitsbereich treffen, die interkulturelle Kompetenz und Sensitivität ihrer Führungskräfte gezielt fördern und die gegebene grosse kulturelle und fachliche Heterogenität ihrer Belegschaften unter anderem durch gezielte Unterstützungsprozesse in der Konfliktbearbeitung vorteilhaft nutzen. Dazu sind Strategien der Unternehmens- und Personalführung, eine Führungskultur und Arbeitsbedingungen erforderlich, die den Ansprüchen eines grundlegenden Diversity Management-Konzeptes genügen. Durch eine entsprechend angepasste Gestaltung der führungsbezogenen Arbeitsumwelt kann nicht nur den Unternehmungen ein betriebswirtschaftlich lohnender Mehrwert verschafft werden, sondern ebenso auf gesellschaftlicher Ebene ein nachhaltiger Beitrag zur Leistungsfähigkeit, Integrität und Sicherheit der Gesellschaft geleistet werden.

1

Arbeitsumwelten im Fokus zeitgemässen Facility Managements

Aus der Perspektive eines der zentralen Interessensteilgebiete modernen Facility Managements (FM), welches die Gestaltung von Arbeitsumwelten fokussiert, lässt sich dieses in einer Kürzestform als Aufgabe definieren, sich darum zu kümmern, dass Menschen gut arbeiten können und produktiv sind. Spezifischer als Dienstleistungszweig, der sich um Arbeitsumwelten mit dem Ziel kümmert, den Unternehmungen einen Wettbewerbsvorteil dadurch zu verschaffen, dass diese Umwelten für die in ihnen arbeitenden Menschen optimal leistungsförderlich gestaltet sind. Dieses Ziel verfolgt das Institut für Facility Management (IFM), indem es einerseits Facility Managerinnen und Manager ausbildet und in klassischen Optimierungsprojekten bestehender Prozesse, Arbeits-bedingungen und Arbeitsumwelten nach dem neuesten Stand der Forschung und mit State-of-the-Art-Lösungen unterstützt und andererseits auf sich verändernde Umweltbedingungen mit strategischen Beratungsangeboten für FMDienstleistende reagiert. Als Hochschulinstitut der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

220

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

(ZHAW) erforscht das IFM ferner sich aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen in Zukunft abzeichnende Veränderungen, spürt Trends auf und entwickelt vorausschauende konzeptionelle Umsetzungsmöglichkeiten, die einen ökonomischen, ökologischen und sozial nachhaltigen Mehrwert schaffen und einen Beitrag zu den Herausforderungen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene leisten. Optimale Arbeitsumwelten bilden innerhalb des IFM einen Fokus der Kompetenzgruppe Betriebsökonomie und Human Resources. In deren Spezialgebiet des FM Workplace Management wird im Bereiche der physischen Arbeitsumwelt die konkrete Gestaltung von Arbeitsplätzen hinsichtlich ihres Komforts und ihrer gesundheits- und leistungsförderlichen Wirkung untersucht (z.B. Windlinger Inversini, Konkol, Sterner & Zurkinden, 2016; Windlinger, Gersberg & Konkol, 2015; Windlinger, 2014; Feige, Wallbaum, Janser & Windlinger, 2013) und mit praktischen Unterstützungsangeboten wie beispielsweise dem Leitfaden für nachhaltige Bürogebäude optimiert (Janser, Windlinger, Leiblein, Hofmann, Wallbaum, Feige, Cui & Lange, 2015). Im Spezialgebiet des Leadership innerhalb der IFM-Kompetenzgruppe Betriebsökonomie und Human Resources werden die Interessensgebiete des Personalmanagements und der Personalführung fokussiert und die Wirkmechanismen der führungsbezogenen Arbeitsumwelt untersucht (z.B. Sesboüé, Pfenninger & Fehr, 2014; Sesboüé & Tolstosheeva, 2016). Aus dem Blickwinkel einer integralen, systemischen Management-Betrachtungsweise umklammert der zeitgenössische Leadership-Begriff von der Ebene der indirekten Führung graduell übergehend in die Ebene der direkten Führung die Organisationsstruktur, die Strategie der Unternehmens- und Personalführung, Prozesse und Arbeitsbedingungen, Personalmanagement- und Führungsinstrumente, die Unternehmenskultur und den gelebten Kommunikations- und Führungsstil bis hin zu den konkreten zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Führungspersonen und Geführten (Baldegger, 2013). Die führungsbezogene Arbeitsumwelt wird demnach durch die Wirkmechanismen der indirekten und der direkten Führung gestaltet (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 47: Wirkmechanismen der führungsbezogenen Arbeitsumwelt (in Anlehnung an Baldegger, 2013, Kirchler, 2011 und Robbins & Judge, 2015)

221

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

Die Output-Variable der Produktivität einer Organisation wird auf dem Hintergrund ihrer Interaktion mit der Unternehmensumwelt innerhalb des Organisationssystems von den Moderatorvariablen Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit, Gesundheit, Leistung und Loyalität und darüber durch die Variablen Personal-fluktuation und Absentismus beeinflusst (Kirchler, 2011). Um die führungsbezogene Arbeitsumwelt optimal produktivitätsförderlich gestalten zu können, müssen einerseits direkte und indirekte Führungsprozesse hinsichtlich ihrer Motivations-, Zufriedenheits- und Gesundheits-Förderlichkeit geprüft werden und andererseits muss auf die dynamischen Einflüsse aus der Unternehmensumwelt, die diese auf den Faktor Mensch als Arbeitskraft im Wertschöpfungsprozess haben, vorausschauend reagiert werden. Zu den Einflüssen aus der Unternehmensumwelt zählen gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen, welche die Interessensgebiete des Personalmanagements und der Personalführung unmittelbar betreffen und klassischerweise als Treiber organisationalen Wandels gelten, wie bspw. technologische Entwicklungen und gesellschaftliche Trends, weltpolitische und ökonomische Krisen, neue Gesetzeslagen sowie Veränderungen der Wettbewerbssituation in Absatz- und Arbeitsmärkten (Robbins & Judge, 2015).

2

Aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen

Zu den gesellschaftlichen Entwicklungen, die eine Anpassung der Unternehmen erfordern, zählen aktuell die folgenden: •

Die Globalisierung der Weltwirtschaft und Internationalisierung von Absatz- und Arbeitsmärkten und die Wanderbewegungen der Weltbevölkerung aufgrund von Kriegen und wirtschaftlicher Not resultieren in einer gesellschaftlichen Diversifizierung und einer Multinationalisierung von betrieblichen Belegschaften

Finanz- und Wirtschaftskrisen verschärfen die Wettbewerbssituation für die Unternehmen und die Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmenden

Technologische Entwicklungen ermöglichen flexible und mobile Arbeitsformen und erfordern dadurch eine veränderte Gestaltung physischer wie führungsbezogener Arbeitsumwelten

Der Fachkräftemangel in den Industrienationen stellt die Unternehmen vor die Herausforderung, qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen, zu entwickeln und zu halten

Die demografische Entwicklung hin zu einer überalterten Gesellschaftsstruktur macht einerseits Belegschaften in Bezug auf die Altersdurchmischung heterogener im Sinne eines unausgewogeneren Verhältnisses zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitenden und verschärft andererseits den Fachkräftemangel

Die vertikale und horizontale Segregation von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt verschärft einerseits ebenso den Fachkräftemangel und trägt andererseits den Gleichstellungsgesetzen keine Rechnung

Diese aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen bilden sich auch in der ZHAW Strategie 2015-2025 ab, deren Zielerreichung bspw. mit dem Forschungsschwerpunkt ‚Gesellschaftliche Integration’ unterstützt wird. In seinen Teilthemen Arbeit, Diversität, Lebensraum, Soziale Sicherung und Digitalisierung sollen innovative und integrative Modelle entwickelt werden, da „[...] unsere Gesellschaft im Moment vor grossen Umwälzungen steht, die als Bedrohung für die gesellschaftliche Integration und Leistungsfähigkeit wirken können“ (Wilhelm, 25. 08. 2016).

222

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

Die ZHAW hält in ihrem Strategiepapier weiter folgendes Ziel fest: „Die Absolventinnen und Absolventen der ZHAW sind interkulturell gebildet“ (Rektorat der ZHAW, 2015, S. 12). Die Kernthemen dieses strategischen Forschungs- und Bildungs-Auftrags werden einerseits im Bachelor- wie Master-Studiengang in Facility Management in den Modulen zur Führungsausbildung mit entsprechenden Schwerpunkten vertieft und andererseits in studentischen Forschungsarbeiten untersucht, die von den Dozierenden der IFMKompetenzgruppe Betriebsökonomie und Human Resources seit 2010 in Auftrag gegeben werden.

3

Einfluss der gesellschaftlichen Umwälzungen auf die FM-Branche

Welche Bedeutung haben die genannten gesellschaftlichen Herausforderungen nun aber für den FMDienstleistungszweig? Die Untersuchung ihrer Relevanz, ihrer Folgen und Implikationen auf die Gestaltung der führungsbezogenen Arbeitsumwelt lassen sich nach dem aktuellen Stand der studentischen Forschungsarbeiten am Institut für Facility Management wie folgt aufzeigen.

3.1

Kulturelle Heterogenität

Facility Management-Unternehmen und -Abteilungen bestehen zum allergrössten Teil aus multikulturell zusammengesetzten Belegschaften. Wie eine Recherche der Studierenden in den Personalabteilungen ihrer gut 50 FM-Betriebe, in denen sie 2011 ihr Praxissemester während des Bachelor-Studiums absolvierten, ergab, liess sich kein Unternehmen finden, das ausschliesslich Personen aus dem Inland beschäftigt hätte. In Kleinstunternehmen betrug der Anteil an nicht-schweizerischen Mitarbeitenden zwischen 10 und 25 Prozent und stieg bis zum grössten Arbeitgeber auf 72% an. Unter dem Firmendach dieses international tätigen Facility Management-Dienstleisters waren an seinem Standort im Kanton Aargau zu dieser Zeit Personen aus insgesamt 108 verschiedenen Nationen beschäftigt (Schirmer, 2012). Die Herkunftsländer der in der Branche in verschiedenen Tätigkeiten beschäftigten Personen liessen sich nach gewissen Prinzipien strukturieren: Mitarbeitende in hochqualifizierten Tätigkeiten stammten eher aus stabilen, sicheren und hoch entwickelten Industrienationen und Mitarbeitende in gering qualifizierten Tätigkeiten stammten eher aus vormals oder heute aktuellen Not- und Krisen-Gebieten aus annähernd allen Kontinenten des Erdballs. Die FM-Branche bietet im operativen Bereich des Infrastruktur-Unterhalts und -Betriebs Arbeitsplätze für gering qualifizierte, der Landessprache unkundigen migrierten Personen und im höher qualifizierten Management-Tätigkeitsbereich Arbeitsplätze für Fachkräfte, die eine der Landessprachen und/oder die Business-Sprache Englisch beherrschen. Facility Management-Unternehmungen sind demnach nicht nur hinsichtlich der geografisch-kulturellen Herkunft, sondern auch hinsichtlich des Bildungsstandes und der fachlichen Spezialisierung der in ihnen beschäftigten Personen vielfältig. Die Herkunftsländer der operativ tätigen Mitarbeitenden aus verschiedenen Krisengebieten haben in der Regel einen grösseren Fremdheitsgrad für inländische Personen und muten exotischer an als die Industrienationen, aus denen die Fachkräfte im Management-Bereich der FM-Branche stammen. Da die Entwicklung der interkulturellen Kompetenz eine Erweiterung des Faktenwissens über die spezifischen Kulturräume, deren gesellschaftlichen Bedingungen und historische Entwicklung bedingen (Bolten, 2007), erarbeiteten Wädenswiler Studierende des FM-Bachelorstudiengangs im Rahmen ihrer Personalführungskurse 2011 bis 2012 Länderfakten zu den verschiedenen Herkunftsregionen der Mitarbeitenden ihrer FM-HochschulPraktiku*msbetriebe. In sich anschliessenden Projektarbeiten wurden weitere Länderspiegel, auch zu den

223

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

jüngsten Krisengebieten, die aktuell Migrationsströme auslösen und künftig zu einer grösseren Anzahl von Mitarbeitenden im operativen FM-Tätigkeitsgebiet führen werden, erstellt (Erzberger, von Euw, Joos & Suter, 2011; Ndoyi, Meier & Steinmann, 2012; Burgener, Kreutle & Meier, 2013; Diethelm, Peter, Riwar & Spirig, 2014; Steinmann, 2015). Parallel zur Erarbeitung der Länderspiegel von aktuell 47 exotischeren und vertrauteren Herkunftsländern wurden von den Studierenden in den Führungskursen und in den sich anschliessenden Projektarbeiten mit Hilfe von strukturierten qualitativen Interviews mit Mitarbeitenden in gering-

und

in

hochqualifizierten

FM-Tätigkeiten

aktuell

etwas

über

100

Migrationsgeschichten

zusammengetragen, die den Länderspiegeln mit dem geografischen, wirtschaftlichen und politischen Faktenwissen ein Gesicht verleihen und ein Bewusstsein über die Vielfalt persönlicher Emigrationsgründe, über Fremdstereotypen und die Wahrnehmung unserer hiesigen Kultur und über Mentalitätsunterschiede und Besonderheiten in Wertvorstellungen schaffen (Ndoyi, Meier & Steinmann, 2012; Domeisen, Khalil, Kaiser & Koller, 2013; Diethelm, Peter, Riwar & Spirig, 2014; Steinmann, 2015). Die Länderspiegel und Migrationsgeschichten sollen Führungskräften wie Mitarbeitenden als praktikable Nachschlagewerke dienen und deren interkulturelle Sensitivität und Kompetenz fördern.

3.2

Konfliktanfälligkeit und Effektivität heterogener Arbeitsteams

Heterogene Arbeitsteams sind aufgrund der in ihnen vertretenen unterschiedlichen Sichtweisen und Mentalitäten grundsätzlich konfliktanfälliger als hom*ogene Arbeitsteams und zeichnen sich dadurch aus, dass sie entweder im unteren Quartil weniger effektiv oder dann im oberen Quartil effektiver sind als hom*ogen zusammengesetzte

Arbeitsteams

(Adler

&

Gundersen,

2008).

Sollen

die

Vorteile

heterogen

zusammengesetzter Belegschaften, welche sich in den untersuchten FM-Praktiku*msbetrieben als Faktum herausstellten, möglichst gut im obersten Viertel der normalverteilten Effektivität genutzt werden und ein Abrutschen in das ineffektive unterste Viertel vermieden werden, so stellen sich grössere Anforderungen an das interkulturelle Wissen und Können der Führungskräfte entsprechend zusammengesetzter Arbeitsteams. Unter den Erzählungen über Konflikte in multikulturellen Arbeitsteams, von denen FM-Führungskräfte in Interviews berichten, findet sich unter anderem eine Konfliktart, die sich auf unterschiedliche Geschlechterrollen-Vorstellungen der Mitarbeitenden aus verschiedenen Kulturräumen beziehen. Eine Führungsperson berichtete beispielsweise von länger gärenden Konflikten zwischen männlichen Angestellten aus Albanien und weiblichen Angestellten insbesondere aus Brasilien, denen gegenüber sich die albanischen Arbeitskollegen abwertend, belästigend und diskriminierend verhielten. Der Konflikt eskalierte schliesslich dahingehend, dass den sich negativ verhaltenden männlichen Angestellten auf der Grundlage des Schweizerischen Antidiskriminierungsgesetzes gekündigt wurde und sich der verantwortliche Teamleiter aufgrund der bisherigen schlechten Erfahrungen in der Folge weigerte, weitere Personen aus Albanien neu einzustellen, worauf er selbst in das Spannungsfeld der Schweizerischen Gleichstellungsgesetze geriet (Baumann, 2011). Als häufigste Konfliktauswirkungen wurden in einer quantitativen Umfrage zum Konfliktmanagement im Kontext interkultureller Facility Management Teams von den 57 befragten Personen Kündigungen und damit verbundene Kosten, abnehmende Arbeitsqualität und Leistung, abnehmende Arbeitsmoral und ein abnehmender Teamgedanke bestimmt. Da Konflikte nicht nur als zwischenmenschlich belastend empfunden werden, sondern auch negative Konsequenzen für die Effektivität eines Arbeitsteams haben, sollte eine laut den Umfrageteilnehmenden bisher wenig vorhandene, systematische Unterstützung hinsichtlich einer

224

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

konstruktiven Konfliktbearbeitung in den FM-Betrieben und -Abteilungen konzeptionell besser verankert werden, auch in Form von fundierten Konfliktmanagement-Weiterbildungen für Führungskräfte und gleichzeitig unterstützenden

Prozessen

von

Seiten

der

Personalabteilungen,

die

über

Fachkräfte

mit

Mediationsausbildung verfügen müssen (Wiedler, 2015). Diskriminierungen aufgrund ihrer Nationalität, aufgrund ihrer geringqualifizierten Tätigkeit, aufgrund des Geschlechtes sowie aus anderen Gründen wie bspw. körperlicher Merkmale hatten knapp die Hälfte der 61 quantitativ befragten Personen aus den drei FM-Bereichen Gastronomie, Logistik und Reinigung erlebt. Zu den Schwierigkeiten, mit denen sich Frauen in Führungspositionen dieser multikulturellen Teams konfrontiert sahen, wurden das kulturbedingte Rollenverständnis, Autorität und Respekt, Abwesenheiten aufgrund von Schwangerschaften und ein unterstellter Kompetenzmangel genannt (Sabella, 2013). Trotz der konflikthaften Schwierigkeiten, mit denen sich kulturell heterogen zusammengesetzte Arbeitsteams auseinandersetzen müssen, überwiegen für sämtliche bisher Befragten aus der FM-Branche die Vorteile ihrer kulturell vielfältigen Teams, in denen die anderen Sichtweisen, die Diversität und Kreativität, das Lernen von anderen Kulturen, das Erlernen anderer Sprachen und die in den Teams gelebte Offenheit, die Toleranz und der Respekt besonders geschätzt werden (Baumann, 2011; Maasl, 2012; Sabella, 2013; Gül, 2014; Cundò, 2014; Zanotta, 2014). Eine hohe Diversität im Unternehmen scheint sich auch finanziell zu lohnen: so zeigte sich bei den im Zeitraum von 2008 bis 2010 180 untersuchten Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und den USA eine signifikante positive Korrelation des Return on Equity ROE mit der Diversität in den Executive Boards, welche mit dem Anteil an Frauen und demjenigen an ethnischen Minderheiten gemessen wurde (Barta, 2011). In der Facility Management-Branche sind die hochqualifizierten Tätigkeiten in hohen Funktionsstufen nicht weniger als die geringqualifizierten Tätigkeiten in tiefen Funktionsstufen mit kulturell wie fachlich heterogen zusammengesetztem Personal besetzt, weswegen diese nach Barta zitierten Befunde der McKinsey-Studie von 2011 für FM-Unternehmen als erfolgsversprechend gelten dürfen. Um die gegebene Diversität im FM-Dienstleistungszweig entsprechend gezielt und gewinnbringend nutzen zu können, wurde im Rahmen einer IFM-Bachelorarbeit in Anlehnung an ein Best-Practice-Beispiel aus der Finanzbranche ein Diversity-Konzept spezifisch für die Facility Management-Branche erarbeitet (Maasl, 2012).

3.3

Interkulturelle Kompetenz: Nachfrage nach Training und Selektion

Als weiteres Beispiel für die nötige hohe interkulturelle Sensitivität und Kommunikationsfähigkeit von Führungskräften multikulturell zusammengesetzter Belegschaften kann der Bericht eines stellvertretenden Betriebsleiters aus dem FM-Tätigkeitsbereich dienen. Selbst als Jugendlicher aus dem Balkan in die Schweiz immigriert, benennt er den unterschiedlichen Umgang mit Feedback- und Kritikgesprächen als eine der wichtigeren konfliktanfälligen Besonderheiten in der Führung von Mitarbeitenden aus den Balkan-Ländern. Die Schweizerische Art, Kritik direkt anzubringen und in Feedback- und Mitarbeitendengesprächen klar zu benennen, führe gerne zu bösem Blut, Ressentiments und einer nachhaltigen Störung in der Kommunikation mit Personen aus dem südöstlichen Mittelmeerraum, da diese es sich kulturell bedingt nicht gewohnt seien, die Sache von der Person in Feedbackgesprächen zu trennen und sich deswegen leicht als ganze Person von der Kritik abgewertet und angegriffen fühlen würden. Die Fähigkeit, im interkulturellen Kontext Feedbackgespräche sachlich zu führen und Kritik annehmbar zu üben, stellt somit einen speziellen Teilaspekt der Führungskompetenz dar (Schirmer, 2016).

225

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

Die Fach- und Führungskräfte aus den Bereichen kaufmännisches Facility Management, Reinigung und Sicherheit gaben in qualitativen Interviews an, über zu wenig fundiertes Know-how zum Thema interkulturelle Kompetenz zu verfügen. Was sie an Wissen dazu besässen, hätten sie sich auf Eigeninitiative und im Learning-by-doing-Verfahren selbst angeeignet, Zugang zu systematischen und von ihren Unternehmen unterstützen Weiterbildungsangeboten hätten sie keinen bekommen, interessiert wären sie persönlich aber sehr daran (Cundò, 2014). Die Nachfrage auf Seiten FM-Fach- und Führungskräfte nach fundierten interkulturellen Trainingsangeboten zeigte sich mehrfach in verschiedenen Untersuchungen (Baumann, 2011; Maasl, 2012; Sabella, 2013; Gül, 2014; Zanotta, 2014; Wiedler, 2015) und scheint dadurch das aktuell in den Betrieben vorhandene Angebot weit zu übersteigen. Cultural Awareness-Trainings und In-House-Schulungen zur interkulturellen Kompetenz müssen auf die Besonderheiten der FM-Branche Rücksicht nehmen und auf die Bedürfnisse der Unternehmen und ihrer individuellen Team-Zusammensetzungen angepasst werden. Ein entsprechendes, eintägiges Kursangebot spezifisch für FM-Führungskräfte wurde im Rahmen einer Bachelorarbeit am IFM als erster konkreter Vorschlag solcher Trainingsangebote entwickelt (de Haard, 2013). Die von einer unternehmensinternen Fachkraft durchgeführte Analyse des Rekrutierungsprozesses von FMKaderpersonen eines der grössten international tätigen FM-Dienstleisters kam zur Schlussfolgerung, dass FMFührungskräfte stärker nach dem Kriterium der interkulturellen Kompetenz selektioniert werden sollten und der Rekrutierungsprozess künftig konzeptionell entsprechend angepasst werden sollte (Berger Frey, 2014).

3.4

Fachkräftemangel in der FM-Branche

Die 2012 in den untersuchten FM-Praktiku*msbetrieben beschäftigten, hochqualifizierten ausländischen Arbeitskräfte widerspiegeln den in der Branche vorherrschenden Fachkräftemangel. Die demografische Entwicklung in Deutschland kann laut Schätzungen bis zu einem 50%-Mangel an inländischen Fachkräften führen (Barta, 2011). Facility Management gilt zudem als Wachstumsbranche, für die in Deutschland bis Ende des Jahrzehnts mit einer Verdoppelung der in ihr beschäftigen Personenanzahl gerechnet wird (Maass, 07.09.2015). Um dem Fachkräftemangel in der Branche begegnen zu können, bietet die ZHAW als landesweit einzige Hochschule in der Schweiz seit 2011 den konsekutiven Studiengang Master of Science in Facility Management an, dessen erste Diplome 2013 vergeben werden konnten. FM-Unternehmen sehen sich aufgrund des grossen Bedarfs an qualifizierten Fachkräften aber weiterhin mit der Herausforderung konfrontiert, die benötigten Fachkräfte als attraktive Arbeitgeber zu gewinnen, zu fördern und zu halten. Als Massnahme zum Ausgleich des Fachkräftemangels wird einerseits eine grundsätzliche Erhöhung des Anteils an berufstätigen Frauen genannt, durch Frauen, die aktuell nicht erwerbstätig sind, wodurch laut Schätzungen in Deutschland 17% des Fachkräftemangels kompensiert werden könnten (Barta, 2011). Andererseits gilt eine bessere Nutzung des Potentials der aktuell erwerbstätigen, gut ausgebildeten weiblichen Fachpersonen als effektive Massnahme zum Ausgleich des Fachkräftemangels, indem diese Frauen besseren Zugang zu höheren Positionen und zu traditionell männlichen Arbeitsbereichen erhalten. Neben der vertikalen Segregation in Bezug auf das Geschlechterverhältnis in Kaderpositionen zeigt sich auch eine horizontale Segregation zwischen den Geschlechtern in der Facility Management-Branche in den Berufsfeldern

Hospitality

Management,

welches

historisch

bedingt

aufgrund

seiner

früheren

Ausbildungsgänge in Hauswirtschaft traditionellerweise als Frauenarbeitsbereich galt, und in Immobilien Management, welches stärker mit männlichen Rollenstereotypen verknüpft scheint. Im sich nach wie vor stark

226

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

abbildenden Geschlechter-Missverhältnis in diesen beiden Vertiefungsrichtungen des FM-BachelorStudienganges an der ZHAW widerspiegeln sich die geschlechtsstereotypen Rollenvorstellungen zu männlichen und weiblichen Berufsfeldern (Schadegg, 2016). Eine Beschäftigung in einem der traditionell weiblichen Arbeitsbereiche innerhalb der Facility Management-Branche ist ein Merkmal, welches den Lohn signifikant in eine negative Richtung beeinflusst (von Felten, Coenen, Pfenninger & Böhm, 2015). Typisch weibliche Arbeitsbereiche sind auch innerhalb der FM-Branche mit einer minderen Wertigkeit gegenüber typisch männlichen Arbeitsbereichen verknüpft, welche die Attraktivität dieser Arbeitsbereiche verkleinert, weswegen dieser unter anderem mit Image-Kampagnen begegnet werden sollte (Schadegg, 2016). Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der FM-Branche der Deutschschweiz zeigte sich in einer quantitativen Umfrage, dass die Branche als mässig familienfreundlich zu bezeichnen war und die Nachfrage nicht mit dem Angebot an familienfreundlichen Massnahmen der Betriebe übereinstimmt. Die top Drei der von den 72 Umfrageteilnehmenden angegebenen, wünschenswertesten familienfreundlichen Massnahmen bezogen sich auf flexible Arbeitszeitmodelle, auf eine flexible Gestaltung des Arbeitsortes und auf einen obligatorisch geregelten Sonderurlaub für Väter von Neugeborenen (Eggenberger, 2010). Zwei Drittel der Mitarbeitenden der insgesamt 160 befragten Personen gaben in einer quantitativen Umfrage zur Rolle des Führungsstils in Unternehmen mit flexiblen Arbeitsformen an, dass sie gerne mobile Arbeitsformen nutzen würden, aber lediglich ein Drittel von ihnen dies im Gegensatz zu zwei Dritteln der befragten Führungskräfte effektiv tun kann (Hollenweger, 2016). Diese Befunde werden durch die Erkenntnisse einer für die erwerbstätige Bevölkerung der Schweiz repräsentativen Studie dahingehend spezifiziert, dass insgesamt lediglich 9% weniger oder gar nicht mobil arbeiten wollen würden, dass für zwei Drittel die Möglichkeit mobilen Arbeitens auf der Stellensuche relevant ist und dass mehr Männer als Frauen und ältere mehr als jüngere Arbeitnehmende mobil arbeiten (Weichbrodt, Berset & Schläppi, 2016), was auch auf eine Verknüpfung flexibler Arbeitsformen mit der Ranghöhe im Unternehmen hindeutet. Die Bewilligungspraxis für flexible Arbeitsformen hängt von der Führungskultur, der Haltung der Vorgesetzten, der Organisationsstruktur und deren Formalisierungsgrad sowie vom Leistungs-Beurteilungssystem, das ergebnis- anstatt prozessorientiert gestaltet sein muss, ab (Weichbrodt et al., 2016; Hollenweger, 2016; Raggenbass, 2014). Der Einfluss der persönlichen Haltung der vorgesetzten Person umschrieb eine Führungskraft im Interview dahingehend, dass sie zur Überzeugung gelangt sei, dass das Vertrauen, welches man den flexibel und mobil arbeitenden Mitarbeitenden entgegenbringe, einem von diesen mit Leistung zurückbezahlt werde (Raggenbass, 2014). Ein positiver reziproker Zusammenhang zwischen der Selbstverantwortung und Entwicklung einer/eines Mitarbeitenden und eines progressiven, nicht autoritären Führungsstils zeigte sich in den Daten der Umfrage zur Rolle des Führungsstils in Unternehmen mit flexiblen Arbeitsformen in den Angaben der Mitarbeitenden zu den Vorteilen dieser Arbeitsformen, die für sie unter anderem darin bestanden, dass durch flexible Arbeitsformen ihr Selbstvertrauen, das Vertrauen in die eigenen Fähig- und Fertigkeiten und ihre Selbständigkeit gefördert würden (Hollenweger, 2016).

4

Angemessene Gestaltung der führungsbezogenen Arbeitsumwelt

Facility Management Unternehmen sind also sehr

direkt von

den

aktuellen gesellschaftlichen

Herausforderungen betroffen, müssen sich im Wettbewerb um Fachkräfte auch durch ein Angebot von flexiblen Arbeitsmodellen als attraktive Arbeitgeber beweisen, Massnahmen gegen die Segregation der

227

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

Geschlechter in ihrem Arbeitsbereich treffen, die interkulturelle Kompetenz und Sensitivität ihrer Führungskräfte gezielt fördern und die gegebene grosse kulturelle und fachliche Heterogenität ihrer Belegschaften unter anderem durch gezielte Unterstützungsprozesse in der Konfliktbearbeitung vorteilhaft nutzen. Dazu sind Strategien der Unternehmens- und Personalführung, eine Führungskultur und Arbeitsbedingungen erforderlich, die den Ansprüchen eines grundlegenden Diversity Management-Konzeptes genügen (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 48: Den gesellschaftlichen Herausforderungen angemessene Gestaltung der führungsbezogenen Arbeitsumwelt Werden die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen auf diese Weise in den Wirkmechanismen der direkten und indirekten Führung berücksichtigt, lässt sich eine führungsbezogene Arbeitsumwelt gestalten, die auf betriebswirtschaftlicher Ebene den Unternehmungen einen Wettbewerbsvorteil verschafft und auf gesellschaftlicher Ebene einen nachhaltigen Beitrag zur Leistungsfähigkeit, Integrität und Sicherheit der Gesellschaft leistet.

228

Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

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Leadership im FM auf dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen

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Autorenporträt Dr. phil. Miriam Schirmer ist seit 2009 am ZHAW-Institut für Facility Management als Dozentin tätig und engagiert sich in der IFM-Kompetenzgruppe Betriebsökonomie und Human Resources als Arbeits- und Organisationspsychologin in den Ausbildungs- und Forschungsfeldern rund um die Leadership-Thematik.

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Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen

Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen Ronald Schlegel Präsident Schweizer Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (SGNI) Lehrbeauftragter am Institut für Facility Management der ZHAW [emailprotected]

Zusammenfassung In den letzten Jahren hat sich das Facility Management zu einer Disziplin entwickelt, die immer mehr in der Lage ist, den Beitrag an der Wertschöpfungskette von Unternehmen, im Gesundheitswesen, in der öffentlichen Verwaltung und weiteren Bereichen zu erhöhen. Facility Management ist vermehrt in die Kernprozesse integriert und damit generiert Facility Management zunehmend Werte und ist nicht mehr nur ein Kostenfaktor. Dadurch steigt die Verantwortung, die das Facility Management für den Gesamterfolg übernimmt. Sind wir bereit diese Verantwortung zu übernehmen? In welche Richtung müssen sich Forschung und Entwicklung und muss sich die Ausbildung entwickeln, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden? Die Energiewende stellt die Schweiz vor grosse Herausforderungen. Gebäude nutzen einen bedeutenden Teil der Endenergie in der Schweiz, 2014 waren das 40.7% des gesamten Verbrauchs oder 82.1 TWh (Prognos/ INFRAS/ TEP, 2015). Der Betrieb und somit das Facility Management haben einen grossen Einfluss auf diesen Verbrauch. Gemäss Erfahrungen und Messungen an vielen Objekten sollen richtige Inbetriebnahmen und Betriebsoptimierungen eine Effizienzsteigerung von 20% ermöglichen. Was muss sich ändern, damit diese Chancen genutzt werden und welche Verantwortung kann das Facility Management dabei übernehmen? Der demografische Wandel bietet grosse Chancen für das Facility Management und stellt gleichzeitig eine grosse Herausforderung durch den zunehmenden Fachkräftemangel dar. Eine klarere Unterscheidung zwischen Betreuungs- und Pflegeaufgaben erschliesst neue Möglichkeiten der Aufgabenteilung und die Entwicklung neuer Modelle, die sich positiv auf die Kosten auswirken können.

1

Die Anfänge

Die Ursprünge des Facility Managements, wie wir es verstehen finden sich in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. In den USA entwickelte ein Büroarchitekt eine neue Bürolandschaft, die auf die Kommunikation der Mitarbeitenden ausgerichtet war und die Produktivität erhöhen sollte. Kurz darauf fand auch eine erste Konferenz mit dem Titel. „Facilities‘ impact on productivity“ statt. Diese Konferenz führte zur Gründung des ersten Facility Management Instituts weltweit in Ann Arbor, Michigan. Gleichzeitig, d.h. im Jahr 1952, erteilte die US Air Force den ersten grossen Outsourcing Vertrag für die kompletten On Site Services ihrer Basen auf den pazifischen Inseln an Pan AM World Services. Bereits in den Anfängen wurde in den USA Facility Management sehr umfassend angesehen und umfasste immer sämtliche auf Facilities bezogene unterstützende Prozesse und Services. In Europa folgten die Niederlande und Grossbritannien dem Service orientierten Modell der USA, während Deutschland und die Schweiz Facility Management viel stärker als Leistungen für die Immobilien und Infrastruktur interpretierten. (Quelle: Script Facility Management Models, Markus Hubbuch, 2014, Master Programm am IFM) Mit der Professionalisierung des Facility Management und der Internationalisierung der Anbieter im Facility Management Markt entwickelte sich das Facility Management in der Schweiz in den letzten 15 Jahren sehr

231

Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen

dynamisch. Mit der Integration des Instituts für Facility Management, als Teil des Departements Life Science und Facility Management in die ZHAW im Jahr 2007, erhielt diese neue Disziplin auch eine Basis für Lehre und Forschung an einer Hochschule.

2 Globale Trends 2.1

Demografische Entwicklung

In vielen Staaten, insbesondere den Industrieländern, steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung rasch an und die klassische Alterspyramide wird zur „Urne“. In Deutschland beispielsweise wird der Anteil der über 65ig jährigen je nach Szenarium bis 2050 um über 50% wachsen (D-Statis, Statistisches Bundesamt Bevölkerungspyramide). Aus den Bedürfnissen dieser stark wachsenden Bevölkerungsgruppe ergeben sich für das Facility Management grosse Chancen und Herausforderungen. Unabhängigkeit und Selbständigkeit sind für die Meisten auch im hohen Alter ausserordentlich wichtig und beeinflussen deren Lebensqualität massgebend. Obwohl wir auch im höheren Alter durchschnittlich wesentlich gesünder und auch aktiver sind, steigen die Kosten für Pflege und Betreuung in den letzten Lebensjahren sehr stark. Durch die demografische Entwicklung steht dieser grösser werdenden Anzahl Rentner eine kleinere Anzahl Arbeitskräfte gegenüber. Es sind somit nicht nur die Kosten, die ein Problem darstellen, es ist auch der Mangel an Fachkräften, der eine grosse Herausforderung darstellt. Facility Management hat hier die Chance, eine wesentliche Rolle und entsprechende Verantwortung zu übernehmen. Ältere Menschen brauchen für den Erhalt ihrer Selbständigkeit sehr oft über Jahre keine Pflegeunterstützung, aber Betreuung und Unterstützung für alltägliche Dinge. Heute werden viele dieser Dienste durch ausgebildetes Pflegepersonal erbracht. Falls diese Unterstützung nicht möglich ist, sind sie oft der Grund, dass die Selbständigkeit verloren geht. Ein Angebot von Betreuungs-Dienstleistungen von professionellen Anbietern mit entsprechend ausgebildetem, aber wesentlich günstigeren Personal sowie dem Einsatz moderner Technologien und der Nutzung der Digitalisierung, kann zu einer wesentlichen Erhöhung der Lebensqualität führen und gleichzeitig die Kosten senken. Eine Zusammenarbeit der Facility Management Anbieter mit den Spitex Organisationen kann die Kosten substanziell senken. Die Umsetzung derartiger Konzepte und der systematische Einsatz neuer Technologien gewinnt, auch wegen des Fachkräftemangels im Spital- und Pflegebereich, zunehmend an Bedeutung. Die wertvolle Zeit für die direkten Kontakte zwischen Betreuungspersonal und Kunden sollte durch den Einsatz moderner Technologien maximal genutzt werden können.

2.2

Nachhaltigkeit

„Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ (Brundtland -Bericht 1987)

232

Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen

Die drei Dimensionen: Gesellschaft, Umwelt, Wirtschaft sind dabei gleich zu gewichten. Nachhaltigkeit wird zunehmend zum Erfolgsfaktor: Investoren verlangen Nachhaltigkeitsberichte und viele Unternehmen haben sich der Nachhaltigkeit verpflichtet, wobei das Facility Management in Nachhaltigkeitsberichten eine sehr wichtige Rolle übernimmt. Es gibt Immobilienfonds, wie beispielsweise den CS

Green

Property

Fonds,

die

sich

an

die

Regeln

nachhaltiger

Immobilienwirtschaft halten und dadurch höher bewertet werden und es gibt institutionelle Anleger, die zunehmend nur noch in nachhaltige Anlagen investieren. Seit 1999 misst der Dow Jones Sustainability-Index die Nachhaltigkeit von Unternehmen. In der Öffentlichkeit spielen Aspekte der Nachhaltigkeit beim Entscheid für oder gegen ein Produkt, eine zunehmend grössere

Rolle. Initiativen für eine Grüne Wirtschaft häufen sich und der Begriff des ökologischen

Fussabdrucks ist zunehmend nicht nur grünen Politikern bekannt. Nachhaltigkeit ist definitionsgemäss eine langfristige Betrachtung und bedingt deshalb zwangsläufig, dass der Betrieb ins Zentrum rückt. Betrieb bedeutet, dass das Facility Management eine zentrale Bedeutung erhält. Das Facility Management dient dem Nutzer und dem Investor und wird demzufolge durch diese bezahlt und gemessen: Komfort, Leistungen und Kosten sind die Messgrössen. Damit dies nachhaltig sein kann, muss das Facility Management früh im Prozess Einfluss nehmen können und in den Gesamtprozess eingebunden sein: Nicht beratend, sondern verantwortlich. Dies bedeutet, dass die Anreize entsprechend gesetzt werden müssen und dass das Facility Management die Kompetenzen und Fähigkeiten mitbringt. diese Verantwortung zu übernehmen. Ein wesentlicher Teilbereich der Nachhaltigkeit ist der Energieverbrauch, bzw. sind die Emissionen von Treibhausgasen wie CO2. Der Anteil des Endenergieverbrauchs von Gebäuden in der Schweiz betrug im Jahr 2014 40.7% oder 82.1 TWh (Prognos, TEP, 2015). Facility Management hat einen grossen Einfluss auf diesen Verbrauch. Gemäss Erfahrungen und Messungen an vielen Objekten können die richtige Inbetriebnahme der Systeme und Anlagen sowie Betriebsoptimierungen eine Effizienzsteigerung von 20% ermöglichen. Daraus ergäbe sich eine Einsparung von 16.4 TWh, was wiederum einer Einsparung von rund 8% des Endenergieverbrauchs entspricht. Facility Management kann und muss einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten.

2.3

Digitalisierung

In unserer Welt scheinen wir bereits ständig Online und vollkommen vernetzt zu sein. Zunehmend sind auch Maschinen und Geräte im Internet der Dinge vernetzt. Algorithmen können schon heute bestimmen, welche Informationen wir erhalten, welche Produkte wir eher kaufen, welche Partner wir aussuchen sollen. Roboter, Drohnen, fortgeschrittene Sensorik und Automation, Internet der Dinge, Building Information Modeling (BIM) etc. erhalten täglich grössere Bedeutung. Sie sind die Basis vieler Innovationen im Facility Management. Die Digitalisierung verändert die Prozesse, die mit Immobilien und Facilities zusammenhängen ebenso stark wie in allen anderen Bereichen. Mit BIM im Zentrum werden Gebäude auf völlig neue Art und Weise entwickelt, geplant, gebaut und betrieben. Die Nutzung moderner Technologien, wie Roboter und Automatisierung, verändert die Tätigkeiten und Geschäftsmodelle auf der Stufe der Facility Services sehr stark. Die Integration

233

Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen

der Datenströme aus den verschiedenen Systemen und Quellen zu einem nutzbringenden Ganzen muss die tragende Aufgabe des Facility Managements sein. Nur die digitale Verbindung der Eigentümer mit dem Betreiber, der Produktion und den Nutzern, stellt die Durchgängigkeit sicher und ermöglicht die Optimierung der Prozesse. Das fördert die Qualität der Wertschöpfung und erhöht die Produktivität. Die Digitalisierung bietet somit dem Facility Management die Möglichkeit seine Rolle als Integrator noch besser wahr zu nehmen.

3

Chancen und Verantwortungen des Facility Managements

3.1

FM digital

Daten des Betriebs, der Nutzung und der Nutzer einer Immobilie laufen im Facility Management zusammen und sind die Basis für den nachhaltigen Betrieb. Sie sind aber gleichzeitig von grossem Wert für die gesamte Wertschöpfung eines Unternehmens. Die Integration des Facility Managements in die gesamte Wertschöpfungskette eröffnet den Zugang zu wichtigen Kundeninformationen. Die Verbindung der Systeme und Instrumente aus den verschiedenen Bereichen der Wertschöpfung bilden die Basis, um die Integration des Facility Management in die Wertschöpfungskette zu ermöglichen. Facility Management digital fasst diese Aufgaben im Bereich Facility Management zusammen und soll die relevanten Systeme integrieren (siehe Abbildung 1). Dabei ist eine der Schlüsselaufgaben die Integration der Systeme und die Einbindung der Nutzung und der

Nutzer:

Dafür

hat

das

Facility

Management

die

Verantwortung zu übernehmen. Die Digitalisierung muss Mehrwert für die Investoren, Nutzer und Betreiber schaffen, denn sie sind als Nutzniesser die einzigen, die letztlich dafür bezahlen werden: Wünsche und Bedürfnisse von Nutzern und Mietern werden wesentlich zeitnaher und kostengünstiger erfüllt, die Bedürfnisse der

Abbildung 49: FM digital

Mieter werden besser erkannt und Produkte können darauf basierend entwickelt und angeboten werden, die Lebenszykluskosten und die Nebenkosten sinken, die Rentabilität steigt.

3.2

Energiewende als konkreter Beitrag zur Nachhaltigkeit

Weshalb realisieren wir das Potential über 20% Energie einzusparen nicht? Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden und werden laufend weiter entwickelt. Die Gebäudetechnik stellt Apparate und Systeme zur Verfügung, die mit Effizienzzertifikaten minimalen Energieverbrauch garantieren. Die Gebäudeautomation stellt uns Mittel zur Verfügung, mit denen wir die Gebäude und einzelne Räume optimal betreiben können. Trotzdem verbrauchen auch mit neuesten Zertifikaten versehene Gebäude massiv zu viel Energie. Gebäude und Systeme werden nicht integral in Betrieb genommen und eine Optimierung wird nicht durchgeführt oder ist nicht möglich. Es gibt im Planungs- und Erstellungs- Prozess von Immobilien keine Verantwortung für die integrale Inbetriebnahme und Optimierung von Gebäuden. Einzelne

234

Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen

Bauherren wenden heute Konzepte an, in denen Totalunternehmer in die Pflicht genommen werden und den Nachweis der vertraglichen Leistungen im Betrieb über mehrere Jahre erbringen müssen. In diesen Modellen wird das Facility Management integriert und die Plandaten werden durch die Optimierung sogar unterboten. Das Institut für Facility Management hat mit Unterstützung des Bundesamtes für Energie (BFE) und des Amtes für Energie, Wasser und Landschaft (AWEL) des Kantons Zürich eine fundiert dokumentierte Optimierung des Gebäudes durchgeführt und folgendes gefunden: Das Gebäude wurde gemäss den vertraglichen Bedingungen 2013 an die Bauherrschaft übergeben. Der Energieverbrauch war massiv höher als geplant. Im Winter, wie im Sommer reklamierten die Nutzer zu tiefe bzw. zu hohe Temperaturen und im Winter beklagten sie sich über eine Feuchtigkeit, die zwischen 10 und 20% lag. Die richtige Inbetriebnahme und eine Optimierung führten dazu, dass der Energieverbrauch durch die richtige Parametrisierung um über 50 % sank. Dabei waren für die Optimierungen keinerlei physischen Anpassungen am System notwendig (z.B. Ersatz von Pumpen). Der Erfolg basierte auf Analysen von Messwerten und Anpassungen von Sollwerten, Konfigurationen und Optimierungen über das Gebäudeleitsystem. Die einzelnen Komponenten wurden aufeinander abgestimmt und arbeiten jetzt zusammen. Durch richtige Inbetriebnahme und Optimierung wird nun das Potential der eigentlich effizienten Einzelkomponenten genutzt. Das Facility Management kann ein wichtige Rolle in der Umsetzung der Energiewende übernehmen: Die Reduktion des Energieverbrauchs von 20% in Gebäuden durch Massnahmen im Betrieb, bedeutet eine Reduktion des Gesamtenergieverbrauchs der Schweiz um 8% mit minimalen Kosten. Es fallen nur Kosten für eine ordentliche Inbetriebsetzung und die Optimierung an. In den meisten Fällen sind nur geringe zusätzliche Investitionen nötig und die technischen Möglichkeiten sind vorhanden. Um dies zu erreichen, müssen die Anreize so gesetzt werden, dass diejenigen, die die Massnahmen verantworten und umsetzen, auch davon profitieren können. Dies braucht Veränderungen bezüglich Verantwortungen und Kompetenzen und es müssen Modelle entwickelt werden, die dies ermöglichen und fördern. Das Facility Management muss sich als Disziplin weiter entwickeln, um in diesen neuen Modellen entsprechende Verantwortung übernehmen zu können. Wesentliche Forschungsthemen dazu sind Modelle, die es erlauben, Planer, Ersteller und Betreiber über einen längeren Zeitraum nach der Fertigstellung verbindlich in die Verantwortung für Verbräuche und Emissionen zu nehmen: Welche Anreize können gesetzt werden und wer kann sie wie beeinflussen? Welche Vorschriften, Gesetze und Normen sollten wie verändert werden, damit diese Anreize geschaffen werden. Wie definieren sich die verschiedenen Rollen und wie definiert sich insbesondere das Facility Management als Integrator.

3.3

Demographie als Chance

Um die Chancen, die sich aus dem demografischen Wandel ergeben wahrnehmen zu können und einen bedeutenden Beitrag zur Bewältigung dieses Wandels leisten zu können, muss sich das Facility Management die modernen Technologien zunutze machen. Es muss deshalb viel in die Integration dieser Technologien in die Facility Services investiert werden und entsprechende Innovationen müssen gefördert werden. Parallel und mit ebenso grosser Priorität müssen die Mitarbeitenden auf allen Stufen für diese neuen und fordernden Aufgaben ausgebildet werden. Das Selbstverständnis der Branche muss sich verändern. Die Tätigkeiten in gewissen Bereichen der Facility Services verlangen zur Zeit von den Mitarbeitenden oftmals keine fachberufliche Ausbildung. Daher braucht es spezifische Programme und Ausbildungen, um diese Mitarbeitenden zu befähigen diese neuen Rollen wahrnehmen zu können.

235

Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen

3.4

Zusammenfassung

Die Qualität der Mitarbeitenden muss durch permanente Aus- und Weiterbildung systematisch erhöht werden und neue Technologien müssen zur Anwendung kommen. Die modernen Technologien erfordern Investitionen und in vielen Bereichen einen wesentlich «industrielleren» Ansatz. Dienstleistungen müssen zunehmend mit möglichst geringem Aufwand erbracht werden. Institutionalisierte Innovationsprozesse werden die Branche vorantreiben. Dies alles bedingt, dass die Unternehmen der Facility Management Branche in der Lage sind, Investitionen zu tätigen und somit Margen erwirtschaften, die dies erlauben. Eine Industrie kann sich nur etablieren und wachsen, wenn sie in der Lage ist, diese Margen zu generieren. Ohne diese Fähigkeit wird Facility Management die Verantwortung, die ihm zukommt, nicht wahrnehmen können. Die Industrie sollte deshalb noch dynamischer den Erfolg suchen. Innovativere Vertragsmodelle, die leistungsorientierter sind und sich an der Schaffung von Mehrwert orientieren, erlauben Unternehmen, mit operativer Exzellenz und entsprechendem Erfolg, die Margen zu verbessern. Auftraggeber würden dadurch auch Risiken an Unternehmen abtreten, die diese besser beherrschen. Als Konsequenz sollte es den Auftragnehmern gelingen ihre Margen zu verbessern.

4

Herausforderung für Lehre und Forschung

Facility Management ist eine Management und Sozialwissenschaft und integriert verschiedene Bereiche und Disziplinen. Die FM Ausbildung ist demnach eine Management Ausbildung, die verschiedene Themen in der Tiefe behandelt und gleichzeitig die Fähigkeit vermittelt als Generalist zu denken und zu handeln. Die Schwerpunkte der Ausbildung sind: Betriebswirtschaftliche Themen, Facility Services, wie Betrieb und Unterhalt von technischen Systemen, Hospitality Management, Catering, Reinigung, Sicherheit und Schutz, Bewirtschaftung, etc. Personalmanagement, Führung und Leadership, Service Management, Systems Engineering und Projektmanagement, usw. In Bachelor und Masterprogrammen sowie in der Weiterbildung gilt es, Berufsbefähigung zu erreichen. Gleichzeitig muss talentierteren und ambitionierten Studierenden die Möglichkeiten geboten werden, Treiber der Industrie

zu

beschrieben

werden

und

voranzutreiben.

die

Entwicklungen

Dies

bedeutet,

wie

oben

dass

die

Abbildung 50: Kompetenzen

Kompetenzen wie in Abbildung 2 dargestellt, vermittelt und gefördert werden müssen. Um den Ansprüchen als Integrator gerecht zu werden, wird sich die Lehre in den kommenden Jahren weiterentwickeln müssen, und unter anderem folgende Bereiche verstärken: Analytischen Fähigkeiten zum Verständnis

anspruchsvoller

Gesamtprozessen

mit

Zusammenhänge

grosser

Wirkung

und

und

Systeme,

langfristigen

Management

und

Konsequenzen,

Führung

von

Integration

von

betriebswirtschaftlichen-, sozialwissenschaftlichen- und technischen Aspekten. In der Forschung sollten neben den, für alle Facility Management wesentlichen Bereichen wie FM digital, den Energie, bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie Benchmarking, auch gezielt für wesentliche Wirtschaftszweige Forschung betrieben werden. Das Institut für Facility Management konzentriert sich neben den generellen

236

Facility Management kann und muss mehr Verantwortung übernehmen

Themen auf Workplace Management und Facility Management in Health Care, Assisted Living sowie Consumer FM. Mit der Integration des Instituts für Facility Management, als Teil des Departements Life Science und Facility Management in die ZHAW im Jahr 2007, erhielt diese Branche eine Fachhochschule, die es ermöglicht die Disziplin in Lehre und Forschung voranzutreiben und weiter zu entwickeln. Das IFM hat sich auch international einen sehr guten Namen erarbeitet und es konnte ein Netzwerk internationaler Kompetenz aufgebaut werden.

Literaturverzeichnis Hubbuch, M. (2014) Script Facility Management Models, Wädenswil ZHAW Prognos AG, Infras AG, TEP Energy GmbH (2015) Analyse des schweizerischen Energieverbrauchs 2000 2014 nach Verwendungszwecken

Autorenporträt Ronald Schlegel ist Lehrbeauftragter am Institut für Facility Management der ZHAW, er ist Präsident der SGNI und Senior Partner bei A. Vaccani & Partner AG. Seit 15 Jahren engagiert er sich für die Entwicklung des Facility Managements in der Schweiz. Nach seinem Ingenieurstudium an der ETH Zürich und einer Weiterbildung an der Harvard Business School war er bei bedeutenden Dienstleitungs-, und IngenieurUnternehmen tätig: Als CEO der Priora Facility Management AG, als CEO der Cofely Schweiz (heute ENGIE), bei Elektrowatt Engineering (heute Pöyry) als Mitglied der Gruppenleitung. Er ist Mitglied in verschiedenen Verwaltungs- und Beiräten.

237

238

Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen

Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen Andreas Tenkmann Direktor HR bei Sodexo D|A|CH www.sodexo.de [emailprotected]

Zusammenfassung Produktivität und Loyalität von Mitarbeitern sichern die unternehmerische Zukunft und stellen einen klaren Wettbewerbsvorteil dar. Ein wichtiger Faktor ist dabei ein angenehmes Arbeitsumfeld, in dem sich die Belegschaft auf ihre Kernaufgaben konzentrieren kann. Integriertes Facility Management kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Eine besondere Herausforderung liegt allerdings dann vor, wenn internationale Projekte im laufenden Geschäft möglichst reibungslos abgewickelt werden müssen. Über Jahrzehnte hinweg haben erfolgreiche Unternehmer ihren Fokus auf harte Faktoren gelegt: Mehr Konsum, höhere Stückzahlen, niedrigere Kosten. Das war das Geheimnis des Erfolges vieler großer Marken. Eher wenig Beachtung erhielt bislang die Mitarbeiterzufriedenheit. Und eine Verbindung zwischen ihr und dem Facility Management war bisher nur Insidern bekannt. Dabei stößt das alte System von Kostensenkung und mehr Konsum spürbar an seine Grenzen. Es ist in einer Welt, die zunehmend auf Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Handeln setzt, schlichtweg veraltet. Heute stehen Unternehmen heute vor der Herausforderung, neben finanziellen Größen gesellschaftliche und menschliche Werte in den Fokus zu rücken. Kritische, gut informierte Konsumenten erwarten zunehmend von Unternehmen das, was ihnen früher von Kirche, Staat oder andere Institutionen vermittelt wurden: Stabilität, Sicherheit und bewusstes Wirtschaften. Neben dieser von außen herangetragenen Erwartungshaltung üben von innen die Bedürfnisse hoch qualifizierter Mitarbeiter einen gewissen Druck aus. Sie sind im Kampf um Fachkräfte, in der so genannten „War for talents“ stark von der Konkurrenz umworben und sich dessen voll bewusst. Aber selbst in Branchen und Bereichen, die sich nicht an diesem Kampf beteiligen müssen, wird erkannt, dass gesunde, zufriedene Mitarbeiter einen höheren Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.

1

Der Mitarbeiter ist das höchste wirtschaftliche Gut

Wer heute ein erfolgreiches Unternehmen führen will, kann dies nicht mehr ausschließlich mit dem Blick auf Zahlen tun. Für ein ausgewogenes und verantwortliches Wachstum ist zusätzlich die Kultivierung eines Umfeldes entscheidend, in dem sich Mitarbeiter entfalten und ihre Erfahrung, ihr Talent und ihr Wissen optimal einsetzen können. Integriertes Facility Management kann hierbei eine besondere Rolle spielen und zum Erfolgsgarant werden. Es hilft Unternehmen dabei, den Mitarbeitern mehr Lebensqualität zu geben und so von Zufriedenheit, Qualität und gesteigerter Produktivität zu profitieren. Um qualifizierte Arbeitnehmer herrscht ein verschärfter Wettbewerb. So verwundert es nicht, dass Bewerber zunehmend neben beruflichen auch ihre persönlichen Bedürfnisse bei der Arbeitsplatzwahl verfolgen und hohe Ansprüche an künftige Arbeitgeber stellen. Dazu zählen längst nicht mehr nur noch rein monetäre Kriterien, sondern zunehmend die weniger greifbaren aber umso bedeutenderen Zufriedenheitsfaktoren. Das

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Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen

macht es Unternehmen nicht gerade einfach. Stehen sie nun doch vor der Herausforderung, kreative Lösungen zu finden, mit denen sie produktive und loyale Mitarbeiter für sich gewinnen und langfristig binden können. Mitarbeiterumfragen zeigen, dass dem Wohlfühl- und Zufriedenheitsfaktor eine wachsende Bedeutung für die Gesamtleistung zukommt und er so eine entscheidende Stellung als Erfolgsfaktor einnimmt.

2

Verbesserung der Lebensqualität wird Erfolgsfaktor

Nachhaltig Verantwortung für Mensch, Gesellschaft und Umwelt zu übernehmen ist also längst nicht mehr der Luxus einiger weniger Weltmarken mit kostspieligen Imagekampagnen, sondern eine reale Währung im täglichen Wettbewerb. Verantwortliches Handeln und eine Verbesserung der Lebensqualität sowohl für Mitarbeiter als auch für Kunden werden von Konsumenten, Partnern und Mitarbeitern nicht nur gewünscht, sondern eingefordert. Diese anspruchsvolle und vielschichtige Herausforderung erfolgreich zu meistern stellt im globalen Wettbewerb eine wichtige Aufgabe für Unternehmen dar. Denn wer sich langfristig behaupten möchte, ist darauf angewiesen sämtliche Kapazitäten verfügbar machen, um sich voll und ganz auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist die Optimierung der Arbeitsplatz-Umgebung. Denn sie steigert nachweislich die Lebensqualität von Menschen in ihrem beruflichen Alltag und hat somit großen Einfluss auf eine positive Unternehmensentwicklung. Belege hierfür bieten unter anderem der Workplace Trends Report 2015 und 2016 von Sodexo. Die Studien zeigt eindeutig, dass Arbeitnehmer sich nicht mehr mit rein monetären Kriterien begnügen, sondern greifbare Zufriedenheitsfaktoren suchen.

3

Globale Trends für mehr Lebensqualität am Arbeitsplatz

Die Ergebnisse aus dem aktuellen Workplace Trends Report von Sodexo bestätigen, dass die Optimierung der Arbeitsplatzumgebung entschiedenen Einfluss auf die positive Entwicklung von Unternehmen und ihren Mitarbeitern hat. Sie zeigen deutlich, dass Unternehmen ihre Philosophie anpassen und in Programme und Leistungen investieren müssen, die die Lebensqualität ihrer Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen. Im Gegenzug erhalten sie engagierte und produktive Arbeitskräfte. Diese sind im globalen Wettbewerbsumfeld die wichtigste Ressource. Für die Workplace Trends Reports 2015 und 2016 kombiniert Sodexo Eerkenntnisse aus der Forschung, von Kunden, und aus führenden Organisationen aus den Bereichen Facility Management und Human Resources. Bei dieser Studie kamen traditionelle quantitative Untersuchungsmethoden genauso zum Einsatz wie Befragungen zu Zufriedenheit und Vorlieben, psychographische Analysen an Kundenstandorten, Social Media Monitoring und eine Literaturanalyse von Beratungsreports, akademischen Schriften, Fachblättern und Informationen von Industrieverbänden. Einige dieser Ergebnisse stellen wir in diesem Beitrag vor.

4

Trend-Thema Intelligentes Energiemanagement

Der Mensch ist die größte Bedrohung für die Umwelt und Auslöser des nicht mehr zu leugnenden Klimawandels. Heute wissen wir, dass schnelle und zuverlässige Maßnahmen nötig sind, wenn wir die Entwicklung aufhalten und die Folgen eindämmen wollen. Das bedeutet beispielsweise, dass der Bau zusätzlicher Kraftwerke mit fossilem Brennstoff trotz der steigenden Nachfrage keine Lösung sein kann.

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Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen

Stattdessen wird jeder Einzelne dazu aufgerufen sein, eine aktivere Rolle bei der Nutzung von Energie einzunehmen. Die Überzeugung nachhaltig handeln zu müssen, die viele Menschen im Privaten haben und bestmöglich umsetzen, bringen Arbeitnehmer zunehmend an den Arbeitsplatz mit. Entsprechend setzt sich auch am Arbeitsplatz fest, dass die Energieverbraucher in die Verantwortung genommen werden und eine wichtige Rolle bei möglichen Einsparungen spielen. Das verstärkt sich noch, wenn Mitarbeitern vermittelt wird, wie einzelne Maßnahmen sich auf die gesamte Wertschöpfungskette im Energiesektor auswirken. Integriertes Facility Management unterstützt die Verbraucher am Arbeitsplatz dabei, ihren Energieverbrauch zu analysieren und strategisch zu planen. So kann ein Unternehmen seinen Verbrauch in Zeiten hoher Preise einschränken oder Pläne für Energieeinsparungen erstellen. Wenn Unternehmen die Energieeinsparungen kommunizieren und ihre Mitarbeiter dazu anregen, selbst ihren Verbrauch zu senken, kann daraus sogar ein interner, spielerischer Wettkampf entstehen, der eine höhere Aufmerksamkeit für das Thema schafft und zugleich Ziele schneller erreichen lässt. Statt also darauf zu warten, dass Versorgungsunternehmen attraktivere Angebote machen, nehmen Firmen aktiv auf ihren Energieverbrauch und die Kosten Einfluss. Mithilfe eines Maßnahmenplans und dessen gezielter Umsetzung kann ein Unternehmen seinen CO2Fußabdruck verkleinern, Kosten senken und so die Lebensqualität maßgeblich verbessern ─ ganz im Sinne der hohen Erwartungshaltung von Verbrauchern an das moralische Handeln von Konzernen.

5

Trend-Thema Arbeitsplatzgestaltung

Weitere Maßnahmen für mehr Mitarbeiterzufriedenheit sind beispielsweise Arbeitssicherheit, eine reibungslos funktionierende

technische

Infrastruktur

oder

Services

wie

Catering,

Concierge-Dienste

oder

Reinigungsleistungen. Menschen empfinden durch Globalisierung und Digitalisierung die Wirtschaft, das Leben und die Welt im Allgemeinen heute als deutlich unsicherer, komplexer und schneller als früher. In diesen Zeiten des Wandels und der Veränderung wird es immer schwieriger, bei der Schaffung geeigneter Arbeitsumgebungen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Um sinnvoll menschengerechtere Arbeitsplätze zu schaffen, müssen Unternehmen die Bedürfnisse und Anforderungen ihrer Mitarbeiter kennen und priorisieren. Eine "one fits all"-Lösung kann es deshalb hier nicht geben. Allerdings können Design-Grundsätze als Leitlinien dienen und bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen eine Orientierung bieten. Sie inspirieren zu neuen Denkansätzen, justieren die Ausrichtung des Unternehmens und lenken Entscheidungsprozesse. Nach den Erfahrungen mit Großraumbüros und den besonders in amerikanischen Unternehmen beliebten "Cubicles" (durch Raumteiler entstandene "Boxen" für einzelne Mitarbeiter oder kleine Teams) wissen wir heute, wie wichtig Rückzugsorte und Räume für die Zusammenarbeit sind. In einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt müssen auch Raumkonzepte heute auf die sich verändernden Anforderungen der Mitarbeiter eingehen. So bieten moderne Büroflächen ausreichend Möglichkeiten für ruhige, zurückgezogene Arbeit, Telefonate oder eben Meetings auf formeller oder informeller Ebene. Längst ist durch Studien belegt, dass die Arbeitsumgebung maßgeblich auf das Wohlbefinden und damit die Produktivität der Mitarbeiter einzahlt. Da sich kaum ein Unternehmen selbst um all die Aspekte kümmern kann, die Mitarbeiter heute zu Recht von ihren Arbeitgebern erwarten, empfiehlt sich die Auslagerung an einen externen auf integriertes Facility Management (FM) spezialisierten Dienstleister. Smartes Facility Management erkennt die jeweiligen Anforderungen, die beispielsweise nach Tageszeit oder Saison unterschiedlich sein können, und bietet

241

Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen

entsprechende Lösungen, um diese Arbeitsumgebung zu optimieren. Im Idealfall ist ein einziger, erfahrener Dienstleister für sämtliche Services verantwortlich und jederzeit ansprechbar. So reduziert sich der administrative Aufwand (etwa für Raumbuchungen und technische Ausstattung) maßgeblich und die Mitarbeiter können sich auf das Kerngeschäft konzentrieren. Allerdings schrecken Unternehmen häufig davor zurück, die vielen Services und Dienstleister von nur einem Anbieter übernehmen zu lassen. Ganz nach dem Motto "Never change a running system" fürchten sie Unsicherheit, Ausfälle, Unterbrechungen oder weitere Unannehmlichkeiten. Sowohl für Auftraggeber als auch für

Dienstleister

liegt

eine

besondere

Herausforderung

vor,

wenn

im

laufenden

Geschäft

Dienstleistungsverträge übernommen und Services überführt werden müssen. Im Idealfall merken weder Mitarbeiter noch Kunden, welche Herkulesaufgabe hinter den Kulissen durchgeführt wird. Nur ein reibungsloser, störungsfreier Ablauf garantiert, dass das eigentliche Business unbeeinträchtigt weiterläuft, Mitarbeiter sich auf das Kerngeschäft fokussieren können, Kunden weiterhin zufrieden sind. Nerven und bares Geld kosten bei Prozessauslagerungen dagegen eine holprige Umsetzung mit ruckelnder IT, Baulärm oder nicht erreichbaren Ansprechpartnern.

6

Integriertes Facility Management bei Unilever

Der weltweit führende Konsumgüterkonzern Unilever setzt auf eine Partnerschaft mit dem Dienstleister Sodexo. Beide Unternehmen arbeiten partnerschaftlich zusammen an der Umsetzung einer integrierten Facility-Management-Lösung. In den meisten global agierenden Konzernen ist über die Jahre und Jahrzehnte ein Netz aus unterschiedlichen Dienstleistern entstanden, die ursprünglich engagiert wurden, um Kosten zu senken und Prozesse auszulagern, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Die Verwaltung unzähliger Dienstleister erfordert allerdings einen administrativen Aufwand, der mehr Ressourcen bindet als freisetzt. Aus diesem Grund entschied sich der Konsumgüterkonzern 2012 für einen zentralen Ansprechpartner und ein ganzheitliches, integriertes Facility Management aus einer Hand. Heute stellt Sodexo an 75 Standorten in 15 Ländern Leistungen bereit, die einen Wert von 90 Millionen Euro pro Jahr haben. Das ist reibungslos und ohne Verluste für den Kunden möglich, weil der Partner eine weltweite Präsenz sowie langjährige Erfahrung in den verschiedensten Märkten hat. Das internationale Know-how war ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Partnerschaft. Denn lokale Kostenstrukturen oder regionale Gegebenheiten kann nur berücksichtigen, wer vor Ort mit diesen vertraut ist. Mit Sodexo hat Unilever seine rund 600 Facility-Management-Anbieter auf einen Spezialisten reduziert. Zu den übernommenen Services gehören unter anderem Reinigung, Technik, Logistik, Sicherheit, Helpdesk und Catering. Die standardisierten Prozesse mit übergreifendem Account Management, Reporting und Performance brachten sehr schnell signifikante, messbare Kosteneinsparungen bei gleichzeitig konstanter Leistungserbringung und gleichbleibend hoher Qualität. Eine effizientere Organisation der Dienstleistungen heißt aber keinesfalls, dass langjährige Dienstleister die Leidtragenden sind. Vielmehr sieht sich Sodexo hier in der Verantwortung. So konnten im Fall Unilever weltweit 300 konzerneigene Mitarbeiter sowie 1.600 Angehörige ehemaliger Lieferanten übernommen werden. Weltweite Kundenteams verfügen über Kenntnisse der Prozesse und lokalen Gegebenheiten, was sie besonders wertvoll bei der Prozessumsetzung macht.

242

Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen

7

Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen

Unternehmen sollten sich die Mühe machen, alle existierenden Facilities und Bewirtschaftungskosten über sämtliche Standorte hinweg einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Dann wird im ganzen Umfang deutlich, welche Kosten mit ihnen verbunden sind und welch enorme Bedeutung sie für die Wettbewerbsfähigkeit haben. Bereits hier kann ein erfahrener, international agierender Dienstleister helfen „Effizienzfresser" zu identifizieren und ressourcensparend zu planen. Globale Konzerne sind aber nicht nur ihren eigenen Mitarbeitern verpflichtet, sondern haben auch eine gesellschaftliche Verantwortung und sind ein Baustein in den Wirtschafts- und Sozialsystemen der Länder, in denen sie operieren. So wundert es nicht, dass Population Health Management (PHM) in naher Zukunft eine wichtige Rolle zukommen wird. Unter PHM versteht man eine breit angelegte Vorgehensweise, mit der die Krankheitslast von ganzen Bevölkerungsgruppen durch Interventionen auf individueller, unternehmensweiter und kultureller Ebene verringert werden soll. Durch Einbeziehung der Mitarbeiter kann eine PHM-Strategie die allgemeine Inanspruchnahme von Gesundheitssystemen verringern und einer zukünftigen Überlastung vorbeugen. Der systematische Ansatz des PHM ordnet Bevölkerungsgruppen nach gesundheitlichen Risikoprofilen und nutzt dabei verschiedene Verhaltensstrategien zur Minderung weiterer Risiken. Klassisch wird PHM im Krankenhaus-Kontext angewandt, doch auch Arbeitgeber in Wirtschaft und Industrie können eine entscheidende Rolle übernehmen und setzen die PHM-Prinzipien immer öfter am Arbeitsplatz ein. Ein Beispiel sind hier Fluggesellschaften, deren Bodenpersonal im Schichtbetrieb arbeitet und deren Flugpersonal zusätzlich unter der Zeitverschiebung leidet. Allerdings befindet sich der Einsatz von PHM am Arbeitsplatz derzeit noch in der Entwicklung. Damit jedoch die Gesundheitskosten nicht weiter zunehmen, sind Programme erforderlich, die über die typischen Modelle für das Wohlbefinden von Angestellten hinausgehen und sich in Richtung eines integrierten, umfassenden Ansatzes bewegen. Auch in diesem Zusammenhang kann ein integriertes Facility Management zu einer verbesserten Lebensqualität beitragen. Werden bestehende Verträge und Services zahlreicher Dienstleister zu einem Anbieter übertragen, erfordert das mehr als das schlichte Zusammenstellen von Einzelleistungen. Vielmehr ist der Anbieter ein Prozesskoordinator, der Bedarf und Nachfrage des Unternehmens optimal mit den angebotenen Leistungen verzahnt. Denn Mitarbeiter, Partner und Kunden nehmen funktionierenden Services im laufenden Betrieb als selbstverständlich hin. Fallen diese aber aus oder sind nur eingeschränkt verfügbar, haben sie schnell negative Auswirkungen auf die Reputation und den Wert eines Unternehmens.

8

Trend-Thema Big Data am Arbeitsplatz

Die funktionierende Infrastruktur eines Unternehmens ist enorm wichtig. Allerdings gehört zur Technologie noch ein weiterer Aspekt: Noch nie konnten Unternehmen so viele Daten über ihre Anlagen und über die Tätigkeit ihrer Mitarbeiter sammeln wie heute. Das Internet der Dinge ─ also die Vernetzung von technischen Geräten untereinander ─ bildet dann sogar die nächste Stufe der Technologisierung unserer Arbeitsumgebung. Etwa wenn der Bürostuhl, der maßgeblich zur Mitarbeitergesundheit beiträgt, mittels Sensoren erfasst, ob alle Einstellungen für den Sitzenden optimal vorgenommen werden. Falls nicht, meldet er dies an den Hersteller, der verbesserte Einstellungen via Web empfehlen oder sogar vornehmen lassen kann. Während jedoch im Bereich Facility Management viel über intelligente Räume, Gebäude und die Vorteile

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Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen

von Big Data für das Facility Management gesprochen wird, scheint intelligentem Verhalten wenig und intelligenter Führung fast gar keine Aufmerksamkeit zuteil zu werden. Dabei kommt der Unternehmensführung eine entscheidende Rolle zu, um die Skepsis und Unsicherheit gegenüber der Datenerhebung zu zerstreuen. Es ist deshalb ratsam, offen und vorab über die zu erhebenden Daten und ihre Verwendung zu informieren. Auch die Gründe sowie die Ergebnisse sollten stets transparent mit der Belegschaft geteilt werden. Wenn Unternehmen sich auf solche Daten konzentrieren, die das Arbeiten angenehmer und effizienter machen können, werden Mitarbeiter ihre Organisation sogar bei der Erhebung unterstützen. Da die Anerkennung der Mitarbeiter ein wichtiger Faktor ist für die Loyalität zum Unternehmen und dem persönlichen Wohlbefinden, ist es wichtig, die Unterstützung der Belegschaft nicht einfach als selbstverständlich hinzunehmen. Werden also die Bemühungen der Mitarbeiter ─ beispielsweise im Bereich der Gesundheitsvorsorge (richtiges Sitzen, gesundes Essen, Bewegung) oder der Energieeinsparung ─ zusätzlich durch ein Belohnungsprogramm unterstützt, steigt die Zustimmung und führt zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der gemeinsamen Performance. verantwortungsbewusste

Führungskräfte,

engagierten

Das reibungslose Zusammenspiel von

Mitarbeitern

und

einem

integrierten

Facility

Management ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, um den globalen Herausforderungen gewachsen zu sein und die Lebensqualität von Mitarbeitern, Kunden und Partnern nachhaltig zu verbessern. Ein angenehmes Arbeitsumfeld, in dem sich zufriedene Mitarbeiter voll auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können, steigert die Produktivität und sichert die unternehmerische Zukunft. Integriertes Facility Management kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Das reibungslose Zusammenspiel von verantwortungsbewusste Führungskräfte, engagierten Mitarbeitern und einem integrierten Facility Management ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, um den globalen Herausforderungen gewachsen zu sein und die Lebensqualität von Mitarbeitern, Kunden und Partnern nachhaltig zu verbessern.

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Zufriedene Mitarbeiter als Wettbewerbsvorteil – Partnerschaftlich mehr Verantwortung übernehmen

Literaturverzeichnis Sodexo, 2016 Workplace Trends Report, http://sodexoinsights.com/wpcontent/uploads/2016/03/Workplace%20Trends%202016%20Final.pdf (28. November 2016)

Sodexo, 2015 Workplace Trends Report, http://viewer.zmags.com/publication/6afcd068#/6afcd068/1 (28. November 2016)

Der Workplace Trends Report von Sodexo erforscht jedes Jahr den Wandel der Arbeitswelt und Wege zu neuer Wettbewerbsfähigkeit. Er kombiniert Einblicke aus Forschung, von Kunden, aus der akademischen Welt und aus führenden Facility-Management sowie Human Resources Handelsorganisationen.

Autorenporträt Andreas Tenkmann – Vice President HR DACH bei Sodexo Seit dem 1. April 2015 ist Andreas Tenkmann Vice President HR für die D|A|CH-Region bei Sodexo. Als zentraler Personalvorstand treibt er die Bemühungen weiter voran, den Mitarbeitern bei Sodexo ein hohes Maß an Lebensqualität zu bieten etwa durch Projekte aus dem Bereich Vielfalt, Mitarbeiter Benefits und Gesundheitsmanagement. So ist er unter anderem Sponsor des Mitarbeiter-Netzwerks PRIDE. Andreas Tenkmann blickt auf langjährige Erfahrung in verschiedenen Führungspositionen im Bereich Human Resources zurück. Seit 2012 war er als HR-Director beim Schuhfilialisten Foot Locker tätig und verantwortete die Personalangelegenheiten in Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien, Ungarn und der Schweiz. Erfahrungen aus dem Facility-Management und Catering Markt, bringt Andreas Tenkmann aus seiner vorherigen Tätigkeit bei der ARAMARK Holding mit: Von 2007 bis 2012 war er dort als HR-Director für das Personalmanagement zuständig.

245

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitätstreiber: Der Weg des FM’s aus der Commodity Falle Daniel von Felten, Christian Coenen und Mirjam Pfenninger ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Zusammenfassung Können wir durch FM-Dienstleistungen Produktivität für das Kerngeschäft kaufen? Ist es möglich durch Investitionen in FM-Dienstleistungen ein mehrfaches Payback im Kerngeschäft zu erzielen? Beide Fragen dürfen wir mit JA beantworten, jedoch um dies zu realisieren, braucht es einen weiteren Wandel, eine weitere Entwicklung sowohl bei den FM-Anbietern wie auch bei den FM-Nachfragern. Mit dem nachfolgenden Beitrag wird zuerst erläutert, weshalb das FM als Unkostenfaktor 21 wahrgenommen wird und in die Commodity Falle geraten ist. Im Hauptteil des Beitrags wird anhand einer quantitativen Studie mit rund 7'000 Teilnehmenden das Nachfrage- und mit 4'700 Teilnehmenden das Produktivitätspotential im FM erforscht. Bei 60 – 80 % der FM-Nutzer wird ein ungedeckter Bedarf an den evaluierten Dienstleistungen aufgezeigt. Die Arbeitsproduktivität würde durchschnittlich um 2'000 CHF bis 5'000 CHF je Jahr steigen, pro zusätzlich nachgefragter Dienstleistung. Anhand von zwei exemplarischen Beispielen wird aufgezeigt, dass mit den zusätzlich eingekauften Services ein drei- respektive 10faches Payback in Form von Produktivität erschlossen werden könnte. Damit dieses Nutzenpotential erschlossen werden kann, sind zwei Wege zu verfolgen. Der eine ist die Evolution des Selbstverständnisses der FM-Branche und der zweite eine nutzerorientierte Individualisierung der FM-Leistungen.

1

Einleitung und Fragestellungen

Seit Jahren hört man von einem steigenden Kostendruck, der auch im Facility Management immer mehr zum Tragen kommt (Henzelmann, 2001; Hanhart, 2008; Kummert, 2015). Es ist sogar so, dass von den Facility Managern ungeachtet der Konsequenzen verlangt würde, immer wieder die Kosten zu senken. So schreiben Ware/Carder (2012, S. 6) stellvertretend für viele in der FM-Branche in der RICS Studie: “heads of FM are so often told to cut (or freeze) their budgets without reference to the causal chain of consequences to the workforce, to work processes and productivity, and to the bottom line itself. Without understanding the consequences of these budget cuts, FM has become a commodity rather than a professional skill in many organisations, to be procured at lowest cost. Worse still, the FM industry does not yet have the sophistication to be able to analyse and report on the consequences of lowered standards and reduced (or lower-cost) resources.” Dies führt zu Fragestellungen, welchen in diesem Beitrag nachgegangen wird: a) Wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass das FM in diese „Commodity-Falle“ geschlittert ist und von vielen hauptsächlich als „Unkostenfaktor“ gesehen wird?

21

Im Alltag wird häufig von Unkosten gesprochen, auch die Gesetzestexte enthalten das Wort. Im umgangssprachlichen Terminus «Unkosten» ist das (ab)wertende «Un» enthalten und man assoziiert dies mit weiteren Unwörtern wie Unding, unnütz, unmöglich, unsäglich usw. Während der betriebswirtschaftlich richtige Begriff der Kosten neutral ist, steckt im Wort Unkosten diese negative Wertung der «überflüssigen» Kosten. Das FM wird häufig als Unkostenfaktor gesehen, mit der gesamten negativen Wertung.

246

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

b) Ist das Facility Management nur ein Unkostenfaktor oder hat es Potential die Wertschöpfung im Kerngeschäft einer Unternehmung zu steigern? Die Antworten zu der ersten Frage ist einerseits in den Theorien und der Literatur zum Management der letzten 30 Jahre zu finden und andererseits auch im Eigenverständnis der Facility Management Branche selbst.

2

Facility Management: vom Unkostenfaktor in die Commodity-Falle

Theorien und Literatur zum Thema Management - Seit Michael Porter (1985) die Wertschöpfungskette als ganzheitlichen Ansatz für die Entwicklung von Unternehmensstrategien entwickelte, werden die Aufgaben einer Unternehmung in „Primary Activities“ und „Support Acitivities“ unterteilt. Mit den „Primary Activities“ wird die Wertschöpfung für die Kunden der Unternehmung geschaffen. Facility Management gehört dabei zu den Support Activities, welche nach diesem Ansatz nicht zur Wertschöpfung beitragen. Osterloh/Frost (2006) plädieren dafür, dass Unternehmen sich auf ihre Haupttätigkeiten im Kerngeschäft konzentrieren sollen, da Unterstützungsdienstleistungen nicht zu einem Wettbewerbsvorteil beitragen können und somit standardisiert und einfach zu kopieren sind. Dieser Ansatz wird bis heute kaum in Frage gestellt und in den gängigen Management-Lehrbüchern werden die Aktivitäten einer Unternehmung in Management- / Geschäfts- und Unterstützungsprozesse eingeteilt (siehe dazu auch Rüegg-Stürm, 2009). Eigenverständnis der FM-Branche - Obwohl der Begriff Facility Management bereits Mitte der 80er Jahre in Europa auftaucht (GEFMA, 2016) ist Facility Management in Unternehmenskreisen erst um die Jahrtausendwende in der Schweiz etwas breiter in der Fachwelt bekannt, wobei das Verständnis dazu noch sehr unterschiedlich ist (Frei et al., 2000). Das Facility Management machte sowohl in der Vergangenheit wie auch heute auf sich aufmerksam, indem es verspricht, bei allen Aufgaben welche nicht zum Kerngeschäft gehören, die Qualität zu verbessern und Kosten einzusparen (GEFMA, 2016). Die Bedeutung des FM’ s wird unter anderem hervorgehoben, indem aufgezeigt wird, dass die Bewirtschaftungskosten im Lebenszyklus einer Immobilie um ein mehrfaches höher liegen im Vergleich zu den Erstellungskosten. Die Unternehmungen gehen davon aus, dass der FM-Bedarf zunehmen wird, „weil unter anderem mit FM bis zu 25 % der Betriebskosten eingespart werden können“ (Frei et al., 2000, S. 30). In der GEFMA Richtlinie 100-1 FM Grundlagen (2004) Ziff. 3.1 wird der Begriff Facility Management mit zwei Sätzen erläutert. Im zweiten Satz steht: „Hierzu dient die permanente Analyse und Optimierung der kostenrelevanten Vorgänge rund um bauliche und technische Anlagen, Einrichtungen und im Unternehmen erbrachte (Dienst-) Leistungen, die nicht zum Kerngeschäft gehören.“ Das Selbstverständnis auch innerhalb der FM-Branche ist bei vielen immer noch, dass FM in erster Linie ein „Effizienzsteigerer“ und „Kostenoptimierer“ ist. Es darf daher nicht erstaunen, dass die Unternehmensleitungen beim FM auf die „Unkosten“ fixiert sind und von den FM-Verantwortlichen und FM-Leistungserbringern hauptsächlich Kostensenkungen einfordern und dies immer wieder von neuem.

247

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

3

Nachfrage- und Produktivitätspotential im FM – Die Studie

3.1

Theoretische Grundlagen

Ist das Facility Management tatsächlich nur ein Unkostenfaktor und soll es wie eine Handelsware beschafft und somit standardisiert und einfach möglichst günstig eingekauft werden? Oder hat das Facility Management das Potential Nutzen und Mehrwerte im Unternehmen zu schaffen und Produktivität zu generieren? Kann ein Unternehmen Produktivität durch das FM erwerben? Das European Committee for Standardisation (CEN) definiert Facility Management als: „Integration von Prozessen innerhalb einer Organisation zur Erbringung und Entwicklung der vereinbarten Leistungen, welche zur Unterstützung und Verbesserung der Effektivität der Hauptaktivitäten der Organisation dienen“ (CEN, 2006,

S.

5).

In

Bezug

auf

diese

Definition

zeigen

Coenen/von

Felten

(2012,

2014)

den

Dienstleistungscharakter des FM’s auf und plädieren dafür, dass Facility Management in erster Linie als eine Disziplin des „Services Management“ / „Dienstleistungsmanagement“ gesehen werden soll, nebst den ergänzenden Disziplinen des Ingenieurwesens, der Architektur, des Bauhandwerks, sowie weiteren. Bei der Diskussion wie Produktivität gemessen werden soll, kommen Grönroos und Ojasalo (2004, S. 421) zum Ergebnis: “Regardless of the problems involved, the only theoretically correct and practically relevant approach to measuring service productivity seems to be to base productivity calculations on financial measures.” Die Produktivität einer Dienstleistung ist dabei das Verhältnis zwischen Ertrag durch den Service / Kosten zur Erbringung des Service. Die Produktivität eines Dienstleistungserbringers ist dabei das Verhältnis zwischen totaler Ertrag/totale Kosten. Das bedeutet, dass für Aussagen zur Produktivität im FM zwingend Kosten und Ertragsdaten verglichen werden müssen. Mit der Erhebung der Kosten und Erträge im Zusammenhang mit den FM-Dienstleistungen ist jedoch der mögliche Nutzen respektive der mögliche Mehrwert des FM’s noch nicht bestimmt. Bereits Aristoteles, Adam Smith oder auch Karl Marx (Marx, 1867, erstes Kapitel) befassten sich mit dem Phänomen, dass der Preis eines Produktes nur bedingt mit den Kosten 22 der Leistungserstellung und dem Nutzen des Produktes zusammenhängen. So ist am Gemüsemarkt der Preis für die Salate gegen das Marktende tiefer als zu Beginn, obwohl die Kosten für die Produktion des Salates sich nicht verändern. Wasser kostet nicht viel und ist trotzdem äussert nützlich, und je nach Situation sogar überlebenswichtig. Stephen Vargo und Robert Lusch erläuterten in ihrem seither vielbeachteten Konzept der „Service-dominant logic“ (2004, 2008) einige in fundamentale Grundsätze zum „Wesen“ und der „Produktion“ von Dienstleistungen. Einige in diesem Zusammenhang wichtige Grundsätze sind: •

Service is the application of knowledge and skills to provide benefits to others.

FP3; Goods are a distribution mechanism for service provision.

FP6; The customer is always a co-creator of value.

FP7; The enterprise cannot deliver value, but only offer value propositions (Implies value creation is interactional);

FP10; Value is uniquely and phenomenologically determined by the beneficiary.

22 Aristoteles, Adam Smith und Karl Marx verwendeten zur Beschreibung des Phänomens andere Begriffe als die heute üblichen Termini Preis, Kosten, Nutzen.

248

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

Die Wertschöpfung einer Dienstleistung wie Facility Management wird deshalb durch den Kunden (respektive die verschiedenen Kundentypen im FM - Auftraggeber, Kunde, Nutzer) mitgestaltet. Der Nutzen der FMDienstleistung ist für jeden einzelnen Kunden individuell. Deshalb ist es sinnvoll, den Nutzen und die Wertschöpfung auch individuell je Kunde zu messen. Unter dem Kundennutzen (perceived customer value) versteht man heute die Differenz aus den individuellen Opfer (sacrifices) wie Kosten, Zeit, Mühsal welche es benötigt, eine Dienstleistung zu erwerben und zu nutzen im Vergleich zu den Vorteilen (benefits) die aus dem Nutzen der Dienstleistung erwachsen, wie funktionaler, finanzieller, sozialer, emotionaler Nutzen (siehe dazu allgemein: Zeithaml 1988, Grönroos 1997, Grewal/Monroe/Krishnan 1998, Parasurman/Grewal 2000, in: Wachter, N., 2005; in FM-spezifischem Kontext: Coenen et al. 2013). Osterwalder et al. (2015) sprechen in diesem Zusammenhang in Anlehnung an die neuropsychologischen Vorgänge im Gehirn von „Pain“ & „Gain“ (Schmerz und Gewinn/Belohnung/Nutzen).

3.2

Studienaufbau und Teilnehmende

Um dies so gut wie möglich im FM zu messen, wurde eine Studie entwickelt, welche in drei Schritten aufgebaut wurde (von Felten et al., 2015). Der Kundennutzen wurde dabei individuell auf der Nutzerebene erfasst, ebenso wie die Produktivität. Es ist davon auszugehen, dass viele FM-Dienstleistungen heute bereits in unterschiedlicher Qualität mit unterschiedlichem Nutzen in Unternehmen erbracht werden. •

Deshalb wurde zuerst gefragt, wie sich das Arbeitsergebnis verändern würde, wenn ein zu beurteilender Service auf bestmöglichste Weise angeboten wird. Mit dem Begriff „bestmöglich“, wird dabei der individuelle, maximale Vorteil (benefit, gain) adressiert, eine Frage zum grundsätzlichen Produktivitätspotential im FM. Wenn der Nutzer der FM-Dienstleistung ein Bedürfnis nach mehr oder besseren FM-Dienstleistungen erkennt, weil diese seine Produktivität steigern würden, dann bezeichnen wir dieses Produktivitätspotential als „Nachfragepotential“, da der Nutzer diese Leistung potentiell nachfragen würde, diese Leistung ihn bis heute jedoch nicht erreicht.

In einem zweiten Schritt wurde der Nutzer befragt, wie viel „Arbeitsproduktivität“ in Zeiteinheiten gewonnen würde, wenn der zu beurteilende Service bestmöglich erbracht würde.

In einem dritten Schritt wurde die gewonnene Arbeitsproduktivität in Stunden mit den individuellen Arbeitskosten gewichtet und diese den geschätzten erhöhten Ressourcen gegenübergestellt, welche benötigt würden, um die individuelle, beste Qualität der FM-Dienstleistung zu erbringen, um so die effektive gewonnene Produktivität zu ermitteln.

Die Daten zur Studie wurden in einer auf nationaler Ebene durchgeführten repräsentativen Onlineumfrage bei Berufstätigen mit Hochschulabschluss gewonnen, die aus der Perspektive als FM-Nutzer geantwortet haben. Insgesamt beantworteten 7‘500 Personen den Frageblock zum allgemeinen Produktivitätspotential von FMDienstleistungen. Von diesen Befragten haben rund 62 Prozent eine Managementfunktion inne, 16 Prozent sind im oberen Management, 26 Prozent im mittleren Management und 20 Prozent auf der unteren Führungsebene. Die Teilnehmenden arbeiten in verschiedenen Wirtschaftssektoren; der Hauptsektor ist die Industrie und Produktion (18 Prozent) und das Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (14 Prozent). Von den 7‘500 Teilnehmenden haben sich rund 4‘700 Teilnehmende bereit erklärt, die zusätzlichen Fragen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität zu beantworten. Von diesen haben ca. 63 Prozent eine Managementfunktion, 16 Prozent sind im oberen Management, 27 Prozent im Mittleren Management und 20

249

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

Prozent in der unteren Führungsebene. Die Hauptsektoren dieser Personen sind wiederum Industrie und Produktion (19 Prozent) und Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (13 Prozent).

3.3

Das Nachfragepotential im FM

Die Frage dabei lautete: „Wie verändert sich Ihr Arbeitsergebnis, wenn die folgenden Services in Ihrer Organisation auf bestmögliche Weise angeboten würden?“ Die Umfrageteilnehmenden hatten die Möglichkeit, die Frage auf einer Vierer-Likert-Skala mit den Optionen „gar nicht“, „etwas besser“, „besser“, „sehr viel besser“ und der zusätzlichen Option „weiss nicht“, zu beantworten. Dabei wurden die Antworten „etwas besser“, „besser“ und „sehr viel besser“ als Nachfragepotential zusammengefasst.

Abbildung 1: Nachfragepotential von FM und FM-nahen Dienstleistungen

Bei der Mehrheit der Nutzer besteht demnach ein erstaunlich hohes ungedecktes Bedürfnis, ein Nachfragepotential nach mehr und/oder besseren Dienstleistungen in diesen Bereichen. Bei den Dienstleistungen welche zu einem „ungestörten Arbeiten“ führen, besteht bei mehr als 80 % der Befragten ein ungedecktes Bedürfnis. Aber auch bei Dienstleistungen wie Verpflegung sind mehr als 60 % der Meinung, dass eine Verbesserung dieser Leistung zu einem besseren Arbeitsergebnis bei ihnen führen würde.

3.4

Die Steigerung der Arbeitsproduktivität

Die Frage dazu lautete: „Wie viel produktive Arbeitszeit je Woche gewinnen Sie, wenn die folgenden Services und

Einrichtungen

in

Ihrer

Organisation

auf

bestmögliche

Weise

angeboten

würden?“

Die

Antwortmöglichkeiten waren folgende: „keine“, „3h“ und „weiss nicht“. Dies ermöglicht es, den potentiellen Produktivitätszuwachs an Arbeitszeit in Stunden pro Jahr zu berechnen. Da in der Umfrage auch die individuellen Gehälter der Studienteilnehmenden erhoben wurden, konnten daraus die Arbeitskosten in CHF berechnet werden. Tabelle 1 zeigt das jährliche Arbeitsproduktivitätspotential pro Service pro Person in absteigender Reihenfolge.

250

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

Tabelle 1: Jährliches Arbeitsproduktivitätspotential pro Service pro Person

FM Service

n

Stunden Mittelwert

Stunden Median

CHF Mittelwert

CHF Median

ungestörtes Arbeiten

4‘712

50

34

3‘300

2‘100

ICT Hardware

4‘712

31

23

2‘000

1‘400

ICT Services

4‘712

29

23

1‘900

1‘300

Dokumentenmanagement

4‘712

22

23

1‘500

900

Mobilitätsservices

4‘712

20

1‘300

Büroservices

4‘712

19

1‘300

Meetingpoints

4‘712

19

1‘300

Arbeitsplatz: Mobiliar und Einrichtungen, Ablageflächen Arbeitsplatz: Luft, Licht und Raumtemperatur

4‘712

18

1‘200

4‘712

17

1‘100

Verpflegung

4‘712

16

1‘000

Technische Anlagen

4‘712

13

800

Kinderbetreuung

4‘712

10

700

Reinigung und Entsorgung

4‘712

7

500

Mit einem durchschnittlichen jährlichen Produktivitätspotential von 3‘300 CHF (Median 2‘100 CHF) hat auch hier das „ungestörte Arbeiten“ das grösste Potential. Es gilt zu berücksichtigen, dass die „Störung“ einer Person bei einer anderen Person zu Mehrwert führen kann. Zum Beispiel, wenn man bei einem arbeitsbezogenen Problem eine Kollegin anspricht und diese einem weiterhelfen kann, dann wird die individuelle Produktivität der „störenden“ Person erhöht, jedoch diejenige der befragten Kollegin durch die Störung verringert. „Ungestörtes Arbeiten“ wird gefolgt von „ICT Hardware“ (Mittelwert 2‘000 CHF, Median 1‘400 CHF). Weiter sehen die Teilnehmenden auch ein Produktivitätspotential von 1‘900 CHF (Durchschnitt 1‘300 CHF) für “ICT Services”. Bei der Analyse der Daten fällt auf, dass einige der Services, wie z.B. Mobilitätsservices, einen Median mit dem Wert Null haben, jedoch einen relativ hohen Mittelwert aufweisen. Dies zeigt, dass es teilweise ein grosses Potential gibt, jedoch nur vereinzelt für weniger als 50% der Teilnehmenden, mit anderen Worten die Streuung ist gross, es gibt starke individuelle Unterschiede. Deshalb wurde eine zweite Analyse durchgeführt, bei der nur die Teilnehmenden berücksichtigt wurden, welche ein Produktivitätspotential sehen. Die Tabelle 2 zeigt die angepasste Rangfolge ohne die Nullwerte beim Potential.

251

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

Tabelle 2: Jährliches Arbeitsproduktivitätspotential pro Service pro Person (ohne Antworten “kein Produktivitätspotential”)

FM Service

Kinderbetreuung

n

697

Stunden Mittelwert

Stunden Median

70

68

CHF Mittelwert

CHF Median

4‘800

3‘800

ungestörtes Arbeiten

3‘399

69

68

4‘500

3‘600

ICT Hardware

2‘889

51

34

3‘300

2‘200

ICT Services

2‘756

49

34

3‘200

2‘100

Mobilitätsservices

1‘898

49

34

3‘200

2‘100

Arbeitsplatz: Luft, Licht und Raumtemperatur Büroservices

1‘807

45

34

3‘100

1‘900

1‘995

44

34

2‘900

1‘900

Meetingpoints

2‘058

43

34

2‘900

1‘900

Dokumentenmanagement

2‘439

42

34

2‘800

1‘900

Verpflegung

1‘802

41

34

2‘700

1‘900

Arbeitsplatz: Mobiliar und Einrichtungen, Ablageflächen Technische Anlagen

2‘180

40

34

2‘600

1‘800

1‘639

37

23

2‘400

1‘700

Reinigung und Entsorgung

1‘140

30

23

1‘900

1‘600

Tabelle 2 zeigt, dass FM Services bezüglich der Arbeitsproduktivität unterschiedliche Gewichtungen haben. „Kinderbetreuung“ mit einem Mittelwert von 4‘800 CHF (Median 3‘800 CHF) kann das höchste Potential zugeschrieben werden. Jedoch würden nicht alle Teilnehmenden von diesem FM Service profitieren, wobei diese Dienstleistung für gewisse Teilnehmende (hier 697) viel Zeit einsparen würde, wenn dieser in der bestmöglichen Weise angeboten würde. „Ungestörtes Arbeiten“ ist nun mit einem Produktivitätspotential von 4‘500 CHF höher (Tabelle 2) als vor der Anpassung (3‘300 CHF, Tabelle 1) und mit 3‘399 Personen der meist gewählte Service mit Produktivitätspotential. Auf dem dritten Platz ist „ICT Hardware“ mit einem Durchschnitt von 3‘300 CHF und einem Median von 2‘200 CHF. Zur besseren Übersicht und Vergleichbarkeit ist das jährliche Arbeitsproduktivitätspotential pro Service pro Person ohne die Nullwerte in untenstehender Abbildung 2 als Diagramm dargestellt.

252

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

Abbildung 2: Jährliches Arbeitsproduktivitätspotential pro Service pro Person - sortiert (ohne “kein Produktivitätspotential”)

Die Auswertungen in Abbildung 2 zeigen, dass bei sämtlichen Dienstleistungen ein Potential besteht, die Arbeitsproduktivität zu erhöhen, durchschnittlich zwischen knapp CHF 2'000 und knapp CHF 5'000 je Jahr und relevantem Arbeitsplatz. Während bei den Reinigung- und Entsorgungsdienstleistungen jeder vierte Arbeitsplatz mit einem Arbeitsproduktivitätspotential von gegen je CHF 2'000 betroffen ist, zeigt sich bei den Dienstleistungen zum „ungestörten Arbeiten“, dass bei mehr als 70 % der Arbeitsplätze ein Arbeitsproduktivitätspotential je Jahr von CHF 4'500 zu Grunde liegt.

3.5

Gewinnung von Produktivität – Das FM als Produktivitätstreiber

Eine effektive Steigerung der Produktivität liegt jedoch nur dann vor, wenn nach Grönroos und Ojasalo (2004, S. 421) das Verhältnis zwischen (Ertrag durch den Service / Kosten zur Erbringung des Service) positiv ausfällt. Nachfolgend wurde dieser Vergleich vorerst anhand der beiden Beispiele „Reinigung“ und „ungestörtes Arbeiten“ exemplarisch durchgeführt. Dabei basieren sämtliche Kalkulationen auf Schweizer Benchmarks. Wenn das Ergebnis dabei positiv ist, dann können wir von einem „Multiplikatorpotential“ für das FM sprechen, weil die Unternehmung dann durch eine Investition ins FM direkt Produktivität „kaufen“ kann, mehr zurückerhält als sie dabei ausgibt, sich der FM-Franken für die Wertschöpfung „multipliziert“.

253

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

3.5.1

Multiplikatorpotential am Beispiel Reinigung

Mit einem durchschnittlichen Arbeitsproduktivitätspotential von 1900 CHF (n=1140) bei rund 25 % der Arbeitsplätze ist der FM Service Reinigung und Entsorgung in dieser Studie auf der tiefsten Stufe. Die Reinigungskosten pro Arbeitsplatz betragen heute grob geschätzt pro Jahr rund 120 CHF, ermittelt aus Expertengesprächen und Benchmarks. Wenn nun zum Beispiel für eine Person die bestmögliche Weise der Reinigung und Entsorgung erreicht werden müsste und dabei mit einer Verdoppelung der Kosten zur Erbringung der Dienstleistung kalkuliert würde, dann ist das Arbeitsproduktivitätspotential von CHF 1'900 immer noch um ein Mehrfaches übertroffen, als diese zusätzlichen Reinigungskosten von CHF 120 je Jahr. 3.5.2

Multiplikatorpotential durch ungestörtes Arbeiten

Ein zweites Beispiel wurde für den Service mit dem zweithöchsten Arbeitsproduktivitätspotential („ungestörtes Arbeiten“) mit 4‘500 CHF erhoben, bei über 70 % der Arbeitsplätze. Für eine Übersicht der Einflussfaktoren auf die Arbeitsplatzproduktivität einschliesslich Lärmstörung und Privatsphäre wird die Arbeit von Windlinger (2014) empfohlen. Nach Sundstrom (1986) gibt es vier Möglichkeiten, um die Privatsphäre in Büroräumlichkeiten zu verbessern: physische Abgrenzung, separate Bereiche, Normen und Regeln sowie nonverbale Signale und Zeichen. Für dieses Beispiel wurden physische Abgrenzung und separate Bereiche als Massnahmen zur Reduktion von Störungen am Arbeitsplatz zur Berechnung verwendet. Folgende Abbildung zeigt ein Beispiel von zwei verschiedenen Bürotypen.

Übliches Grossraumbüro

Grossraumbüro mit der Möglichkeit zum ungestörten Arbeiten

Bild 3: Vergleich von verschiedenen Bürotypen Die durchschnittlichen Kosten für einen Büroarbeitsplatz werden auf 4’100 CHF je Jahr geschätzt. Eine Vergrösserung des Arbeitsplatzes für mehr Distanz zwischen Mitarbeitenden und zusätzlichen akustischen Abtrennungen mit etwa 1‘400 CHF je Jahr kalkuliert. Somit summierten sich die totalen Arbeitsplatzkosten auf 5‘500 CHF je Jahr. Diese zusätzlichen Arbeitsplatzkosten von 1‘400 CHF je Jahr im Vergleich zum Arbeitsproduktivitätspotential von 4‘500 CHF je Jahr ergeben je Arbeitsplatz ein jährliches dreifach so hohes Produktivitätspotential von 3‘100 CHF.

254

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

4

Schlussfolgerungen, Limitationen und Ausblick

Die Ergebnisse dieses Beitrags zeigen auf, weshalb FM primär als „Effizienzsteigerer“ und „Unkostenfaktor“ gesehen wird. Das dem nicht so sein muss, damit befassen sich in jüngster Zeit verschiedene Forschungsbeiträge im FM (Alexander, 2012; Jensen et al. 2012 / 2012 / 2016, von Felten et al. 2015, Böhm et al. 2016). Der Beitrag in diesem Band „Service Value Management for Enabling People“ von Coenen, von Felten, Pfenninger (2016) kommt zum Schluss, dass die heute übliche Trennung der Geschäftsaktivitäten in Haupt- und Unterstützungsaktivitäten nicht zielführend ist und abgeschafft werden sollte. Die zweite Fragestellung kann auch klar beantwortet werden. Mit FM-Dienstleistungen besteht die Möglichkeit, Produktivität für die Unternehmung einzukaufen. Es ist falsch, das FM als Unkostenfaktor zu sehen und vom FM nur eine Effizienzsteigerung einzufordern. Für sämtliche erhobenen FM-Dienstleistungen besteht bei mehr als 50 % der Nachfrager ein Bedürfnis nach mehr und/oder qualitativ besseren Leistungen. Das Nachfragepotential darf als enorm bezeichnet werden. Die beiden exemplarisch aufgeführten Beispiele der „Reinigung“ sowie des „ungestörten Arbeitens“ zeigen, dass bei der Befriedigung des Nachfragepotentials in der Reinigung ein 15faches Payback und beim ungestörten Arbeiten ein 3faches Payback erschlossen werden kann. Auch wenn in diesem Beitrag „nur“ kalkulatorische Berechnungen durchgeführt wurden, lassen sich die Dimensionen des Nutzenpotentials bei der Umsetzung trotzdem erahnen, zumal sich der Nutzen bei diesen Beispielen lediglich auf die Arbeitsproduktivität (funktionaler Nutzen) beschränkt hat. Dass diese Ergebnisse nicht alleine dastehen, zeigen auch neueste Untersuchungen (Hogrefe et al. 2017) zur Überprüfung der Service-Profit Chain (Heskett et al. 1997). Die Service-Profit Chain zeigt dabei die Einflussfaktoren auf, welche letztendlich zum Markterfolg und Gewinn führen (Heskett et al. 1997). Hogrefe et al. (2017) überprüften mittels Meta-Analysen die Service-Profit Chain und kamen dabei zum Schluss, dass die internen Dienstleistungen einen signifikanten und starken Einfluss in der Service-Profit Chain haben. Nicht nur für die einzelnen Unternehmungen wäre es äusserst sinnvoll diese Nutzenvorteile einzufahren, sondern auch für die Volkswirtschaft als gesamtes. Dies weil FM einerseits einen hohen Anteil an der Bruttowertschöpfung des Landes ausmacht und andererseits am Arbeitsmarkt viele Leute beschäftigt und sich somit der organisationale Produktivitätsgewinn positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit und Ertragskraft von sehr vielen Unternehmen auswirkt. (Thomzik/Striewe/Knickmeier, 2010; Ehret/Wirtz, 2010; von Felten/Coenen, 2013; Thomzik, 2014; Bundesamt für Statistik, 2015; Wirtz/Tuzovic/Ehret, 2015). Damit die dargestellten Nutzenvorteile erschlossen werden können, zeichnen sich hauptsächlich zwei Wege ab, welche es zu erschliessen gilt: a) In einer Evolution des Selbstverständnisses der FM-Branche. Einem Wandel vom Kostenoptimierer zum Nutzengenerierer. b) In der nutzerorientierten Individualisierung der FM-Leistungen. Heute werden die FM-Leistungen mit einer Giesskanne wie in einer „Chicken Farm“ über sämtliche Nutzer in gleichem Ausmass, allenfalls mit zwei drei Service-Leveln, verteilt. Jedoch die Mehrheit der Unternehmen sind heute Dienstleistungsunternehmen und funktionieren nicht wie eine Chicken Farm. Da eine Dienstleistung immer in Zusammenarbeit mit dem Nutzer erstellt wird und der Nutzen ausschliesslich durch den Nutzer bestimmt ist (Vargo/Lusch, 2004/2008), der quantitative / qualitative Bedarf an zusätzlichen FM-Dienstleistungen gesamthaft sehr gross - individuell jedoch sehr unterschiedlich ist, scheint es offensichtlich, dass diese Mehrwerte mit einer Individualisierung der FM-Leistungen erschlossen

255

Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

werden müssen. Mit der Erkenntnis, dass nur schon Männer und Frauen unterschiedliche Bedürfnisse haben (Raumtemperatur; Sanitärräume, etc.) und die Bedürfnisse je nach Arbeitssituation und Person unterschiedlich sind, wird offenkundig, dass die heute nachgefragten und durch die FM Dienstleister erbrachten Dienstleistungen dieser Nachfrage seitens der Nutzer noch nicht entsprechen. Von daher braucht es mehr Forschung und Innovationen in diesem Bereich und der Mut der Branche den Weg in diese Richtung einzuschlagen.

Literaturverzeichnis Alexander, K. (2012). “Co-creation of value in FM”. In K. Alexander, I. Price (Eds), Managing Organizational Ecologies – Space, Management, and Organizations. New York: Taylor & Francis Böhm, M., Coenen, C., von Felten, D. (2016). FM als Produktivitäts-Generator, in Mesago Messe (Hrsg.), Facility Management 2016. Frankfurt: VDE-Verlag. Bundesamt für Statistik (2015). Taschenstatistik der Schweiz. Neuchâtel. Coenen, C. & von Felten, D. (2012). Service-centric logic of FM. In K. Alexander, I. Price (Hrsg.). Managing Organizational Ecologies. Space, Management and Organizations (S. 117-127). New York: Routledge. Coenen, C., Alexander, K., Kok, H. (2013). Facility Management Value Dimensions from a Demand Perspective. Journal of Facilities Management, 11, 4. 339-353. Coenen, C., von Felten, D. (2014). A Service-Oriented Perspective of Facility Management. Facilities, 32, 9/10. 554-564. Coenen, C., von Felten, D., Pfenninger, M. (2016) Service Value Management for Enabling People. In Tagungsband zum Symposium FM - here we go. Ehret, M., Wirtz, J. (2010). Division of Labor between Firms: Business Services, Non-Ownership-Value and the Rise of the Service Economy. Service Science, 2(3), pp. 136-145. Frei, Ch., Lang, R., Staub, P., Weibel, K., Zaugg, Th. (2000) Facility Management und Energieeffizienz, Schlussbericht, Forschungsprogramm „Energiewirtschaftliche Grundlagen (EWG)“. Bundesamt für Energie, Schweiz. European Committee for Standardization (CEN) (2006). EN 15221-1: European Standard in Facility Management-Part 1: Terms and Definitions. Brüssel: CEN. GEFMA (2004). Richtlinie 100-1. Facility Management Grundlagen. Bonn GEFMA (2016). Facility Management. Zugriff am 15.9.2016. Verfügbar unter: http://www.gefma.de/facilitymanagement.html, Hanhart, D. (2008). Mobile Computing und RFID im Facility Management. Berlin: Springer. Henzelmann, T. (2001). Facility Management: Die Chance für EVU. In T. Henzelmann (Hrsg.), Facility Management: Ein neues Geschäftsfeld für die Versorgungswirtschaft, 2 (S. 1-17). Renningen: expert. Heskett, J., Sasser, E., Schlesinger, A. (1997). The Service-Profit Chain: How Leading Companies Link Profit and Growth to Loyalty, Satisfaction, and Value. New York: The Free Press. Hogreve, J., Iseke, A., Derfuss, K., Tönnjes, E. (2017). The Service–Profit Chain: A Meta-Analytic Test of a Comprehensive Theoretical Framework. Journal of Marketing, March 2017, forthcoming. Jensen, P., van der Voordt, T., Coenen, C., von Felten, D., Lindholm, A., Balslev Nielsen, S., Riratanaphong, C., Pfenninger, M. (2012). In search for the added value of FM: What we know and what we need to learn. Facilities, 30, 5/6. 199-217. Jensen, P., van der Voordt, T., Coenen, C. (2012). The Added Value of Facilities Management - Concepts, Findings and Perspectives. Lyngby: EuroFM, Polyteknisk. Jensen, P., van der Voordt, T. (2016). Facilities Management and Corporate Real Estate Management as Value Drivers: How to Manage and Measure Adding Value. London: Routledge.

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Vom Unkostenfaktor zum Produktivitäts-Generator

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Die 20 hartnäckigsten Missverständnisse und Irrtümer zu Büroarbeitswelten

Die 20 hartnäckigsten Missverständnisse und Irrtümer zu Büroarbeitswelten Lukas Windlinger, Jennifer Konkol, Marcel Janser, Fabienne Schanné, Stefanie Lange, Ying Ying Cui ZHAW, Institut für Facility Management Grüental/RA, 8820 Wädenswil [emailprotected]

Einleitung Wenn Facility Management als junge Disziplin bezeichnet wird, so ist Workplace Management noch jünger. Seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts ist Workplace Management als Teilgebiet des Facility Managements etabliert (Price, 2003) und hat seither kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Heute ist Workplace Management vor allem in Organisationen im Dienstleistungssektor ein zentrales Aufgabenfeld, zumal 75 Prozent der Schweizer Beschäftigten im Dienstleistungssektor arbeiten und fast 2 Millionen in wissensintensiven Tätigkeiten (Eurostat, 2016) - also mindestens teilweise auch im Büro. Workplace Management birgt ein grosses Potenzial, in Organisationen Mehrwerte zu generieren. Die Bedeutung der Arbeitsumgebung für Arbeitsleistung, Gesundheit und weiteren organisationalen Zielen ist inzwischen relativ gut belegt ist (z.B. Windlinger, 2012). Das Verhältnis zwischen Facility Management und Workplace Management ist deshalb mittlerweile ein viel diskutiertes Thema und Workplace Management wird von einigen Autoren als Kern des FM angesehen (z.B. McGregor & Shiem-Shin Then, 1999; Tay & Ooi, 2001) während es in Lehrbüchern zu FM oft noch kaum Beachtung findet (z.B. Atkin & Brooks, 2005; Cotts, Roper, & Payant, 2010). Die Rolle des Workplace Management ist also in der FM-Welt noch keineswegs konsolidiert. Es ist daher wenig erstaunlich, dass rund um Workplace viele Irrtümer, Missverständnisse und Halbwahrheiten kreisen, die auch den Autorinnen und Autoren dieses Beitrags in Publiku*msmedien, der wissenschaftlichen Literatur, in der Lehre und Weiterbildung und bei Fachveranstaltungen begegnen. Wir besprechen deshalb in diesem Beitrag einige der populärsten und hartnäckigsten Missverständnisse und Irrtümer zu Büroarbeitswelten.

1.

Grossraumbüros

sind

böse,

schlecht

und

gesundheitsgefährdend Die Diskussion von Büroarbeitsumgebungen ist geprägt durch den Vergleich von Grossraumbüros mit anderen Formen und erstreckt sich von den 1970er Jahren (z.B. Allen & Gerstberger, 1973; Boje, 1968; Nemecek & Grandjean, 1973) bis heute (z.B. Bodin Danielsson, Chungkham, Wulff, & Westerlund, 2014, s. auch Saval, 2014). Diese Diskussion ist ebenso alt wie wenig zielführend. Denn die Unterscheidung von Bürotypen mag aus planerisch-architektonischer Perspektive sinnvoll sein, ist jedoch keine geeignete Kategorie, um Reaktionen der Nutzerinnen und Nutzer von Büros zu erklären. Es liegen denn auch keine soliden Befunde vor, dass Grossraumbüros grundsätzlich für die Gesundheit der Nutzenden schlechter sind als andere Büroformen (dasselbe gilt auch für Arbeitsleistung) (De Croon, Sluiter, Kuijer, & Frings-Dresen, 2005). Dies ist wenig erstaunlich, denn es gibt gute und schlechte Grossraumbüros (und Teambüros, Einzelbüros, Kombibüros etc.) bzw. zu Arbeitstätigkeiten, Mitarbeitenden und Organisationskultur passende oder nicht passende Büros.

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Die 20 hartnäckigsten Missverständnisse und Irrtümer zu Büroarbeitswelten

Gute Grossraumbüros zeichnen sich z.B. durch ein breites und diverses Angebot an geteilt genutzten Sonderflächen aus, die für Rückzug, Meetings, informelle Gespräche etc. genutzt werden können und die in der Kombination sowohl kommunikative wie konzentrierte Arbeitsaktivitäten unterstützen (z.B. Hongisto, Haapakangas, Varjo, Helenius, & Koskela, 2016). Für das Verständnis der Reaktionen auf Büroumgebungen ist in Mehrpersonenbüros der Umgang mit Störungen und Ablenkungen wichtiger als der Bürotyp. Wenn man diesen Einflussfaktor kontrolliert ist die Gesundheit (auf hohem Niveau) in Büros mit höherer sozialer Dichte (d.h. mehr Personen im selben Büroraum) sogar besser (Windlinger, 2012). Für die Praxis des Workplace Management heisst dies, dass nicht die Bürogrösse entscheidend ist, sondern der Umgang mit Privacy, Störungen, Unterbrechungen und Ablenkungen sowie die generelle Qualität der Umgebung und die Passung der Büroform zum Unternehmen, den Arbeitstätigkeiten und –prozessen und der Organisationskultur.¨

2

Büros sollen möglichst kostengünstige Behälter für Mitarbeitende sein

Büroflächen werden oft unter einem engen Fokus auf Kosten bewirtschaftet. Den Kosten von Büros in Bezug auf Fläche, Ausstattung, Bewirtschaftung und Betrieb sind jedoch die Nutzen von Büros (z.B. Unterstützung der Arbeitstätigkeit in Konzentration, Kommunikation, Zusammenarbeit, Gesundheit und Zufriedenheit) gegenüber zu stellen. Für ein Büro in Zürich sind folgende Kennzahlen charakteristisch: • • • • • •

Betriebskosten: CHF 53 pro m2 Geschossfläche (inkl. Verwaltungskosten) pro Jahr (FM-Monitor, 2014) Mietkosten: CHF 300 netto pro m2 Hauptnutzfläche pro Jahr (Wüest & Partner, 2012) Lohnkosten pro Mitarbeiter: ca. CHF 120'000 / Jahr (Bundesamt für Statistik, 2012a,b) Gesamtfläche pro Arbeitsplatz (inkl. Sonderflächen): 18m2 Hauptnutzfläche bzw. 29m2 Geschossfläche (FM-Monitor, 2014; Windlinger, 2012) Daraus ergeben sich Lohnkosten pro m2 Geschossfläche (GF) von CHF 4'138 bzw Lohnkosten pro m2 Hauptnutzfläche (HNF): CHF 6'667

Nach diesen Zahlen beträgt das Verhältnis von Betriebs- zu Miet- zu Lohnkosten 1 : 6 : 126 (HNF) bzw. 1 : 6 : 78 (GF). Diese Abschätzung der Kostenverhältnisse zeigt deutlich, dass die Kosten für Löhne die mit Abstand grösste Kostenkategorie in Dienstleistungsunternehmen darstellt. Diese Zahlen legen den Schluss nahe, die Arbeitsumgebung als Investition zu verstehen, um Gesundheit und Leistung von Mitarbeitenden bestmöglich zu unterstützen und weitere strategische Ziele der Organisation zu erreichen. Inzwischen liegen evidenzbasierte Schätzmodelle zur Quantifizierung solcher Effekte vor (Janser et al., 2015; s. auch www.nachhaltigebueros.ch).

3

Für ein gutes Büroraumkonzept braucht man keine strukturierte Bedarfsanalyse

Wir beobachten häufig, dass in der Praxis Büroraumkonzepte geplant und umgesetzt werden, ohne dass vorher eine strukturierte Analyse stattgefunden hat. Die Argumente, die ein solches Vorgehen stützen reichen von „Für eine strukturierte Analyse ist kein Budget da!“ über „Das Gebäude gibt vor, was möglich ist und als

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erfahrener Architekt weiss ich besser was funktioniert, als der Kunde selbst!“ bis hin zu „Das Konzept ist so flexibel, das hat schon bei anderen Kunden funktioniert und passt für fast alle Arten von Tätigkeiten!“. Wirft man jedoch einen Blick in die Bücher, welche professionelle Büroraumplaner und erfahrene Experten im Bereich Workplace Management geschrieben haben, zeigt sich, dass diese einer strukturierten Analyse eine hohe Bedeutung beimessen (z.B. Myerson, 1998; Becker & Steele, 1995; Blyth & Worthington, 2010; Duffy, 1976).

Abbildung 51: Analyse von Angebot (Gebäude) und Nachfrage(Bedürfnisse der Nutzer) (Quelle: Myerson, 1998, S. 76) Abbildung 1 zeigt das Zusammenspiel der Analyse des Angebots auf Seiten der Immobilie und der Nachfrage auf Seiten der Nutzenden. Für die Planung eines nachhaltigen Büroraums gilt es beide Seiten zu synchronisieren. Entsprechend müssen v.a. die Merkmale auf der Nachfrageseite verstanden werden. Die Instrumente, welche bei der Analyse eingesetzt werden können, sind vielseitig. Strukturiert ist eine Analyse nach unserem Verständnis dann, wenn • • • •

verschiedene Datenquellen herangezogen werden, nicht nur Einzelmeinungen erfragt werden, sondern ein repräsentativer Querschnitt durch alle Hierarchieebenen sowie betroffenen Organisationseinheiten erfasst wird und alle relevanten Themen von strategischen Zielen, kulturellen Aspekten und Führungsstrukturen über Tätigkeiten, Prozesse bis hin zu eingesetzten Arbeitsmittel abgedeckt sind und insbesondere auch strategische Ziele und Visionen auf der Geschäftsleitungsebene integriert werden.

Die Vorteile einer strukturierten Analyse sind die folgenden (Konkol et al., in Vorb.): •

• •

Die oberste Führungsebene (Entscheider) werden durch Interviews oder Workshops für die strategische Bedeutung des Büroraums sensibilisiert und sie einigt sich auf langfristige, strategische Ziele, die mit dem Büroraum erreicht werden sollen. Dadurch wird die Unterstützung der obersten Führungsebene sichergestellt und es werden mögliche Zielkonflikte durch klare Priorisierung abgebaut. Durch die Workshops und/oder Interviews mit den obersten Führungskräften kann die Workplace Strategie auf die langfristige Unternehmensstrategie ausgerichtet werden. Die Effektivität der Büroräume wird dadurch sichergestellt. Das strukturierte Erheben von Tätigkeiten und Bedarfen nach Abteilungen ermöglicht eine Passung der Büroräume zum Kerngeschäft auf Basis von Mehrheitsmeinungen nicht Einzelmeinungen. Die Produktivität kann dadurch unterstützt und Planungsfehler oder unnötige Umbaukosten vermieden werden. Erfolgt die Analyse auf allen Ebenen, fühlen Mitarbeitende sich eher gefragt und eingebunden, was sich positiv auf die Identifikation mit dem Unternehmen und die Offenheit gegenüber Veränderungen auswirkt.

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Werden Ergebnisvariablen wie Produktivität, Zufriedenheit, Engagement und Gesundheit vor dem Einzug erhoben, ist nach Bezug die Evaluation von Veränderungen und Messung der Zielerreichung möglich.

Individuelle Unterschiede zwischen Abteilungen können nicht berücksichtigt werden, denn fehlende Standardisierung macht das Konzept unflexibel und die Bewirtschaftung teuer

Dies ist ein Irrtum, der mit dem vorstehend beschriebenen eng zusammen hängt. Denn zeigt sich bei einer strukturierten Analyse, dass die unterschiedlichen Abteilungen eines Unternehmens unterschiedliche Tätigkeiten ausüben und entsprechend verschiedene Anforderungen an das Büroraumkonzept haben, folgt unserer Erfahrung nach unweigerlich das K.O.-Argument der Kosten. Natürlich ist der Kosten-Aspekt nicht von der Hand zu weisen. Geht man auf individuelle Anforderungen einer Abteilung ein, dauert es meist nicht lange bis zur nächsten Reorganisation oder personellen Veränderungen, die zur Folge haben, dass umgezogen werden muss. Ist das Büroraumkonzept nicht vollständig standardisiert bedeutet dies, dass die Möbel umgezogen und ggf. Flächen, welche für eine bestimmte Abteilung gestaltet wurden umgebaut werden müssen. Es ist gleichzeitig aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass ein Büroraum das Kerngeschäft und die Produktivität der Mitarbeitenden nur dann unterstützen kann, wenn Flächenarten zur Verfügung gestellt werden, welche die spezifischen Tätigkeiten der Abteilungen unterstützen (Windlinger et al., 2014). Knüpft man an das weiter oben vorgestellte Missverständnis Nummer 2 an, so wäre es nicht sehr zielführend zugunsten der Flächen- und Bewirtschaftungskosten eine eingeschränkte Produktivität der Mitarbeitenden in Kauf zu nehmen. Wie kann man diesen Zielkonflikt also lösen? Hierzu finden sich in der Literatur derzeit noch keine Antworten. In der Praxis gibt es jedoch inzwischen Unternehmen, welche den Zielkonflikt darüber elegant lösen, dass sie eine 80:20-Lösung umsetzen. Der Grundriss des Gebäudes wird in seinen festen Strukturen standardisiert (ca. 80% der Fläche). Man spricht von einem generischen Layout, das sich in seinen Grundstrukturen auf jedem Stockwerk finden lässt. Je nach Tätigkeit der Abteilungen können die Unterstützungsflächen (ca. 20% der Fläche) dann jedoch durch unterschiedliche Möblierung unterschiedliche Funktionen erfüllen. Je Raumgrösse werden verschiedene Varianten angeboten (z.B. ein kleiner Raum wahlweise als informelles Meeting, Stehmeeting oder Think Tank oder ein grösserer Raum wahlweise als Silent Area oder Projektzone). Die Abteilungen können dann aus den vorgegeben Varianten wählen, welche Funktion mit welcher Möblierung ihren Tätigkeiten am besten entspricht. Im Falle von Reorganisationen müssen dann keine Arbeitsplätze umgestellt oder Umbauten vorgenommen werden, sondern lediglich die Möbel aus den Sonderflächen umgezogen werden. Kosten die sich angesichts des Nutzens in Form von besserer Unterstützung der Produktivität der Mitarbeitenden, rentieren sollten. Und nebenbei kann die Auswahl von Varianten an Sonderflächen als wirkungsvolle Aktivität im Change Prozess eingesetzt werden.

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Die 20 hartnäckigsten Missverständnisse und Irrtümer zu Büroarbeitswelten

5

Mitarbeiter in die Planung einzubeziehen ist teuer, dauert lang und resultiert in einem Wunschkonzert, bei dem niemals gutes Design herauskommt

Der Einbezug der Mitarbeitenden in die Planung ist eine wichtige Massnahme im Rahmen des (Workplace) Change Managements. Dadurch wird dem Bedürfnis nach Einflussnahme Rechnung getragen. Entscheidend ist dabei, dass bei den Mitarbeitenden keine falschen Erwartungen geweckt werden. Daher bedarf es von Anfang an einer klaren Kommunikation, bei welchen Themen die Mitarbeitenden in welcher Form mitbestimmen können. Auch die Kommunikation von Einschränkungen und Restriktionen ist wichtig. Im Idealfall wird ein Partizipationsplan erstellt, der die Partizipationsmöglichkeiten schriftlich festhält. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie die Mitarbeitenden einbezogen werden können: Meinungen und Feedback der Mitarbeitenden einholen, Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl von Büromöbeln, Entscheidungsrecht über vorgeschlagene Design-Konzepte (z.B. für Cafeteria, Pausenzone). Es ist also auch mit geringem Aufwand möglich, die Mitarbeitenden in die Planung einzubeziehen. Ausserdem zeigen Erfahrungen aus der Praxis, dass Mitarbeitende meist sehr vernünftige Vorschläge einbringen und durchaus realistisch bleiben können bei ihren Wünschen. Dies setzt jedoch voraus, dass den Mitarbeitenden die richtigen Fragen gestellt werden. Statt zu fragen „Welchen Arbeitsplatz hätten Sie gerne?“ sollten die Fragen sehr konkret sein und sich z.B. auf typische Arbeitstätigkeiten, Abläufe an einem typischen Arbeitstag oder die konkrete Gestaltung von Elementen in einem Projektraum beziehen. Auch wenn es immer Unzufriedene geben wird ist es doch zentral, den Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, ihre Meinung zu äussern. Dies trägt wesentlich zur Offenheit für die Veränderung bei.

6

Mitarbeitende, die sich beklagen sind Mimosen

Wenn Büronutzende – ob im Prozess der Gestaltung beteiligt oder nicht - sich über bestimmte Aspekte der Büroumgebung beklagen besteht die Reaktion des FM oft darin, dass ein Ticket eröffnet wird. Es wird dann jemand mit einem Messgerät vorbeigeschickt, der anschliessend den betreffenden Nutzenden versichert, dass keine Mängel messbar seien. Anschliessend wir das Ticket geschlossen und kopfschüttelnd einmal mehr festgestellt, dass Büronutzende einfach Mimosen sind. Beschwerden von Nutzenden damit abzuspeisen, dass alle gerätetechnisch erfassten Messwerte im grünen Bereich lägen, heisst implizit aber auch, davon auszugehen, dass die Bedürfnisse aller Nutzenden dieselben sind und dass Beschwerden (also Wahrnehmungen) nur dann relevant sind, wenn diese sich auch geräteunterstützt objektiv erfassen und bewerten lassen. Und das ist aus diversen Gründen falsch: •

Wie Büronutzende ihre Büroumgebung wahrnehmen und bewerten ist für deren Gesamtkomfort, Gesundheit aber auch Arbeitsleistung sehr wohl relevant, ja sogar relevanter als die allermeisten mit Geräten erfassten Kennwerte. Dies zeigen statistische Analysen aus unseren gross angelegten Studien deutlich auf (Janser et al., 2015; Windlinger, 2012; vgl. auch www.nachhaltigebueros.ch). Die Wichtigkeit eines bestimmten Faktors für den Komfort, die Gesundheit oder die Arbeitsleistung einer/s Büronutzenden ist individuell unterschiedlich: Wir mögen oder brauchen nicht alle genau dieselben Bedingungen. Während die einen selbst im T-Shirt noch schwitzen, frieren andere bei den genau gleichen klimatischen Verhältnissen schon längst. Während die einen sich beim konzentrierten Arbeiten bereits durch leise monotone Geräusche gestört fühlen, schaffen es andere, sich selbst dann zu konzentrieren, wenn am Tisch nebenan intensive Gespräche geführt werden. Entsprechend ist

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jeder Versuch, die Innenraumqualität anhand von geräteunterstützten Messungen und standardisierten Referenzwerten zu beurteilen, bereits im Voraus zum Scheitern verurteilt. Hinzu kommt, dass typischerweise verwendete Messansätze und Referenzwerte nicht selten gar nicht über jene Phänomene Auskunft geben, die eigentlich für die Büroarbeit relevant sind. So erfasst beispielsweise die Lautstärke eines Geräuschs dessen Störpotenzial viel schlechter als die Sprachverständlichkeit (Liebl & Martin, 2016) – und selbst diese objektive Messung wird das Störpotenzial eines Geräuschs für den Menschen niemals so gut beschreiben können wie der Mensch selbst; CO2 ist nur einer von vielen Indikatoren der Luftqualität und wie gut die bekannte 1000 ppmGrenze Komfort, Gesundheit und Arbeitsleistung sicherzustellen vermag, ist umstritten (Wolkoff, 2013); wenn Büronutzende frieren nur die Lufttemperatur zu messen ist nicht ausreichend, da bspw. Kältestrahlung oder Zugluft entscheidend zur Wahrnehmung von Kälte beitragen. Zahlreiche weitere Beispiele könnten hier genannt werden.

Mit anderen Worten: Geräteunterstützte Messungen zur Innenraumqualität sind im Grunde nichts anderes als ein Versuch, die tatsächlich komfort-, gesundheits- und leistungsrelevanten Bewertungen der Nutzenden durch objektive und standardisierte Mess- und Bewertungsverfahren zu ersetzen. Und dies gelingt, wie oben dargestellt, in der Regel nicht sehr gut. Insofern sind Büronutzende, die Beschwerden melden, welche mit Geräten nicht erfassbar sind, keine Mimosen; sondern vielmehr sind unsere Messkonzepte noch unreif. Viel zielführender wäre es stattdessen, zu überlegen, wie sowohl subjektive als auch objektive Messmethoden eingesetzt und kombiniert werden können, um Arbeitsumgebungen kontinuierlich zu optimieren (vgl. hierzu Janser et al., 2015, Kapitel 6). Als Leitlinie hierfür kann empfohlen werden, mehr auf (möglichst repräsentative) Befragungen der Nutzenden zu vertrauen und geräteunterstützte Messungen vor allem in jenen Bereichen einzusetzen, die der menschlichen Wahrnehmung nicht oder nur schwer zugänglich sind (z.B. bei Verdacht auf Kontamination durch Asbest oder Formaldehyd).

7

Die Einhaltung von Normen und Richtlinien stellt eine gesundheitsund leistungsförderliche Büroumgebung auf jeden Fall sicher

Eine oft verwendete Strategie, um Bürogebäude und –räume zu planen und zu betreiben, ist die Orientierung an Normen, Richtlinien und Empfehlungen zur Bewertung der Innenraumqualität. Diese Vorgaben beruhen oft auf geräteunterstützter Messung und die oben aufgeführten Argumente gelten deshalb auch hier (s. Missverständnis 6). Zusätzlich kann die Orientierung an Richtlinien aber auch den Blick auf das Ganze verstellen: Die diversen vorhandenen Empfehlungen und Bewertungskriterien zu einzelnen isoliert betrachteten Bereichen dürfen nicht dazu führen, dass der kritische Blick fürs Ganze und Wesentliche (nämlich das System „Bürogebäude, Nutzende und Ihre Tätigkeiten im Gebäude“) verloren geht. Oder um mit Beispielen zu sprechen: Was nützt eine normkonforme (und ggf. zertifizierte) Büroumgebung, wenn • • •

Dezibelwerte optimiert werden, obwohl der eigentliche Störfaktor im Büro die Sprachverständlichkeit ist? CO2-Grenzwerte eingehalten werden aber andere Stoffe in der Raumluft zu unangenehmen Gerüchen oder zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen? geforderte Fensterflächen und Lichttransmissionsgrade von Sonnen- und Blendschutzsystemen eingehalten werden, die Tageslichtverfügbarkeit und die Sicht auf die natürliche Umgebung aber durch Mobiliar oder die schlechte Steuerung des Sonnenschutzes massiv eingeschränkt wird?

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Wenn also zusammengefasst, die Arbeiten, die im Gebäude ausgeübt werden, nicht optimal unterstützt werden? Immer wieder einen Schritt zurück zu treten und zu versuchen, das Gesamtsystem zu erfassen, kann hier Abhilfe schaffen.

8

Gute Möbel machen ein gutes Büro

Die Beschäftigung mit der Bürogestaltung beschränkt sich in manchen Organisationen auf Einrichtung und Möblierung von Räumen. Dabei wird oft ein hoher Wert auf die Einhaltung ergonomischer Empfehlungen gelegt. Diese sind zwar notwendig, aber nicht hinreichend für hohe Büroqualität. Die Gestaltung und Qualität der unmittelbaren Arbeitsumgebung ist für die Nutzerinnen und Nutzer von Büros wichtig und hat einen Einfluss auf die Gesamtbewertung der Arbeitsumgebung (Windlinger, 2012). Die Möblierung ist jedoch nur ein Aspekt

unter

vielen

(materiellen,

innenraumumgebungs-bezogenen

und

sozial-räumlichen)

die

zusammenpassen und aufeinander abgestimmt werden müssen.

9

Vor

allem

Kommunikation

und

Zusammenarbeit

sind

von

Bedeutung in der heutigen Wissensgesellschaft Innovation, Zusammenarbeit, Austausch, Aufbrechen von Silos, Teamwork… Im Zuge der Gestaltung neuer Büroräume steht fast in jedem Projekt das Ziel der Kommunikation in der einen oder anderen Form weit oben (Bischofberger, 2016; Creighton, 2014). Begründet wird dies damit, dass wir uns zu einer Wissensgesellschaft entwickeln, in der Informationen und Wissen ein strategischer Erfolgsfaktor sind. Um heute noch am Markt Bestand zu haben, so heisst es, muss man sich durch Innovationen und kreative Ideen abheben (IVG Immobilien AG, 2014). Beharrlich hält sich dabei die Vorstellung, dass Innovationen grösstenteils im Austausch entstünden und Wissen nur dann verbreitet würde, wenn man sich möglichst häufig und mit vielen Personen unterhält. Tatsächlich ist es aber so, dass konzentrierte Arbeit heute noch einen Grossteil unserer Tätigkeiten ausmacht. Mihailoff und Kollegen (2015) stellten sogar fest, dass der Anteil an konzentrierter Arbeit von 2007 bis 2012 um rund 13 % gestiegen ist. Gleichzeitig sank der Anteil an kollaborativer Arbeit um 20 %. Konzentrierte Arbeit ist nicht nur Teil der heutigen Wertschöpfung, sondern auch unabdingbar, damit aus Informationen wirklich Wissen entstehen kann. Wieden (2012) hebt in Bezug darauf den Unterschied zwischen Informationsgesellschaft und Wissensgesellschaft hervor. Seiner Ansicht nach leben wir vor allem in einer Informationsgesellschaft, in der Informationen in grossen Mengen jederzeit und überall zur Verfügung stehen. Wissen entsteht dadurch jedoch nicht automatisch, denn dafür benötigt der einzelne Mitarbeitende Zeit die Informationen zu validieren, zu filtern und zu dokumentieren. Dies erfordert konzentrierte Arbeit. Bemerkenswert ist überdies, dass innovative Entwicklungen oft gar nicht in der Gruppe, sondern vielmehr durch einen einzelnen Denker entwickelt werden. In heutigen Büroraumumgebungen sollten neben den Kommunikations- und Zusammenarbeitsflächen entsprechend genügend Möglichkeiten für konzentrierte Arbeit zur Verfügung gestellt werden. Hierbei ist eine Vielzahl von unterschiedlichen Angeboten vorzusehen, denn es zeigt sich, dass die räumlichen Präferenzen für konzentrierte Arbeit individuell unterschiedlich sein können. Während die einen völlige Stille bevorzugen, gibt es andere, die hintergründige Geschäftigkeit als vorteilhaft erachten. Einige Personen mögen es räumlich abgeschlossen, andere eher offen und mit weitem Blick den konzentrierten Tätigkeiten nachzugehen. Und darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass konzentrierte

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Arbeit nicht nur in Form von Einzelarbeit sondern in der Praxis auch in Form konzentrierter Gruppenarbeit anzutreffen ist (Kopp, 2016; Konkol & Schanné, 2014).

10

Die Kunst ist es, einen neuen Büroraum zu konzipieren und implementieren,

die

Bewirtschaftung

ist

dann

normales

Tagesgeschäft Ein Aspekt, welcher in der Workplace Literatur bis dato konsequent vernachlässigt wird, ist die Bewirtschaftung von modernen Büroraumkonzepten. Durch Interviews mit Workplace Managern in der Schweiz fand Falace (2013) heraus, dass sich die Bewirtschaftung der Büroräume nach Einführung eines modernen Arbeitsplatzkonzeptes nicht unwesentlich verändert. Die von ihm befragten Unternehmen gaben an, dass der Fokus derzeit noch sehr stark auf der Implementierungsphase liegt, und die Bewirtschaftungsphase effektiv bei der Planung vernachlässigt wird. Zunächst würde das neue Büroraumkonzept eingeführt und erst danach würden die Bewirtschaftungsprozesse spontan und nachträglich angepasst werden. Dadurch entstehen provisorische Notlösungen und vermeidbare Kosten. Diese Problematik liegt nicht zuletzt darin begründet, dass es in der Praxis häufig ein Projektteam gibt, welches den neuen Büroraum plant und einführt aber andere Personen und Dienstleister dafür zuständig sind dieses später zu bewirtschaften. Es findet sich eine klassische Unterscheidung eines „change the business“ und eines „run the business“ Teams. Im schlechtesten Falle findet zwischen diesen beiden Parteien nicht einmal eine geregelte Übergabe statt und es ist dann fraglich, ob die Verantwortlichen für den „run the business“-Teil ein Büroraumkonzept am Leben erhalten können, welches sie nicht einmal richtig verstehen. Idealerweise sollten die verantwortlichen Facility oder Workplace Manager, welche den Büroraum nach Einzug bewirtschaften, schon bei der Planung einbezogen werden und zeitgleich mit der Erarbeitung des Büroraumkonzepts ein Bewirtschaftungskonzept erstellen. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass alle räumlichen Erfordernisse, die in der Bewirtschaftungsphase wichtig sind, beachtet werden und unnötige Umbaukosten nach Einzug vermieden werden. Ausserdem bleibt den Facility/Workplace Managern auf diesem Wege genügend Vorlaufzeit um Prozesse und (CAFM-)Systeme umzustellen, damit der neue Büroraum schon ab dem ersten Tag einwandfrei bewirtschaftet wird und seine Funktion in vollem Umfang erfüllen kann.

11

Büro-Veränderungen brauchen kein Change-Management /Change Management ist emotionales Wattebäuschchenwerfen

Jede Veränderung löst Unsicherheit, Ängste und Widerstände aus. Ohne eine Begleitung der Mitarbeitenden können diese Widerstände den Erfolg eines Projekts negativ beeinflussen oder sogar zum Scheitern bringen. Veränderungen im Büroraum können besonders emotional sein, insbesondere wenn die Mitarbeitenden ihren persönlich zugewiesenen Arbeitsplatz verlieren (Vischer, 2005; Inalhan, 2009). Daher braucht es einen strukturierten Change Management Prozess, welcher die Mitarbeitenden während aller Phasen eines Büroraumveränderungs-Projekts begleitet und einbindet. Dabei ist gutes Change Management weit mehr als nur Kommunikation. Es geht darum, die Mitarbeitenden in den Prozess einzubinden, sie abzuholen und zu unterstützen. Neben einer transparenten und ehrlichen Kommunikation (die zulässt, dass auch Nachteile im

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neuen Konzept offen angesprochen werden), ist es daher essentiell, dass die Mitarbeitenden Unterstützung durch ihre Führungskraft erhalten und diese als Vorbild für die Mitarbeitenden agiert. Des Weiteren müssen die Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, ihre Fragen zu klären und ihre Bedürfnisse einbringen zu können. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für einen guten Change Management Prozess ist ausserdem die Erfahrung des Change Managers. Da kein Projekt dem anderen gleicht, gibt es keinen Standard Change Management Prozess der eingesetzt werden kann. Die Herausforderungen und Bedürfnisse der Mitarbeitenden müssen vom Change Manager analysiert werden. Basierend auf den Ergebnissen kann der Change Manager anschliessend die passende Change Aktivitäten zusammenstellen. Dieser Schritt benötigt eine gewisse Erfahrung in ähnlichen Change Projekten (Boch & Konkol, 2013; Windlinger et al., 2014).

12

Die Büroqualität zu evaluieren ist unnötig

Viele Unternehmen mit Büroflächen bzw. deren Architekten und Designer vernachlässigen den Einbezug der Büro-Nutzenden nicht nur in der Planung sondern auch nach dem Bezug der neu gestalteten Bürofläche (Sailer, Pomeroy, & Haslem, 2015). Dies gilt insbesondere für die Planer, die ihren Auftrag nach der Schlüsselübergabe an die Nutzer und Betreiber als abgeschlossen betrachten und sich danach nahtlos dem nächsten anstehenden Projekt widmen. Die Frage, ob die gestaltete Umgebung die bei der Planung gesetzten Ziele tatsächlich erreicht, wird in aller Regel schlicht nicht gestellt. Sailer et al. (2015) verweisen auf eine Befragung von 420 Büro-Architekten und –Designern: Eine sogenannte Post Occupancy Evaluation, also eine Evaluation nach dem Bezug, wird nur in äusserst seltenen Fällen durchgeführt (vgl. Abbildung 2). Damit wird eine Chance, aus der Erfahrung zu lernen, vergeben. Dass aber auch viele Unternehmen selbst ihre Büroumgebung als gegeben betrachten, ist äusserst erstaunlich. Denn funktionierende Arbeitsumgebungen sind zentral für die Produktivität von Mitarbeitenden, Teams und Abteilungen und damit für den Erfolg der ganzen Unternehmung. Besonders evident wird dies beispielsweise, wenn Büroumgebungen konzentriertes oder kollaboratives Arbeiten nicht unterstützen oder sogar verhindern, obwohl diese Tätigkeiten für die Wertschöpfung des betreffenden Unternehmens zentral sind. Entsprechend ist jede Optimierung der Arbeitsumgebung eine Investition in den Erfolg des Unternehmens. Darüber hinaus sprechen aber noch weitere Gründe für die Evaluation von Büros, die bereits bezogen wurden und genutzt werden: 1. Selbst unter Zuhilfenahme einer systematischen Bedarfsanalyse im Vorfeld der konkreten architektonischen Planung eines Büros ist praktisch nicht auszuschliessen, dass der eine oder andere Aspekt vergessen geht und dass Mitarbeitende sich mancher ihrer bürobezogenen Bedarfe erst in der Nutzung bewusst werden. Entsprechend liefert eine Post Occupancy Evaluation wertvolle Hinweise für noch ungenutzte Optimierungspotenziale. 2. Wenn Unternehmen Mitarbeitende dazu befragen, ob das Büro den Nutzer-Bedürfnissen entspricht und wenn anschliessend Optimierungsmassnahmen auch konsequent umsetzt werden, fühlen sich Mitarbeitende wertgeschätzt und nutzen die neue Büroumgebung mit einer positiveren Haltung (Loftness et al., 2009). 3. Ein dritter wichtiger Grund, der für den Einsatz von Post Occupancy Evaluations spricht, ist, dass Organisationen, die Büros nutzen, keine statischen Gebilde sind. Bedingungen im Umfeld von Organisationen (Technologie, Marktlage, gesetzliche Rahmenbedingungen etc.) und in Organisationen selbst (Strategie, Struktur, Prozesse, Führung, Kultur etc.) verändern sich laufend und damit auch die Anforderungen an Büroumgebungen, welche die veränderte Arbeitsweise bestmöglich unterstützen sollen. Post Occupancy Evaluations sind ein wertvolles Tool, wenn es darum geht, diese veränderten Anforderungen regelmässig zu erfassen und darauf zu reagieren. Ideal wäre also nicht

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nur eine Evaluation der Büroqualität nach Bezug, sondern auch in der weiteren Nutzung im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Aus all den genannten Gründen ist es aus Unternehmenssicht also sehr wohl sinnvoll, die Qualität von Büros zu evaluieren und Optimierungspotenziale konsequent und kontinuierlich zu managen. Die Frage, was denn genau wie evaluiert werden soll, hängt zusammen mit vielen der hier beschriebenen, weit verbreiteten Irrtümer.

Abbildung 2: Ergebnisse einer Befragung zur Häufigkeit der Durchführung von Post Occupancy Evaluations unter 420 Architekten und Designern (nach Sailer et al., 2015)

13

Klima, Luftqualität, Licht, Lärm und Möbel machen Komfort aus

Betrachtet man die Inhalte häufig verwendeter Instrumente zur Planung und zum Betrieb von Bürogebäuden und Büroflächen sowie gängige Praktiken in diesem Bereich, so wird man den Eindruck nicht los, dass diese Instrumente und Praktiken den tatsächlichen menschlichen Bedarfen in Büros nur sehr beschränkt gerecht werden. Im Detail geplant und im Betrieb überwacht werden meist Aspekte wie Klima, Luftqualität, Licht, Lärm sowie Qualität und Ergonomie der Möblierung. Implizit angenommen wird also, dass diese Aspekte über den Komfort oder Diskomfort von Büronutzenden entscheiden. Aus umweltpsychologischer Perspektive ist diese Vorstellung von typischen menschlichen Bedarfen in Büros aber unvollständig. Nicht selten viel zu wenig beachtet werden Aspekte wie die Funktionalität (also die Passung der physischen Gestaltung zu den Arbeitsund sonstigen Tätigkeiten der Gebäudenutzenden), die sozio-räumlichen Bedürfnisse (Möglichkeiten für Privatsphäre; territoriale Bedürfnisse) und die Umweltkontrolle (Möglichkeit, die physische Arbeitsumgebung zu verändern bzw. den Aufenthaltsort zu wechseln). Oder mit anderen Worten: Was nützen hochwertige Möbel in einem standardisiert klimatisierten, beleuchteten und schallabsorbierendem Raum, wenn die Gesamtkonfiguration die Arbeitstätigkeiten der Nutzenden und die Strategie des Unternehmens nicht unterstützt? Komfort liegt im Auge des Betrachters. Nach unseren Studien sind es die Wahrnehmungen und Bewertungen der Nutzer, welche die Zufriedenheit mit der Arbeitsumgebung statistisch erklären (und nicht gemessene physikalische oder chemische Parameter, s.o.). Resultate unserer Forschung im Feld zeigen, dass die Bewertung von materiellen Faktoren (z.B. der Qualität und Funktionalität der Einrichtung, der Funktionalität) und sozial-räumlichen Faktoren (z.B. Störungen, Ablenkungen, Privacy) für die Gesamtzufriedenheit (und

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auch für Gesundheit und Arbeitsleistung) wichtigere Einflussfaktoren sind als die Bewertung der Innenraumumgebung (Licht, Beleuchtung, wahrgenommene Innenraumluftqualität, Akustik) (Janser et al., 2015; Windlinger, 2012).

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Je mehr Automation desto geringer der Energieverbrauch und desto besser auch die Innenraumbedingungen

Eine in der FM-Forschung und -Praxis weit verbreitete Annahme ist, dass die Automation von Heizung, Lüftung, Kühlung, Beleuchtung, Sonnenschutz etc. zu reduzierten Energieverbräuchen und einer gesteigerten Qualität der Innenraumbedingungen führt, weil dann die energetisch und komfortmässig ungünstige Einflussnahme der Endnutzenden vermieden werden kann (z.B. durch Öffnen der Fenster bei sehr niedrigen oder hohen Aussentemperaturen). Theoretisch ist dies möglich. Nämlich unter der Voraussetzung, dass die Gebäudeautomation genau jene Bedingungen herzustellen vermag, welche aus Energiesicht und aus Sicht der Mitarbeitenden gut ist. In der Praxis ist Gebäudeautomation sowohl für den Komfort der Nutzenden als auch den Energieverbrauch des Gebäudes allzu häufig kontraproduktiv. Zu wenige oder schlecht platzierte / eingestellte Sensoren, ungeeignete Programmierung des Systems, nicht separat ansteuerbare Räume bzw. Arbeitsplätze und ungeschulte Nutzende sind einige der Ursachen dafür. Im Falle von Sonnenstoren endet das mitunter in absurden Situationen: Genervte Büronutzende sitzen während des helllichten Tages an durch Storen abgedunkelten, künstlich beleuchteten Arbeitsplätzen - und dies obwohl weder aus energetischer Sicht noch aus Blend- oder Wärmeschutzgründen Verschattung benötigt würde. Viele Büronutzenden wissen sich zu helfen und gewöhnen sich an, herunterfahrende Storen immer gleich von Beginn an zu übersteuern. Und so sitzen diese Büronutzenden im Sommer nicht mehr in abgedunkelten Räumen, die beleuchtet werden müssen sondern in überhitzten Räumen, die gekühlt werden müssen. Dass Automationstechnologie in der Praxis selten so funktioniert, wie es theoretisch erdacht wurde, ist aber nicht der einzige Grund, der gegen einen unreflektierten Einsatz von (möglichst umfangreicher) Gebäudeautomation spricht: •

Aus Sicht von Büronutzenden ist die Kontrolle über die eigene Arbeitsplatzumgebung (also quasi das Gegenteil der Automation) von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Es geht dabei um die Frage, wie gross der Einfluss ist, den Büronutzende auf Aspekte wie Tageslicht, Beleuchtung, Blend- und Sonnenschutz, Temperatur, Lüftung, Wahl des Arbeitsplatzes und der Kleidung etc. nehmen können. Je höher das Ausmass dieser Kontrolle, umso eher kann der Arbeitsplatz den eigenen aktuellen und individuellen Bedarfen angepasst werden. Es erstaunt deshalb nicht, dass das Ausmass der Kontrolle über die eigene Arbeitsumgebung in empirischen Studien eng verknüpft ist mit der Arbeitsumgebungszufriedenheit und der Gesundheit der Büronutzenden (Janser et al., 2015). Aus energetischer Sicht hingegen, lohnt es sich auch zu fragen, ob Büronutzende gebäudeweit einheitliche Verhältnisse, wie man sie heute mittels Automation vielerorts herzustellen versucht, überhaupt benötigen. Oder wäre es nicht viel sinnvoller, vermehrt auf passive Bauweisen zu setzen und den Nutzenden die Verantwortung für die Innenraumqualität ihrer Büroumgebung zurückzugeben? Dadurch müsste nicht nur weniger aktiv beheizt, gekühlt und mechanisch gelüftet werden sondern es würde nicht zuletzt auch der Energieverbrauch für die Gebäudeautomation eingespart. Aus energetischer Sicht kommt auch noch das Argument hinzu, dass der Einfluss der Endnutzenden auf den Energieverbrauch von Gebäuden gegenüber dem Einfluss anderer weniger zahlreicher Akteure (Planer, Ersteller und Betreiber) in der Regel vergleichsweise gering ist (Karjalainen, 2016). Letztere haben durch Neubau-Planung und -Erstellung, Inbetriebnahme, energetische Betriebsoptimierung, Instandhaltung, Instandsetzung, Sanierungen und Umbauten meist einen weitaus grösseren Einfluss auf die Energieeffizienz eines Gebäudes (Burgy, 2016; Chuard, 2002;

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Jakob, 2014, 2016). Ausserdem können sie sich im Rahmen ihrer beruflichen Rolle mit Energieeffizienz befassen und brauchen dazu nicht auf berechtigte Komfortansprüche zu verzichten.

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Je leiser und weniger hallig das Büro, desto besser die Konzentration

„Lärm“ ist ein Dauerthema in den meisten Büros. In Büros herrscht typischerweise jedoch keine laute, sondern eine Geräuschkulisse mit geringer bis mittlerer Intensität vor. Die Klagen über Lärm im Büro haben in den allermeisten Fällen störende oder lästige Geräusche zum Inhalt. Die häufigste Quelle akustischer Störungen sind Gespräche von Arbeitskolleginnen und –kollegen im selben Raum, unabhängig von deren Lautstärke (Jensen, Arens, & Zagreus, 2005; Nemecek & Grandjean, 1973; Sundstrom, Town, Rice, Osborn, & Brill, 1994). Schlittmeier und Liebl (2015) zeigen, dass die Reduktion der Lautstärke von sprachlichen Geräuschen nur dann hilft, wenn gleichzeitig auch die Sprachverständlichkeit reduziert wird (empfohlen sind STI Werte bis 0.35). Die Reduktion der Intensität von Hintergrundgeräuschen beeinflusst die Bewertung der akustischen Umgebung grundsätzlich positiv (Schlittmeier, Hellbrück, Thaden, & Vorländer, 2008). Zusätzlich ist die Sprachverständlichkeit zu reduzieren, damit irrelevante sprachliche Reize nicht zu Unterbrechungen und Ablenkungen führen. Für Bürozonen für konzentrierte Arbeit ist daher zu fordern, dass Absorption und das Niveau von Hintergrundgeräuschen in eine Balance gebracht werden. Einerseits sind hörpsychologische Wirkungen („Hörsamkeit“) als subjektive Raumqualität über die Beeinflussung der Nachhallzeit und Geräuschausbreitung mittels Absorption zu berücksichtigen. Andererseits soll der Pegel von Hintergrundgeräuschen nicht zu gering sein (d.h. höher als 35 dB(A)), damit die Sprachverständlichkeit nicht zu hoch wird, d.h. damit Hintergrundgeräusche irrelevante sprachliche Reize überdecken. Dies kann auch durch Sound-Masking unterstützt werden (Schlittmeier, 2010). Zusätzlich zur Gestaltung der Büroakustik ist die akustische Zonierung von Büroräumen zu beachten. In aktivitätsorientierten Büros können Zonen festgelegt werden, die der hochkonzentrierten Arbeit dienen und solche für die kommunikative Arbeit. Zonen für hochkonzentrierte Arbeit werden dabei durch Verhaltensregeln ergänzt, die Gespräche an den Arbeitsplätzen in dieser Zone verhindern. So können Nutzerinnen und Nutzer solcher Büros bei Bedarf gezielt ruhige Zonen aufsuchen und dadurch werden Probleme in der Büroakustik entschärft.

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Professionelle Lichtplanung ist teurer Luxus und lohnt sich nicht

Lichtplaner verfügen über technische und gestalterische Kompetenzen und bilden eine Schnittstelle zwischen Architektur bzw. Planer und Nutzerorganisation. Eine vom Fachmann erstellte Lichtplanung geht auf die Bedürfnisse der Nutzer, die atmosphärischen und gestalterischen Ansprüche der Architektur und die Gütemerkmale einer guten Beleuchtung ein. Wohl bedacht wird eine massgeschneiderte Lösung hergestellt, die die verschiedenen Dimensionen wie Raum-Beleuchtung,

Arbeitsplatz-Beleuchtung

und

dekorative

Beleuchtung

bedient.

Diese

Beleuchtungsdimensionen werden aufgrund höherer Erstinvestition teilweise als teurer Luxus empfunden,

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zahlen sich jedoch bei richtiger Planung über die Wirtschaftlichkeit (Materialeinsatz und Energieverbrauch) sowie durch höhere Mitarbeiterzufriedenheit (u.a. durch die Möglichkeit zur Regulierung der verschiedenen Beleuchtungskörper, Wertschätzung durch Qualität der Raumausstattung und Funktionalität der Beleuchtung) aus (Veitch, Newsham, Boyce, & Jones, 2008). Wer sparen möchte und die Lichtplanung deshalb direkt beim Elektroplaner oder Leuchtenhersteller einkauft, wird den gewünschten Spareffekt womöglich gar nicht erzielen. Elektroplaner und Leuchtenhersteller liefern oftmals eindimensionale Lösungen zu intransparenten Preisen. Die professionelle Lichtplanung von einem Lichtplaner wird hingegen unabhängig und provisionsfrei erstellt. Somit ergeben sich Transparenz zu Planungskosten und Leuchtenbausumme sowie Qualität im Ergebnis.

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Pflanzen im Büro sind teuer und bringen nichts

Pflanzen in Büros werden oft aus Kostengründen abgelehnt oder abgeschafft. Pflanzen sind jedoch eine begründbare Investition in das Wohlbefinden der Büronutzerinnen und –nutzer: Die wissenschaftliche Befundlage zeigt konsistent positive Wirkungen von Pflanzen (und natürlichen Elementen) (Bringslimark, Hartig, & Patil, 2009). Ebenfalls wurden positive Wirkungen auf die Arbeitsleistung dokumentiert (Nieuwenhuis, Knight, Postmes, & Haslam, 2014). Ebenfalls dokumentiert sind positive Wirkungen bestimmter Pflanzen auf die Luftfeuchtigkeit. Diese Wirkungen sind jedoch unter Berücksichtigung von realistischen Luftwechselraten, Effekten der Belegung und des Lüftungs- und Heiz-Verhaltens sowie der Baukörpergestaltung gering. Die Bedeutung von Pflanzen und natürlichen Elementen im Büro liegt somit in erster Linie in ihren Wirkungen auf Wohlbefinden, Gesundheit und Arbeitsleistung der Nutzer (s. auch Human Spaces, 2015). Solche Effekte lassen sich sogar bereits durch Dekoration erzielen: Bilder mit Naturmotiven können einen Beitrag zur Stressreduktion leisten (de Kort, Meijnders, Sponselee, & Ijsselsteijn, 2006; Kweon, Ulrich, Walker, & Tassinary, 2008).

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Die Generation Y ist ganz anders, will ganz anders arbeiten und braucht deshalb ganz andere Büroräume als alle vorhergehenden Generationen

Spätestens seit den Oxygenz-Studien (Johnson Controls, 2010) ist das Generationenthema in der FM- und Workplace-Welt populär. Die Unterteilung der Bevölkerung in Generationen nimmt Bezug auf den Hintergrund prägender kollektiver Ereignisse

für

bestimmte

Geburtsperioden.

Eine

solche

Einteilung

ist

mit

Ausnahme

der

Nachkriegsgeneration – schwierig und mindestens teilweise willkürlich, da sozio-ökonomische, politische und kulturelle Prozesse eher evolutionär als sprunghaft verlaufen (und dies zudem in Abhängigkeit der Weltregion). Meist werden in Bezug auf Generationen denn auch primär technologische Entwicklungen herangezogen (Computer, Internet, mobile IKT). Aktuell werden die Nachkriegsgeneration (geboren ca. 1945-1955), die Baby-Boomer (geboren ca. 19561965), die Generation X (geboren ca. 1966-1980) und die Generation Y/Millenials (geboren ca. 1981-1993)

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Die 20 hartnäckigsten Missverständnisse und Irrtümer zu Büroarbeitswelten

unterschieden, wobei die Geburtsperioden je nach Quelle durchaus um mehrere Jahren abweichen können (z.B. Johnson Controls, 2010; Klaffke, 2016; McElroy & Morrow, 2010). Die Bedürfnisse v.a. der jüngeren Generation in Hinblick auf Büroräume werden in der Fachliteratur, an Fachtagungen und Messen intensiv diskutiert. Es gibt jedoch noch kaum wissenschaftliche Evidenz zum Zusammenhang zwischen Generationen und Wahrnehmung, Bewertung und Nutzung von Büros. McElroy & Morrow (2010) berichten einen kleinen Effekt (2-4 Prozent Varianzaufklärung) von Generationenzugehörigkeit auf die Bewertungen der Büroumgebung (Angemessenheit der Umgebung, Ablenkungen, Layout und Meeting Spaces),

jedoch

konnte

kein

Effekt

der

Generationenzugehörigkeit

auf

die

wahrgenommene

Organisationskultur oder Einstellungen zu Arbeit und Organisation festgestellt werden. Es ist kaum zu erwarten, dass weitere Studien grössere Effekte feststellen werden. Es zeigt sich nämlich bereits in den Oxygenz-Studien, dass die Unterschiede zwischen Generationen sehr klein sind (Johnson Controls, 2010) und dass die Binnendifferenzierung der Generation Y zu sehr unterschiedlichen Gruppen führt (u.a. vom „anti-millenial“ über den „clean and green millenial“ bis zum „gadget guru“, Barton, Fromm, & Egan, 2012), denen nur eine allgemeine Selbstverständlichkeit im Umgang mit Technologie gemeinsam ist. Die Stereotypisierung von Generationen und die damit verbundene Über- Vereinfachung verschleiert damit möglicherweise den Blick auf andere Arten von (relevanteren) Subkulturen in Organisationen.

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Ins Büro kommt man um zu arbeiten, nicht um zu schlafen / sich zu erholen / Pausen zu machen

Pausen sind für die Aufrechterhaltung der Arbeitsleistung elementar, das ist schon lange bekannt (z.B. Richter & Hacker, 1998): Häufige Kurzpausen sind hinsichtlich Erholungswirkung und Arbeitsleistung günstiger als wenige längere Pausen weil Ermüdung in der Arbeit nicht linear ansteigt, sondern exponentiell und der Erholungswert einer Pause nicht linear, sondern exponentiell abnimmt. Wie aber verhält es sich mit Regenerations- und Schlafpausen? Regenerations- und Schlafpausen sind in der heutigen Büroarbeitswelt noch wenig verbreitet obwohl viele, v.a. Grossunternehmen Ruheräume anbieten (Aebischer, 2016). Dass diese Räume oft nicht benutzt werden liegt einerseits am Zeitdruck unter dem potentielle Nutzer stehen und an mangelnder Akzeptanz, andererseits aber auch an der Usability der Räume, insbesondere an mangelnder Privatsphäre (Aebischer, 2016). Befunde aus der Forschung zeigen, dass Powernapping im Büro positive Wirkungen auf Erholung und Arbeitsleistung hat (Krajewski, Mühlenbrock, Schnieder, & Seiler, 2011; Stangl & Kanning, 2013). Ähnlich wie beim Powernapping zeigen sich auch für Tiefenentspannung positive Effekte auf körperliche und psychische Stressfolgen (Krajewski, Sauerland, & Wieland, 2011; Krajewski, Wieland, & Sauerland, 2010). Die ideale Dauer von Schlafpausen liegt bei 10-30 Minuten (Brooks & Lack, 2006) und erfordert eine Umgebung, welche Intimität wahrt, Privatsphäre schützt und frei von Stressoren ist (Aebischer, 2016; Krajewski & Wieland, 2004). Die Nutzung von Ruhe- und Regenerationsräumen muss ferner durch die Organisationskultur unterstützt werden.

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Einen Workplace Manager braucht es eigentlich gar nicht

Workplace Management trägt zu positiven Ergebnissen und letztlich zur Produktivität im Unternehmen bei. Das haben Praxis und Forschung festgestellt und einzelne Aspekte sind in diesem Beitrag dokumentiert. Damit die Potenziale der Arbeitsumgebung in einer Organisation in Nutzen umgesetzt werden können, müssen Chancen und Risiken identifiziert sowie zielorientiert und integrativ bearbeitet werden. Wichtig dabei ist, dass eine Passung von Strategie und Organisation des Workplace Managements hergestellt und vertreten wird. Dies bedeutet auch, dass eine Workplace-Einheit bzw. die Position des Workplace Managers geschaffen wird oder zumindest die Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen in Bezug auf die Inhalte des Workplace Managements klar definiert werden. Ferner ist es aus unserer Sicht und auf der Basis unserer Erfahrungen zentral, dass die verschiedenen Aspekte,

welche

die

Konzeption,

Planung,

Umsetzung,

Bewirtschaftung

und

Optimierung

von

Arbeitsumgebungen betreffen, integral und aufeinander abgestimmt bearbeitet werden. Der Workplace Manager oder die Workplace Managerin übernimmt die Verantwortung für die Arbeitsumgebung und das Erreichen der vorgegebenen Ziele (wie beispielsweise die Steigerung von organisationsinterner, teamübergreifender Kommunikation oder Verbesserung von Gesundheit oder Zufriedenheit der Mitarbeitenden). Mit fachlicher, sozialer und Management-Kompetenz vereint sie/er die Disziplinen, die am Workplace Management beteiligt sind und koordiniert die Schnittstelle zu beteiligten Organisationseinheiten, wie Betrieb, Immobilien, Human Resources, usw. Silodenken, Zielkonflikte und Interessenkonflikte prallen innerhalb der Arbeitsumgebung regelmässig aufeinander – hier ist Koordination und Verhandlungsgeschick gefragt. Vor dem Hintergrund der in diesem Beitrag diskutierten Irrtümer, Missverständnisse und Halbwahrheiten ist für die Praxis des Workplace Managements insbesondere ein evidenzbasierter Management-Ansatz (siehe z.B. Brodbeck, 2008) zu fordern, der verschiedene Arten von Evidenz wie individuelle Erfahrungen in der Praxis mit good-practice Orientierung und wissenschaftlicher Evidenz zusammenführt. Ein solcher Ansatz unterstützt es, die richtigen Fragen zu stellen und gute Antworten darauf zu erhalten (vgl. Pfeffer & Sutton, 2007).

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Die 20 hartnäckigsten Missverständnisse und Irrtümer zu Büroarbeitswelten

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Autorenporträt Die Autorinnen und Autoren bilden zusammen das Workplace Management Team am Institut für Facility Management der ZHAW. Stefanie Lange, Fabienne Schanné und Ying Ying Cui haben einen MSc in FM Abschluss, Jennifer Konkol, Marcel Janser und Lukas Windlinger haben Wirtschaftspsychologie, bzw. Arbeits- und Organisationspsychologie und Sozialpsychologie studiert. Sie sind in den Themen des Workplace Management in Lehre, Forschung, Weiterbildung und Dienstleistungen aktiv.

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Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

Life Sciences und Facility Management Institut für Facility Management Prof. Thomas Wehrmüller Leiter Institut für Facility Management Campus Grüental, Postfach CH-8820 Wädenswil Telefon +41 58 93 50 00 www.zhaw

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften

Life Sciences und Facility Management Institut für Facility Management Campus Grüental / RA CH-8820 Wädenswil Telefon +41 58 93 50 00 www.zhaw.ch/lsfm

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Name: Kieth Sipes

Birthday: 2001-04-14

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Job: District Sales Analyst

Hobby: Digital arts, Dance, Ghost hunting, Worldbuilding, Kayaking, Table tennis, 3D printing

Introduction: My name is Kieth Sipes, I am a zany, rich, courageous, powerful, faithful, jolly, excited person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.